Das Netzwerk Baumdenkmalpaten konnte sich 2024 weiterhin um das Wohl alter Baumdenkmale im Ost-Erzgebirge kümmern – unter anderem als deutsch-slowakisches Kooperationsprojekt gefördert von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt.
Der überwiegende Teil der geförderten Projektbausteine findet aktuell im Biosphärenreservat Pol’ana statt (eine bei deutschen Touristen kaum bekannte, aber umso traumhaftere Gegend in der zentralen Slowakei). Ende September gab es im Städtchen Hrinova die Eröffnungsveranstaltung – unter dem Blätterdachs eines riesigen, alten Apfelbaumes im Pfarrgarten.
Aber auch im Ost-Erzgebirge konnten z.B. wieder naturkundliche Wanderungen (15.9. Tharandt – Somsdorf; 13.10. Berggießhübel – Bad Gottleuba), praktische Naturschutzeinsätze mit Baum-Bezug (Wald-Wochenende 24.-26.5.; Freiwilligen-Aktion in Kooperation mit YellowFox 11.9.24) sowie Umweltbildungsprogramme stattfinden. Im Mittelpunkt steht dabei – gemäß der Förderschwerpunkte der DBU – das Bemühen, vor allem Jugendliche als neue Baumdenkmalpaten zu gewinnen.
Dies ist zumindest mit der Madagaskar AG des Altenberger Glückauf-Gymnasiums gelungen. Die Jugendlichen engagieren sich ohnehin seit langem auch für Bäume, sowohl in Madagaskar als auch ganz praktisch im Ost-Erzgebirge. Mehrfach schon haben sie den Wurzelraum einer mächtigen Weiß-Tanne im Weicholdswald von Müllbergen beräumt. Jetzt ist diese Tanne einer von vier Baumdenkmalen im Bielatal, die die Madagaskar AG bereit ist zu betreuen.
Der für den 23. November 2024 vorbereitete Baumdenkmalpaten-Praxistag in Sayda (mit Baumpflanzung an der Allee Alte Mortelgrundstraße musste wetterbedingt verschoben werden, auf den 5. April 2025.
Baumdenkmalpaten-Netzwerk 2024
In diesem Jahr waren im Naturraum Ost-Erzgebirge knapp 30 Baumdenkmalpaten aktiv, davon sind sechs neu hinzugekommen.
Insgesamt kommt in der Region aktuell ca. 140 Baumdenkmalen eine „Patenbetreuung“ zugute. Die regionale Verteilung konzentriert sich nach wie vor noch auf Schwerpunktgebiete wie Dippoldiswalde und eingemeindete Orte, wo sich sieben Naturfreunde für ca. 30 Baumdenkmale engagieren. Jeweils 16 betreute Baumdenkmale gibt es in den zu Altenberg und zu Berggießhübel-Bad Gottleuba gehörenden Ortschaften, 15 in Glashütte, 11 in Freiberg. Relativ ist der Stand auch in Klingenberg, Olbernhau, Hartmannsdorf-Reichenau, Sayda und Tharandt. Große Lücken klaffen indes noch in den zu Hermsdorf, Frauenstein, Rechenberg-Bienenmühle, Seiffen, Rabenau und Kreischa gehörenden Gebieten, sowie etlichen weiteren Kommunen im mittleren/westlichen Teil des Ost-Erzgebirges.
Bis auf wenige Ausnahmen (14 Baumdenkmale) wurden die betreuten Bäume 2024 auch von einem Projektverantwortlichen der Grünen Liga Osterzgebirge aufgesucht, überwiegend gemeinsam bei Vor-Ort-Terminen mit fast allen Baumdenkmalpaten. Es handelte sich in jedem Fall um sehr interessanten, wertvollen Gedankenaustausch mit den Ortskennern!
Obwohl die Neuaufnahme von Bäumen in dieser Phase des Programms nicht im Vordergrund steht, erfolgten auch noch ca. 70 Ersterfassungen. Dabei handelte es sich einerseits um solche Exemplare, die bereits einen Baumdenkmalpaten haben, aber eben noch nicht im Programm registriert waren. Andererseits um gesetzlich geschützte Naturdenkmale, die wir natürlich prioritär berücksichtigen wollen. In einem kleinen Nebenauftrag durch die Untere Naturschutzbehörde des Landkreises Sächsische Schweiz – Osterzgebirge bekamen 34 solcher NDs ein offizielles Naturdenkmalschild.
Bisschen Statistik
Was lässt sich an ersten Erkenntnissen und Handlungserfordernissen aus dem bisherigen Verlauf der Baumdenkmal-Betreuung ableiten? Von 17 Paten liegen inzwischen Berichte vor, die sich auf 77 Baumdenkmale beziehen (davon 21 aus dem Jahr 2023, 56 aus diesem Jahr). Die weitaus meisten haben die Erfassungsformulare verwendet, die von Seiten der Grünen Liga Osterzgebirge für jeden Patenbaum erstellt werden. In übersichtlicher Tabellenform werden darin 23 Faktoren zum Baumzustand abgefragt, getrennt in „Kronenbereich“, „Stammbereich“, „Boden/Wurzelbereich“. Die Palette reicht von „auffällig schütterer Belaubung“ über „erfolgte Schnittmaßnahmen (fachgerecht / nicht fachgerecht“ und „erkennbare (neue)
Bodenverdichtungen“ bis „Pilzfruchtkörper im Bereich des Wurzeltellers“. Einige wenige Baumdenkmalpaten jedoch bevorzugen weiterhin die Beschreibung in „Prosa“, was aber auch völlig in Ordnung ist und sich ebenfalls gut auswerten lässt.
Generell sind die Berichte erwartungsgemäß unterschiedlich umfangreich, geben aber dennoch interessante erste Erkenntnisse. Am häufigsten wurden notiert: Totäste, Kronenkonkurrenz, diverse Schäden an den Blättern; Pilze am Stamm, Rindenverletzungen; sowie – erstaunlich wenige – Beeinträchtigungen im Bodenbereich (Bodenverdichtung, -versiegelung; Wurzelbeschädigungen durch Ackern etc.).
Dies entspricht auch den Erkenntnislage nach der Begutachtung von 164 Baumdenkmalen (mit > 200 Bäumen, wegen Baumgruppen) zwischen Mai und November 2024 durch einen Projektverantwortlichen. Anhand der Notizen zum Zustand der Bäume entstand eine dreistufige Einschätzung des Handlungsbedarfs zum Erhalt des Baumdenkmals. Im wirklich „grünen Bereich“ befindet sich nach dieser subjektiven Momentaufnahme lediglich ein reichliches Drittel aller Exemplare. Für über die Hälfte der Bäume wäre irgendwas zu unternehmen – und sei es, das Gespräch mit den Eigentümern oder zuständigen Behörden zu suchen, damit sich die Bedingungen mittelfristig nicht verschlechtern (ein nicht zu unterschätzender zeitlicher Aufwand!). Bei 11 Bäumen (ca. 7 %) herrscht „Alarmstufe Rot“ – also ziemlich dringender Handlungsbedarf. Vier Bäume, die 2021/22 aufgenommen wurden, haben inzwischen schon das Zeitliche gesegnet.
Die praktischen Maßnahmen, die zu tun oder zu unterlassen wären, sind sehr unterschiedlich. Es gibt offensichtlich nicht „den einen Faktor“, der unseren alten Bäumen zu schaffen macht. Die Gemengelage ist ziemlich heterogen und von Fall zu Fall verschieden. Relativ oft zeigte sich zunehmende Beschattung durch im unmittelbaren Umfeld oder auch direkt innerhalb des Kronenbereichs aufwachsender Konkurrenten. Verdichtungen und Versiegelungen im Wurzelbereich erschienen, wie erwähnt, weniger häufig als erwartet als Problem, dennoch rangieren diese Faktoren auf den vorderen Plätzen.
Aus der Gegenüberstellung der Beobachtungen der Baumdenkmalpaten und der eingeschätzten Handlungserfordernisse ergeben sich einige erste Ansätze für künftige Weiterbildungsprogramme:
– Kronenkonkurrenz wird von den Baumdenkmalpaten noch erheblich öfter genannt als dies durch den Projektverantowrtlichen bei den Vor-Ort-Terminen als problematisch eingeschätzt wurde. Hier sollte gemeinsam nochmal den Blick geschärft werden. Zum Wohle der Altbäume gilt wahrscheinlich: ruhig öfter mal die Säge bei den jungen Konkurrenten ansetzen. Gerade wenn die Methusalems aufgrund ihres Alters und forciert durch die Dürrejahre ihre Krone zurückbauen, können im Umfeld hochwachsende Nadelforsten oder in die Krone hereinwachsende Jung-Ahorne eine schwerwiegende Zusatzbelastung sein.
– Schnittmaßnahmen werden von den Baumdenkmalpaten überraschend realitätsnah eingeschätzt, ob sie fachgerecht erfolgt sind oder nicht. Ungeachtet dessen zeigt sich hier Fortbildungsbedarf, um künftig auch als sachkundige Gesprächspartner wahrgenommen zu werden, wenn Grundstücksbesitzer oder Kommunen Baumpflegearbeiten vergeben, oder die Straßenmeisterei einfach mal so wieder Bäume zurückschneidet und aufastet, aus Gründen vermeintlicher oder tatsächlicher Verkehrssicherung.
– Bodenverdichtungen werden durch die Baumdenkmalpaten recht kritisch gesehen, Bodenversiegelungen jedoch eher nicht. Vielleicht liegt das daran, dass der Fragebogen explizit „neue Versiegelungen“ nennt. Dessenungeachtet gilt es in Zukunft noch viel mehr darauf zu achten, dass den Bäumen bestmögliche Bodenbedingungen zuteil werden, wenn sie mit Dürrephasen wie 2018-2020 noch klarkommen sollen. (Man muss ja immer dran denken: dies waren wahrscheinlich ja nur die allerersten, noch vergleichsweise harmlosen Vorboten des Klimawandels).