von Dr. Volker Beer, Sayda
Zunächst veränderte sich im November gar nichts. Mit südlicher bis südwestlicher Anströmung setzte sich das überdurchschnittlich sonnige und milde Wetter bis zur Monatsmitte fort. In den Niederungen lösten sich die Nebel kaum noch auf, es bildete sich eine Inversion. Über dieser stiegen in den mittleren und höheren Mittelgebirgslagen in trockener Luft die Temperaturen über die 10 Grad Marke. Mit leichter Föhneinwirkung wurden im Bereich der nördlichen Erzgebirgsabdachung bis hinauf zu den Kammlagen auch noch Werte um die 15 °C erreicht. Ein schöner „Martinssommer“.
Doch gegen Ende der zweiten Monatsdekade kam dann doch etwas Bewegung in die „Wetterküche“. Das behäbige Osteuropahoch nahm über Fennoskandien Platz, das Ostatlantikhoch zog sich etwas in Richtung Azoren zurück. Vor Großbritannien zog eine Armada kräftiger Tiefdruckgebiete, die zum Teil aus Tropenstürmen hervorgegangen waren, auf und probten den Aufstand. Doch alle Attacken tropften am fennoskandischen Hoch ab. Das Hoch schickte an seiner Südflanke mit kräftigem Ostwind Festlandskaltluft gen Mitteldeutschland. Die Temperaturen fielen am 18. November unter den Gefrierpunkt und es begann zu schneien. Der Winter war da. Aber er blieb nicht. Die Tiefdruckgebiete ließen nicht locker, und so lag in der dritten Monatsdekade Mitteldeutschland genau in der Mischungszone zwischen den atlantischen Fronten mit feuchten und warmen Luftmassen und dem Hoch mit Festlandskaltluft. Mal gewannen die Störungen, dann wieder das Hoch die Oberhand. Damit ging der November mit typischen Novemberschmuddelwetter zu Ende, also im Tiefland Plusgrade und immer wieder etwas Niesel und Regen, in den oberen Lagen des Erzgebirges um und über null Grad, mal etwas Schnee, dann wieder Tauwetter mit etwas Niesel oder Regen und teilweise aufliegender Wolkendecke.
Insgesamt war der Herbst der drittwärmste seit Beginn der Messungen im Jahr 1881. Ebenfalls seit 1881 war der Zeitraum Januar bis November noch nie so warm wie im laufenden Jahr 2022. Die Chancen stehen gut, dass 2022 das wärmste oder eben eines der wärmsten Jahre seit Beginn systematischer Aufzeichnungen wird. Es sei denn der Dezember schlägt so richtig ins Kontor, also mit einer Monatsmitteltemperatur von – 20 °C, da würde es dann doch nichts mit einem der wärmsten Jahre …
Mit dem 1. Dezember begann nun der meteorologische Winter. Die numerischen Simulationen der großen Wetterdienste sind sich weitgehend einig. So sagen das englische und das deutsche Klimarechenmodell einen zu warmen Dezember, aber im Januar und Februar könnten eventuelle Kälteepisoden nicht ausgeschlossen werden, insgesamt würde der Winter jedoch wieder mal zu mild, vielleicht einer der mildesten seit Beginn der Aufzeichnungen werden. Das amerikanische Modell geht von einem durchgängig zu warmem Winter aus. Aber vielleicht kommt es auch ganz anders, die angenagelten Rossbywellen hebeln den Polarwirbel aus, das behäbige sibirische Kältehoch schwabbelt gemächlich gen Fennoskandien und plustert sich auf. Die Tiefdruckgebiete ziehen dann eben von England via Iberische Halbinsel zum Mittelmeer und zeigen uns ihre kalte Rückseite, oder vor die Küsten von Norwegen und dann raus auf den Nordatlantik, „umschiffen“ großräumig den Kontinent … Bleibt also abzuwarten, schon im März 2023 wissen wir, wie der Winter 2022/23 verlief. Eines ist aber sicher: Bis zum kalendarischen Winteranfang am 21. Dezember 2022 um 22:47 Uhr mitteleuropäischer Zeit werden sich die Tage mit astronomischer Präzision weiter verkürzen. Hier der Link zu meinem Novemberwetterfilm: https://youtu.be/J0P7hLLqlnY
Eine schöne Adventszeit wünscht Volker
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