Es scheint ernst zu werden: im Unterschied zu allen anderen Bergbauplänen im Ost-Erzgebirge, die vermutlich bisher bei der Stufe „Claims abstecken“ stagnieren, liegt für den Lithiumabbau jetzt ein Rahmenbetriebsplan öffentlich aus. Im Altenberger Rathaus und beim Oberbergamt Freiberg kann man sich bis 10. Oktober noch die Unterlagen anschauen – und bis zwei Wochen danach seine Einwendungen einreichen.
Elektronisch gibt es den Rahmenbetriebsplan auch unter
Soweit erkennbar, ergeben sich aus Umwelt- und Naturschutzsicht einige Bedenken – manche wahrscheinlich eher unbegründet, andere schon arg bedenklich:
- Auswirkungen auf das Oberflächenwasser im Einzugsgebiet des Bergwerks. Klimawandelbedingte Dürre setzt den Mooren und Feuchtwiesen ohnehin heftig zu, da wäre jede weitere „Entwässerung“ gar nicht gut.
- Bachverschmutzungen durch Bergbauabwässer. Nach der Planung, soll das Bergwerk über den Tiefe-Hilfe-Gottes-Stolln ins Heerwasser – nach Geising – entwässert werden. Gesetzlich verpflichtet ist das Unternehmen zur Einhaltung der Vorgaben aus Wasserrahmen-Richtlinie und anderen Vorschriften. Aber ob das gelingt? Dem „Versatzmaterial“ („taubes Gestein“) soll wahrscheinlich Kraftwerkfilterasche beigemengt werden, um diesem Beton die nötige Stabilität zu geben.
- Lasterverkehr, 25 % des derzeitigen Aufkommens auf der B170 in Altenberg zusätzlich. Die derzeitige Planungsvariante geht davon aus, dass das zerkleinerte Material, abzüglich all des „tauben Gesteins“, das wieder im Bergwerk verbaut wird, zur Aufbereitung nach Freiberg geschafft werden soll. „Ökologisch“ ist das sicher nicht. Eine andere, aber wirtschaftlich wohl schwierigere Variante geht von einer Teil-Aufbereitung im Altenberger Europark aus.
- Was wird mit allem, was nicht Lithiumerz ist? Der größte Teil soll gleich wieder als „Versatzmaterial“ zurück ins Bergwerk. In der nächsten Aufbereitungsstufe fällt eine Menge Quarzsand an, der wohl Abnehmer in der Bauwirtschaft findet. Bei der „Freiberg-Variante“ würde dieser Sand direkt vom Aufbereitungswerk weg verkauft werden, ohne größere Zwischenhalden.
- Ernsthaft in Erwägung gezogen wird – für den Fall einer Aufbereitung in Altenberg – die Wiederinbetriebnahme der Spülhalde im Bärensteiner Bielatal. Offiziell handelt es sich ja immer noch um eine „Industrielle Absetzhalde“ (IAA) unter der Zuständigkeit der LMBV. Allerdings hat sich seit Ende des Zinnerzbergbaus aus dem einstmals gefürchteten „Roten Meer“ inzwischen einer der wertvollsten Lebensräume im Ost-Erzgebirge entwickelt. Seit paar Jahren brüten hier sogar Kraniche. Eine erneute Devastierung dieses Bindeglieds zwischen den Naturschutzgebieten Geisingberg und Weicholdswald wäre sehr schlimm.
Die endgültige Gewinnung von Lithiumfluorid soll dann in einer Chemieanlage erfolgen – entweder in Freiberg oder in Schwarzheide. Altenberg ist als Standort für diesen Prozess offenbar nicht vorgesehen.
Grundsätzlich sind derartige Projekte ja meistens recht ambivalent aus „ökologischer Sicht“: einerseits sind sie dem Natur- und Umweltschutz in der Region mit Sicherheit nicht förderlich. Andererseits sind die Zerstörungen, die mit Lithiumgewinnung etwa in Bolivien einhergehen, viel schlimmer. Wenn die Menschheit süchtig nach smartphones und laptops ist, und nun auch noch mit Elektroautos das Klima gerettet werden soll, ist es vielleicht das kleinere Übel, unter den vergleichsweise hohen Umweltstandards Europas Rohsoffe auszubeuten, als ferne Ökosysteme zu zerstören?
Jens Weber
Die Stellungnahme der Grünen Liga Osterzgebirge zu den Planungsunterlagen gibt es hier: https://osterzgebirge.org/de/natur-schuetzen/gefahren/lithium-bergbau-zinnwald