Im böhmischen Vorderzinnwald wurde jetzt eine sagenumwobene Kapelle aus dem Vergessen zurückgeholt. Die Vereine “Naturschutzstation Osterzgebirge e.V.” und “Spolek pro obnovu kaple Botschen” beteiligen sich seit einem Jahr an ihrer Auferstehung.
Am Dienstag, dem 15. November 2022, wurden die archäologischen Ausgrabungen an der einstigen Kapelle im böhmischen Vorderzinnwald (tsch. Přední Cínovec) abgeschlossen. Die Arbeiten leitete die Archäologin des Teplitzer Regionalmuseums, Lucie Kursová, im Auftrag der Naturschutzstation Osterzgebirge. Im Vorfeld war der genaue Standort der Kapelle ermittelt worden. Durch die Ausgrabung konnten dann die Grundmauern sowie die Überreste von Originalfliesen und vieles mehr gesichert werden. „Fürs nächste Jahr ist die Errichtung eines deutsch-tschechischen Begegnungsorts an Stelle der Kapelle und die Ausstellung der Ergebnisse im Informationszentrum in Eichwald (tsch. Dubí) geplant“, verrät Gebietskenner Jan Kvapil.
Die Erforschung der in den 1950er Jahren niedergerissenen Kapelle, die seit 1887 direkt an der sächsischen Grenze an der sogenannten „Kohlstraße“ stand, wurde durch die Initiative von Jan Kvapil ermöglicht. Noch vor Beginn der archäologischen Untersuchung Anfang Juli wurde hier zum ersten Mal nach mehr als 70 Jahren die traditionelle grenzüberschreitende Wallfahrt gefeiert, die dank der neuen archivalischen Forschung als „Kirschenfest“ bezeichnet wird.
Im Rahmen des Projektes „Crossing borders for the future in Eastern Ore Mountains“, das durch die European Cultural Foundation und die Bundeszentrale für die politische Bildung gefördert wird, entstanden auch Bildungsprogramme. Durch sie kommen sowohl deutsche, als auch tschechische Schüler mit dem früheren harten Leben und der wechselvollen Geschichte an der Grenze in Kontakt. Nicht zuletzt wird vermittelt, wie sich die Landschaft im Laufe der Geschichte veränderte.
In der Kapelle stand seit 1887 der berühmte spätgotische Altar von Fürstenau, zu dem seit Ende des 18. Jahrhunderts katholische Pilger aus Böhmen kamen, um die dortige „Gnadenmutter“ zu verehren. Es war ein europäisches Unikat – ein katholischer Wallfahrtsort in einer evangelischen Kirche! Der Altar wird heute im Teplitzer Regionalmuseum aufbewahrt. Dieses Jahr wurde er dank der Euroregion Elbe/Labe in 3D gescannt, so dass er direkt vor Ort in Vorderzinnwald als sogenannte „Augmented Reality“ erlebbar ist. Euroregion hat ebenfalls die Errichtung eines symbolischen Altars mit der aus Glas gedruckten Madonna durch tschechische Künstler in der Kirche in Fürstenau gefördert.
Durch die Zusammenarbeit von verschieden Akteuren entsteht nun zwischen Vorderzinnwald und Fürstenau ein erlebbarer, attraktiver Begegnungsort, wo sich alle Bewohner und Besucher des Osterzgebirges nicht nur über die wechselhafte Geschichte, sondern auch über die landschaftlichen Verwandlungen informieren können. „Es freut uns sehr, dass unser Verein dies alles mitgestalten konnte“, resümiert Jitka Pollakis, Koordinatorin der Naturschutzstation.
Jan Kvapil
Die „Wiederbelebung“ einer Kapelle an der Grenze auf Naturschutzstation Osterzgebirge