Natur im Osterzgebirge

Sonnensucher und Unruhe-Geist – „Wenn er die Welt schon nicht retten kann, will er sie wenigstens gerechter machen“ – Erinnerungen an Dietrich Papsch

Ich habe Dieter Papsch kurz vor der Flut 2002 kennengelernt. Damals begann sich im Weißeritztal der Protest gegen den Schwerlastverkehr auf der B 170 zu formieren, und Dieter war von Anfang an dabei. Wir fanden ziemlich schnell einen guten Draht zueinander und wussten uns in vielen Angelegenheiten einer Meinung – ich als damaliger Kreisvorsitzender der Grünen und Dieter als ein Mensch, dem der Erhalt der Natur eine Herzensangelegenheit war und der viele Wege ging, um die Umwelt zu schützen. Dabei, und das zeichnete ihn in meinen Augen besonders aus, verlor er nie den Blick auf unsere soziale Verantwortung aus den Augen.

Viele Jahre war er auch im Vorstand des Kinderschutzbundes im Weißeritzkreis aktiv.

Ziemlich bald erzählte mir Dieter vom Energietisch Altenberg, den er im Rahmen der „Lokalen Agenda 21“ schon im Jahr 2000 mit anderen Mitstreitern gegründet hatte. Die Besonderheit war, dass hier nicht nur ein paar „grüne Spinner“, sondern vor allem auch Handwerker aus der Region aktiv mitarbeiteten, die schon damals die Zeichen der Zeit erkannt hatten, die heute noch viel deutlicher am Horizont stehen. Der Energietisch entwickelte sich über etliche Jahre zum Erfolgsprojekt: zum alljährlichen „Tag der Erneuerbaren Energien“, bei zahllosen Infoständen, Veranstaltungen und Presseartikeln versuchten wir, den Leuten im Erzgebirge den Gedanken der Energieerzeugung aus erneuerbaren Quellen nahezubringen, sozusagen die „Energiewende“ im Osterzgebirge zu bewerkstelligen.
Im sachsenweiten Vergleich war durch dieses Engagement Altenberg jahrelang an der Spitze der „Solarbundesliga“. Es ist natürlich blöd, hinterher zu sagen, dass er schon immer recht gehabt hat und dass es gut gewesen wäre, wenn das vor 20 Jahren ein paar mehr Menschen erkannt hätten. Aber gerade in diesen Tagen denke ich manchmal, wie weit Dieter an diesem Punkt seiner Zeit voraus war.

Sein Engagement war dabei nie nur theoretisch. Als einer der ersten im Erzgebirge ließ er auf seinem (und natürlich Chris’) Haus sowohl Photovoltaik- als auch Solarthermie-Module
bauen und installierte eine Holzpellets-Heizung. Für ihn war immer klar, dass die aktuellen Probleme nicht durch ausufernde Transfers von Geldleistungen, Waren und Dienstleistungen, sondern nur durch Rückbesinnung auf regionale Kreisläufe gelöst werden können. Deshalb war Dieter auch eine treibende Kraft für die drei Bürgersolaranlagen, die im Altenberger Stadtgebiet heute noch Strom und den Anteilseignern gute Erträge liefern , u.a. auch für Bielatal Solar der Grünen Liga Osterzgebirge. Nicht umsonst war er in der Öffentlichkeit als der „Sonnensucher
vom Kahleberg“ bekannt, was auch der Titel eines seiner vier veröffentlichten Bücher ist.

Dieters Engagement beschränkte sich aber nicht nur auf das Thema Erneuerbare Energien. Der unmittelbare Schutz der Umwelt und der Natur des Osterzgebirges waren ihm ein großes Anliegen. Viele Jahre war sein Treffen mit Studentinnen und Studenten ein nicht wegzudenkender Bestandteil des „Schellerhauer Naturschutzpraktikums“ der Grünen Liga. Es war ihm wichtig, sein Wissen und seine Überzeugungen an die nachfolgenden Generationen weiterzugeben. Ohnehin war er immer aktiv bei Aktionen der Grünen Liga dabei, unter anderem auch regelmäßig beim Heulager.

Dieter war unermüdlich in allen Dingen, die er anpackte. Manchmal (oder auch öfter) brachte er damit seine Frau Chris zur Verzweiflung, weil er nie zur Ruhe kam, immer noch etwas Neues
anpackte, sich in alle möglichen gesellschaftlichen Debatten einbrachte. Ruhestand war eben nicht so sein Ding.
Zu seinem 80. schrieb die „Sächsische Zeitung“: „Er ist nicht nur ein Unruhe-Geist, einer, der sehr unzufrieden wäre, wenn er nichts zu tun hätte. Papsch will mehr. Gerade jetzt, wo er Rentner ist und Zeit hat, bringt er sich dort ein, wo es am meisten fehlt – im Ehrenamt. Wenn er die Welt schon nicht retten kann, will er sie wenigstens ein Stück gerechter machen.“

Als im Jahr 2015 eine große Flüchtlingsbewegung auch nach Deutschland entstand, gehörte er mit Chris zu denjenigen, die in Altenberg das Flüchtlings-Café als Begegnungsort initiierten und
betreuten. Mitunter verzweifelte er vielleicht etwas am Altenberger „Zeitgeist“, ließ sich aber nie davon abbringen, öffentlich seine Meinung zu sagen.

Schellerhau war ihm in den letzten Jahrzehnten dennoch zur geliebten Heimat geworden. 2018 war er der Initiator, die ehemalige Gaststätte „Heimatstuben“ als Galerie zu etablieren, und
erst in diesem Jahr versteigerte er einen Großteil seiner Bilder und spendete das Geld, weil er es nicht ertragen konnte, dass die Existenz des Botanischen Gartens Schellerhau auf der Kippe
stand.

Wenn Dieter überhaupt etwas Ruhe fand, dann war das wahrscheinlich beim Malen und Zeichnen, seit er ab 2004 den Kunstkurs von Reimar Börnicke in Schellerhau besuchte.

Save our earth, Fineliner-Skizze, Dietrich Papsch, Dez. 2019

Am 16. Juli 2023 ist Dieter Papsch nach langer Krankheit gestorben. Ich habe einen guten Freund verloren, der immer ein großes Vorbild für mich sein wird. Die Spuren seines Engagements hier im Erzgebirge werden bleiben, und es gäbe sicher noch viele Geschichten zu erzählen, in denen Dieter eine Rolle spielt. Ich hoffe, dass sie erzählt werden, wir vielleicht noch
sein bisher unveröffentlichtes Buch „Auf der Suche nach morgen“ kennenlernen dürfen und er so auf vielfältige Weise unter uns bleibt.

Die Beisetzung findet am 11. August 2023, 13:30 Uhr in der Dorfkirche Schellerhau statt.

Andreas Warschau

 

Bücher von Dieter Papsch
  • Sonnensucher am Kahleberg. Verlag Neue Literatur, 2005,
    ISBN 3-938157-18-6.
  • Im Dschungel der Globalisierung. Verlag Neue Literatur, 2007,
    ISBN 978-3-938157-52-7.
  • Wir sägen an unserem Ast. Verlag DeBehr, Radeberg 2009,
    ISBN 978-3-941758-00-1.
  • Mein Freund, der Baum. Verlag blaetterhaus Tharandt, 2011,
    ISBN 978-3-942571-08-1.

 

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