Natur im Osterzgebirge

NSG Weißeritztalhänge

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(449 Hektar, seit 1961, landesweite NSG-Register-Nummer: D38)

Das Naturschutzgebiet umfasst den überwiegenden Teil des wahrscheinlich größten, noch erhaltenen Komplexes naturnaher Waldgesellschaften in Sachsen – direkt vor den Toren der forstlichen Hochschulausbildung in Tharandt. Die unterschiedlich steilen (z.T. sehr steilen) und in alle Himmelsrichtungen exponierten Hänge der Wilden Weißeritz sorgen für ein vielgestaltiges Vegetationsmosaik. Intensive Forstwirtschaft, die den angrenzenden Tharandter Wald geprägt hat, war hier kaum möglich, so dass einige Buchenbestände heute über 200 Jahre alt und außerordentlich totholzreich sind. Das Naturschutzgebiet Weißeritztalhänge spielt eine große Rolle in Lehre und Forschung, und wird außerdem von vielen Ausflüglern besucht. Dennoch bietet es zahlreichen gefährdeten Tier- und Pflanzenarten Lebensräume.

Blick vom Bellmannslos auf die Forellenzuchtanlage im Weißeritztal

Nutzungsgeschichte

Funde aus der Jungsteinzeit und der Bronzezeit deuten darauf hin, dass Tharandt womöglich schon sehr lange vor der ersten urkundlichen Erwähnung zum Altsiedelgebiet des Elbhügellandes gehörte. Der erste gesicherte Nachweis einer Burganlage indes stammt aus dem Jahr 1216. In dieser Zeit erlebte in Freiberg und Dippoldiswalde der Silberbergbau eine erste Blütezeit, außerdem fand die planmäßige bäuerliche Kolonisation der landwirtschaftlich nutzbaren Hochflächen statt. Von den großen Waldrodungen wurde der Tharandter Wald aufgrund seiner wenig fruchtbaren Porphyr- und Sandsteinböden sowie seiner Zweckbestimmung als herrschaftliches Jagdgebiet ausgenommen. Auch die steilen Hänge des Weißeritztales blieben dem Wald vorbehalten.

Im Weißeritztal begann der Bergbau wahrscheinlich erst im 15. Jahrhundert. Zeitweilig waren in der Gegend um Edle Krone zwanzig Gruben aktiv, eine davon hieß „Edle Krone“. 1886 wurden die letzten Bemühungen zur Erzförderung eingestellt. Zurückgeblieben sind etliche alte Stolln, die heute ideale Winterquartiere für Fledermäuse bieten.

Der Tharandter Wald diente nicht nur als herrschaftliches Jagdgebiet (u.a. mit zeitweise vielen hundert Rothirschen), sondern musste auch große Mengen Holz liefern. Unter anderem zur Versorgung der Residenzstadt erfolgte von 1521 bis 1875 der Holztransport auf der Wilden Weißeritz. Am Steilhang „Bellmannslos“ warf man die im Tharandter Wald geernteten Baumstämme hinab ans Flussufer. Für verlustarme Flößerei allerdings durfte die Weißeritz fortan ganz und gar nicht mehr „wild“ sein.

Wie in fast allen Waldgebieten des Ost-Erzgebirges spielte auch hier die Köhlerei eine große Rolle bei der Wald(über)nutzung. Noch heute wird jedes Jahr Ende Mai im Breiten Grund ein Kohlemeiler angezündet und auf traditionelle Weise Holzkohle hergestellt. Was jetzt Volksfestcharakter trägt, begann hier um 1850 als forstliches Lehrobjekt.

Die einstmals weit verbreitete Mittel- und Niederwaldwirtschaft hielt sich an den Steilhängen der Erzgebirgstäler bis weit ins 20. Jahrhundert hinein. Vielen Laubbäumen sieht man ihre Herkunft aus Stockausschlag noch heute an: Ein verdickter Stammfuß oder die Mehrstämmigkeit einer Eiche, Linde, Esche oder eines Ahorns legen nahe, dass hier mal ein Baum abgesägt worden war und dann „aus dem Stock“ (Stumpf) wieder austrieb.

Der „Altbau“ der zur TU Dresden gehörenden Fachrichtung Forstwirtschaft

Doch konnte eine solche Waldnutzung keine „nachhaltige“ Versorgung der Wirtschaft mit Holz sicherstellen. Um dies zu erreichen, setzte die kurfürstliche/königliche Regierung auf einen Thüringer Forstmann. Heinrich Cotta gründete 1811 die forstliche Lehranstalt in Tharandt. Mit rechtwinkligen Flügeln und Schneisen begann im Tharandter Wald die nahezu komplette Neueinrichtung der sächsischen Staatswälder, deren Umwandlung in gleichaltrige Nadelholz-Forstabteilungen, die, als „Hiebszüge“ angeordnet, fortan im Kahlschlagsverfahren bewirtschaftet wurden. Einher ging dies mit drastischen Verlusten der „biologischen Vielfalt“.

Doch die Steilhänge des Weißeritztales widersetzten sich der schematischen Waldbewirtschaftung. Stellenweise nutzten die Forstprofessoren die Weißeritzhänge für Experimente mit nichtheimischen Baumarten (z.B. Douglasien und Rot-Eichen); auch wurden im 19. Jahrhundert wieder Eiben (am Judeichdenkmal) gepflanzt, die wahrscheinlich schon lange zuvor auch hier ausgestorben waren.

Der abwechslungsreiche Charakter des schroffen Weißeritztales blieb auch den Romantikern nicht verborgen. Zahlreiche Ausflügler kamen in die Gegend, die damals noch „Sächsische Schweiz“ genannt wurde. Tharandt entwickelte sich zum Badeort, woran heute noch die Bezeichnung „Badetal“ für den Talabschnitt südlich des Ortskernes erinnert.

Romantik und Erholungseignung schwanden jedoch im 19. Jahrhundert, als 1855 die Eisenbahn Tharandt erreichte, und vor allem, als diese 1862 weiter nach Freiberg gebaut wurde. Die steinkohlenbetriebenen Züge mussten, mit mehreren vorgespannten Lokomotiven, einen beträchtlichen Höhenunterschied überwinden, was mit enormen Rauchbelastungen des engen Tales verbunden war. Es ist sicher kein Zufall, dass die Rauchschadforschung Mitte des 19. Jahrhunderts in Tharandt ihren Ausgangspunkt hatte. Julius Adolf Stöckhardt, Professor für Agricultur und Pflanzenchemie, gilt als der Begründer dieses Wissenschaftszweigs, der hier noch große Bedeutung erlangen sollte. Neben den aus den immer höheren Schornsteinen der Freiberger Schmelzhütten herüberwehenden Schadstoffen war Tharandt auch zunehmend von Freitaler Industrieabgasen betroffen, bis Anfang der 1990 Jahre.

Die Verkehrserschließung des Weißeritztales setzt sich mit immer neuen, negativen Nebenwirkungen bis in die Gegenwart fort. Der zum Naturschutzgebiet gehörende Backofenfelsen, ein überregional sehr bedeutendes Geotop, wurde aus Gründen der Verkehrssicherung nahezu komplett „vernetzt“, im angrenzenden Waldhang ein großer Schutzzaun gegen möglichen Steinschlag verankert. Zum Schutz der Eisenbahn wiederum geschahen massive Eingriffe auf der rechten Hangseite südlich des Ortes.

2002 suchte das Hochwasser auch Tharandt heim und richtete enorme Zerstörungen an – trotz der vermeintlichen Sicherheit, die die Bewohner von den oberhalb befindlichen Talsperren erwarteten. Fast alle vom Hochwasser neu geschaffenen natürlichen Strukturen wurden anschließend sofort beseitigt, die Talstraße zum Teil deutlich breiter als zuvor wieder aufgebaut (auf Kosten des Weißeritzbetts).

Totholz mit Pilzen

Die große Bedeutung der Weißeritzhänge für die Artenvielfalt sowie gleichermaßen für forstliche Lehre und Forschung führten bereits 1961 zur Ausweisung des Naturschutzgebietes. Ebenfalls in den 1960er Jahren wurde das angrenzende Landschaftsschutzgebiet „Tharandter Wald“ festgelegt.

Inzwischen gehört das NSG zum FFH-Gebiet „Täler von Vereinigter und Wilder Weißeritz“ (entsprechend der sogenannten Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der Europäischen Union) sowie zum EU-Vogelschutzgebiet „Weißeritztäler“. Damit ist es Bestandteil des europäischen Schutzgebietsnetzwerks „Natura 2000“.

Naturraum

Das Naturschutzgebiet Weißeritzhänge befindet sich am Nordrand des Naturraumes Ost-Erzgebirge. Die Weißeritz umgeht den Vulkanit-Komplex des Tharandter Waldes, dessen Porphyre der Erosion wesentlich mehr Widerstand entgegensetzen als der umgebende Freiberger Graue Gneis. Im Nordosten (z.B. Aussichtklippe Heinrichseck) schneidet das NSG den sogenannten „Quarzarmen Porphyr“ an, kleinflächig tritt auch im Südosten ein Porphyrgang zutage. In seinem unteren Teil überschreitet das NSG die Naturraumgrenze und greift ins Döhlener Becken über. Am markanten Backofen-Felsen ist das Rotliegend-Konglomerat aufgeschlossen (verkittetesr Abtragungsgeröll des „Ur-Erzgebirges“ – des hiesigen Teils des Variszischen Gebirges, das im Unterperm – früher als „Rotliegend“ bezeichnet – intensiven Abtragungsprozessen unterlag). Die Ablagerungen in der Senke am Fuße des einstigen Gebirgszuges fallen schneller der Erosion anheim als der Gneis, so dass die Weißeritz hier eine weite Talwanne ausgeräumt hat.

Auffällig ist der nahezu rechtwinklige Richtungswechsel des Weißeritzlaufes in Tharandt. Bis zum Beginn des Quartärs, also noch in erdgeschichtlich sehr junger Vergangenheit, floss das Gewässer geradeaus , ungefähr entlang der heutigen Täler von Schloizbach und Wilder Sau. Doch dann senkte sich der Elbegraben immer mehr ein. Ein nach Osten, zur Elbe, fließender Bach wurde damit immer energiereicher, schnitt sich immer weiter nach Westen hin in die Landschaft ein, zunächst in die Rotliegend-Sedimente, dann auch in den Erzgebirgsgneis. Schließlich zapfte dieser West-Ost-Bach die bis dahin von Süd nach Nord fließende Weißeritz an und lenkte sie von ihrer ursprünglichen Fließrichtung ab.

Der große Höhenunterschied vom unteren Erzgebirge zum abgesenkten Elbtalgraben förderte die weitere Tiefenerosion der Wilden Weißeritz, die heutige Talform entstand. An den Flanken sind Felsen freigelegt (Katzentreppe, Bellmannslos, Stille Liebe, Johannishöhe u.a.), heute zum Teil interessante Aussichtspunkte. Dem geologisch sehr jungen Talcharakter entspricht auch das teilweise sehr steile Gefälle der Nebenbäche, die – wie insbesondere der Harthebach – sogar mit kleinen Wasserfällen zur Weißeritz herabstürzen. Die meisten Zuflüsse sind allerdings sehr kurz, mit kleinem Einzugsgebiet. Entsprechend stark schwankt ihre Wasserführung, die in trockenen Sommern auch ganz zum Erliegen kommen kann (ungünstig zum Beispiel für Feuersalamanderlarven).

Der Talverlauf von West nach Ost zwischen Tharandt und Freital bedingt auffällige klimatische Unterschiede zwischen dem rechten und dem linken Hangbereich, besonders im zeitigen Frühling. Dann kann man auf dem Brüderweg (südexponierter Hang) unter frisch austreibenden Bäumen entlangwandern und sich an den ersten Frühblühern erfreuen, während beim Rückweg auf der gegenüberliegenden Talseite womöglich noch Schneereste den schattigen Leitenweg säumen.

Auch sonst sorgen die teilweise schluchtartig eingeschnittenen Nebenbachtälchen für ein wechselvolles Mosaik unterschiedlicher Hangexpositionen und engräumig verzahnter Lokalklimata. Generell liegt das NSG noch im wärmegetönten, relativ trockenen Einflussgebiet des Elbtalklimas. Die Kontraste zu den montan geprägten Kaltluftwannen im Tharandter Wald sind oft sehr auffällig. Bei stabilen Hochdruckwetterlagen, besonders an Wintermorgen, treten desöfteren Temperaturinversionen auf. Dann lagert kühl-feuchter Nebel im Talgrund, allzuoft angereichert mit ungesunden Verkehrsabgasen, während man von der Johannishöhe oder dem Heinrichseck einen wunderbaren Sonnenaufgang erleben kann.

Tharandt lag im Randbereich der elsterkaltzeitlichen Vereisung. Die Gletschervorstöße späterer Eiszeiten stoppten wesentlich weiter nördlich. Doch lagerten sich hier, am Fuß des Erzgebirges, beträchtliche Mengen Löß ab – Staub, der von starken Stürmen aus der vegetationsfreien Landschaft im Vorfeld der Eisfronten ausgeblasen und nach Süden geweht wurde. Dieser Löß ist als nährstoffreicher Lößlehm Bestandteil der landwirtschaftlich lukrativen Böden der heutigen Hochflächen, z.B. bei Somsdorf und Großopitz.

Diese fruchtbaren Böden werden intensiv landwirtschaftlich genutzt, bis hart an die Hang-, Wald- und NSG-Grenze heran. Da auf den Äckern fast keine erosionshemmenden Landschaftsstrukturen mehr vorhanden sind, ziehen Starkniederschläge katastrophale Folgen für das Naturschutzgebiet nach sich. Mit jedem Somm

ergewitter aufs Neue stürzt stick- und schadstoffbelasteter Schlamm die steilen Seitentälchen herab oder in kleinen Geländemulden über die Hangkante des Weißeritztals. Immer wieder gab und gibt es Bemühungen, einen erosionsbremsenden Schutzgürtel anzulegen (z.B. die Pflanzung von Sträuchern am Somsdorfer Pfarrteich durch die Grüne Liga Osterzgebirge), doch war deren Umsetzung immer nur punktuell erfolgreich.

Die Wilde Weißeritz selbst weist nur noch sehr begrenzt natürliche Strukturen auf. Die im Oberlauf gelegenen Talsperren samt Wasserkraftnutzung beschränken sehr stark die normale Fließgewässerdynamik. Dennoch – oder vielleicht gerade deshalb? – können extreme Hochwasserereignisse, wie 2002, die Weißeritzstädte Tharandt und Freital sehr hart treffen.

Vegetation

Als sogenannte „zonale Waldgesellschaft“ der nicht zu trockenen, nicht zu nassen und nicht zu steilen Standorte wachsen auf den Gneisböden des Ost-Erzgebirges Hainsimsen-Buchenmischwälder. Entsprechend der Höhenlage sind die Rot-Buchen hier vor allem mit Trauben-Eichen gemischt, wobei letztere sicher durch die jahrhundertelange Nieder- und Mittelwaldwirtschaft gefördert wurde. Typische Pflanzenarten im Hainsimsen-Eichen-Buchenwald sind: Schmalblättrige Hainsimse, Drahtschmiele, verschiedene Habichtskräuter, Wiesen-Wachtelweizen, Maiglöckchen, Schattenblümchen, Vielblütige Weißwurz, Wald-Reitgras.

Nur stellenweise, besonders am schattigen Leitenweghang, zeigen Wald-Schwingel, Goldnessel, Wald-Flattergras sowie, seltener, Waldmeister Übergänge zu den Waldmeister-Buchenwäldern weniger saurer, nährstoffkräftigerer Standorte.

Im Hügelland begrenzt sommerliche Trockenheit die Konkurrenzkraft der Rot-Buchen, deren Platz dann mehr und mehr von Hainbuchen eingenommen wird. Doch auch die Hainbuche ist, im Gegensatz zur (botanisch nur entfernt verwandten) Rot-Buche stockausschlagsfähig und konnte deshalb vermutlich von Niederwaldwirtschaft profitieren. Ob es sich bei den entsprechenden Beständen an den Weißeritztalhänge tatsächlich um „echte“ Eichen-Hainbuchenwälder handelt, ist daher zweifelhaft. Hier fallen vor allem Einblütiges Perlgras, Maiglöckchen und vereinzelt Frühlings-Platterbse auf.

Ebenfalls nicht „buchenfreundlich“ sind die flachgründigen, trockenen Oberhänge, wo bodensaure Hainsimsen-Eichenwälder ausgebildet sind. Auch die Eichen erreichen hier teilweise nur sehr bescheidene Höhen, krüppliger Wuchs zeugt von schwierigen Bedingungen. Auf Felsklippen machen sie dann Platz für die noch duldsameren Kiefern. Hier wachsen viele Heidelbeeren, teilweise Heidekraut, besonders am Brüderweg fällt im Frühjahr die Zypressen-Wolfsmilch auf. Weniger saure, gut besonnte Bereiche werden vom Färberginster-Traubeneichenwald eingenommen. Neben der namensgebenden Art charakterisieren diesen die Weiße Schwalbenwurz, Pechnelke, Nickendes Leimkraut sowie, recht selten, Schwärzender Geißklee und Schwarze Platterbse.

In Felsspalten gedeihen Tüpfelfarn und, nur stellenweise, Nördlicher und Braunstieliger Streifenfarn.

Ebenfalls als problematisch für die ansonsten so konkurrenzstarke Rot-Buche erweisen sich blockreiche Steilhänge. Für die empfindlichen Buchenwurzeln findet hier zu viel Bewegung in den labilen Steinböden statt. An besonnten Südhängen setzen sich in der Regel die beiden Lindenarten durch. Die Ahorn-Sommerlinden-Hangschuttwälder sind im Gebiet eng verflochten mit den sehr artenreichen, vielgestaltigen Schlucht- und Schatthangwälder der feucht-kühlen Seitentälchen. Hier dominieren meist Esche und Berg-Ahorn, gemischt mit Spitz-Ahorn, Sommer-Linde, Berg-Ulme (aufgrund des „Ulmensterbens“ in besorgniserregendem Rückgang) und einigen wenigen Weiß-Tannen. Die Weiß-Tanne war einst viel häufiger, viel hier aber nachweisbar den Luftschadstoffen zum Opfer, beginnend mit der Inbetriebnahme der Eisenbahn. Auf einem Exemplar am Harthebach wurde in den 1980er Jahren die verschollen geglaubte Tannen-Mistel wiederentdeckt. Aus der mannigfaltigen Bodenflora der Hangwälder sollen hervorgehoben werden: Waldgeißbart, Moschuskraut, Goldnessel, Echtes Springkraut, Wald-Bingelkraut, Mondviole, Hohler Lerchensporn, Lungenkraut, Scharbockskraut, Buschwindröschen, Frauenfarn, Breitblättriger Dornfarn.

Fließend sind die Übergänge auch zu den meist ebenfalls eschen- und ahorndominierten Waldbeständen auf den nährstoffreic

hen Schwemmfächern am Unterhang. Im Frühjahr weithin zu riechen sind hier die Bärlauch-Teppiche. Zu den bemerkenswerten Arten gehören weiterhin Einbeere, Haselwurz und Aronstab.

Vom eigentlich für die Bachaue zu erwartenden Hainmieren-Schwarzerlen-Bachwald sind nur noch galerieartige Reste an der Wilden Weißeritz erhalten. Hier wachsen u.a. Hain-Sternmiere, Rauer Kälberkropf sowie Rote und Weiße Pestwurz. Letztere ist eigentlich eine Berglandsart, die sich im kühlen Talgrund hier bemerkenswert weit ins Hügelland hinein erstreckt.

Von großer Bedeutung ist der außergewöhnliche Totholzreichtum einiger Waldbereiche, für darauf angewiesene Tierarten ebenso wie für viele Pilze.

 

 

Tierwelt

Vermutlich nutzten bereits von Beginn an die Meißner Markgrafen den Tharandter Wald zum Jagdvergnügen. Ab Mitte des 16. Jahrhunderts begann dann die Umwandlung zu einer Art Wildpark mit dem Jagdschloss Grillenburg im Zentrum. Immer mehr Rothirsche wurden gehalten, um die Waid-Leidenschaften der sächsischen Herrscher zu befriedigen. Insbesondere von Kurfürst Friedrich August I. („August, der Starke“) sind Jagdszenen überliefert, die regelrechten Massenabschlachtungen gleichgekommen sein müssen. Auch der berüchtigte Gauleiter Martin Mutschmann erkor den Tharandter Wald zu seinem „Hege- und Zuchtrevier“ – mit 800 Hirschen. Heute soll sich der Rotwildbestand bei etwa 40 Tieren belaufen. Deren Fraßspuren sind auch im Naturschutzgebiet erkennbar. Viel häufiger kann der Wanderer Rehen und Wildschweinen begegnen. Letztere finden im Sommer auf den angrenzenden Maisäckern überreichlich Futter, im Herbst und Winter wühlen sie dann unter Buchen im Boden auf der Suche nach Bucheckern. Außerdem gibt es noch einige der vor Jahrzehnten ausgesetzten Mufflons.

Große Bedeutung hat das Naturschutzgebiet für Fledermäuse. Es kommen Abendsegler, beide Bartfledermausarten, Bechsteinfledermaus, Braunes Langohr, Fransenfledermaus, Großes Mausohr und Mopsfledermaus vor. Die alten Bergbaustolln bieten ideale Winterquartiere. Die Kleine Hufeisennase – in Sachsen und bundesweit vom Aussterben bedroht – wurde seit den 1980er Jahren nicht mehr nachgewiesen.

Bemerkenswerte Säugetiere am Gewässerlauf sind Fischotter und Wasserspitzmaus. Trotz erheblicher Verschlechterungen der Biotopstrukturen nach dem Hochwasser 2002 lassen sich an der Wilden Weißeritz regelmäßig Wasseramsel und Gebirgsstelze, gelegentlich auch Eisvogel beobachten. Graureiher ernähren sich u.a. von den im Fluss vorkommenden Bachforellen, die von Anglern gehegt und „bewirtschaftet“ werden. Auch der – nach wie vor recht seltene – Schwarzstorch holt sich ein Teil seines Futters aus der Weißeritz. Mit den umfangreichen Sohlberäumungen im Zuge der „Hochwasserschadensbeseitigung“ haben die Fische die meisten ihrer Versteckmöglichkeiten eingebüßt. Trotzdem sind noch immer Groppen und wahrscheinlich auch Bachneunaugen in der Weißeritz zu Hause.

Als typische Libellenart der Gebirgsbäche zeigt sich auch hier die Zweigestreifte Quelljungfer. Ebenso eine Großlibelle, aber eher an den Fließgewässern des Tieflands zu Hause, ist die Grüne Keiljungfer. Als sogenannte FFH-Art (geschützt entsprechend der sogenannten Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der EU) kommt ihr derzeit besondere Beachtung zu. Das gleiche gilt für die Spanische Flagge. Diese auch als Russischer Bär bezeichnete Schmetterlingsart ist in den wärmegetönten Bereichen der unteren Osterzgebirgstäler nicht selten, so auch häufig auf Wasserdost und Doldenblütlern an der Weißeritz zu beobachten.

Zu den möglicherweise noch erzgebirgsweit individuenstärksten Vorkommen des Feuersalamanders zählen dessen Populationen im Pastritz- und im Breiten Grund. Nach Sommergewittern oder warmen Herbstregen kann man hier mit ziemlicher Sicherheit diese ansonsten von besorgniserregenden Rückgängen betroffenen Tiere entdecken.

Blockreiche und felsige Hangabschnitte sind der Lebensraum von Reptilien, hier besonders Wald- und Zauneidechse, Blindschleiche und Glattnatter. Trotz geeigneter Habitate wurden schon lange keine Kreuzotterbeobachtungen mehr bekannt.

Herausragende Bedeutung haben die struktur- und altbaumreichen Wälder des Naturschutzgebiets Weißeritztalhänge für eine artenreiche Vogelwelt. Fünf Spechtarten kommen vor: Schwarz-, Bunt-, Klein-, Grün- und Grauspecht. Bei den letzteren beiden ist die Überschneidung ihrer Areale bemerkenswert, gilt der Grauspecht doch eher als Berglandsart, der Grünspecht hingegen als wärmeliebend.

Spechthöhlen beziehen auch viele weitere Vögel, so Hohltaube, Raufuß- und Sperlingskauz sowie Kleiber, Trauer- und (selten) Zwergschnäpper, Kohl-, Blau-, Hauben- und Sumpfmeise. Im Unterschied zu letzterer zimmert sich die nahezu gleich aussehende Weidenmeise ihre Bruthöhlen selbst. Zu den weiteren Singvögeln im NSG gehören Garten- und Waldbaumläufer, Zaunkönig, Misteldrossel, Waldlaubsänger, Schwanzmeise und mindestens zwei Dutzend weitere Arten. Den Gesang der Nachtigall kann man noch in Freitaler Gärten vernehmen, weiter gebirgswärts kommt sie nicht mehr vor.

Von den Greifvögeln sind im Gebiet Sperber und Habicht sowie, im Wald-Feld-Grenzbereich, Rotmilan und Mäusebussard zu nennen, von den nächtlichen Beutegreifern (neben den beiden erwähnten Käuzen) auch noch Waldohreule und Waldkauz. Immer wieder gibt es Nachweise des Uhus, auch während der Brutzeit, die nächsten bekannten Jungenaufzuchten befinden sich aber außerhalb des NSG Weißeritztalhänge.Der für sächsische Forstverhältnisse sehr große Altbaum- und Totholzreichtum spiegelt sich in einer außergewöhnlichen Vielfalt von Kleintieren wider, die auf entsprechende Habitate angewiesen sind. Der Hirschkäfer ist zwar seit langem verschollen, doch wartet das NSG mit zahlreichen, z.T. sehr seltenen Käfern auf. Dazu gehören Rosenkäfer, Grüner Edelscharrkäfer, Großer Rehschröter, Schwarzbrauner Kurzschröter, Sägebock, Hornissenbock, Schulterbock, Dorniger Wimperbock und weitere totholzbewohnende Bock- und Blatthornkäfer.

Naturerlebnismöglichkeiten

Das Naturschutzgebiet ist durch ein dichtes Wegenetz erschlossen. Abgesehen vom Niederleitenweg Tharandt – Freital/Hainsberg führen die meisten markierten Wanderwege aus dem Weißeritztal heraus, einerseits in den Tharandter Wald, andererseits Richtung Osten nach Somsdorf, Lübau und Borlas.

Es existieren aber auch auf beiden Talseiten reizvolle Hangwege, teilweise in Form leicht abenteuerlicher Pfade. Sie erschließen dem Wanderer das Naturschutzgebiet in seiner gesamten Ausdehnung (ca. 10 km zwischen Dorfhain und Hainsberg am Talgrund, auf den Hangwegen aufgrund der weit eingeschnittenen Seitentälchen erheblich länger). Besonders zu empfehlen sind der Katzentreppensteig und Pionierweg im Süden, mit einer der höchsten Konzentrationen stehenden Totholzes im Ost-Erzgebirge samt der darauf angewiesenen Fauna und Pilzflora; außerdem der Bellmannslosweg (auf mehreren Wanderkarten nicht verzeichnet) sowie der Brüderweg von Tharandt bis Hainsberg/West.

Mehrere Aussichtspunkte laden zur Rast ein: Bellmannslos, Waldblick/Stille Liebe, Heinrichseck, Johannishöhe, Backofenfelsen.

Zwischen Burgruine bzw. Forstgarten Tharandt, Cottas Grab und Meilerplatz im Breiten Grund gibt es einige Informationstafeln. In den letzten Jahren sehr gut erschlossen und beschildert ist die Umgebung von Edle Krone, dank eines sehr rührigen Fördervereins mit Sitz im Bahnhofsgebäude.

Ein umfangreiches Seminarprogramm bietet die kleine Gemeinschaft der Johannishöhe – des Umweltbildungshauses der Grünen Liga. Zu den Schwerpunkten gehört naturverträgliche Landnutzung, die mit einem eigenen kleinen Landwirtschaftsunternehmen praktisch gelebt wird. Der Verein organisiert auch jeden ersten und dritten Sonnabend den Tharandter Naturmarkt.

weitere naturkundlich interessante Ziele in der Umgebung:

Teilweise eingeschlossen vom Naturschutzgebiet, wartet vor allem die Forststadt Tharandt mit weiteren naturkundlichen Sehenswürdigkeiten auf. Weitere interessante Ausflugsziele lohnen Wanderungen in den Tharandter Wald, den Rabenauer Grund und entlang der Wilden Weißeritz südlich des NSG:

Adressen:

Landratsamt Sächsische Schweiz – Osterzgebirge, Referat Naturschutz (Untere Naturschutzbehörde) Weißeritzstraße 7, 01744 Dippoldiswalde; Tel. 03501 515-3430; bernard.hachmoeller@landratsamt-pirna.de

Staatsbetrieb Sachsenforst, Forstbezirk Bärenfels, Revier Tharandt (Gebiet nördlich des Tiefen Grundes): 035203- 39065, dirk.junkuhn@smul.sachsen.de; Revier Grillenburg (südlich angrenzend): 035203-39062, holger.baumann@smul.sachsen.de; Adresse für beide Reviere: Mühlweg 2, 01737 Tharandt Spechtshausen

TU Dresden, Lehrstuhl Biodiversität und Naturschutz: Pienner Str. 7, 01737 Tharandt; 035203-3831288; service.landeskultur@forst-tu-dresden.de

Naturschutzinstitut Dresden: Weixdorfer Str. 15, 01129 Dresden; Tel. 0351-8020033, nsi-dresden@naturschutzinstitut.de

Edle Krone e.V.: Tharandter Str. 56a, 01774 Klingenberg; info@edlekrone.de

Förderverein Geologie im Tharandter Wald e.V.: Landbergstr. 20, 01737 Spechtshausen; 035203-2530; moegel­_bs@web.de

Johannishöhe – Natürlich leben und lernen e.V.: Dresdner Str. 13a, 01737 Tharandt; 035203-37181; info@johannishoehe.de; johannishöhe.de

Unterschutzstellung:

Anordnung des Ministeriums für Landwirtschaft, Erfassung und Forstwirtschaft der DDR vom 30. 03. 1961

Literatur:

SMUL (2009): Naturschutzgebiete in Sachsen, S. 574ff

Schmidt-Hammel, Torsten (2007): Tal der Wilden Weißeritz zwischen Klingenberg und Freital; in: Naturführer Ost-Erzgebirge, Band 3: Naturkundliche Wanderziele, Hrsg: Grüne Liga Osterzgebirge

Werte unserer Heimat (1973): Zwischen Tharandter Wald, Freital und Lockwitztal; Band 21

http://www.osterzgebirge.org/gebiete/10_11.html

http://www.osterzgebirge.org/gebiete/10_12.html

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