Alte Bäume finden im osterzgebirgischen Naturschutz leider viel zu wenig Beachtung. Baumdenkmale mit Uhuschild dringen meist nur dann ins Bewusstsein, wenn teure Verkehrssicherungsmaßnahmen notwendig werden, bei denen der Veteran erhalten bleiben soll. Bei denen ohne Uhuschild interessiert auch das kaum.
Spätestens nach den vergangenen Dürrejahren ist es dringend geboten, zunächst erstmal einen Überblick zu bekommen, welche Bäume noch da sind, und welche eventuell dringend Hilfe brauchen, welche offiziellen Naturdenkmale ein Uhuschild haben und welche nicht. Darüberhinaus hat die Grüne Liga Osterzgebirge viele Hinweise auf wertvolle Altbäume bekommen, die auch ohne formellen Schutzstatus unbedingt erhaltenswert sind.
Als erste Arbeitsgrundlage für das Projekt haben wir mal begonnen, alle uns bekannten Baumdenkmale – tatsächliche und potentielle – in einer Karte zusammenzutragen:
Grüne Stecknadelkuppen stehen für die offiziell als Naturdenkmale ausgewiesenen Bäume.
Rot sind die, denen in den letzten zehn Jahren der Status behördlicherseits aberkannt wurde – weil sie entweder nicht mehr existieren oder deren Pflege dem Landkreis zu teuer wurde.
Gelbe Punkte markieren sonstige wertvolle Baum-Exemplare, von denen die meisten ebenfalls das Zeug zum Naturdenkmal hätten.
Blau schließlich sind die tschechischen Baumdenkmale.
Was sofort auffällt: die Markierungen sind bislang extrem ungleichmäßig verteilt. Was mit Sicherheit nicht daran liegt, dass es keine wertvollen Altbäume gäbe im Einzugsgebiet der Wilden Weißeritz (oberhalb Klingenberg), rund ums Gimmlitztal oder an der oberen Freiberger Mulde samt Seitentälern. Hier fehlen uns bisher schlicht die Informationen.
(Für den südwestlichsten Teil des Ost-Erzgebirges, den Streifen zwischen Röthenbacher Wald und Seiffener Spielzeugwinkel, haben wir auch noch keine Infos zu den NDs. Im Gegensatz zum in dieser Hinsicht vorbildlichen Landkreis Mittelsachsen hat der dort zuständige Erzgebirgskreis keine Übersicht über seine Naturdenkmale veröffentlicht.)
In den „Erfassungslücken“ sind wir ganz besonders interessiert an
Unterstützung durch ortskundige Baumfreunde.
Bitte teilt uns mit, wenn ihr alte, besonders erhaltenswerte Bäume kennt, die uns bisher wahrscheinlich noch unbekannt sind! Am besten mit Art-Angabe, einer kurzen Beschreibung, möglichst genauer Lokalisierung (Kartenausschnitt oder Koordinaten) und, wenn machbar, einem Foto an:
baumdenkmale/ät/osterzgebirge.org oder per Post: Grüne Liga Osterzgebirge, Große Wassergasse 9, 01744 Dippoldiswalde |
Ebenfalls sehr ungleichmäßig ist die Repräsentanz der Baumarten unter den geschützten oder als schützenswert angesehenen Baumdenkmalen.
Wenig überraschend aufgrund ihrer Langlebigkeit und oft imposanten Statur, kommt die (Stiel-)Eiche unangefochten auf Platz 1 – wenngleich hier weitaus mehr alte Exemplare als schützenswert bekannt als tatsächlich geschützt sind. Die potentiell-natürliche Hauptbaumart des Erzgebirges, die Rotbuche, folgt mit weitem Abstand auf Platz 2. Gerade bei den Buchen muss nach den Dürrejahren genau nachgeschaut werden, wie viele tatsächlich noch da und zukunftsfähig sind.
Eher verblüffend, dass hinsichtlich der offiziellen Naturdenkmale der Berg-Ahorn auf Platz zwei und insgesamt auf Platz 3 kommt. Und der Spitz-Ahorn gleich dahinter. Bei kommen häufig in Baumgruppen oder Allee(abschnitten) zu besonderer Geltung. Noch überraschender in der Statistik schneiden die Linden ab. Hier können nur Erfassungsdefizite dahinterstehen. Sommer- und Winter-Linden können ja durchaus groß und sehr alt werden. Sie vertragen Schnitt recht gut, lassen sich sogar bis zu einem gewissen Grad Wurzelraumverdichtungen gefallen, und selbst wenn sie komplett hohl und habitatreich sind, können sie noch Stürmen und Nassschnee besser trotzen als andere Gehölze.
Der Blick ans andere Ende der Skala zeigt die Defizite: Als Naturdenkmal offiziell unter Schutz stehen jeweils genau
- eine Vogel-Kirsche,
- eine Wild-Birne (und die ist nicht mal eine echte Holzbirne),
- eine Hainbuche und
- eine Feld-Ulme (zugegeben, keine typische Art der Region).
Gar nicht im ND-System vertreten sind hingegen:
- keine Flatter-Ulme (dafür gibt es wenigstens eine Kandidatin),
- keine Eberesche/Vogelbeere (der Charakterbaum des Erzgebirges!),
- keine Berg-Kiefer/Spirke,
- keine Espe/Zitterpappel,
- keine Sand- und Moor-Birke (auch keine Karpatenbirke),
- keine Sal-, Silber-, Bruch- oder sonstige Weide (auch keine Kopfweiden!),
- keine Trauben-Kirsche.
Auch nicht dabei sind wärmeliebende Gehölze der untersten Vorgebirgstäler wie Elsbeere und Feld-Ahorn. Hinsichtlich der nicht-heimischen Arten würde sich unter anderem der Blick Richtung Walnuss lohnen.
Ein Ziel des Baumdenkmal-Projekts sollte auch sein, diese bislang vernachlässigten Baumarten stärker in den Fokus zu rücken. Im Klimawandel ist gerade bei Bäumen Vielfalt besonders wichtig!
Grüne Liga sucht die Super-Ebsche! Den Ebereschen geht es heute gar nicht gut. Uns ist kein einziger großer Vogelbeerbaum bekannt, dem man wirklich noch eine Zukunftschance einräumen kann. Kennt jemand noch eine gesunde, alte Eberesche im Ost-Erzgebirge? Lasst es uns wissen! |