Der Aufruf des European Cultural Foundations „Culture of Solidarity Fund“ (CoS) im September 2021 zielt auf die Abmilderung der durch die Pandemie entstandenen Folgen zwischen Ostdeutschland und anderen europäischen Regionen. Ganz euphorisch habe ich mit Honza Kvapil (stellvertretend für Verein „Spolek na obnovu kaple Botschen” aus Libouchec) das Projekt „Grenzen überschreiten für die Zukunft des Osterzgebirges“ geschmiedet. Meine Erwartungen waren sehr zurückhaltend, denn es handelte sich um kein reines Naturschutz-Projekt. Jedoch waren Honzas „inneres Feuer“ und Motivation ansteckend, und meine Stelle bei der Naturschutzstation Osterzgebirge e.V. (NSSOE) hat mir die Beteiligung ermöglicht.
Kurz vor der Antragsabgabe hat mir noch Veronika Kupkova ganz begeistert von dem Interpretationskurs des tschechischen Instituts der Interpretation des lokalen Erbes (UIMID Brno) berichtet. Diese neuen Kenntnisse sind in den Antrag eingeflossen, und so ist ist ein voller Jahresplan entstanden. Zu meiner Freude kam im November 2021 auch schon die Bewilligung!
In den Wintermonaten wurden mehrere Bildungsprogramme für Vorderzinnwald und Umgebung konzipiert und Werbematerial vorbereitet.
Am letzten Maiwochenende haben die Teilnehmer*innen des Interpretationskurses von Michal Medek neue Wege und Methoden gelernt, wie die Bereiche Natur, Kultur und gemeinsame Geschichte einem Publikum näher gebracht werden können und was es heißt, diese Themen zu interpretieren. Wir haben viele „WOW“ und „Aha“-Momente erlebt und sind an die Spurensuche in den Grenzraum mit ganz verändertem Blick gegangen!
Honza hat sehr viel zu der ehemaligen Kapelle im Vorderzinnwald und zum Schicksal des gotischen Madonnenaltar aus Fürstenau geforscht. So sind dieses Jahr gleich mehrere Aktionen im Zusammenhang mit dem Altar und dem Ort der Kapelle umgesetzt worden. Die ehemalige Kapelle ist dank der virtuellen Form „Augmented Reality“ wieder vor Ort erlebbar. Zudem wurde nach mehr als 70 Jahren an der Stelle der ehem. Kapelle eine deutsch-tschechische Wallfahrt „Kirschenfest“ am 2.7. organisiert. Im September wurde an genau dieser Stelle eine Ausgrabungsstelle eingerichtet. Durch die Ausgrabung konnten dann die Grundmauern sowie die Überreste von Originalfliesen und vieles mehr gesichert werden. Fürs nächste Jahr (2023) ist die Errichtung eines deutsch-tschechischen Begegnungsorts an Stelle der ehem. Kapelle und die Ausstellung der Ergebnisse im Informationszentrum in Dubí geplant.
Das war aber noch nicht alles – im November wurde in der Fürstenauer Kirche eine auf Glas gedruckte 3D-Statue der Madonna aus dem gotischen Flügelaltar an die Originalstelle des Altars gesetzt. Das Original des Altars hatte hier noch bis in die 1880er Jahre gestanden. Daraufhin waren gleich drei Umzüge erfolgt: in die ehem. Kapelle nach Vorderzinnwald, in die Maria Himmelfahrtskirche in Cínovec und schließlich nach Teplice. Hier kann man das Original im Regionalmuseum der Stadt Teplice besichtigen. Diese „Wiederkehr“ der Madonna sowie das „Wiederauferstehen“ der Kapelle setzte Honza Kvapil in Zusammenarbeit mit Euroregion Elbe/Labe um.
Diesjähriges HeuHoj-Camp, sowie das Nachbarschaftsfest hat im Rahmen des CoS-Projektes stattgefunden. Viele neue und paar bekannte Gesichter haben gemeinsam beide Seiten der Grenze erkundet, beim Heuwenden und beim Regenfest-Machen geschwitzt, sowie bei der Sprachanimation gelacht.
Mehrere große Überraschungen haben auf die Besucher des Nachbarschaftsfestes gewartet – die Maria Himmelfahrtskirche im böhmischen Cínovec hat nicht nur eine komplett neue Fassade bekommen, sondern auch eine gespendete Orgel aus der ehemaligen Kirche in Glashütte. Dieser besondere „Umzug“ ist das Ergebnis einer großartigen Zusammenarbeit der Gemeinde Dubí, des Pfarramtes Glashütte, der Firma Jehmlich und der zwei emsigen Osterzgebirgler Borges Neubauer und Wolfgang Mende. Die Atmosphäre der Orgel am neuen Standort ist einfach unvergesslich!
Im September hat der zweite Teil des Interpretationskurses in Zinnwald stattgefunden. Die Teilnehmer*innen haben die Natur- und Kulturinterpretation an zwei Beispielen geübt: Eine Gruppe widmete sich dem verlassenen Dorf Vorderzinnwald / Přední Cínovec, die zweite Gruppe beschäftigte sich mit dem Friedhof an der Maria Himmelfahrtskirche in Cínovec. Die Ergebnisse der Arbeit wurden beim Grenzsteinfest am 10.9. präsentiert. Ein buntes Rahmenprogramm hat das Fest umrahmt: eine neue Bank und junge Eberesche wurden auf den Friedhof gesetzt, Kinder lachten beim deutsch-tschechischen Erzähltheater. Ein Höhepunkt war die musikalische Aufführung in der Kirche. Dabei erklangt die Jehmlich-Orgel in der Begleitung von Saxofon, gespielt von Hartmut Dörschner aus Bärenstein.
Zusammenfassend lässt sich sagen, das Projekt hat nicht nur eine Umsetzung von viele neue Ideen im deutsch-tschechischen Osterzgebirge ermöglicht, sondern auch zur Vertiefung und Fortsetzung der alten Netzwerken beigetragen.
Herzlichen Dank an alle Beteiligten! Ich bin sehr dankbar für die tolle Zusammenarbeit.
Jitka Pollakis (Koordinatorin NSSOE)