Natur im Osterzgebirge

PR U jezera – Cínovecké rašeliniště / Seeheide – Zinnwalder Moor

Quelle: www.mapy.cz

 

zwei verbliebene Hochmoorbereiche der einstmals weithin vermoorten Hochfläche zwischen Lugsteinen und Bornhauberg/Pramenáč; 2001 wurde zunächst die südliche Fortsetzung des Georgenfelder Hochmoores als PR Cínovecké rašeliniště (7,5 ha) unter Schutz gestellt, 2012 kam die weitaus größere Seeheide/U jezera hinzu – dort auch noch offener Moorkernbereich, ansonsten dominieren Latschenkiefern und Moor-/Karpatenbirken die Vegetation; Refugien für gefährdete Tier- und Pflanzenarten des Erzgebirgskammes; Höhenlage 842-872 m üNN, Gesamtfläche der zwei Teilbereiche: ca. 60 ha

Moorgeschichte:

Über den schwer durchlässigen Böden in der weiten Senke zwischen den Lugsteinen (899 m üNN) und Bornhauberg/Pramenáč (909 m üNN) sammelte sich Feuchtigkeit, als das extrem trockene Eiszeitklima endete. Wahrscheinlich ab dem Atlantikum (vor 7000,

aus: Geologische Specialkarte des Königreichs Sachsen, Section Altenberg-Zinnwald

8000 Jahren) begann die eigentliche Moorentwicklung, wobei das hauptsächliche Hochwachsen der Torfkörper offenbar erst in den letzten 3000 Jahren (frühes Subatlantikum) erfolgte. Das daraus entstandene Moorgebiet von mindestens 120 Hektar beinhaltete zwei Kerngebiete: im Norden das heutige Georgenfelder Hochmoor samt seiner südlichen Fortsetzung Cínovecké rašeliniště (früher als „Kiefernweechen“ bezeichnet) und die Seeheide/U jezera im Süden  (die Geologische Karte von 1906 gibt dies recht gut wider).

Nach langen Zeiten der Moorzerstörung sind von dem großen Gebiet nur noch „die Kerne dieser ehemaligen Kerngebiete“ übrig geblieben. Ein reichlicher Kilometer Blaufichtenaufforstungen liegt heute dazwischen, durchzogen von vielen Gräben.

Seit Jahrhunderten wurde auch der böhmische Teil des Georgenfelder Hochmoores über den Neugraben entwässert, der dem Galgenteich und den Altenberger Bergwerken Wasser zuführte. In beiden Mooren spielte darüber hinaus der Torfabbau als Heiz- und Verpackungsmaterial eine große (und

aus: Eichhorn 1925

zerstörerische) Rolle. Die Teplitzer Heilbadanstalten gewannen das Material für ihre Moorbäder aus der Seeheide. („… täglich kommen zwei Fuhrwerke  zum Seemoor, um dies Urland zum heilkräftigen Bad nach Teplitz  zu holen. Drei Meter hoch ragt die Abstichwand …“ – Eichhorn 1925).

Seit dem 19. Jahrhundert – und bis in die jüngste Vergangenheit, die 1990er Jahre – waren die Bemühungen um möglichst ertragreiche Forstwirtschaft mit dem Ausheben eines Netzes tiefer Entwässerungsgräben verbunden. Bis auf die beiden Kernbereiche, die heute unter Naturschutz gestellt sind, fiel damit der größte Teil der moorigen Hochebene trocken.

Fichtensterben um 1990

Mit dem Absterben der Fichtenforsten infolge der Schwefeldioxid-Belastungen aus der nordböhmischen (und ostdeutschen) Braunkohlewirtschaft verstärkte sich die Austrocknung der Landschaft. Ohne die Bäume wurde wesentlich weniger Wasser aus dem „Böhmischen Nebel“ ausgekämmt, die Verdunstung durch fehlende Windruhe nahm zu. Die als „rauchtolerante Ersatzbaumart“ gepflanzten Blau-/Stechfichten haben sich unter den hiesigen Standortsbedingungen nicht bewährt.

Mit dem Ausbau der Kammstraße Zinnwald/Cínovec – Neustadt/Nové Město verloren das Zinnwalder/Georgenfelder Moor ihren Wasserzufluss von Süden.

Diese Kammstraße erfährt heute starke touristische Nutzung: im Sommer unter anderem durch Motorradfahrer, im Winter  gilt die nicht beräumte Strecke als die schneesicherste Skiroute der Region. Unmittelbar angrenzend an das Zinnwalder Moor wurden die Bergwiesen von Cínovec in ein Golfareal umgewandelt.

Vor einigen Jahren lief in der Seeheide ein größeres Moorrenaturierungs- und Birkhuhn-Artenschutzprojekt („Projekt TetraoVit“), unter der Federführung der Pilsener Naturschutzorganisation Ametyst. Praktische Maßnahmen wurden vom Institut Daphne aus Prag konzipiert.

 

Naturraum:

Foto: Holger Menzer

waldfreier Moorkern in der Seeheide

Zwischen den Lugsteinen (897 m üNN) und dem Pramenác/Bornhauberg (909 m üNN) breitet sich auf dem Erzgebirgskamm eine breite, flache Ebene (870 m üNN) aus, die gleichzeitig die Wasserscheide von Wilder Weißeritz/Divoká Bystrice und Bourlivec/Seegrund bildet. Einstmals war das Areal ein rund 150 ha großer, mehr oder weniger zusammenhängender Komplex aus Hoch- und Zwischenmooren. Georgenfelder Hochmoor mitsamt Cínovecké rašelinište/Zinnwalder Hochmoor im Norden sowie U jezera/ Seeheide im Süden bildeten die Kerngebiete dieses Komplexes, jeweils mit mehrere Meter mächtigen Torfpaketen (bis über sechs Meter).

Cínovecké rašeliniště

Beide Moore werden zu einem großen Teil von Moor-Kiefern geprägt. Inmitten der Seeheide verbirgt sich außerdem noch ein gehölzfreier Moorkern, reichlich 100 m lang und bis zu 50 m breit. Dieser ist aber aufgrund umgebenden dichten Latschenkieferbewuchses kaum begehbar (und das Verlassen der Wege in einem Naturschutzgebiet ohnehin verboten).

 

 

 

 

Vegetation:

Moor-Kiefer in der Seeheide

Beide Schutzgebietsteile sind überwiegend von Gehölzen bewachsen: Moor- oder Latschenkiefer sowie Moor-Birke bzw. deren hiesige Unterart Karpaten-Birke. Die ursprünglich im Moor-Randbereich wachsenden Fichten sind größtenteils den Luftschaftstoff-Immissionen der 1960er bis 1990er Jahre zum Opfer gefallen und wurden durch nordamerikanische Stechfichten und andere „Ersatzbaumarten“ ersetzt – mit sehr begrenztem Erfolg. Durch Entwässerung und zunehmende Austrocknung der anmoorigen Bereiche konnten auch verschiedene Weidenarten Fuß fassen.

Sonnentau und Moosbeere

Standortsbildende Torfmoose und weitere typische Pflanzenarten erzgebirgischer Hochmoore gedeihen noch an den offeneren und wirklich nassen Stellen, so im baumfreien Moorkern der Seeheide sowie an wiedervernässten Gräben. Dazu gehören vor allem Trunkel- und Moosbeere, Rundblättriger Sonnentau, Scheidiges Wollgras. Weniger nasse Stellen bevorzugen Krähenbeere (in der Seeheide, fehlt eigenartigerweise im Georgenfelder Hochmoor und Cínovecké rašeliniště) sowie, eher selten, Sumpf-Porst.

Preiselbeeren (Foto: Pöhler)

 

Heidel- und Preiselbeeren, Heidekraut sowie Pfeifengras hingegen deuten auf Austrocknung und Mineralisierung von Torfböden („Verheidung“) hin.

Auf der ans Zinnwalder Moor angrenzenden Wiese, aber auch entlang der Waldwege, gedeiht unter anderem die Orchidee Gefleckte Kuckucksblume.

Tierwelt:

Foto: Jan Gläßer

Besondere Bedeutung wird dem Kammplateau des Ost-Erzgebirges für das Überleben des Birkhuhns zugemessen. Ob die Moore tatsächlich dessen Kernlebensräume sind und ihm die Wiedervernässungsmaßnahmen zugutekommen, darf bezweifelt werden. Es dürfte sich eher um letzte Refugien der störungsempfindlichen Art handeln. Viel wichtiger wäre das Zulassen entsprechend großer, strukturreicher Lichtungen in den terrestrischen Bereichen der Umgebung – anstatt diese heute wieder

Kuckuck (Foto: Jan Gläßer)

mit dichten Nadelholzforsten zuzupflanzen, wie dies die tschechische Forstverwaltung offenbar mit großen Anstrengungen praktiziert.

Bei ornithologischen Erfassungen in der Seeheide wurden unter anderem folgende Vogelarten nachgewiesen: Bekassine, Waldschnepfe, Sperber, Raufußkauz, Schwarzspecht, Wendehals, Tannenhäher, Neuntöter, Raubwürger, Kolkrabe, Kuckuck, Karmingimpel.

Alpensmaragdlibelle (Foto: Jan Gläßer)

Die Amphibien sind mit Bergmolch, Erdkröte und Grasfrosch, die Reptilien mit Waldeidechse, Blindschleiche und Kreuzotter vertreten.

Unter den Wirbellosen wurden u.a. Alpen- und Arktische Smaragdlibelle erfasst. Untersuchungen gibt es weiterhin zur Käfer- und zur Spinnenfauna.

Naturerlebnismöglichkeiten:

Neben der Kammstraße Cínovec – Nové Město durchzieht ein Netz von Forstschneisen das Gebiet. Von diesen kann man einen Eindruck von den Randbereichen der beiden Natuschutzgebietsteile erhalten. Um das Innere eines Hochmoores kennenzulernen, empfiehlt es sich hingegen, den Bohlenweg im NSG Georgenfelder Hochmoor zu nutzen.

Vor einigen Jahren wurden mit finanzieller Unterstützung eines Energie-Unternehmens neun Informationstafeln angefertigt, die rund um Cínovec Kenntnisse zu Flora und Fauna, Geologie und Geschichte der Region vermitteln (auf tschechisch).

Naturkundliche Skitour der Grünen Liga Osterzgebirge

weitere naturkundlich interessante Ziele in der Umgebung:
Literatur:

Kotěra, Jan; Ondráček, Čestmír; Weber, Jens (2007): Das Kammplateau zwischen Fláje/Fleyh und Cínovec/Zinnwald; in: Naturkundliche Wanderziele im Ost-Erzgebirge (Naturführer Ost-Erzgebirge, Band 3); hrsg. Grüne Liga Osterzgebirge

Eichhorn, Alfred (1925): Auf den deutschböhmischen Kammhochflächen des östlichen Erzgebirges; Mitteilungen des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz, Band XIV, Heft 1/2

Daphne ČR (2009): Revitalizace rašelinišť v Krušných horách – Cínovecký hřbet

www.tetrivci.cz

https://osterzgebirge.org/gebiete/24_1.html