Vortrag und Diskussion im Umweltzentrum Freital, August-Bebel-Str. 3
Mittwoch, den 20. März, 18.00 Uhr
Schon einen Falter flattern gesehen in diesen Wochen? Wenn die Hellen (also die Zitronenfalter) zuerst erwachen, wird es ein gutes Jahr … bei den Dunklen (Pfauenauge oder Fuchs) sollte man
besser auf der Hut sein. Oder so ähnlich hieß es früher.
Heutzutage hat das Faltergeflatter insgesamt stark nachgelassen.
Sowohl Artenzahl als auch die Gesamtmenge der Insekten ist rückläufig, und zwar in einem solchen Ausmaß, dass dies auch den weniger naturinteressierten Mitmenschen auffällt.
Zu den Haupt-Ursachen dieses “Insektensterbens” gehören zweifelsohne die gravierenden Auswirkungen großflächiger Gift-und-Gülle-Landwirtschaft, gar keine Frage. Wo nur noch Raps,
Mais und Murks die Landschaft prägen, bleibt für andere Lebewesen kaum noch Lebensraum.
Um so wichtiger sind die Siedlungen geworden für die Biologische Vielfalt. Hier finden Bienen noch Blüten, Singvögel noch Niststätten, Ruderalpflanzen noch Brachflächen. Aber gerade im unmittelbaren Umfeld der Menschen bedarf es der Toleranz gegenüber den Mitgeschöpfen, des vernünftigen Umgangs mit deren Lebensstätten.
Zum Beispiel auf den Rasenflächen vor und zwischen den Häusern. Noch immer bestimmt grelles Grün das ästhetische Ideal vieler Mitmenschen, gelten selbst Gänseblümchen als rasch
wegzumähendes Unkraut. Wo aller paar Wochen der Rasentraktor kurzen Prozess macht, können sich noch vier oder fünf Grasarten halten, und zwei oder drei hartnäckigen Kräutern gelingt es schon auch irgendwie, sich gegen die “Pflege” zu behaupten.
Auf einer traditionell ein- oder zweischürig gemähten Wiese hingegen finden 30 bis 40 Pflanzenarten Platz – und noch deutlich mehr, wenn man zusätzliche Kleinstrukturen wie etwa
Steinhaufen oder Tümpel oder “Ödland”-Ecken hinzufügt.
Botanische Vielfalt bietet dann natürlich auch reichlich Nahrungs- und Paarungsmöglichkeiten für Getier aller Art. So unter anderem Futterpflanzen für Tagfalterraupen.
Junge Schwalbenschwänze fressen z.B. an Bärwurz, der typischen Art der Bergwiesen, die kaum mehr als zwei Schnitte im Jahr verträgt. Auf Zierrasen findet man keinen Sauerampfer
und damit keine Feuer- und Dukatenfalterraupen, keine Veilchen und Stiefmütterchen (Raupenfutter für Perlmuttfalter,
Kaisermantel), keine Kratzdisteln (Distelfalter), keinen Hornklee (Goldene Acht, Gemeiner Bläuling). Wenn der Rasenmäher nach dem Winter nicht gleich anspringt, haben vielleicht die
Aurorafalter noch eine Chance, ihre Eier am Wiesen-Schaumkraut abzulegen. Aber bevor die Raupen sich nach anderthalb Monaten verpuppen, kommt garantiert der erste Rasenkahlschlag. Tödliche Falle auch für all die Schmetterlingsarten, deren Raupen an Gräsern leben, die den
Grundstock artenarmen Ziergrünlands bilden: die Kinder von Schachbrettfalter, Schornsteinfeger, Heufalter und Ochsenauge brauchen viel länger zum Erwachsenwerden, als ihnen die Rasenpfleger zugestehen.
Dabei ist Artenvielfalt auf städtischem Grün keine Zauberei. Meist reicht einfach nur Geduld und Verzicht – Verzicht auf zu häufiges Mähen. Dies wurde zum Beispiel letztes Jahr rund um die Unigebäude in Tharandt probiert, mit optisch recht eindrucksvollen Ergebnissen. Und allerhand Faltergeflatter (zumindest bis zum kompletten Austrocknen der Vegetation im Dürresommer, aber das ist eine andere Geschichte).
Reichlich Potential für Biodiversität bietet ebenso Freital mit seinen zahlreichen Grünflächen. Das Umweltzentrum Freital macht sich stark für eine lebenswerte Stadt – auch für Pflanzen und Tiere. Lasst uns am 20. März Ideen zusammentragen, wie aus Rasen Wiesen werden können!
Bis dahin wünsch ich euch schon mal: Viele interessante Frühlingsbeobachtungen von Faltern – egal ob Helle oder Dunkle!
Jens Weber