Natur im Osterzgebirge

PR Grünwaldske vřesovište – Grünwalder Heide

aus: AOPK 1999

Scheidiges Wollgras in der Grünwalder Heide (Foto: Jitka Pollakis)

Die Grünwalder Heide gehört zu den bedeutendsten Hochmoorrelikten im östlichen Erzgebirge. Das 1989 ausgewiesene, 39,23 ha große Naturreservat befindet sich südlich der Ortschaft Moldava/Moldau in 835 bis 855 m Höhenlage, im Quell-Einzugsbereich der Flöha/Flajský potok.  Neben der typischen Hochmoorvegetation ist die Vogelwelt wertbestimmend, insbesondere als einer der letzten verbliebenen Kern-Lebensräume des Birkhuhns.

Nutzungsgeschichte:

Oberwillersdorf, südlich der Grünwalder Heide, 1924 (aus: Eichhorn 1925)

Karte 1936

Unmittelbar angrenzend an die Grünwalder Heide lagen früher die Fluren von Motzdorf/Mackov (im Westen), Willersdorf/Vilejšov (im Südwesten) und Ullersdorf/Oldriš (im Norden). Dabei handelte es sich um typische Streusiedlungen. Die Bewohner betrieben vorrangig Viehzucht sowie einen bescheidenen Subsistenz-Ackerbau. Kleine Kartoffeläcker umgaben  die Häuser. Unvorstellbar schwierig muss das (Über-)Leben vor Einführung der Kartoffel (Ende des 18. Jahrhunderts) gewesen sein, da die oft nasskalten Sommer nicht immer ausreichten, Hafer und Sommerroggen ausreifen zu lassen. Dennoch war die Bodenständigkeit und das Beharrungsvermögen der Gebirgler sprichwörtlich. Umso schlimmer traf es die Menschen, als sie nach 1945 ihre Heimat verlassen mussten (infolge der sogenannten Benesch-Dekrete, aufgrund ihrer deutschen Muttersprache).

Zu den wenigen Möglichkeiten der Kammlandbewohner, ein bescheidenes Einkommen zu erzielen, gehörte die Torfgewinnung. So wurde auch in der Grünwalder Heide der Grundstoff für die berühmten Teplitzer Moorbäder gewonnen. Torf fand weiterhin Verwendung als Heizmaterial, als Stalleinstreu sowie als Verpackungsmaterial für Glas und Porzellan. Die Verarbeitung erfolgte in einer kleinen Fabrik in Neustadt/ Nové Mesto.

Die letzte Ruine von Grünwald

Nach der Vertreibung der Bewohner und der Zerstörung ihrer Heimatdörfer wurden die kleinteiligen, von Steinrücken und Feldrainen gegliederten Fluren zu großen, monotonen Grünlandschlägen zusammengefasst.

1989 wurden 39 Hektar der Grünwalder Heide zum Naturschutzgebiet (Prirodní rezervace) erklärt, um das nach über hundert Jahren Torfabbau und nach jahrzehntelangem Waldsterben verbliebene Hochmoor zu bewahren. Einen herben Rückschlag brachte 1994 ein Waldbrand, der auch einen großen Teil des Moorkiefernbestandes vernichtete. Die Folgen sind heute noch zu erkennen. Andererseits haben Revitalisierungsmaßnahmen des Naturschutzes, insbesondere der Anstau alter Entwässerungsgräben, zumindest lokal zu deutlichen Verbesserungen geführt.

Die Grünwalder Heide zählt auch zu den “Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung” entsprechend der sog. Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie  der EU sowie zum europäischen Vogelschutzgebiet “Východní Krušné hory” (Ost-Erzgebirge). Besonderer Fokus liegt dabei auf der Erhaltung geeigneten Habitatcharakters für Birkhühner.

Aufforstung zwischen ehem. Ullersdorf und ehem. Motzdorf, 2007

Diesem Ziel widerspricht die großflächige Umwandlung von Offenbereichen im Umfeld der Grünwalder Heide zu Fichten-Monokulturen. So wurde u.a. zwischen Oldrišský vrch/Walterberg und der ehemaligen Ortslage Motzdorf ein breiter Korridor aufgeforstet, dem frühere Balzplätze zum Opfer fielen.  Ebenfalls kritisch zu bewerten sind die Pläne zur Errichtung eines großen Windparks auf dem Kammplateau rund um die ehemalige Ortschaft Grünwald.

NATURRAUM

Im Quellgebiet eines Flöha-Seitentälchens ist eine breite und flache Geländesenke ausgebildet, in der sich das Niederschlagswasser vom 878 m hohen Oldrišský vrch/Walterberg, zu einem geringeren Teil auch vom Steinhübel/Nad križkem (857m) sammelt. Beide Berge bilden einen kurzen nordwestlichen Seitenkamm des Erzgebirgs-Hauptkammes, welcher sich vom Bournák/Stürmer aus nach Südwesten erstreckt. Als breite, bislang noch unbewaldete Rücken treten sie wenig in Erscheinung.

In flachwannigen Geländemulden am Erzgebirgskamm wie am Oberlauf der Flöha bilden sich oft Kaltluftseen aus. Während stabiler, austauscharmer Witterungslagen ist selbst im Hochsommer mit Nachtfrösten zu rechnen, im Winterhalbjahr können die Temperaturen weit unter denen der Umgebung liegen. Auch aus diesem Grund sind die Möglichkeiten der Vegetationsentwicklung in der Gegend zwischen Fláje/Fleyh-Talsperre und Nove Město/Neustadt eingeschränkt. Stellenweise liegt die Vermutung nahe, dass es sich nicht nur um pedologische (Moorböden), sondern auch um klimatische Waldgrenzstandorte handelt.

Den geologischen Untergrund der Grünwalder Heide bilden Graugneise (Zweiglimmer- und Biotit-Paragneis). Im Südteil durchzieht ein kleiner Quarzporphyr-/Rhyolith-Gang das Gebiet; westlich schließt sich der Fleyher Granitstock an.

Die Torfmächtigkeit des Moores beträgt bis zu 6 Metern.

 

VEGETATION

Neben einem urwaldartigen Bestand von Moorkiefern bietet die Grünwalder Heide noch eine breite Palette von Hochmoorpflanzen, so vor allem Schwarze Krähenbeere, Trunkelbeere, Moosbeere, Rundblättriger Sonnentau, Scheidiges und Schmalblättriges Wollgras sowie mindestens zehn Seggenarten (einige davon selten). Besonders bemerkenswert sind die Eiszeitrelikte Rosmarienheide und Sumpf-Porst. Durch den Flächenbrand 1994 wurde die Moorvegetation stark beeinträchtigt, wovon sich einige seltene Arten nur langsame wieder erholen können.

In den ehemaligen Torfstichen wachsen Karpaten-Birken. Teilweise handelt es sich um sehr schöne, alte und knorrige Exemplare. Dazwischen dominiert meistens Pfeifengras die Bodenvegetation. Trockengefallene (“verheidete”) Bereiche werden auch in der Grünwalder Heide von Heidel- und Preiselbeeren sowie Heidekraut bewachsen.

 

TIERWELT

Birkhuhn (Foto: Jan Gläßer)

Das Gebiet ist ein wichtiges Brutrevier des Birkhuhns – eines von nur noch ganz wenigen in Mitteleuropa. Außerdem wurden bislang im Gebiet 55 Wirbeltierarten nachgewiesen. Zu den besonders geschützten Arten gehören unter anderem: Bekassine, Habicht, Sperber, Kornweihe, Raufußkauz, Neuntöter, Kreuzotter und Waldeidechse.

Naturerlebnismöglichkeiten

Mehrere Schneisen und Flügel durchziehen die Forsten im Einzugsgebiet der Flöha. Von der mit Windkraftanlagen bestandenen Lichtung zwischen Nové Město/Neustadt und Vrch Tří pánů / Dreiherrenstein zweigt in nordwestlicher Richtung ein solcher Forstschneisenweg in nordwestliche Richtung ab und erreicht nach knapp 2,5 km die Grünwalder Heide. Hier befindet sich eine Informationstafel.

Das Naturschutzgebiet selbst ist nicht zugänglich, das Betreten der empfindlichen Biotope ist verboten.

 

weitere naturkundlich interessante Ziele in der Umgebung:

Moorgebiet “Große Auerhahnbalz” – Moorgebiet östlich des Walterbergs, das eigentliche Flöha-Quellgebiet 

Spuren der zerstörten deutschböhmischen Siedlungen Ullersdorf, Willersdorf, Motzdorf, Grünwald, Fleyh

Blick vom Sprengberg / Puklà skála nach Süden

Puklá skála /Sprengberg: Felsen mit weiter Aussicht über die Fláje-Talsperre

Bouřňák /Stürmer: weiter Blick über das Nordböhmische Becken zum Böhmischen Mittelgebirge; Přírodní památka Buky na Bouřňáku / Geisterbuchen am Stürmer

Přírodní památka Domaslavické údolí: Buchenwälder im Deutzendorfer Grund

 

Literatur:

Ecoles-Projekt (2009/2014): Plán péče pro PR Grünwaldské vřesoviště

Eichhorn, Alfred (1925): Auf den deutschböhmischen Kammhochflächen des östlichen Erzgebirges; Mitteilungen des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz, Band XIV, Heft 1/2

Kotěra, Jan; Ondráček, Čestmír; Weber, Jens (2007): Das Kammplateau zwischen Fláje/Fleyh und Cínovec/Zinnwald; in: Naturkundliche Wanderziele im Ost-Erzgebirge (Naturführer Ost-Erzgebirge, Band 3); hrsg. Grüne Liga Osterzgebirge

Kuncová, J. a kol. (1999): Ústecko. Chráněná území ČR, Agentura ochrany přirody a krajiny ČR, Praha

 

https://osterzgebirge.org/gebiete/24_7.html