Der kleinste der Vereine ist aus dem Trägerverbund „Naturschutzstation Osterzgebirge“ ausgetreten. Sehr bedauerlich.
Es war eine Sternstunde des Naturschutzes im Ost-Erzgebirges: im Herbst 2017 schafften es die vier wichtigsten Umweltvereine der Region, alle früheren Befindlichkeiten hinter sich zu lassen und gemeinsam die Grundlage für eine verbandsübergreifende Arbeitsplattform namens „Naturschutzstation Osterzgebirge“ zu schaffen. Anstatt sich gegenseitig Konkurrenz zu machen, bewarben sich der Förderverein für die Natur des Osterzgebirges, die Grüne Liga Osterzgebirge, der Landschaftspflegeverband Sächsische Schweiz – Osterzgebirge sowie der Landesverein Sächsischer Heimatschutz als Verbund für die neu vom sächsischen Landtag bereitgestellte finanzielle Unterstützung für den Aufbau einer Naturschutzstation. Zur Erinnerung: Diese Naturschutzstationsfinanzierung aus dem Landeshaushalt hatten Naturschützer aus ganz Sachsen hart errungen – damals unterschrieben auch viele Grüne-Blätt’l-Leser die Petition „Sachsens Natur bewahren!“.
Doch von Anbeginn verfolgte die Untere Naturschutzbehörde (UNB) des SSO-Kreises sehr eigene Vorstellungen, wofür dieses Geld ausgegeben werden soll: faktisch für Aufgaben des Landratsamtes. Die zwischenzeitlichen Auseinandersetzungen mit Vertretern der Naturschutzstation erreichten menschliche Tiefpunkte. Derweil arbeiteten einige Behördenleute offenbar an einem Plan B.
Im vergangenen Herbst führte der Förderverein für die Natur des Osterzgebirges (mit augenscheinlich sehr wenigen anwesenden Mitgliedern) seine Jahresversammlung samt Wahlen durch. Der FV-Vorstand wird jetzt bis auf eine Ausnahme von aktiven und ehemaligen Landratsamtsmitarbeitern gebildet.
Als nächstes erklärte dieser neue Vorstand den Austritt des Fördervereins aus dem Verbund „Naturschutzstation Osterzgebirge“. Offizielle Begründung: keine freien Kapazitäten. Doch kaum zwei Wochen später müssen plötzlich neue freie Kapazitäten beim FV aufgetaucht sein: zur Gründung einer eigenen Konkurrenz-Naturschutzstation.
Für die Jahre 2021/22 werden derzeit die sächsischen Naturschutzstationsfördergelder neu verteilt. In allen anderen Landkreisen waren die „Interessensbekundungsverfahren“ dazu im Herbst längst abgeschlossen. Nur im SSO-Landkreis ließ die formell zuständige UNB das Verfahren auffällig lange liegen, bis Mitte Dezember. Ob es Zufall war, dass zu diesem Zeitpunkt dann auch der FV einen neuen Vorstand hatte, aus dem Natstat-Verbund ausgetreten war und eine eigene Interessensbekundung zusammengeschrieben hatte?
Dann musste alles ganz schnell gehen: Einreichung der Interessensbekundungen innerhalb von zehn Tagen; dann sollte der Naturschutzbeirat innerhalb kürzester Zeit fix sein OK geben für die Pläne der UNB, das Geld zwischen Naturschutzstation Osterzgebirge und Förderverein-Naturschutzscheinstation aufzuteilen. Dem Vernehmen nach gab es unter einigen Beiratsmitgliedern Unverständnis und Unmut über die Art und Weise des Verfahrens.
Der Ausgang des peinlichen Gezänks war bei Blätt’l-Redaktionsschluss noch immer nicht klar. Doch wie dem auch sei: es ist in den letzten Monaten viel wertvolles Porzellan in der Schatzkammer „Natur des Osterzgebirges“ zertrümmert worden. Die Befindlichkeiten und institutionellen ökonomischen Konkurrenzinteressen, die wir 2017/18 in so wunderbarer Weise überwunden glaubten – sie sind wieder da. Sie kosten so viel Kraft und Nerven und Zeit, die wir eigentlich für praktischen Naturschutz und Umweltbildung, die Kernaufgaben einer Naturschutzstation, bräuchten.
Zum Glück gilt dies nicht für die Zusammenarbeit der verbliebenen drei Trägervereine der Naturschutzstation Osterzgebirge. Die Kooperation zwischen LPV, Landesverein und Grüner Liga funktioniert nach wie vor auf der Basis von gegenseitigem Vertrauen und Unterstützung – geradezu vorbildhaft! Insbesondere die Vorständler des Naturschutzstations-e.V., die jeweils auch die beteiligten Vereine vertreten, leisten wirklich großartige Arbeit (in ihrer Freizeit!). Eigentlich sollte ihnen das Landratsamt mal Dank und Anerkennung zollen …
Nichts könnte besser sein, als die Reintegration des Fördervereins in den Naturschutzstationsverbund! Man sollte die Hoffnung auf einvernehmliche Einigungen nicht aufgeben. Deshalb, liebe Blätt’l-Leser, eine Bitte: bevor ihr zum Filzstift greift und auf dem Jahreskalender an der Wand (über dem Schreibtisch, an der Klozimmertür …) das Fördervereinslogo unter der Naturschutzstationstrollblume durchstreicht, fragt doch mal beim FV an, ob Kooperation nicht vielleicht doch besser sei als Separatismus: Förderverein für die Natur des Osterzgebirges e. V., Bielatalstraße 28 a, 01773 Altenberg; Naturbewahrung-Osterzgebirge@t‑online.de.
Verluste der Biologischen Vielfalt, Auswirkungen des Klimawandels, Neustart Umweltbildung nach Corona … die Herausforderungen sind gigantisch, auch und gerade hier im Ost-Erzgebirge. Kleinkariertes Gezoff um Pfründe können wir uns da wirklich nicht leisten. Vielmehr braucht es kooperative und kollegiale Zusammenarbeit zwischen behördlichen, halbbehördlichen und nicht-behördlichen Naturschutzakteuren. Zumindest letztere tun dies nach wie vor in hervorragender Weise unter dem Dach der Naturschutzstation Osterzgebirge!
Jens Weber (als „besorgter Naturschützer“,
ausdrücklich nicht im Namen der Naturschutzstation!)