Natur im Osterzgebirge

Lithiumfabrik auf den Bielatalbiotopen?

Zugrundeliegende Fotos: Gerold Pöhler während des Heulagers 2019. Rechts im Bild die „Biotoppflegebasis“.

Für vielleicht 10 Sekunden ließ der Zinnwald-Lithium-Geschäftsführer die Katze aus dem Sack: bei der im Namen der Grünen Liga Osterzgebirge organisierten Infoveranstaltung am 20. November in Lauenstein zeigte er erstmals eine Kartenskizze für die aktuellen Planungen des Unternehmens im Bärensteiner Bielatal – unmittelbar neben der „Biotoppflegebasis“ der Grünen Liga Osterzgebirge, direkt auf den Heulagerflächen. Bislang konnten sich Ahnungslose ja einreden, dass allenfalls der Steinbruch und die Spülkippe betroffen sein würden. Doch in der Zwischenzeit überplante das Unternehmen faktisch das gesamte Bielatal zwischen Steinbruch und Müllerwiese mit der etliche Hektar großen Chemiefabrik zur „Auf- und Weiterverarbeitung“ des Erzes zu Lithiumhydroxid.

Vorab geredet hat mit der Grünen Liga vermutlich niemand darüber – genausowenig wie mit den unmittelbar betroffenen Anwohnern. Derweil verriet das Unternehmen aber seinen Aktionären an der Londoner Börse, dass ein „Land Acquisition and Resettlement Framework“ ausgeschrieben wird (resettlement heißt: Umsiedlung.). Transparenz geht anders.

Bei den vorgesehenen Fördermengen (das Anderthalbfache des VEB Zinnerz Altenberg in dessen heftigsten Zeiten!) werden gewaltige Abraummengen anfallen. Diese will Zinnwald Lithium noch auf die Spülkippe obendrauf packen. Extrem riskant!

Parallel arbeitet ZL zumindest offiziell auch immer noch an der Alternativvariante Liebenau. Dorthin müsste jedoch ein 10 km langer Stolln komplett neu aufgefahren werden (im Bielatal will man den „Entwässerungsstolln“ von Zinnerz Altenberg nutzen), und die Flächengrößen für Halden und Chemiefabrik sind dort noch viel größer geplant. Anstatt des Bielatals müssten da die Quellgebiete von Trebnitz und Seidewitz geopfert werden.

Doch egal, ob Liebenau oder Bärenstein den Schwarzen Peter ziehen würden für zig-Hektar-große Halden und fast ebensogroße Chemiefabrik-Standorte: in jedem Fall träfe es Zinnwald. Denn zusätzlich zu den 1,5 Millionen Tonnen Erz, die alljährlich auf der deutschen Seite direkt unter dem Grenzort herausgesprengt werden sollen, plant unmittelbar nebenan das Konsortium Geomet auf der Flur von Cínovec mit noch größeren Jahresfördermengen (1,7 – 2,3 Millionen Tonnen).

Zum Glück gibt es in allen bedrohten Orten sehr engagierte Bürgerinitiativen, die seit einigen Monaten eng zusammenarbeiten. Darüberhinaus entwickelt sich eine Vernetzung mit anderen potentiell von den Zerstörungen des neuen Lithiumrauschs betroffenen Gebieten der Welt. Interessante Erkenntnis dabei: Zumindest in Europa scheint das Bergrecht kaum irgendwo so rückschrittlich und umweltignorant zu sein wie in Deutschland. Es gibt gute Gründe, die Petition „Menschenrecht vor Bergrecht“ zu unterschreiben: osterzgebirge.org/de/2024/11/17/petition-zum-bergrecht-jetzt-mitzeichnen.

Ja, wir müssen raus aus den fossilen Brennstoffen, gar keine Frage. Doch es kann keine Lösung sein, einfach den einen Ressourcenüberverbrauch durch einen neuen Ressourcenüberverbrauch zu ersetzen. Immer zu Lasten der ohnehin bereits über ihre Grenzen belasteten Natur. Mindestens so sehr wie an anderen Orten der Welt gilt dies für das Ost-Erzgebirge. Auch ganz ohne übersteigertem Lokalpatriotismus: wir haben hier enorm große Verantwortung für besonders wertvolle „Biologische Vielfalt“. Für völlig überdimensionierte Bergbau-Industrieprojekte ist hier kein Platz – nicht in Zinnwald oder Cínovec, nicht in Liebenau und schon gar nicht im Bielatal, nirgends!

Jens Weber

(leider unscharfes) Foto der am 20.11. in Lauenstein kurz gezeigten „Bielatalvariante“

Versuch der Übertragung der „Bielatalvariante“ vom Foto auf eine OSM-Karte: Mittendrin im geplanten Standort der Fabrik zu Herstellung von Lithium-Hydroxid: die seit 30 Jahren während des alljährlichen Heulagers aufwendig und liebevoll gepflegten „Bielatalbiotope“.

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