Natur im Osterzgebirge

Erlebnisbericht vom Grummet-Herbstschnitt in Oelsen / Bienhof

Dr. Volker Beer

Die Naturschutzstation Osterzgebirge und die AG Sächsische Botaniker im Landesverein Sächsischer Heimatschutz suchten Naturinteressierte, welche bei der Mahd mittun wollten. So packte ich meine Arbeitssachen und auf gings, ins schöne Osterzgebirge. Das Wetter präsentierte sich genau am Wochenende 3. und 4. Oktober von seiner sonnigsten Seite, denn eine Föhnwetterlage brachte dunkelblauen Himmel, extreme Fernsicht und strahlenden Sonnenschein bei spätsommerlichen Temperaturen. Nun die mindestens 25,0 °C für einen „Sommertag“ entsprechend meteorologischer Statistik wurden knapp verfehlt, was dem phantastischen Wetter aber keinen Abbruch tat. Das frisch gedeckte Dach des Anwesens am Mordgrundbach unweit der Tschechischen Grenze leuchtet in der Morgensonne. Leute laufen umher. Astrid begrüßt mich und schon werden die Rechen ausgeteilt. Doch was ist das? Eiserne Rechen, innenwärts gekrümmte Zinken. Wird jetzt mit eisernem Besen gekehrt? Das sind doch Vertikutierrechen. Die Aufgabe besteht darin, Teile der Wiesen mit der Motorsense so kurz zu scheren, wie nur möglich, ein Golfrasen ist dagegen das reinste Gebüsch! Allen „Filz“ auskämmen und dabei den Boden vertikutieren. Hier gedeihen seltene Rosettenpflanzen, deren Herbstrosette tief im Boden sitzt. Der Boden ist übersät mit den winzigen Rosetten des Kleinen Knabenkrautes (Orchis morio, nach dem anderen, neueren Buch Anacamptis morio). Es benötigt stickstoffarme, schwach saure oder leicht basische Wiesen, die nicht dauernd trocken sein sollten. Es wächst auf Magerrasen, mitunter auch auf Trockenrasen, mäßig feuchten Wiesen, mitunter auch auf trockeneren Bereichen von Feuchtwiesen. Es benötigt ungedüngte, kurzrasige Standorte. Das „kurzrasig“ ist das Problem. Nach der ersten Mahd war das Gras ordentlich nachgewachsen. Die Motorsensen dröhnen und schon bald tropft der Schweiß vom „ausfilzen“ der Wiese. Die bearbeitete Fläche gleicht einer Weide, die von Schafen (und ein paar Ziegen) ganz kurz geknuppert und deren Boden von den kleinen Hufen der Tiere gelockert ist. Da könnte man doch im Frühherbst eine Herde Schafe weiden lassen. So wie zu Urgroßmutters Zeiten, wo Wanderschäfer mit ihrer Herde über die Wiesen des Gebirges zogen. Ja das könnte … wenn nicht der Pächter der Wiese vehement etwas gegen eine Beweidung der Wiese hätte, es in der deutschen und sächsischen Bürokratie für diese Art der Naturschutzwiesenbiotoppflege die richtige Schublade gäbe. … Aber die gibt es nicht, also die Wiese weiter rupfen, natürlich vertikutieren.

Das Essen dampft in den Töpfen, wir sitzen am langen Tisch vor der Freiluftküche im bunt blühenden Bauerngarten des Anwesens im milden Sonnenlicht. Im Nachmittag gehen wir zu einer anderen Wiese. Die Liftstangen uralten, längst verfallenen Skischleppliftes nebst alter Straßenlaternen entlang der ehemaligen Skipiste heben sich gegen den blauen Himmel ab. In der Gebüschgruppe verbirgt sich das Lifthäuschen. Die Tür lässt sich öffnen. Drinnen, unter dem Staub der Geschichte der Kassenraum. Lifttickes, ausgepreist in einer Währung, die es nun schon seit 30 Jahren nicht mehr gibt. Hier wurde einst unter Flutlicht realsozialistisch gebrettelt. Die sinkende Sonne taucht die Landschaft in rotes Licht, die Abendwolken erglühen. Am Abend glüht die Kohle im Grill und wir lassen uns die Grillwürste schmecken. Die Sterne funkeln.

Am Sonntagmorgen ist es so mild, dass wir im Garten frühstücken. Gut gesättigt geht es nun auf eine etwas weiter abgelegene Wiese. Ein botanisches Kleinod: Sibirische Schwertlilie, Boreales Labkraut, Große Sterndolde … der botanische Rundgang dauerte über eine halbe Stunde. Ja hier gedeiht gar, ich nenne es mal die „Kunterbunte Wunderblume“ … ich habe Astrid fest versprochen nicht weiterzusagen das hier diese seltene, attraktive Art gedeiht. Mittag ist die Arbeit getan und ein gemütliches, gutes Mittagsmahl im Bauerngarten beschließt diesen Freiwilligeneinsatz. Eine andere Art, das Erntedankfest zu begehen. Gut gelaunt packe ich meine Tasche. Ein großer Dank den Organisatoren für das bestens vorbereitete aktive Erntedankwochenende in Gottes freier Natur.

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