Mohelnice ist der tschechische Name der ehemaligen Siedlung „Böhmisch Müglitz“ und eines sanften Hügels mit schöner Aussicht. Nördlich davon, direkt an der Grenze zu Deutschland befindet sich eine langgestreckte schmale Wiese, welche wahrscheinlich Jahrzehnte nicht gemäht wurde, jedenfalls haben wir keine Informationen darüber. Dass es sich aber lohnen würde diese Wiese zu pflegen, wissen tschechische und deutsche Naturschützer schon lange, und auch gegenwärtig finden wir hier noch Buschnelke, Feuerlilie und Berg-Platterbse. Da die Wiese aber seit langer Zeit nicht mehr gemäht wurde, dominieren Brachezeiger wie Zittergras-Segge und Berg-Hartheu, darunter befindet sich ein dicker Teppich aus Grasfilz sowie zahlreichen Ameisenhügeln und Mäuselöchern. Hier versagt wohl jede Maschine und so war die Idee geboren, ein tschechisch-deutsches Naturschutzcamp durchzuführen, bei dem nur von Hand gesenst wird!
11 mutige Menschen aus Tschechien und Deutschland fanden sich voller Enthusiasmus ein. Die meisten von uns hatten entweder noch nie eine Sense in der Hand oder zumindest wenig Erfahrung. Wir hatten jedoch das große Glück, einen sehr lieben und erfahrenen, dazu noch hilfsbereiten und unterhaltsamen „Sensenmann“ unter uns zu wissen. So ging es mutig voran, zuerst bei großer Hitze und die letzten Tage auch mit Regen. Was haben wir alles geschafft! Natürlich nicht die ganze Wiese, aber doch ein großes Stück, was wir uns wohl alle nach den ersten Versuchen nicht zugetraut hätten. Sehr günstig für uns war, dass die abgemähte Biomasse nicht allzuweit transportiert werden musste. Vielen Dank für die gute Zusammenarbeit ans Versuchsgut Börnchen!
Aber es gab nicht nur die schwere Arbeit. Wir haben die Natur um uns herum beobachtet und viele schöne Erlebnisse dabei gehabt. In diesen Tagen haben wir über die Widersprüche unserer Zeit philosophiert und dies mit einer Tiefe, die mich erstaunt und froh gestimmt hat. Und das, obwohl viele von uns sich vorher nicht kannten. Der Sprachenmix aus Tschechisch und Deutsch, und manchmal Englisch, weil es einfacher war, sorgte auch für manch lustiges Missverständnis.
Neben der Arbeit kamen aber auch Kultur und Umweltbildung nicht zu kurz.
So haben wir eine geführte Wanderung durch das ehemalige Dorf Mohelnice/Böhmisch Müglitz nach Fojtovice/Voitsdorf gemacht, bei der unser ortskundiger Begleiter aus Müglitz zu jeder Grundmauer einer ehemaligen Mühle oder eines Gasthofes eine Geschichte erzählen und uns faszinierende alte Fotos zeigen konnte. An einem Regentag waren wir im Schloss Lauenstein, um uns die Bergwiesenausstellung der Grünen Liga anzusehen. Das Schloss Lauenstein hat jedoch viel mehr zu bieten, so dass einige von uns sich fest vornahmen wieder zu kommen.
Da es am Anfang des Camps heiß und trocken war und wir nicht auf dem Feuer kochen konnten, war unser „Basislager“ im Tal in der ehemaligen Grenzbaude sehr willkommen. Von hier aus wurden viermal am Tage allerlei Köstlichkeiten auf die Grenzwiese getragen. Die Kommunikation und Organisation zwischen „Oben“ und „Unten“ war nicht immer ganz einfach, da haben wir noch Verbesserungspotenzial für die nächsten Jahre und dafür auch schon die ersten Ideen.
Alles in allem haben uns diese Tage viel Freude und Erfüllung bereitet und so wird es ganz bestimmt im nächsten Jahr eine zweite Auflage „Sensencamp Mohelnice“ geben!
Doschko, Teilnehmer
Das wäre sicher im Sinne von Helmut Ballmann gewesen …
Als vor zwei Jahren der langjährige Abteilungsleiter Naturschutz des LfULG verstarb, hatte er vorher noch verfügt, auf Grabspenden etc. möglichst zu verzichten und stattdessen seine Familie, Freunde und Kollegen gebeten, die Initiativen der Grünen Liga Osterzgebirge zum Schutz von Bergwiesen zu unterstützen. Nun war Helmut Ballmann alles andere als ein Dienst-nach-Vorschrift-Bürokrat, sondern selbst engagierter Naturschützer, der sich im Verlauf seines dreißigjährigen Berufslebens in Sachsen Respekt und Anerkennung verschafft hatte. Am Ende kam eine ganz beachtliche Stange Geld auf das Spendenkonto der Grünen Liga Osterzgebirge.
In die Freude darüber mischten sich alsbald auch Sorgenfalten: was so rasch tun mit den „Ballmann-Spenden“? Es sollte auf alle Fälle im Sinne des Initiators sein, möglichst auch der Spender selbst, und es sollte nicht als Strohfeuer auf den Bergwiesen verpuffen (falls man solche Metaphern in Zeiten des Klimawandels noch verwenden darf). Erste Idee: eine wertvolle Bergwiese durch Flächenkauf langfristig sichern. Aber bei den dafür ins Auge gefassten Wiesen, für die die Grüne Liga Osterzgebirge hätte auch längerfristig die biotopgerechte Pflege sicherstellen können, gab es keine Kaufoptionen.
Dann entstand vor einigen Monaten schließlich die Idee, dieses Spendenbudget mit dem vielversprechenden Vorhaben junger deutscher und tschechischer Sensenfreunde zu verknüpfen, den jahrzehntelang brachliegenden Bergwiesenstreifen unmittelbar hinter den Grenzsteinen am Schwarzbach bei Müglitz in Pflege zu nehmen. Noch gedeihen hier Feuer-Lilie und Busch-Nelke, doch es war unübersehbar, dass die Populationen auch hier erlöschen würden, wenn nicht mal wieder jemand zur Sense greift. Ein tschechischer Naturschützer, der auch schon bei vielen anderen praktischen Aktionen der Grünen Liga Osterzgebirge mitgewirkt hat, konnte den Wiesenstreifen von der Stadt Dubí pachten.
Nach einem kleineren, internen „Testlauf“ im letzten Jahr fand nun das erste „Sensencamp Mohelnice“ statt – und wurde eine wunderbare Aktion. Wir sind uns sicher: das Geld der „Ballmann-Spenden“ für die Verpflegung und Logistik dieses Naturschutzeinsatzes zu verwenden, dies wäre völlig im Sinne von Helmut Ballmann gewesen – und ist es sicher auch für die Geldgeber.
Ein herzliches Dankeschön an alle Unterstützer, die finanziellen wie die tatkräftigen, und vor allem, an die Organisatoren!