Markante Erhebung an der Ostflanke des Erzgebirges (724 m üNN), tertiäre Basaltkuppe, in deren Schutz sich ein Rest kreidezeitlicher Sandsteinbedeckung erhalten hat; in der Umgebung einstmals sehr artenreiche Wiesen (die sich jenseits der Grenze im NSG „Mittelgebirgslandschaft um Oelsen“ fortsetzen), hier jedoch durch jahrelange Brache verarmt; Unterschutzstellung 1997; 73,9 ha; Höhenlage 565 – 724 m üNN
Nutzungsgeschichte:
Der Sattelberg (deutsche Bezeichnung, weil von Norden her leicht zweigipflig erscheinend, von Süden her jedoch +/- spitz, daher tschechisch: „Spitzberg“) galt sicherlich schon seit langem als wichtige Landmarke. An seinem Fuß führt einer der ältesten Passwege des Erzgebirges vorbei: der Kulmer Steig. Dieser verband die Altsiedelgebiete im Pirna-Meißner Elbtal über den Nollendorfer Pass mit denen des Nordböhmischen Beckens. Genutzt wurde diese Verbindung möglicherweise schon seit der Bronzezeit. Seit dem Mittelalter zogen auch immer wieder kriegerische Streitmächte am Sattelberg vorbei, angeblich bereits Karolinger-Heere im 9. Jahrhundert.
Die Lage am alten Passweg sowie das vergleichsweise günstige Klima an der Ostflanke des Erzgebirges lassen vermuten, dass die Dörfer zu den frühesten Gründungen der Kolonisierung im 12./13. Jahrhundert gehörten. Diese ging hier wahrscheinlich von Böhmen aus, worauf auch slawische Ortsbezeichnungen hinweisen (Oelsen: olše = Erle).
Dennoch lebten hier bis 1945 auch auf der tschechischen Seite der Grenze (1459 im Vertrag zu Eger festgelegt) fast ausschließlich deutschsprachige Bewohner, so auch in Schönwald (Krásný Les). Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurden die deutschböhmischen Einwohner vertrieben, das Unterdorf von Schönwald nahezu komplett geschleift. Die heutigen tschechischen Bewohner haben das Mittel-/Oberdorf zu neuem Leben erweckt.
In den 1890er Jahren gab es am Sattelberg Bergbauversuche auf Eisenerz („Bergloch“ im Sandstein), doch die Ausbeute war zu gering. Ende des 19. Jahrhunderts wurde auf dem Gipfel ein Vermessungspunkt der „Königlich-Sächsischen Triangulation“ eingerichtet, dessen Sockel heute noch besteht.
Zu dieser Zeit nahmen auch die Bemühungen um die touristische Erschließung der markanten Bergkuppe zu. 1907 wurde ein Gasthaus errichtet, das sich zu einem beliebten Ausflugslokal entwickelte. In zahlreichen Wanderführungen und Beschreibungen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts werden die weite Aussicht und die naturkundlichen Besonderheiten des Sattelberges gerühmt. Die intensiven Naturschutzbemühungen des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz im Raum Oelsen – Bienhof strahlten auch auf die südliche Fortsetzung des Landschaftsraumes aus.
Mit der Grenzschließung 1945 änderte sich dies abrupt. Fast völlige Abgeschiedenheit zog über das Sattelberggebiet. Nur noch wenige Wanderer mit Entdeckerfreude fanden über zugewachsene Pfade den Weg zum Berggipfel. Vom ehemaligen Gasthaus künden nur noch die Grundmauerreste. Die artenreichen Grünlandfluren rund um den Sattelberg wurden entweder in „moderne“ Landwirtschaft überführt (südlich des Berges) oder fielen größtenteils komplett brach. Über Jahrzehnte verdrängten Verfilzung und Verbuschung die botanische Vielfalt von den meisten der ehemaligen Berg- und Feuchtwiesen, bis auf wenige Reste heute seltener und geschützter Pflanzenarten. Andererseits entwickelte sich das Gebiet zu einer nahezu ungestörten Ruhezone für seltene Tierarten, unter anderem das Birkhuhn.
Wie die meisten Bereiche des Osterzgebirgskammes, war auch der exponierte Sattelberg den Luftschadstoffen der Braunkohlenwirtschaft ausgesetzt. Es wurde mit „rauchtoleranten“ Baumarten aufgeforstet, v.a. Europäische Lärche und Blau-/Stechfichte.
1997 wurde der Přirodní park Vychodní Krušné hory (Naturpark Osterzgebirge) deklariert, mit dem Sattelberg als einer der Kernzonen. Parallel dazu erfolgte die Unterschutzstellung als Přirodny Reservace Špičák.
Mit dem Beitritt Tschechiens zum Schengener Abkommen 2007 konnte die „grüne Grenze“ zwischen Oelsener Höhe und Sattelberg auch offiziell überquert werden. Seither hat die Zahl der Wanderer wieder deutlich zugenommen. Auch von Krásný Les führt wieder ein ausgeschilderter Weg zum Berg.
Allerdings unter einer großen Autobahnbrücke hindurch. Zwischen 2003 und 2006 wurde die D8/A17 gebaut. Auf der Autobahn dröhnen seither täglich mehrere tausend Transit-Lkws in einem großen Bogen, von Nordwesten nach Südosten, um den Sattelberg herum. Aufgrund der vorherrschenden Hauptwindrichtungen (Süd bis West) wird das Naturschutzgebiet in erheblichem Maße durch Lärm und Abgase belastet.
Naturraum:
Im Bereich des Nollendorfer Passes/Nakléřovský průsmyk erreicht der Erzgebirgskamm nur noch Höhen zwischen 700 und 730 m üNN. Damit wirkt die markante Kuppe des Sattelberges besonders auffällig.
Wie im überwiegenden Teil des Ost-Erzgebirges, bilden Gneise den Grundstock – metamorphe Kristallin-Gesteine aus der Zeit der Variszischen Gebirgsbildung, vor 330 bis 350 Millionen Jahren (Unter-Karbon). Nördlich des Berges verzeichnet die Geologische Karte einen Gangzug „porphyrischen Mikrogranits“ – vermutlich vulkanisches Material ebenfalls aus dem Erdaltertum. Nachdem die Höhenrücken des Variszischen Gebirges abgetragen waren, überflutete vor rund 95 Millionen Jahren das „Kreidemeer“ die Region und hinterließ eine Sandsteindecke. Und zwar nicht nur im heutigen Elbsandsteingebirge, sondern wahrscheinlich auch im größten Teil des Ost-Erzgebirges. Nur wurde hier der verwitterungsanfällige Sandstein wieder abgetragen, als im Tertiär, vor etwa 25 Millionen Jahren beginnend, tektonische Kräfte die Erzgebirgsscholle emporhoben und schrägstellten.
Diese tektonischen Kräfte ließen jedoch zuvor oder zeitgleich an mehreren Stellen auch Lava an die Erdoberfläche aufdringen. Der daraus resultierende Basalt (exakter: Olivin-Nephelinit) ist im Unterschied zum Sandstein, aber auch gegenüber dem Gneis, wesentlich widerstandsfähiger gegenüber der Erosion. Die Gebirgsoberfläche ringsum wurde also stärker abgetragen, so dass der ehemalige Lavaerguss zu einer Bergkuppe herausgearbeitet wurde, die die umgebende Hochfläche um mehrere Dutzend Meter überragt. Zu den Besonderheiten des Sattelberges gehört, dass im Schutze der Basaltkuppe auch ein Rest der kreidezeitlichen Sandsteinbedeckung erhalten geblieben ist.
Der Basalt zeigt am Sattelberg die typischen Erstarrungsformen von schrägliegenden, vier- bis fünfkantigen Säulen. Die Volumenverringerung der Basaltlava beim relativ raschen Abkühlen führte zuerst zum Aufreißen an der Oberfläche. Der Abkühlungsprozess setzte sich ins Innere des Lavapfropfens fort, und damit ebenso das aufreißen infolge der Volumenverringerung. Die 10 bis 30 cm starken Säulen am Sattelberggipfel ragen mit etwa 45 in Richtung Nordwest auf – bzw., im Geologenterminus, fallen nach Südost ein. Unterhalb erstreckt sich ein etwa 40 x 100 m großer Blockhang. In die Klüfte des Basalts drang während der Eiszeiten im Pleistozän (bis vor etwa 10.000 Jahren) in kurzen sommerlichen Auftauphasen Wasser ein, welches bei den oft sehr tiefen Temperaturen im Rest des Jahres zu Eis gefror und sich dabei ausdehnte. Tausende Jahre währende Wiederholungen dieses physikalischen Prozesses verursachte schließlich die „Sprengung“ der Basaltsäulen zu groben Blöcken. Basalt bildet übrigens nicht nur den Hauptgipfel, sondern tritt in einem kleineren, weniger auffälligen Vorkommen etwa 200 m nordöstlich davon zutage (wodurch die „Sattelform“ des Berges entsteht).
Im Umfeld des Basalts bildet Sandstein „eine birnförmig conturirte Platte … welche von den beiden kleinen Basaltcylindern des Sattelberges ‚wie von zwei Nägeln festgehalten'“ wird. (Gäbert & Beck 1903). Die Nord-Süd-Ausdehnung beträgt etwa 400 Meter. Östlich des Hauptgipfels endet die Sandsteinplatte in einem bis zu 15 Meter hohen Felsabbruch mitsamt größeren Sandsteinblöcken und „Höhlen“ am Fuße.
Die Flächen rund um den Sattelberg wurden früher von den Bauern des Hufendorfes Schönwald landwirtschaftlich genutzt. Zahlreiche Quellmulden und Sickerstellen begrenzten die Möglichkeiten des Ackerbaus, stattdessen spielte Heugewinnung eine große Rolle. Seit der Vertreibung der deutschböhmischen Bewohner lagen die meisten Flächen brach. Aufkommende Gehölze haben inzwischen einen Bedeckungsgrad von 50 bis nahe 100 % erreicht. Nur im Nordosten des Schutzgebiets, an der Grenze, werden Grünlandflächen auch wieder gemäht.
Vegetation:
Das Mosaik aus basischem Basalt, saurem Sandstein und intermediärem Gneis sorgt für vielfältige Wuchsbedingungen in der Pflanzenwelt. Insbesondere die Sickerwässer aus dem Basaltkörper tragen Kalzium, Magnesium und andere Nährelemente, die ansonsten nach Jahrzehnten der Versauerung in den Osterzgebirgsböden eher mangelhaft vertreten sind, bis weit ins Umfeld hinaus. Dies fördert nicht nur am Sattelberg, sondern auch auf den sogenannten Sattelbergwiesen jenseits der Staatsgrenze basenliebende Pflanzenarten.
In offenen Feuchtbereichen und in Quellmulden gedeihen auch am Sattelberg unter anderem noch Sibirische Schwerlilie, Breitblättrige Kuckucksblume, Trollblume und Fettkraut – aufgrund der Verbrachung jedoch allesamt jedoch in bedenklichem Rückgang.
Verschiedene Weidenarten haben sich derweil auf den ehemaligen Feuchtwiesen etabliert. Bemerkenswert ist das Vorkommen der Kriech-Weide.
Auf den ebenfalls überwiegend brachliegenden Bergwiesenfragmenten sowie an Steinrückenrändern findet man vereinzelt noch Arnika, Feuer-Lilie und Busch-Nelke.
Auf alten Fotos zeigt sich der eigentliche Sattelberg noch weitgehend kahl. Irgendwann wurden dann auch hier Fichten gepflanzt, die aber bald den Schwefeldioxid-Belastungen („Waldsterben“) zum Opfer fielen. Stattdessen pflanzte die staatliche Forstverwaltung Lärchen und Blaufichten. Als Pionierbaumarten sind inzwischen Birken und Ebereschen hochgewachsen. Am Südhang, im Schatten der Hauptwindrichtung wächst ein kleiner Bestand aus Rot-Buche.
Der Besiedelung mit Gehölzen widersetzt haben sich bisher lediglich die Felsbereiche und die offene Blockhalde. Hier findet sich stattdessen eine interessante Flechtenvegetation.
Tierwelt:
Die Abgelegenheit und weitgehende Unzugänglichkeit des größten Teils des Naturschutzgebiets sowie der hohe Strukturreichtum bietet einer Vielzahl von Tierarten günstige Lebensbedingungen. Aus der Vogelwelt sind unter anderem die Nachweise folgender Arten bekannt: Steinschmätzer, Neuntöter, Wachtel, Raufußkauz, Rotmilan sowie Korn- und Rohrweihe.
Das Birkhuhn hingegen hat das Sattelberggebiet bereits vor Jahren verlassen. Neben verschiedenen anderen Faktoren (suboptimale Offenland-Lebensraumstrukturen, Störungen durch Wanderer) war es mit Sicherheit der Bau der Autobahn, der für die hiesige Birkhuhn-Population das Aus bedeutete. Die Grüne Liga Osterzgebirge und andere Umweltverbände hatten während der A17-Planungsphase für eine Untertunnelung des Kammbereichs gekämpft, vor allem auch für das Birkhuhn – umsonst. Zum entscheidenden Erörterungstermin hatte die Planungsgesellschaft DEGES einen bekannten tschechischen Birkhuhnexperten eingeladen, der zuerst seine Unabhängigkeit als Wissenschaftler betonte und dann erklärte, dass die Autobahn keine nennenswerten negativen Auswirkungen auf die Birkhühner haben wird. Womit er leider falsch lag.
Vermutlich bereits seit mehreren Jahrzehnten ausgestorben ist das Ziesel. Das eichhörnchengroße Nagetier ist eigentlich in Steppenlandschaften zu Hause. Als es im Ost-Erzgebirge noch kurzhalmige Borstgrasrasen gab, fühlte es sich offenbar auch zwischen Geising- und Sattelberg wohl. Wenn sich Ziesel außerhalb ihres unterirdischen Baus aufhalten, benötigen sie einen guten Überblick, um Feinde rechtzeitig zu erkennen. sie richten sich auf ihren Hinterbeinen auf, um über die Gräser und Kräuter hinwegschauen zu können. Durch Brache und ein Überangebot an Stickstoff (u.a. Stickoxide aus Fahrzeugmotoren) ist inzwischen die Vegetation auf den Wiesen viel zu hochwüchsig, selbst wenn sich die Ziesel noch so in die Höhe strecken. Insofern sind Berichte tschechischer Jäger, noch vor nicht allzulanger Zeit Zieselbau-Eingänge gesehen zu haben, eher mit Vorsicht aufzunehmen.
Bei einer Wanderung am Sattelberg hat man hingegen noch gute Chancen, einer Kreutzotter oder Waldeidechse zu begegnen. An einem Sommernachmittag auf dem Gipfel fallen oft zahlreiche Schmetterlinge, u.a. Schwalbenschwanz und Trauermantel, auf, die von der aufsteigenden Warmluft hier hinaufgetragen werden.
Naturerlebnismöglichkeiten:
Nur wenige Punkte bieten einen vergleichbaren Überblick über die Pultscholle des Erzgebirges an dessen östlicher Flanke. Während sich vom Basaltgipfel ein weiter Blick über das Ost-Erzgebirge nach Westen und Norden bietet, reicht die durch Gehölzaufwuchs zunehmend begrenzte Aussicht von den Sandsteinfelsen in Richtung Osten zur ebenfalls aus Sandstein bestehenden Tafel des Schneebergs / Děčínský Sněžník.
Zum Sattelberg führen heute wieder zwei Wege: zum einen vom ehemaligen Unterdorf Schönwald /Krásný Les aus, unter der Autobahn hindurch, vorbei am Funkmasten. Oder aber auf eher wildem Pfad von Norden her, wobei allerdings die Wiesen des Naturschutzgebiets Mittelgebirgslandschaft Oelsen überquert werden müssen. Leider verursachen so manche Wanderer durch Unachtsamkeit dabei Schäden an der gefährdeten Pflanzenwelt.
Generell bietet es sich aber an, einen Besuch des Sattelbergs mit dem auf deutscher Seite angrenzenden NSG zu verbinden, wo Informationstafeln Wissenswertes über die einzigartige Natur der Gegend vermitteln.
Südöstlich vorbei am Sattelberg verläuft eine markierte Fahrradstrecke („Krušnohorská cyklo magistrála“) – nach längeren Regenfällen allerdings nur für robuste Mountainbikes zu empfehlen.
Stark beeinträchtigt wird der Naturgenuss jedoch durch die omnipräsente Autobahn mit ihrem erheblichen Geräuschpegel.
weitere naturkundlich interessante Ziele in der Umgebung:
- Naturschutzgebiet Mittelgebirgslandschaft um Oelsen: Berg- und Feuchtwiesen, Steinrücken, naturnahe Wälder, Aussicht von der Oelsener Höhe
- Naturdenkmal Hohler Stein bei Oelsen
- Steinrücken, Bergwiesen und Feuchtgebiete am Liščí potok / Nitschgrund
- Steinrückenlandschaft zwischen Schönwald / Krásný Les und ehem. Streckenwald / Větrov (Klöpschgrund / Větrovský potok)
Literatur:
Gäbert, C. und Beck, R. (1903): Erläuterungen zur geologischen Specialkarte, Section Fürstenwalde-Graupen
Grahl, Bernd (ohne Jahr): Von Zinnwald nach Nollendorf. Eine Wanderung durch das östliche Erzgebirge; Selbstverlag
Kastl, Christian; Loschke, Dieter; Weber, Jens (2007): Sattelberg und Gottleubatal. in: Naturkundliche Wanderziele im Ost-Erzgebirge (Naturführer Ost-Erzgebirge, Band 3); hrsg. Grüne Liga Osterzgebirge
Kuncová, J. a kol. (1999): Ústecko. Chráněná území ČR, Agentura ochrany přirody a krajiny ČR, Praha
http://lokality.geology.cz/335