Vor einigen Wochen im Grüne Liga-Büro, Simone und ich sitzen an den alljährlichen Anträgen für die Agrarförderung, in deren Räderwerk in Sachsen die Förderung der Grünland-Biotoppflege gequetscht wurde. Die alljährlichen Neuerungen überraschen regelmäßig, mal schauen was das Jahr 2020 bereithält.
Lange lässt diese tatsächlich nicht auf sich warten. Treffer bei der Gemeindeamtswiese Oberfrauendorf, eine der selten gewordenen, orchideenreichen Nasswiesen innerhalb
osterzgebirgischer Ortslagen. Wer die Wiese kennt und bei einer Pflegerunde dabei war, kann den Aufwand der Pflege abschätzen: Einen halben Tag zu zweit mähen, einen weiteren
halben Tag Beräumung. Vorausgesetzt mindestens 10 Leute packen motiviert die mit oft nassen (soll es tatsächlich gegeben haben!) Binsen schwergefüllten Planen an und gabeln deren
Inhalt hurtig in den durch eine Entsorgungsfirma bereit gestellten Container. Über Wirtschaftlichkeit trotz höchster Erschwernis- und Förderstufe möchte ich keine Worte
verlieren… aber darum soll es ja auch nicht gehen.
Wie bei vielen Feuchtwiesen zu beobachten, so wird auch diese durch sechs Beton-Meliorationsschächte entwässert. Sechs runde Betondeckel gleichmäßig verteilt, auf deren
Oberfläche natürlich kein Gras wächst was gemäht und entsorgt werden muss, diese Flächen folglich also auch keinen Aufwand einer Pflege erfordern. Gesagt getan, und schon
wurden, wie bei einer Schulung vor einigen Jahren angekündigt, seitens der Förderstelle sechs Sperrflächen aus dem Feldblock herausdigitalisiert. 10 Quadratmeter pro Deckel
(entspricht einem Durchmesser von etwa 3,5m!), in Summe also 60 Quadratmeter zurückgewonnene Förderfläche. Pro qm gibt es hier knapp 0,50€ Förderung – wir hantieren also mit einem Streitwert von knapp 30€. Mit Luftbildauswertung, ggf. Fahrt + Prüfung vor Ort und Änderung der Förderflächengeometrie samt allen Dokumentationen hat der / die findige Bearbeiter/in mit sicher nicht unerheblichen Personalkosten wohl nicht nur eine Stunde zu tun gehabt – hier wurden also weder Kosten für den Steuerzahler gespart (ganz im Gegenteil!) noch „produktiv“ Werte geschaffen. Vielmehr setzen wir unsere Arbeitszeit zur Diskussion entgegen,
Arbeitszeit für die wir auch bessere Verwendung hätten.
Und nun? Sechs Korrekturpunkte setzen, das Wie und Warum begründen und auf gesunden Menschenverstand auf der Gegenseite hoffen. Aber hier geht es (wohl beiderseits) ums
Prinzip und weniger um die paar Fördereuronen: Sechs Betondeckel zu umfahren bedeutet für uns nämlich sechsfach den Mäher abstellen, nach weiteren Steinen schauen, Rückwärtsgang und nochmal vorbei mähen, den „Feinputz“ erledigt dann der Kollege mit der Sense. Wie wir sehen ersparen uns solche Betondeckel mitnichten Arbeitsaufwand!
Aber die Kühe könnten ja um die Deckel rundrum fressen … Wasserbüffel für die Biotoppflege! Aktuell nicht gerade zukunftsträchtig, und dort auch nicht förderkonform…
Eigentlich wäre es wünschenswert, für alle Richtlinienkonstrukteure und Förderstellen jährlich eine Praxiswoche in von ihnen begleiteten Betrieben einzuführen, dann könnten solche Absurditäten der Vergangenheit angehören. Auch uns würde ein solcher Rollentausch nicht schaden und würde möglicherweise für mehr Verständnis zum Hintergrund auch anderer nebulöser Förder-Selbstläufer führen. Und uns gemeinsam im Nachgang und gegenseitigem Erfahrungsaustausch vielleicht zu einer praxisorientierteren und zielführenderen Naturschutzförderung bringen. Nötig wäre sie allemal.