Text: Jens Weber, Bärenstein (Hinweisen u.a. von Stefan Höhnel, Glashütte; Jörg Lorenz, Tharandt)
Fotos: Egbert Kamprath, Andreas Köhler, Thomas Lochschmidt, Dietrich Papsch, Jens Weber, Lutz Geißler
Auf reichlich zehn Quadratkilometern konzentrieren sich nördlich des Geisingberges sehr unterschiedliche, artenreiche Lebensräume in seltener Fülle. Dazu gehören rund 200 Hektar naturnaher Buchenbestände, zum Teil noch bereichert durch schöne Weiß-Tannen. Entlang von Kleiner (Vorderer) und Großer (Hinterer) Biela sowie Schilfbach ziehen sich außerdem recht ursprünglich wirkende Erlen-Bachauewälder, in Waldmulden wachsen große Eschen. Außerhalb des Waldes prägen Steinrücken die Fluren von Bärenstein, Johnsbach und Falkenhain. Dazwischen verbergen sich noch blütenbunte Reste der einstigen Bergwiesenlandschaft. Die Täler lagen früher an der Peripherie zweier Landwirtschaftlicher Produktionsgenossenschaften (LPG), deren Rinderherden und Güllewagen kamen vergleichsweise selten hierher. Auch von größeren Drainagemaßnahmen der Meliorationsbrigaden blieb das Gebiet weitgehend verschont. Daher kann man hier noch einige der schönsten Nasswiesen des Ost-Erzgebirges finden. Mehrere Teiche bereichern zusätzlich die Landschaft.
Bei alledem handelt es sich keinesfalls um so unberührte Natur, wie es oft den Anschein hat, wenn im Frühling der Weicholdswald von vielstimmigem Vogelgesang erfüllt ist, wenn im Sommer der Duft trocknenden Bergwiesenheus über die Bielatalbiotope zieht, wenn die Herbstnebel die Spinnennetze an den Uferstauden mit glitzernden Tropfen übersäen oder wenn im Winter der "Anraum" (Raufrost) die Steinrücken verzaubert.
So beschaulich war es früher sicher nicht immer hier. Die Hegelshöhe zählte, neben der Sachsenhöhe (siehe Kapitel "Oberes Müglitztal"), zu den Bergbaugebieten der Bärensteiner Herrschaft. Der Granitporphyr ist von einem ganzen Schwarm an Zinnerzgängen durchzogen, die zwischen dem 16. und dem 19. Jahrhundert in zeitweise zwei, drei Dutzend Gruben abgebaut wurden. Mit Altenberg, Zinnwald oder Graupen konnte sich die Ausbeute allerdings nicht messen. Dennoch befanden sich in den Tälern von Schilfbach und Großer Biela mehrere Erzaufbereitungsanlagen. Auf alten Karten ist an der Biela noch eine Pochmühle eingezeichnet, und auch in der Schilfbachaue trifft der aufmerksame Wanderer auf Haufen mit grob behauenen Porphyrblöcken, die sicher einstmals die Grundmauern einer kleinen Bergwerksansiedlung waren. Vor allem aber sind die nordöstlichen und südöstlichen Hänge der Hegelshöhe von kleinen und größeren Einsturztrichtern übersät. Die Warnschilder und Absperrungen sind zwar teilweise kaum noch erkennbar oder völlig verschwunden - ernst nehmen sollte man die Bruchgefahr trotzdem!
Ab den 1960er Jahren prägte der Bergbau in einer ganz anderen Form die Landschaft: Im Tal der Kleinen Biela, zwischen Weicholdswald und Kesselshöhe, wuchs ein mächtiger Schüttdamm in die Höhe, hinter dem ein großer Teil des tauben Materials aus dem Altenberger Zinnbergwerk zurückgehalten werden sollte. Als 1991 der Betrieb eingestellt wurde, hatte der Damm bereits annähernd 90 Meter Höhe erreicht. Rund fünftausend Tonnen Schlamm fielen in den 1980er Jahren tagtäglich als Abprodukt des Bergbaus an. Mit einfachem Fortspülen über die Bäche, wie es jahrhundertelang gang und gäbe gewesen war, ließ sich bei einer derart intensiven Produktion das Problem nicht lösen und zwang zu der teuren Aufhaldung in dieser riesigen Spülkippe. Darunter wurde der landschaftlich schönste Abschnitt eines der schönsten Täler des Ost-Erzgebirges begraben. Genügend "Abgang" gab es trotzdem noch, den die Kleine Biela unterhalb der Absetzhalde bewältigen musste. Das Bächlein war von dem in den Rückständen enthaltenen Hämatit knallrot gefärbt und biologisch absolut tot. Durch die sogenannte Flotation wurde das erzhaltige Gestein ja nicht nur mechanisch zerkleinert, sondern auch mit Chemikalien bearbeitet. Noch heute belasten die Sedimente das Gewässer, doch die Natur heilt allmählich diese Wunden. Die ersten Forellen entdecken die Kleine Biela wieder für sich, und die ersten Fischotter sind im Winter diesen Forellen auch schon auf der Spur.
Heutzutage fällt zwei- oder dreimal im Jahr eine milchig-weiße Färbung der Kleinen Biela auf. Die (vorerst?) letzte Hinterlassenschaft des Altenberger Zinnbergbaus ist ein vier Kilometer langer Entwässerungsstolln, der am Fuße der Kesselshöhe das Grubenwasser in die Biela entlässt. Als nach der Einstellung der Erzgewinnung auch die Pumpen in den Schächten abgestellt werden sollten, wusste keiner vorherzusagen, was der dann zu erwartende Anstieg des Wasserspiegels für Folgen nach sich ziehen würde. Seit Jahrhunderten war das Altenberger Wasserregime vom Bergbau verändert worden. Bei einer unkontrollierten Flutung der Gruben wären die Gefahren groß gewesen, dass plötzlich Quellen an Stellen zu sprudeln begonnen hätten, wo heute Häuser oder Straßen stehen. Daher trieben die Bergleute als letzte größere Untertagemaßnahme Anfang der 1990er Jahre den Stolln bis ins Bielatal, wo nun das Wasser abläuft. Beim Innenausbau des Stollns kam auch kalkhaltiges Material zum Einsatz. Dieses bröckelt nun so nach und nach zu Boden, und wenn in regelmäßigen Abständen hier die Bergsicherung zur Kontrolle in den Berg "einfährt", dann wird der Kalk aufgewirbelt und in die Kleine Biela gespült. Deren pH-Wert springt dann in kürzester Zeit von 5 auf fast 8. Einen solchen plötzlichen Basenschub verkraften keine Forellen, und schon gar nicht deren kleine Nahrungstierchen. Andererseits sichert die Bergwerksentwässerung jetzt auch in extrem trockenen Sommern - die sich nach der sächsischen Klimaprojektion künftig immer mehr häufen werden - der Kleinen Biela so viel Wasser, dass auch die angrenzenden Auewälder und Nasswiesen nicht völlig austrocknen. Für feuchtebedürftige Pflanzenarten könnte dies noch sehr wichtig werden.
Zur Gewinnung des Bruchmaterials für den Schüttdamm wurde an der Kesselshöhe ein Steinbruch angelegt, der heute - in geringerem Umfang - immer noch in Betrieb ist. Abgebaut wird Granitporphyr. Das rote Gestein kann man an der Steinbruchzufahrt überall entdecken. Gerade diese relativ frisch gebrochenen Steine wirken sehr dekorativ, insbesondere, wenn sich nach einem Sommergewitter die Sonne in den großen Kristallflächen des fleischfarbenen Kalifeldspates und des weißen Plagioklases spiegelt. Auch im Weicholdswald und im Schilfbachtal sowie auf den Steinrücken fallen die großen Blöcke auf. An einigen Stellen durchziehen Quarzadern das Grundgestein, in denen auch Amethyste und Achate auftreten können. Unverantwortliche Zeitgenossen haben in den letzten Jahren immer wieder nach diesen Halbedelsteinen gegraben, die dann teilweise sogar auf Straßenständen kommerziell vermarktet werden. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass dies im Naturschutzgebiet streng untersagt ist und geahndet werden kann. Auf den unteren knapp zwei Kilometern ihrer Bachläufe haben sich Biela und Schilfbach hingegen in Gneis eingegraben. Der am Zusammenfluss von Großer und Kleiner Biela derzeit entstehende Hochwasserschutzdamm bedeutet einen weiteren erheblichen Eingriff in die wertvolle Natur der Region.
Wo der Boden allzu steinig ist, blieb das Land seit jeher dem Wald vorbehalten. Dies gilt etwa für den größten Teil des Weicholdswaldes. Wahrscheinlich zu allen Zeiten stockte hier ein von Buchen beherrschter Mischwald. So etwas ist selten in Sachsen, dem Weicholdswald kommt damit eine besondere Bedeutung zu. Weitere naturnahe Buchenbestände stocken auf der Hegelshöhe, doch dort dürfte - bergbaubedingt - die Vegetation früher anders ausgesehen haben.
Insgesamt hat der Waldanteil in den letzten einhundertfünfzig Jahren in dem Gebiet erheblich zugenommen. Die landwirtschaftliche Nutzung war mühsam, die Flurteile weit abgelegen von den Bärensteiner, Johnsbacher und Falkenhainer Gehöften. Sicher ließen sich viele Grundstücksbesitzer leicht zum Verkauf überreden, als sich der Bärensteiner Grundherr im Schilfbachtal ein Jagdrevier schaffen und dazu aufforsten wollte. Die daraus hervorgegangenen Fichtenforsten sind artenarm und monoton. Zu DDR-Zeiten hat es in den Beständen kaum irgendwelche Pflegeeingriffe des Forstbetriebes gegeben, die Fichten wuchsen dicht an dicht, hatten wenig Kronenraum und boten darüber hinaus zahlreichen Rothirschen Unterschlupf, die sich im Winter an der Rinde gütlich taten. Pilze drangen in die Wunden, die Bäume wurden rotfaul. Vor einigen Jahren kaufte ein (nicht ortsansässiger) Privatwaldbesitzer die Bestände und schickte große Maschinen hinein, die auf einen Schlag die Hälfte aller Fichten fällten. Die geschwächten Bestände verloren plötzlich ihren gegenseitigen Halt. Viele wurden zur leichten Beute von "Kyrill", dem Winterorkan 2007.
Aufgeforstet wurde Ende des 19. Jahrhunderts auch der Gneisrücken zwischen Biela- und Schilfbachtal. Als nach dem Zweiten Weltkrieg auch die Bärensteiner Grundherren enteignet wurden, stellten die Behörden das Land so genannten Neubauern - also Heimatvertriebenen, aber so durften diese Menschen nie genannt werden - zum Roden zur Verfügung. Da sich unten im Müglitztal der alte "Hammer" befand, bekam die kleine Streusiedlung den Namen "Feile". Gegenwärtig entsteht hier eine Schafskäserei. Seit 2007 bereichert eine Herde schwarzwolliger Milchschafe die Landschaft.
Für die Erhaltung der in dem Gebiet noch vorhandenen wertvollen Bergwiesen kann dies nur gut sein. Der Pflegeaufwand für die Lebensräume von Arnika und Knabenkraut ist beträchtlich, und so ist landwirtschaftliche Unterstützung sehr willkommen - wenn sie Rücksicht nimmt auf die natürliche Artenvielfalt.
Es ist mit Sicherheit kein Zufall, dass sich in dieser Gegend ein großer Teil der osterzgebirgischen Naturschutzaktivitäten ballt. Im Zentrum liegt der kleine Gebäudekomplex auf dem Riedel zwischen Großer und Kleiner Biela. Bis in die 1950er Jahre befand sich hier das "Wirtshaus zum Bielatal", dann wurde das Objekt zum Kinderferienlager, und eine große Unterkunft für Bobsportler kam hinzu. Heute hat hier der "Förderverein für die Natur des Osterzgebirges" seinen Sitz, und die Grüne Liga Osterzgebirge organisiert alljährlich mehrere Naturschutzeinsätze. Viele freiwillige Helfer aus Nah und Fern kommen vor allem zum sommerlichen "Heulager" in die "BPBBbB" ("Biotoppflegebasis Bielatal bei Bärenstein"). Durch das weitgehend ehrenamtliche Engagement ist es gelungen, die Artenfülle zu erhalten und wieder zu mehren. Mehrere Auszeichnungen, wie der Sächsische Umweltpreis 2005, konnte die Grüne Liga Osterzgebirge für ihre Einsätze schon verbuchen.
Von Natur aus würden in den sächsischen Mittelgebirgen bodensaure Buchenwälder dominieren, gemischt mit Fichten, Weiß-Tannen, Berg-Ahorn, Berg-Ulmen und Eschen. "Hercynischer Bergmengwald" wird diese Waldgesellschaft des montanen Vegetationsgürtels des Berglandes auch genannt. Doch Buchen unterlagen vom Mittelalter bis ins letzte Jahrhundert hinein ganz besonders dem ungeregelten Raubbau in den hiesigen Wäldern. Buchenholz hat einen guten Heizwert und war auch für die damals allgegenwärtige Köhlerei sehr gefragt. Darüber hinaus erwies sich die Anfang des 19. Jahrhunderts eingeführte Kahlschlagswirtschaft für die Schattbaumart Buche verheerend, die sich ohne den Schutz eines darüber wachsenden Altbestandes kaum verjüngen kann. So gibt es heute in Sachsen nur noch wenige größere Bestände typischer bodensaurer Buchen-Mischwälder. Der nordöstliche Teil des Weicholdswaldes zwischen Bärenstein und Hirschsprung zählt zu den schönsten Beispielen naturnaher Vegetation. Eine reichlich einhundert Hektar große Fläche ist als Naturschutzgebiet ausgewiesen.
Die Buchenmischwaldbestände weisen eine vergleichsweise große Vielfalt an Bodenpflanzen auf. Überwiegend handelt es sich um typische bodensaure Hainsimsen-Buchenwälder, neben der namensgebenden Art, der Schmalblättrigen Hainsimse unter anderem charakterisiert durch den Purpur-Hasenlattich, Heidelbeere, Draht-Schmiele und Quirl-Weißwurz. In den basen- und nährstoffreicheren Bereichen finden sich Übergänge zu den Waldmeister-Buchenwäldern mit Waldmeister, Goldnessel, Wald-Bingelkraut, Zwiebel-Zahnwurz, Eichenfarn, Gewöhnlichem Wurmfarn und einer ganzen Reihe weiterer Arten.
In den feuchten Waldmulden wachsen naturnahe Winkelseggen-Eschen-Quellwald-Bestände, unter anderem mit Wechsel- und Gegenblättrigem Milzkraut, Hain-Gilbweiderich, Großem Hexenkraut sowie dem seltenen Berg-Ehrenpreis. Entlang der Bachauen dominieren dann Schwarz-Erlen gegenüber den Eschen, zu den charakteristischen Bachbegleitern im Hainmieren-Erlen-Bachwald gehören Hain-Sternmiere, Rauhaariger Kälberkropf, Sumpf-Pippau, Wald-Geißbart und andere. Insbesondere im Schilfbachtal bilden hochwüchsige Haseln eine teilweise drei bis vier Meter hohe Strauchschicht.
Auch wenn sie naturnah und artenreich aussehen: die meisten Bachauewälder sind erst in den letzten Jahrzehnten aufgewachsen. Die Flächen wurden zuvor als Wiesen genutzt - zur Heugewinnung, wo und wann immer es die Bodennässe zuließ, oder als spät gemähte Streuwiesen, die Stalleinstreu lieferten. Einige Reste dieser Talwiesen sind heute noch vorhanden und beherbergen seltene Pflanzen wie Breitblättrige und Gefleckte Kuckucksblume, Stattliches Knabenkraut und Großes Zweiblatt, Arnika und Schwarzwurzel, Fieberklee und Fettkraut (letztere allerdings nur noch in wenigen Exemplaren). Im Schilfbachtal stehen zwei und an der Großen Biela eine Wiese als Flächennaturdenkmal unter Schutz. Mit aufwendiger Pflege versuchen Helfer der Grünen Liga Osterzgebirge und Mitarbeiter des Fördervereins für die Natur des Osterzgebirges die Wiesenvielfalt zu erhalten.
Beachtlich ist nicht nur der botanische Reichtum, sondern auch die Fülle der Insektenarten auf den Wiesen. Auffällige und regelmäßig zu beobachtende Schmetterlinge sind unter anderem: Schwalbenschwanz, Zitronenfalter, Admiral, Distelfalter, C-Falter, Landkärtchen, verschiedene Perlmutterfalter, Schachbrett, Schornsteinfeger, Kleiner Feuerfalter und Rostfarbiger Dickkopffalter. Zu den selteneren Tagfaltern gehören Großer und Kleiner Schillerfalter, Großer Eisvogel und Kaisermantel.
In den letzten Jahren wurden im Weicholdswald umfangreiche faunistische Erhebungen vorgenommen. Entsprechend des naturnahen Waldcharakters und des Vorhandenseins einiger totholzreicher Altbäume hat sich insbesondere die Käferwelt als ziemlich arten- und individuenreich erwiesen. 546 Käferarten aus 69 verschiedenen Arten konnten nachgewiesen werden, darunter einige sehr seltene Arten und sogar ein Erstfund für Sachsen.
Alte, höhlenreiche Buchenwälder bieten einer artenreichen, biotoptypischen Vogelwelt Lebensraum. Spechte, von denen hier Schwarz-, Bunt-, Klein- und Grauspecht vorkommen, legen in alten Bäumen Höhlen an, die dann von anderen Arten nachgenutzt werden. In Schwarzspechthöhlen sind dies Hohltaube und Raufußkauz, in kleineren Öffnungen auch Kleiber, Trauerschnäpper und verschiedene Meisenarten. Wo Laub- und Nadelholzbestände aneinandergrenzen, ist der Lebensraum des Tannenhähers. Auch der Sperlingskauz bevorzugt Fichten, wo er in den Höhlen von Buntspechten brütet. Laut und auffallend ist der Gesang des seltenen Zwergschnäppers. Außerdem kann man im Spätfrühling in den Buchenbeständen den Waldlaubsänger vernehmen. Auf den wenig gestörten Talwiesen hat man gute Chancen, einen Schwarzstorch zu beobachten, wie er reglos auf Nahrung lauert. Nicht selten kommen von der Müglitz her auch Graureiher zu Besuch an die Teiche im Schilfbachtal oder an den als Naturdenkmal ausgewiesenen und nach dem Hochwasser 2002 erneuerten ehemaligen Fischereiteich an der Großen Biela.
An Amphibien und Reptilien treten vor allem Grasfrosch, Erdkröte sowie Blindschleiche und Ringelnatter auf. Seltener ist heute eine Kreuzotter anzutreffen. Die besten Chancen hat man im Randbereich zur ehemaligen Spülkippe. Ganz rar gemacht hat sich der Feuersalamander. Selbst der mitten im Weicholdswald entspringende Hirschkopfbach ist heute offenbar zu sauer, um den Feuersalamanderlarven ausreichend Futter bieten zu können. Bachflohkrebse etwa kann man kaum noch finden.
Das Waldgebiet von Weicholdswald und Hegelshöhe war bis vor wenigen Jahren noch sehr wildreich. Rehe kann man auch heute noch beobachten, vor allem im Waldrandbereich und in der Steinrückenlandschaft. Auch Wildschweine verbergen sich in den Dickungen, wo sie tagsüber nur schwer aufzuspüren sind, aber dann doch ganz deutlich die Spuren nächtlicher Wühltätigkeit hinterlassen. Das gilt besonders im Herbst und Winter, wenn sich unter Laub und Schnee reichlich Bucheckern verbergen. Rothirsche hingegen wurden in den letzten Jahren stark bejagt - im Interesse neu gepflanzter Laubbäume und Weißtannen, die vorher kaum noch Chancen zum Großwerden hatten. Der Waldvegetation hat das sichtlich gut getan, doch Hirschbrunft kann man heutzutage hier kaum noch erleben. Noch Ende der 1990er Jahre gehörte ein nächtlicher Herbstausflug in den Riesengrund zu den Höhepunkten des Jahres, wenn zwischen den steilen Talwänden das Gebrüll der Waldkönige wiederhallte!
In den Talauen gelingt es mitunter, einem Iltis (oder zumindest dessen Spuren) zu begegnen, im Winter patrouilliert ab und zu auch ein Fischotter in der Gegend. Als nach dem Hochwasser 2002 die Bielatalstraße bei Hirschsprung verbreitert und damit für größere Geschwindigkeiten ertüchtigt wurde, lag alsbald ein überfahrener Baummarder am Straßenrand. Im Gegensatz zu seinem weißlatzigen Verwandten, dem von Autobesitzern gar nicht gern gelittenen Steinmarder, ist der Baummarder ein scheuer und seltener Waldbewohner.
Jörg Lorenz, Tharandt
Alt- und Totholz gehört zu den artenreichsten Biotopstrukturen in unserer Landschaft. Ein mehrere hundert Jahre alter Baumveteran kann gleichzeitig hunderte von Arten beherbergen. Während des über einen Zeitraum von mehreren Jahren sich vollziehenden Absterbeprozesses kommt es zu einer Sukzession, an die sich die unterschiedlichsten Arten angepasst haben.
Totholz ist nicht nur der trockene Stamm, der am Boden liegt und langsam verrottet. Es gibt vielfältige Kleinstrukturen an absterbenden und toten Bäumen. So macht es für viele Tiere und Pilze einen Unterschied, ob der Baum steht oder liegt oder ob er vielleicht sogar schräg an einem anderen Baum lehnt. Eine Reihe von Holzbewohnern ist an Stamm-, Wurzel- oder Astholz gebunden oder lebt ausschließlich unter der Rinde bzw. in der Borke. Die meisten Arten sind nicht in der Lage, sich vom Holz direkt zu ernähren. Sie benötigen Pilze, die das Holz vorher chemisch "aufspalten".
Deshalb ist entscheidend, ob der Baum besonnt oder beschattet ist bzw. ob er frisch abgestorben oder bereits längere Zeit tot ist. Diese Kriterien bestimmen die Holzfeuchte, die wiederum von Bedeutung für eine Besiedlung mit Pilzen ist. Speziell auf Holz wachsende Pilze sind Lebensraum und Entwicklungssubstrat für viele Insektenarten (Baumschwammkäfer, Pilzmücken).
Baumhöhlen stellen einen eigenen Mikrokosmos dar. Zuerst zimmern Spechte ihre Nisthöhlen ins Holz. Als Folgebesiedler kommen, neben einer Reihe von Vogelarten (wie Kohl- und Blaumeise, Star, Trauerschnäpper, Hohltaube, Wald- und Raufußkauz), auch Fledermäuse und Baummarder in Frage. Im Nistmaterial am Boden der Höhle lebt eine spezifisch angepasste Lebensgemeinschaft. Viele Insektenarten und deren Larven (Dungkäfer, Fliegen) ernähren sich von den "Abfällen" der Wirbeltiere, die wiederum zur Beute von räuberischen Arten gehören (Kurzflüglerkäfer, Spinnen, Milben).
Durch Pilze und die Fraßtätigkeit vieler Holzinsekten finden im Inneren der Baumhöhlen Zersetzungsprozesse statt, so dass das feste Holz aufgeschlossen wird. Es entstehen entweder Weißfäule (der Holzstoff Lignin wird zersetzt, das Holz wird weich und fasrig) oder Braunfäule (die Zellulose als Gerüstsubstanz des Holzes wird zersetzt, das Holz wird brüchig, "Würfelbruch"). Das Holz wird zu Mulm. Dieser Prozess des Ausfaulens und der Mulmbildung beginnt meist an einem kleinen Astloch bzw. einer Spechthöhle und kann dazu führen, dass der Baum nach vielen Jahren völlig hohl oder teilweise mit Mulm gefüllt ist. Da solche Prozesse meist erst am Ende des natürlichen Baumlebens stattfinden, findet man solche Bäume kaum noch, weil durch die "geregelte" Forstwirtschaft die meisten Bäume bereits im Jugendalter bzw. am Ende der Hauptwachstumsphase gefällt werden. Ein mehr oder weniger hohler, mit Mulm gefüllter Baum stellt deshalb aus naturschutzfachlicher Sicht eine der wertvollsten Habitatstrukturen dar, zumal viele der sich im Mulm entwickelnden Insektenarten vom Aussterben bedroht sind.
Ein ganz spezifischer Lebensraum ist der v.a. an alten Eichen ausfließende Baumsaft. Auch daran haben sich die verschiedensten Insektenarten angepasst.
Von den 32 in Sachsen vorkommenden Insektenordnungen mit über 20.000 Arten gibt es 17 Ordnungen mit insgesamt mehreren tausend Vertretern, die an Alt- und Totholz gebunden sind. Beispielsweise gehören ca. ein Viertel der 4.000 aktuell in Sachsen nachgewiesenen Käferarten zu den Holz- und Pilzbewohnern im weitesten Sinne. Die Hautflügler (Hornissen, Wespen, Hummeln, Ameisen, Wildbienen, Grabwespen, Schlupfwespen, Pflanzenwespen usw.) sowie die Zweiflügler (Fliegen, Mücken, Schnaken usw.) sind ebenfalls zahlreich an den Holzinsekten-Artengemeinschaften vertreten. Viele "urtümliche" Insekten, wie die meist nur 2-3 mm kleinen Springschwänze, aber auch andere Wirbellose, wie Spinnen, Milben, Asseln, Schnecken usw., sind an Totholz gebunden. Sie bilden wiederum die Nahrungsgrundlage für Spitzmäuse, Igel und Vögel, und so schließt sich der vielfältige Nahrungskreis.
Grüne Liga Osterzgebirge (1997): Biotopverbundprojekt Bärenstein; Broschüre
Grüne Liga Osterzgebirge (2001): Biotopverbundprojekt Johnsbach/Falkenhain; unveröffentlicht
WAGNER, Paul u.a. (1923): Wanderbuch für das östliche Erzgebirge - bearbeitet von Dresdner Geographen
Weber, Jens (1991): Modellprojekt zur Flächendeckenden Waldbiotopkartierung im Osterzgebirge; Diplomarbeit TU Dresden