Natur im Osterzgebirge

NSG Weicholdswald

Quelle: www.umwelt.sachsen.de

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104 Hektar, Unterschutzstellung 1961, landesweite Registriernummer D41

Buchenbestand an der Alten Dresdner Straße im Nordwesten

Der Weicholdswald – kein „Weichholz-Wald“! – beherbergt einen der größten Altbaumbestände eines naturnahen Fichten-Tannen-Buchenwaldes im Ost-Erzgebirge, mitsamt noch einigen sehr stattlichen Weiß-Tannen. Große und Kleine Biela sowie der in zahlreichen Quellmulden im NSG entspringende Hirschkopfbach sorgen für ein heterogenes Standorts- und Vegetationsmosaik. Reichlich Totholz, seit 1999 durch eine knapp 40 Hektar umfassende Naturwaldzelle gesichert, ermöglicht eine große Vielfalt spezialisierter Tierarten.

Nutzungsgeschichte

Bärensteiner Flur 1684

Bärenstein gehörte zu den Waldhufendörfern, die im 12./13. Jahrhundert von dazu angeworbenen, deutschsprachigen Kolonisatoren angelegt wurden. Auf einem Felsen am Müglitzhang entstand die Burg „Bernstein“, deren Namen auch das Adelsgeschlecht trug, denen der gesamte Raum bis zur Weißeritz gehörte. Gerodet wurden zunächst nur die Böden, die auskömmlichen Ertrag versprachen.  Der Quarzporphyr-Höhenzug Kahleberg – Tellkoppe – Kohlberg (zu dem der südliche Weicholdswald gehört) blieb dem Wald vorbehalten. Auch der Riedel zwischen Kleiner und Großer Biela behielt größtenteils seine Waldbedeckung – sicherlich wegen der extremen Steinigkeit sowie der vielen Quellmulden des Hirschkopfbaches.

Hirschsprung entstand erst im Gefolge des Altenberger Bergbaus. Inmitten der ausgedehnten Waldungen und an der Ende des 15. Jahrhunderts angelegten Verbindungs“straße“ nach Dippoldiswalde/Dresden gelegen, sollte von hier aus  die Holzversorgung des rasch wachsenden Bergbauortes gesichert werden. Da nicht nur Brennmaterial, sondern auch Nahrung knapp waren, erfolgten auch zwischen Hirschsprung und Kleiner Biela größere Rodungen. Bis zu fünf Vorwerke sollen hier existiert haben, beiderseits des Vorwerkswegs, an der Scheibe  und östlich angrenzend bis hinab in die Bielaaue. Im 19. Jahrhundert wurden diese Rodungen teilweise wieder aufgeforstet. Vermutlich trug einer der Vorwerksbesitzer den Namen Weigel, nach dem der angrenzende Wald benannt wurde (allerdings gab es auch unter den Bernsteins mehrere Adlige namens Weigold). Später wurde daraus „Weicheltswald“,  Kartografen rückten die Bezeichnung noch ein Stück weiter nach Norden, so dass am Ende auch das Naturschutzgebiet so benannt wurde.

Pinge an der Hegelshöhe

Nicht nur bei Altenberg, auch südlich der Großen Biela, an der Hegelshöhe, wurde Zinnbergbau betrieben. Im Tal gab es mehrere Pochwerke, an deren Stelle später Brettmühlen traten (Ladenmühle, Angermannmühle). Auch am unteren Hirschkopf befand sich bis Anfang der 1990er Jahre ein Stollnmundloch, das jetzt verschüttet ist.

Die Holznutzung war zumindest bis Anfang des 19. Jahrhunderts alles andere als nachhaltig. Auch für den Weicholdswald vermerken die Akten aus dem 16. Jh. : „… sehr verhauen und verwüstet …“, doch ebenso: „… viel Buchen, Ahorn, Eschen, Birken und anderes Jungholz, auch Haselgestrüpp“.

An der Bielatalstraße gedeihen einige prächtige Alttannen

Bei vorrangiger Laubholzbestockung muss es auch in der Folgezeit geblieben sein. Anders als in den meisten übrigen Waldungen erfolgte hier keine Umwandlung in Fichtenforsten. Bis Anfang /Mitte des 20. Jahrhunderts muss der Buchenmischwald außerdem einen hohen Tannenanteil aufgewiesen haben, von denen bis heute noch einige Dutzend Exemplare im Bielatal erhalten geblieben sind.

1961 wurden etwa drei Viertel des Buchenwaldgebiets als NSG unter Schutz gestellt, was aber die forstliche Nutzung kaum einschränkte.  Viele Hektar wertvollen Altholzes fielen Großschirmschlägen zum Opfer. Zusätzlich von hohen Wildbeständen befressen, hatten Weiß-Tannen unter diesen Bedingungen keine Verjüngungschancen, und auch die jungen Buchen kamen bereichsweise nur sehr lückenhaft auf – was von Birken und anderen Gehölzarten genutzt wurde.

das „Rote Meer“ – Zinnerz-Spülkippe 1990

Seit 1967 musste das Tal der Kleinen Biela als „Spülkippe“ für das fein zermahlene, taube Material des Altenberger Zinnbergbaus (immerhin über 99 % der Abbaumenge) herhalten.  Zwischen Weicholdswald und Kesselshöhe wuchs ein Schüttdamm auf über 80 m Höhe, hinter dem sich das „Rote Meer“ ausbreitete. Wenn dieses im Sommer trockenfiel, blies der Wind den feinen, extrem scharfkantigen Staub in die Landschaft. Die Schleifspuren waren noch zehn Jahre nach Ende der Spülkippennutzung an den Baumstämmen zu erkennen. Die Spülkippe wurde Anfang der 1990er Jahre mit Bauschutt und Erdaushub abgedeckt. Die Sukzession führte hier mittlerweile zu einem Mosaik aus Birkenwäldchen und Offenlandbereichen.  Es verblieb jedoch ein flaches Restgewässer, welches sich mit seinen kaum gestörten Uferzonen seither zu einem wertvollen Vogel- und Amphibienlebensraum entwickeln konnte.

1999 wurde im Weicholdswald – als einem von ganz wenigen Gebieten Sachsens – vom Staatsforst eine Naturwaldzelle eingerichtet. Auf 39 der 104 Hektar des NSG sollen künftig keine forstlichen Maßnahmen mehr erfolgen, stattdessen die natürlichen Entwicklungen des Waldes beobachtet und dokumentiert werden.

In den übrigen, nicht zur Naturwaldzelle gehörenden Buchenbeständen führt Sachsenforst „normale“, an naturnaher Waldwirtschaft orientierte Bewirtschaftungsmaßnahmen durch. Mit der Entnahme eines großen Teils der Altbäume wurde Verjüngung eingeleitet, die den vorher typischen Hallencharakter des Buchenaltholzes grundlegend verändert hat. Ein dichter Unterstand aus jungen Buchen wächst heran.

viele Buchenkronen zeigen deutliche Symptome der Neuartigen Waldschäden

Auffällig ist die ausgesprochene „Spießastigkeit“ und Kronenverlichtung vieler Buchen, wie sie auch anderswo im Ost-Erzgebirge auftritt. Es handelt sich um typische Anzeichen der sogenannten Neuartigen Waldschäden, die im Wesentlichen durch die Stickoxide der Autoabgase hervorgerufen werden.

Der Steinbruch an der Kesselshöhe, ursprünglich zur Gewinnung von Schüttmaterial für den Spülkippendamm angelegt, wird noch immer betrieben.  Damit (vor allem dessen Lkw-Verkehr) sind nicht unerhebliche Störungen für den Weicholdswald verbunden. Solche gehen an manchen Wochenenden auch von einer unmittelbar am Rand des NSG befindlichen Hobby-Schießanlage aus.

Im Tal der Großen Biela verläuft eine Talstraße, auf der zwar Lkw-Verbot herrscht, aber oft ignoriert wird. Im Rahmen der weiter talabwärts vorgesehenen Hochwasserdammpläne wird auch ein Ausbau dieser Straße erwogen – am Rande und innerhalb des NSGs!

Die Große Biela ist auf einem Teil ihres Laufes Bestandteil des Naturschutzgebiets. Obwohl im Normalfall ein recht sauberes Gewässer, wird sie immer wieder von episodischen Verschmutzungen betroffen, die von den oberhalb liegenden Kläranlagen (Hirschsprung, Bobbahn) ausgehen.  Viel schwerwiegender hingegen sind die Langzeitfolgen der zwischen den 1960er und 90er Jahren in der Kleinen Biela entsorgten Bergbauabwässer der Spülkippe.

Blockade des Biotopverbunds am Rande des NSG

2013/14 erfolgten umfangreiche „Sanierungsmaßnahmen“ am Spülkippendamm, unmittelbar am NSG-Rand. Ein tiefes und mehrere hundert Meter langes „Umgehungsgerinne“ aus Beton soll im Hochwasserfall ein kontrolliertes Überlaufen gewährleisten. Dieses „Gerinne“ bildet seither jedoch eine für (flugunfähige) Tiere unüberwindbare Barriere. Mehr noch: für Kleinsäuger, Reptilien (Kreuzottern) und Amphibien gibt es kein Entrinnen aus der Betonfalle (im Spülkippengewässer laichten bisher tausende Erdkröten, die im Weicholdswald Winterquartiere beziehen).

Der Weicholdswald ist Bestandteil der gleichnamigen europäischen Schutzgebiete gemäß EU-Vogelschutzrichtlinie und Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie, die in ihrem Umfang über die Grenzen des NSG hinausgehen.

Im Bielatal unterhalb des NSG befinden sich artenreiche Berg- und Nasswiesen, die zu einem großen Teil von freiwilligen Helfern der Grünen Liga Osterzgebirge gepflegt werden. Seit 1996 findet hier jeden Juli ein zweieinhalbwöchiges „Heulager“ statt.

Naturraum

Das Naturschutzgebiet umfasst das von den Quellmulden des Hirschkopfbaches gegliederte Waldgebiet zwischen Kleiner bzw. Vorderer Biela (Spülkippe) und Großer bzw. Hinterer Biela; zwischen Sägewerk Hirschsprung und Angermannmühle über letztere noch hinausgehend. Damit bietet sich ein abwechslungsreiches Relief mit unterschiedlichen Hangneigungen und Höhenlagen von 499 m (Aue der Großen Biela) bis 687 m (Scheibe).

Granitporphyr (Foto: Pöhler)

Letztgenannter Bereich, der südliche Winkel, reicht ins Gebiet des Quarzporphyr-Höhenzugs, der sich als Seitenkamm des Ost-Erzgebirges von Pramenáč/Bornhauberg  und Lugsteinen über den Kahleberg und die Oberbärenburger Tellkoppe bis nach Oberfrauendorf erstreckt. Dieser „Teplitzer Quarzporphyr“, heute von Geologen als Rhyolith bezeichnet, ist ein sehr saures, an pflanzennotwendigen Nährstoffen armes Gestein, das  vor 309 bis 306 Millionen Jahren (Ober-Karbon) aus Vulkan-Magma entstanden war. Wenige Millionen Jahre später drang erneut Magma entlang dieser süd-nord-gerichteten Störung auf, erreichte aber nicht die Erdoberfläche und erstarrte langsam zu Granitporphyr (heute als „porphyrischer Mikrogranit“ bezeichnet). Der Altenberger Granitporphyr besteht aus einer roten Grundmasse („porphyrisch“ = deren einzelne Kristalle mit bloßem Auge kaum zu erkennen sind) und darin eingelagerten, teilweise sehr großen rotbraunen (Kalifeldspat) und weißen (Plagioklas) Feldspatkristallen. Diese farbliche Zusammensetzung hat dem Gestein den Volksnamen „Blutwurststein“ eingebracht. Im Steinbruch Kesselshöhe ist der Granitporphyr aufgeschlossen – und erscheint hier besonders bei Abendsonne auffallend rot.

Im Weicholdswald treten außerdem einige Quarzgänge auf, und an einer Stelle ist dieser Quarz auch als Amethyst ausgebildet. Von Zeit zu Zeit fallen Gesteinssammler im NSG ein, um diese „Halbedelsteine“ zu gewinnen – die dann auch an Ständen in der Dresdner Touristenzone als „Hirschsprunger Amethyst“ feilgeboten werden. (In einem Naturschutzgebiet sind Ausgraben und Entfernen von Gestein verboten, ja eigentlich ohnehin das Verlassen der Wege!)

Granitporphyr ist reicher an Pflanzennährelementen als Quarzporphyr, bleibt jedoch deutlich hinter dem ansonsten im Ost-Erzgebirge vorherrschenden Gneis zurück. Große Teile des Granitporphyrbandes zwischen Fürstenau und Ulberndorf wurden auch gerodet und werden landwirtschaftlich genutzt, trotz der Steinigkeit der Böden. Auf den entsprechenden Fluren von Lauenstein, Bärenstein, Falkenhain und Johnsbach künden besonders hohe Steinrücken von den Mühen des einstigen Ackerbaus.

Große Biela unterhalb Angermannmühle

Im heutigen Naturschutzgebiet Weicholdswald indes überstieg der Steinreichtum die Möglichkeiten, auch hier Felder anzulegen. Trotz starker Holznutzung blieb das Gebiet Wald – Laubmischwald. Da später auch keine Umwandlung in einen Nadelholzforst erfolgte, wurde die natürliche Bodenentwicklung weder durch Umpflügen, noch durch ein Übermaß an saurer Fichtenstreu gestört. So zeigen heute einige Bereiche des Weicholdswaldes einen Reichtum an anspruchsvolleren Waldpflanzen, die der eigentlich nur mäßig nährstoffkräftige Granitporphyr nicht erwarten ließe. Der Weicholdswald kann geradezu als Musterbeispiel angesehen werden, wie ein Wald mit kontinuierlicher Laubbaumbestockung über lange Zeiträume seine Bodenbedingungen selbst optimiert – indem die Laubstreu das Bodenleben und damit den Stoffumsatz fördert.

Allerdings: Auch der Weicholdswald bleibt nicht verschont von sauren Niederschlägen – früher aus Braunkohleverbrennung (Schwefeldioxid + Luftfeuchtigkeit -> schweflige Säure), heute aus Kraftfahrzeugabgasen (Stickoxide + Luftfeuchtigkeit -> salpetrige Säure).  Neben anderen Schadwirkungen hemmen diese Säureeinträge die Aktivität der Bodenorganismen. Der im NSG, mitten im Laubmischwald, entspringende Hirschkopfbach weist in seinen Quellarmen nur eine überraschend bescheidene Lebewelt auf.

Böhmischer Nebel am Geisingberg

Dabei war das Gebiet in den 1970er bis 1990er Jahren weniger von Luftschadstoffen betroffen als die südlich und östlich angrenzenden Rauchschadzonen. Die höchsten SO2-Konzentrationen traten damals im sogenannten Böhmischen Nebel auf, in dem sich die Abgase der tschechischen Kohlekraftwerke konzentrierten. Diese Wolkenbank, die wochenlang über den Erzgebirgskamm ziehen kann, endet meist am Geisingberg, der Weicholdswald liegt in dessen Wetterschatten. Dies bewahrte auch die stattlichen Weiß-Tannen an der Großen Biela vor dem SO2-Tod.

Das Gebiet wird nicht nur von Süden her gegen den Böhmischen Nebel abgeschirmt, es liegt auch im Lee des genannten Quarzporphyr-Erzgebirgsseitenkammes, an dem sich die Westwetterlagen abregnen. Damit bleiben die Niederschläge hier deutlich hinter gleichhoch gelegenen Gebieten weiter westlich zurück. Das Lokalklima weist deutlichen subkontinentalen Einschlag auf. Dazu gehören auch sommerliche Trockenphasen, offenbar klimawandelbedingt mit zunehmender Tendenz.

Vegetation

Buchen im Ostteil des NSG

Eines ist das NSG keineswegs: ein Weichholzwald. Es dominiert die typische Hartholzart Rot-Buche, gemischt mit Fichte, Berg-Ahorn, sogar noch einigen Exemplaren Weiß-Tanne (an der Angermannmühle; gegenüber vom Sägewerk Hirschsprung) und etlichen weiteren Arten – so wie dies der Natur des „Hercynischen Bergmischwaldes“ entspricht.  Besonders wertvoll ist der hohe Anteil von Altbäumen. Auf etwa einem Drittel des NSG weisen die Buchen ein Alter von rund 160 Jahren auf.

Früher prägten auch noch Berg-Ulmen Teile des NSGs. Diese sind allerdings mittlerweile nahezu vollständig dem sogenannten „Ulmensterben“ (eine verheerende Pilzkrankheit) zum Opfer gefallen.  Wo sich nach den zu DDR-Zeiten praktizierten Schirmschlägen nicht ausreichend Buchennaturverjüngung etablieren konnte, haben Birken die Freiräume genutzt, werden nun aber vom zunehmenden Schatten der umgebenden Buchen niederkonkurriert.

Zwiebel-Zahnwurz an der Ottertelle

Waldmeister im Weicholdswald

Vegetationskundlich gehört auch der überwiegende Teil des Weicholdswaldes zu den bodensauren Hainsimsen-Buchenwäldern. Neben der namengebenden Schmalblättrigen Hainsimse wachsen in der Bodenflora v.a. Purpur-Hasenlattich (wo diesen nicht Rehe und Hirsche wegfressen), Quirl-Weißwurz, Heidelbeere, Drahtschmiele und Wolliges Reitgras. Dabei zeigen anspruchsvollere Bodenpflanzen aber auch überall Übergänge zu nährstoffkräftigerem Waldmeister-Buchenwald an:  Wurmfarn, Eichenfarn, Wald-Flattergras, Wald-Schwingel, Waldmeister, Goldnessel und Wald-Bingelkraut. Dass es sich um die Berglandsform des Waldmeister-Buchenwaldes – von Vegetationskundlern als Zahnwurz-Buchenwald bezeichnet – handelt, belegt das gehäufte Auftreten der Zwiebel-Zahnwurz. Im Mai bilden die violettblauen Blüten stellenweise auffällige Teppiche – bis sie kurz darauf vom Wild weitgehend abgefressen werden. Früher gab es hier auch noch die eigentlich östlich verbreitete Quirl-Zahnwurz.

In den feuchten Quellsenken des Hirschkopfbaches verliert die Rot-Buche ihre Konkurrenzkraft, vor allem gegenüber der Esche. Über Springkraut-Buchenwald (mit Echtem Springkraut) geht hier die Vegetation über zum Winkelseggen-Eschen-Quellwald, mit  Gegenblättrigem Milzkraut, Hain-Gilbweiderich, Hexenkraut, Wald-Schaumkraut und dem gefährdeten Berg-Ehrenpreis.

Wechselblättriges Milzkraut

Entlang der Großen Biela zieht sich ein innerhalb der NSG-Grenzen nur schmaler, weiter unterhalb aber hervorragend ausgebildeter Schwarzerlen-Bachauenwald. Hier wachsen u.a. Hain-Sternmiere, Wechselblättriges Milzkraut, Rauhaariger Kälberkropf, Sumpf-Pippau, Wald-Geißbart, Bitteres Schaumkraut. Doch haben sich auch an der Biela invasive Neophyten (eingeschleppte Pflanzenarten) breitgemacht. Drüsiges Springkraut und Japanischer Staudenknöterich haben eindeutig von den Aufräum-, „Gewässerinstandsetzungs-“ und Straßenbauarbeiten nach dem Hochwasser 2002 profitiert. Die beginnende Ausbreitung eines dritten Neophyten an der Bielatalstraße, des Riesen-Bärenklaus, konnte inzwischen rückgängig gemacht werden.

Zur großen Bedeutung des Weicholdswaldes für die biologische Vielfalt trägt die hohe Menge an Totholz, auch stärkerer Dimensionen, bei. Dank der Ausweisung eines Teils als Naturwaldzelle besteht Hoffnung, dass Totholzreichtum erhalten bleibt bzw. künftig noch zunimmt.

Tierwelt

Im Rahmen der Einrichtung der Naturwaldzelle und der Ausweisung als Flora-Fauna-Habitat-Gebiet fanden im Weicholdswald umfangreiche zoologische Untersuchungen statt. Dabei wurden z.B. rund 550 Käferarten festgestellt, aus 69 Familien, darunter mehrere seltene Arten, sogar ein Erstfund für Sachsen. Holz-, mulm- und holzpilzbewohnende Arten profitieren von den Altbaumbeständen und dem Totholzreichtum.

Raufußkauz (Foto: Jan Gläßer)

Und sie bieten Nahrungsgrundlage für eine reiche Vogelwelt. 45 Brutvogelarten (von osterzgebirgsweit ungefähr 130) konnten bisher im nur etwa 100 ha großen NSG nachgewiesen werden. Dazu gehören die Spechte Schwarz-, Bunt-, Klein- und Grauspecht sowie die zahlreichen Nachnutzer ihrer Höhlen: Hohltaube, Raufuß- und Sperlingskauz, Dohlen (eine waldbewohnende Kolonie am Ostrand) sowie die Singvögel Kleiber, Trauer- und Zwergschnäpper, Sumpf- und andere Meisen. Noch häufig ist der schwirrende „Gesang“ des Waldlaubsängers zu vernehmen. Im Buchenwald hat vermutlich auch der Schwarzstorch seinen Horst. Im Übergangsbereich zu den angrenzenden Fichtenforsten lebt der Tannenhäher.

Sehr wertvoll ist ebenfalls die angrenzende Spülkippe mit ihrem Restsee für viele Vogel- und einige Amphibienarten. Die dort laichenden Erdkröten und Grasfrösche nutzen den Weicholdswald als Land-Lebensraum. In manchen Jahren haben sich im Sommer Millionen kleine Kröten auf Wanderung in Richtung Wald begeben. Wie sich die jüngsten Sanierungsmaßnahmen der Bergbau-Nachfolgegesellschaft auswirken, bleibt abzuwarten.

Blindschleiche – altes Männchen mit blauen Punkten

Noch vor wenigen Jahrzehnten gab es im Weicholdswald eine größere Feuersalamander-Population.  Noch kann man vielleicht eines der letzten Alttiere antreffen, doch Larven scheinen im Hirschkopfbach keine mehr zu leben.

An Reptilien kommen im NSG Waldeidechse, Blindschleiche, Ringelnatter und Kreuzotter vor. Für letztere hält ebenfalls der Randbereich zur Spülkippe ideale Lebensraumbedingungen bereit – bzw. tat dies, bis im Zuge der Spülkippendamm-Sanierung ein mehrere hundert Meter langes Betongerinne mit senkrechten Wänden den Damm vom Wald abschnitt.

Sieben Fledermausarten unterstreichen den großen zoologischen Wert des Naturschutzgebiets.  Dazu gehören die europaweit zu schützenden Arten Großes Mausohr und Mopsfledermaus, außerdem Bart-, Zwerg-, Wasser- und Nordfledermaus sowie Braunes Langohr.

Sowohl das viele liegende Totholz in der Naturwaldzelle, als auch der dichte, heranwachsende Buchenunterstand im übrigen, normal bewirtschafteten Buchenforst bieten ideale Tageseinstände für Rehe, Hirsche und Wildschweine. Während der Rotwildbestand durch intensive Bejagung in den letzten zwei Jahrzehnten reduziert wurde (herbstliche Hirschbrunft findet hier kaum noch statt), hat sich die Zahl der Schwarzkittel offenkundig vervielfacht. Nahezu alle Quellmulden des Hirschkopfbaches sind inzwischen vollumgebrochene Wildschweinsuhlen.

Bis auf den Luchs (ein 1999 beobachtetes Tier stammte wahrscheinlich aus dem Wildpark Hartmannmühle) konnten bisher alle heimischen Raubsäuger im Weicholdswald und dessen unmittelbarem Umfeld nachgewiesen werden: Fuchs, Dachs, Fischotter (im Winter), Iltis, Baum- und Steinmarder, Hermelin, Mauswiesel. Vermutlich ist auch der Marderhund als neuer Zuwanderer inzwischen im Gebiet zu Hause.

„Heerwurm“ 2013 auf der Steinbruchstraße im Bielatal

Eine legendenbehaftete zoologische Erscheinung ist der „Heerwurm“. Dabei handelt es sich um hunderte bis tausende Individuen umfassende „Prozessionen“ von Trauermückenlarven. Solche, bis 1,50 m langen „Heermürmer“ traten sowohl im Juli 2013 als auch Juli 2014 am Hirschkopfweg und auf der Steinbruchstraße auf.  (dem Volksglauben nach soll dies nichts Gutes verheißen … )

Naturerlebnismöglichkeiten:

Aufgrund der etwas abgelegenen Lage wird das Naturschutzgebiet Weicholdswald vergleichsweise wenig von Wanderern oder anderen Besuchern frequentiert.

Auf der Bielatalstraße hält sich der Verkehr normalerweise in Grenzen, zumal diese sich zum Glück in keinem ausflugsverkehrfreundlichen Zustand (Motorradkonvois!) befindet. Die Straße ist für Lkw-Verkehr gesperrt, was allerdings von immer mehr Steinbruch-Lastern ignoriert wird. In jedem Fall lohnt sich eine Radtour auf der Bielatalstraße, mit Stopp an den Weißtannenvorkommen.

Mit dem Hirschkopfweg und dem von diesem südlich abzweigenden Scheibenweg stehen zwei ausgebaute Forstwege zur Verfügung, das Gebiet zu durchwandern. Weitere Wege sind kaum noch ausgeschildert und nur Ortskundigen bekannt.

Die nächstgelegenen Bahnhöfe zur Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln liegen jeweils drei bis vier Kilometer entfernt in Bärenstein und Altenberg.

Auf Anfrage bietet der ehrenamtliche Schutzgebietsbetreuer, Jens Weber, naturkundliche Führungen im Gebiet an (jens@osterzgebirge.org).

Exkursion der Grünen Liga Osterzgebirge mit Forstleuten

Einige hundert Meter nordöstlich (unterhalb) des NSG befindet sich die „Biotoppflegebasis Bielatal bei Bärenstein“. Hier organisiert die Grüne Liga Osterzgebirge immer im Juli das zweiwöchige „Heulager“ mit zahlreichen freiwilligen Helfern, sowie darüberhinaus mehrere Naturschutzwochenenden im Jahr. Oft gehört auch der Weicholdswald zum veranstaltungsbegleitenden Exkursionsprogramm.

 

weitere naturkundlich interessante Ziele in der Umgebung:

Orchideenwiese im Bielatal

Adressen:

Landratsamt Sächsische Schweiz – Osterzgebirge, Referat Naturschutz (Untere Naturschutzbehörde) Weißeritzstraße 7, 01744 Dippoldiswalde; Tel. 03501 515-3430; bernard.hachmoeller@landratsamt-pirna.de

Staatsbetrieb Sachsenforst,  Revier Hirschsprung: Am Forstamt 33, 01773 Altenberg, OT Hirschsprung; 035056-23714; thomas.funke@smul.sachsen.de

Schutzgebietsverordnung:

Anordnung Nr.1 über Naturschutzgebiete des Ministeriums für Landwirtschaft, Erfassung und Forstwirtschaft vom 30.03.1961

Literatur:

Weber, Jens (2007): Biela- und Schilfbachtal; in: Naturführer Ost-Erzgebirge, Band 3: Naturkundliche Wanderziele, Hrsg: Grüne Liga Osterzgebirge

SMUL (2009): Naturschutzgebiete in Sachsen, S. 596

http://www.osterzgebirge.org/gebiete/17_1.html

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