Rückblick auf die Grünen-Exkursion über den Spülkippendamm im Bärensteiner Bielatal: „Berggeschrey für Elektrohype?“
Eine Menge Gerüchte und Halbwissen ranken sich derzeit um die Pläne, im Ost-Erzgebirge Lithium für die „Energiewende“ abzubauen. Für Nino Haustein – Direktkandidat für Bündnis 90/Die Grünen im Wahlkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge – ein Grund, sich vor Ort über die möglichen Auswirkungen des neuen „Berggeschreys“ auf Natur und Landschaft zu informieren.
Gemeinsam mit Vertretern der Grünen Liga Osterzgebirge e.V. fand dazu am Sonntag, den 19. September 2021, eine Naturkundliche Wanderung zur ehemaligen „Spülkippe“ im Bielatal, nördlich von Altenberg, statt. Der Naturschutzverein hatte sich intensiv mit den vor einem Jahr öffentlich ausgelegten Bergbauunterlagen beschäftigt und dazu auch Gespräche mit Verantwortlichen geführt. Unabhängig von sonstigen Pressemeldungen und vermeintlichem Insiderwissen ist der damals von der Deutschen Lithium GmbH vorgelegte „Rahmenbetriebsplan für das Bergwerk Zinnwald“ der letzte offizielle Planungsstand.
Neben der – im doppelten Wortsinn – ungeklärten Frage der absehbaren Gewässerbelastung im Geisinger Heerwasser durch die Grubenentwässerung stellen die enormen Massen an „taubem Material“, die bei der Erzförderung anfallen würden, die größte ökologische Herausforderung dar. Neben der vorgesehenen Gewinnung von jährlich ca. 130.000 Tonnen Lithiumglimmerkonzentrat rechnen die Bergbauplaner mit ca. 430.000 Tonnen „Bergematerial“ pro Jahr, die nicht nach Untertage zurückgebracht werden. Zum Zeitpunkt der Erstellung der Planungsunterlagen lagen „Absichtserklärungen“ von Bauunternehmen vor, diese Aufbereitungsrückstände zu verwerten. Für einen Großteil allerdings gibt es außerdem ein Angebot eines osterzgebirgischen Unternehmens der Steine-und-Erden-Branche zur „Einlagerung“ – faktisch: Deponie.
Was das für den heute inzwischen außerordentlich wertvollen Landschaftsraum auf und rund um die ehemalige „Spülkippe“ bedeuten würde, sollte die Sonntagsexkursion von Bündnis90/Die Grünen und Grüner Liga Osterzgebirge anschaulich machen. Was bis 1991 die „Industrielle Absetzanlage“ für die Abraummassen des VEB Zinnerz Altenberg war (Volksmund: „Rotes Meer“), hat sich inzwischen zu einem wahren Naturparadies entwickelt. In der weitgehenden Abgeschiedenheit der über 50 Hektar großen Fläche, für die offiziell nach wie vor Betretungsverbot gilt, haben viele ansonsten seltene Tiere und Pflanzen eine neue Heimat gefunden. Außerdem handelt es sich um ein wichtiges Bindeglied zwischen den Naturschutzgebieten Geisingberg und Weicholdwald sowie im europäischen Schutzgebietsnetz NATURA 2000. Das gleiche gilt für den angrenzenden, derzeit ruhenden Steinbruch.
Die heute von vielen Politkern aller Parteien favorisierte Form der „Energiewende“ setzt sehr stark auf Elektrifizierung der Mobilität. E-Autos haben sicher das Potential, den CO2-Ausstoß im Verkehrsbereich zu reduzieren. Doch viele andere Probleme des Straßenverkehrs bleiben unangetastet, vom Überfahren zahlloser Wildtiere über Bodenversiegelung bis hin zur weithin unterschätzten Belastung der Umwelt mit Reifenabrieb-Mikropartikeln.
Und es gibt eben auch die Elektroenergie nicht zum ökologischen Nulltarif, selbst wenn dazu Sonne und Wind angezapft werden. Was allein die notwendige Speicherung von „Ökostrom“ in Lithium-Akkus nach sich zieht, das sollte die Wanderung am Sonntag ins Bewusstsein rufen. Wobei es aber immer noch besser ist, die Ressourcen möglichst im eigenen Land, unter Wahrung höchstmöglicher Umweltstandards, zu nutzen, als diese in fernen Regionen der Erde auszubeuten.
Die einzige Energie indes, die keinen tiefen ökologischen Fußabdruck in der Natur hinterlässt, ist die, die nicht von uns Menschen in Anspruch genommen wird. Dies erfordert allerdings eine radikale Abkehr von unseren hohen materiellen Ansprüchen. Sowas im Wahlkampf zu vermitteln erscheint leider immer noch wenige aussichtsreich.