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Ottertelle


Weiß-Tanne an der Angermannmühle

Im Bielatal haben sich noch vergleichsweise viele Weiß-Tannen halten können, da dieses abgelegene Tal von den vor 100 Jahren überall gebauten Dampfeisenbahnstrecken verschont blieb, vor den aus Böhmen herüberwallenden Schwefeldioxid-Immissionen relativ geschützt liegt und der Autoverkehr sich noch in Grenzen hält (Straße ist für LKW gesperrt - eigentlich). Einige der schönsten und größten Tannen wachsen in der Nähe der Angermannmühle. Die Beerntung der auf den höchsten Kronenspitzen - und dort meistens ganz außen - aufsitzenden Tannenzapfen ist ein abenteuerliches Unterfangen für besonders geschulte Waldarbeiter. Doch anders ist es kaum möglich, das Saatgut der wenigen noch vorhandenen Osterzgebirgs-Tannen zu gewinnen und für Nachkommenschaft, also die Erhaltung der genetischen Eigenschaften, zu sorgen. Anders als Fichtenzapfen fallen die Fruchtstände der Tannen ja nicht im Ganzen vom Baum, sondern lassen nach und nach ihre Samen herabschweben. Viele sind wahrscheinlich unfruchtbar, andere werden nach der Landung als Samen von Mäusen und anderen Tieren weg gefressen, und wenn tatsächlich ein Tannensamen eine geeignete Keimnische findet und ein Tännchen daraus erwächst, freuen sich die Rehe. Der Erfolg natürlicher Fortpflanzung ist zu gering, daher steigen die wagemutigen Zapfenpflücker in die Weißtannenwipfel. Die in Baumschulen angezogenen Bäumchen werden dann im Schutz von Wildzäunen ausgepflanzt. Einige solcher Pflanzungen sind im Weicholdswald schon zu viel versprechenden kleinen Bäumen herangewachsen

Hinter der Angermannmühle zieht sich eine Obstwiese mit zahlreichen Apfelbäumen den Hang herauf. Eine solch schöne Streuobstwiese in 550 Metern Höhenlage ist bemerkenswert, um so mehr, als hier den größten Teil des Jahres nicht viel Sonne in diese Insel inmitten des bergigen Waldgebietes gelangt. Dank jährlicher Mahd durch die Besitzer zeigt die Wiese unter den Apfelbäumen den typischen Artbestand einer Bärwurz-Rotschwingel-Bergwiese. Am Ottertellenweg lädt eine Bank zum Verweilen und Genießen ein. Der bekannte Heimatforscher Otto Eduard Schmidt soll früher an dieser Stelle oft gesessen haben. Besonders schön sind Herbstabende, wenn die Sonne noch ihre letzten Strahlen auf das bunt gefärbte Kronendach des gegenüberliegenden Weicholdswaldes schickt.

Unterhalb der Angermannmühle mündet die Ottertelle in die Große Biela. Das kleine Bächlein muss in vergangenen Zeiten doch ganz erhebliche Wassermassen geführt haben, die die hier herumliegenden, zahlreichen Granitporphyrblöcke bewegen konnten. Im Bachtälchen gedeiht wieder ein sehr arten- und strukturreicher Waldbestand mit Fichten, Buchen, Eschen, Berg-Ahorn und einigen Berg-Ulmen. Die Bodenflora wird von Farnen bestimmt: Gewöhnlicher Wurmfarn, Frauenfarn, Breitblättriger Dornfarn und Eichenfarn. Außerdem fällt die Vielfalt an Moosen auf. Ganz anders ist der rechts des Weges liegende Hangwald, in dem zwar auch Buchen und Fichten gemischt sind, auf dessen saurem und flachgründigem Boden aber nur anspruchslose Arten wie Draht-Schmiele, Wolliges Reitgras und Harz-Labkraut gedeihen. Es handelt sich um eine arme Ausbildungsform des Hainsimsen-Buchenwaldes, die im Ost-Erzgebirge von Natur aus sicher weit verbreitet wäre, aber fast überall in Fichtenforsten umgewandelt worden ist.