Am 22. August fand auf Initiative der Naturschutzstation Osterzgebirge in Altenberg ein erstes Treffen der deutschen und tschechischen Bürgerinitiativen gegen die Lithium-Raubbauvorhaben in der Region statt. Dabei informierte Kamila Derynkova vom Verein Cinvald zs. über den aktuellen Stand der Planungen in und bei Cínovec. Kamila und die dortige BI engagieren sich bereits seit sieben Jahren für die Bewahrung ihrer Heimat, gegen investoren-gierige Ressourcenausbeutung. Mit beachtlichen Erfolgen!
Letztes Jahr konnte – dank Bürgerengagements – die industrielle Aufbereitung des Lithiumerzes in einen 60 km weit entfernten, von jahrzehntelangen Braunkohletagebauen devastierten Ort namens Prunéřov bei Kadaň verschoben werden. (so ganz nebenbei erwähnt: die beiden Kraftwerke von Prunéřov waren vor drei Jahrzehnten die schlimmsten Schadstoffemittenten Tschechiens, mit zusammen rund 300.000 Tonnen Schwefeldioxid-Ausstoß pro Jahr. Vor rund zehn Jahren gingen außerdem Greenpeace und die Republik Mikronesien gegen die Erweiterung von Prunéřov II vor, wegen der damit verbundenen Kohlendioxid-Emissionen). Nach Kamilas Informationen regt sich in Kadaň und Umgebung bisher kein Widerstand gegen diesen weiteren Schritt der industriellen Zerstörung am dortigen Erzgebirgs-Fuß.
Jetzt aber stehen auf der tschechischen Seite die Lithium-Pläne nochmal komplett auf dem Prüfstand. Statt, wie ursprünglich vorgesehen, bereits voriges Jahr eine generelle Entscheidung über „Ja“ oder „Nein“ zu treffen, hat die Regierung dies nun auf 2025 verschoben.
Der tschechische Staat ist in diesem Fall nicht nur Genehmigungsbehörde, sondern auch wichtiger Akteur im Investoren-Konstrukt. Das auf der Südseite des Erzgebirges aktive Lithium-Bergbauunternehmen heißt GEOMET s.r.o., welches zu 49 % einer im Steuerparadies der Britischen Jungferninseln registrierten Firma namens EMH ltd. (European Metals Limited) gehört. Mit 51 % die Mehrheit indes halten die Severočeské doly a.s. („Nordböhmische Bergwerke“), ein Tochterunternehmen des größten tschechischen Energie-Konglomerats CEZ. Bei der CEZ wiederum hält der tschechische Staat mit knapp 70 % der Anteile das Heft des Handelns fest in der Hand. Und die Regierung blickt wohl einerseits mit Skepsis auf die im Keller dümpelnden Lithiumpreise, andererseits will sie zunächst die Regionalwahlen abwarten. Die jetzige Bezirksregierung in Ústí scheint keine Unterstützerin der Lithiumbergbaupläne zu sein.
Auch auf der tschechischen Seite verbreiten die beteiligten Firmen unterschiedliche Informationen – gegenüber ihren Investoren, den Behörden, der Bevölkerung. Dieses Gemisch von Halbwahrheiten und Verweigerung der wirklich wichtigen Infos scheint ganz ähnlich zu sein wie bei der Zinnwald Lithium GmbH.
Anders als in Zinnwald-Georgenfeld gab es in Cínovec auch nach dem Zweiten Weltkrieg noch Bergbau. Die Grube Cínovec I im Ortszentrum war bis 1978 in Betrieb, bis 1990 dann die Grube Cínovec II am Husův vrch, ca. 1 km südöstlich des Ortes. Daraus resultierte auch die große Halde (www.osterzgebirge.org/gebiete/21_1.html) am südöstlichen Ortsrand, heute hinter den Tankstellen und dem Casino.
Aus dieser Halde will ein separates Unternehmen (Cínovecká Deponie a.s., Teil der Investmentgruppe des umtriebigen Unternehmers Karel Janeček) im Tagebaubetrieb das darin enthaltene Lithium gewinnen. Seit 2017 liegen dafür wohl alle Genehmigungen bereits vor. Doch es fehlt eine industrielle Aufbereitungsanlage, wo batterie-fähiges Lithium aus dem Erz gewonnen wird. Diese würde erst in Zusammenhang mit dem „großen“ Vorhaben, dem Untertageabbau durch GEOMET, entstehen.
Doch das GEOMET-Projekt scheint auf genauso tönernen Füßen zu stehen wie das von ZL auf der deutschen Seite. Auch da gibt es offenbar noch nicht einmal eine richtige Machbarkeitsstudie, sondern nur Erkundungsarbeiten. Geplant ist, von einem Waldgebiet mit der tschechischen Bezeichnung „Sedmihůrky“ (ca. 2 km südlich des Ortes) einen großen Stolln bis zur Lagerstätte mit den lithium-haltigen Zinnwaldit-Glimmern vorzutreiben. Der Kern dieser Lagerstätte liegt direkt unter Cínovec/Zinnwald.
Die befürchtete unmittelbare Betroffenheit der Bewohner geht vor allem von den Erschütterungen des untertägigen Abbaus aus. Bei den Fördermengen durchaus ernstzunehmende Bedenken. GEOMET rechnet mit einer Jahresproduktion von 1,7 – 2,3 Millionen Tonnen Erz. Hinzu kämen im schlimmsten Fall nochmal 1,5 Millionen Tonnen, mit denen Zinnwald Lithium auf der deutschen Seite der Lagerstätte plant. Zum Vergleich: in seinen ertragreichsten/schlimmsten Zeiten schaffte Zinnerz Altenberg rund 1 Million Tonnen pro Jahr. Damals, in den 80er Jahren, war Altenberg ein industrieller Moloch mit schwersten Umweltfolgen. Und mit einer immer größer klaffenden Pinge, für die ganze Ortsteile geräumt werden mussten. Hinter vorgehaltener Hand gehen manche (deutsche) Bergbauexperten davon aus, dass auch bei den Größenordnungen der Lithiumvorhaben die Stabilität des Berges in Frage steht – und eigentlich sowieso nur ein Tagebauverfahren an der Stelle von Zinnwald/Cínovec infrage käme.
Selbst wenn alles nach den (noch nicht wirklich vorliegenden) Plänen verlaufen sollte: auf tschechischer Seite wird mit der Abholzung von 23 ha Wald gerechnet und eine schwerwiegende Beeinträchtigung des Wasserhaushalts befürchtet. Womit auch zahlreiche Naturschutzgebiete, einschließlich überregional bedeutsamer Moore, betroffen wären.
GEOMET geht davon aus, das geförderte Erz per Seilbahn oder Förderband bis nach Ujezdeček bei Teplice zu transportieren. Ursprünglich war dort die industrielle Weiterverarbeitung geplant, die nun aber wegen der lokalen Widerstände 60 km nach SW verschoben wurde. Nun soll in Ujezdeček die Verladung auf die Bahn erfolgen.
Doch wie erwähnt: bisher sind das alles nur Wünschdirwas-Varianten von Unternehmen, die auf Kosten des Ost-Erzgebirges Profit machen wollen. Ob das alles wirklich profitabel sein kann, hängt im Wesentlichen vom Lithiumpreis auf dem Weltmarkt ab. Und der ist extrem volatil – und seit längerem wohl weit unter dem Niveau, wo sich die beträchtlichen Investitionen lohnen würden. Die größere Gefahr geht vom politischen Druck derjenigen aus, die glauben, nur mit Lithiumbatterien ließe sich der Klimawandel aufhalten – koste es, was es wolle. Doch das Betroffenen-Gegendruck durchaus erfolgreich sein kann gegen die Ressourcen-Gier, zeigt das bewundernswerte Engagement der Bürgerinitiative Cinvald.