(314 Hektar, seit 1961/67, erweitert 2000, landesweite NSG-Register-Nummer: D98)
Der 824 m hohe Basaltgipfel gehört zu den auffälligsten Landmarken des Erzgebirges. Herausragend ist auch die biologische Vielfalt, die sich im Umfeld des Geisingbergs konzentriert und schon frühzeitig zu Naturschutzbemühungen geführt hat. Viele gefährdete Pflanzen- und Tierarten haben auf den von Steinrücken durchzogenen Berg- und Feuchtwiesen ihre bedeutendsten sächsischen Vorkommen. Zahlreiche Naturfreunde erwandern besonders im Mai/Juni das Gebiet, wenn einige der Geisingbergwiesen von einem bunten Teppich tausender Trollblumen und Knabenkräuter überzogen sind.
Anders als die Gneishochflächen des Ost-Erzgebirges (auf die man z.B. vom Geisingberg in Richtung Norden und Osten blickt), blieben die meisten Porphyrgebiete während der ersten Besiedlungsphase im 12./13. Jahrhundert noch ungerodet. Die mageren Böden über dem sauren, schwer verwitterbaren Gestein lohnten zunächst keine landwirtschaftliche Nutzung. Doch im 15. Jahrhundert zog das „Berggeschrey“ viele Bergleute, Handwerker und Glücksritter an den „Zwitterstock zu Altenberg“ – an dessen Stelle heute die Pinge klafft. Den neuen Siedlern blieb keine andere Wahl, als ihre Nahrung den Flächen rings um die neue Bergstadt abzuringen.
Von dieser mühsamen Feldwirtschaft zeugen die etwa 100 Steinrücken rings um den Geisingberg, die zusammen rund zwölf Kilometer Länge ergeben, plus zahlreiche „Steinhorste“ (Lesesteinhaufen). Die Steinrücken erstrecken sich hier nicht als parallele Hufenstreifenbegrenzungen, wie bei den Waldhufendörfern der ersten Besiedlungsphase, sondern bilden ein unregelmäßiges Mosaik. Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts wurden auch die Gehölze der Steinrücken genutzt: als Brennmaterial für Öfen und Herde. Als dann, mit Einzug der Kohle als Hauptenergiequelle, das damit verbundene, regelmäßige „Auf-Stock-setzen“ ausblieb, wuchsen die Gehölze großen, schattenwerfenden Bäumen heran. Eine der heutigen Naturschutzmaßnahmen im Gebiet besteht darin, die Gehölze wieder auszulichten, um den einstigen offenen Charakter der Steinrücken wiederherzustellen.
Überfordert mit dem enormen Holzbedarf insbesondere des Bergbaus waren die Wälder rund um Altenberg. Wie auf vielen anderen Waldflächen wuchsen auf dem Geisingberg im 18./19 Jahrhundert kaum noch nutzbare Bäume. An dessen westlichen Waldrand stehen allerdings einige alte Buchen, deren Stammumfänge ein Alter von 200 Jahren oder mehr nahelegen. Ihrem breitkronigen Habitus nach muss es sich um sogenannte Hutebuchen gehandelt haben. Deren Bucheckern boten dem Vieh – vor allem Ziegen – energiereiche Herbstnahrung vor den langen, kalten Erzgebirgswintern.
Wie anderswo auch, wurden im 19. Jahrhundert selbst am Geisingberg Flächen mit Fichten aufgeforstet. Doch erwiesen sich diese hier weder als ausreichend sturmfest, noch konnten sie an den exponierten Hängen den Schwefeldioxidbelastungen der 1960er bis 1990er Jahre standhalten. Noch vor den Fichten starben die Weiß-Tannen ab, von denen es im NSG einige stattliche Exemplare gegeben haben muss. Neben dem Ferntransport der Schadstoffe wirkte sich in den 1980er Jahren ein am Fuße des Geisingbergs errichtetes Heizwerk (mit großem Schornstein) negativ aus.
Seit der Einschränkung forstlicher Maßnahmen entwickeln sich am Geisingberg sehr naturnahe Laubmischwaldbestände. Das Hochwachsen der Bäume im Gipfelbereich führte 1970 zur Aufgabe der seit 1947 hier betriebenen Wetterstation (und deren Verlegung nach Zinnwald-Georgenfeld).
Der markante Gipfel des Geisingbergs mit seinen weiten Aussichten und der reizvollen Natur in seinem Umfeld zog bereits im 19. Jahrhundert Ausflügler aus Dresden an, darunter Könige, Botaniker, aber auch immer mehr sonstige „Sommerfrischler“. 1891 wurde – angeblich in nur 68 Tagen – der 18 m hohe Louisenturm auf dem Gipfel errichtet (benannt nach einer sächsischen Prinzessin); 1906 kam die heutige Geisingbergbaude hinzu.
Ab Beginn des 20. Jahrhunderts spielte der Wintersport eine immer größere Rolle. Die knapp 300 Höhenmeter überwindende Sachsenabfahrt sowie die 1908 errichtete, 1930 erweiterte Sachsenschanze (später „Schanze des Friedens“, 1962 abgerissen) zogen viele Skisportbegeisterte an. Der Höhepunkt war hier 1937 mit den deutschen Skimeisterschaften erreicht, als sich unvorstellbare 40.000 Zuschauer am Geisingberg versammelt haben sollen.
Viele Besucher des Geisingberges kamen mit der Müglitztalbahn, die 1890 als Schmalspurbahn nach Geising, 1923 bis Altenberg erweitert und 1938 als Normalspurbahn neu in Betrieb genommen wurde.
Berühmt ist der Geisingberg seit langem wegen der blütenbunten Bergwiesen an seinem Fuße. Ende des 18. Jahrhunderts hatte eine Art landwirtschaftliche Revolution mit vielen Neuerungen (z.B. Einführung der Kartoffel) dazu geführt, dass nicht mehr jeder Quadratmeter auch ungeeigneter Böden ackerbaulich genutzt werden musste. Als dann die Gegend immer mehr mit Straßen erschlossen wurde, boten sich in den Städten des prosperierenden Elbtals Absatzmärkte für Gebirgskräuterheu, unter anderem für die unzähligen Pferde der dortigen Fuhrunternehmen. An die Stelle der kleinen, steinigen, oft viel zu nassen Äcker traten immer mehr Berg- und Feuchtwiesen. Als Zwischenstufe zwischen reiner Wiesen- und reiner Ackernutzung war der so genannte Feldgrasanbau verbreitet.
Die sehr verschiedenen Grundgesteine einerseits und die unterschiedlichen Schnittzeitpunkte der Heuwiesen (die meisten Altenberger und Geisinger „Ackerbürger“ betrieben Landwirtschaft nur als Nebenerwerb) andererseits bedingten ein buntes Mosaik von Wiesenformen. Diese wiederum beherbergten eine außerordentliche Vielfalt von Pflanzen- und Tierarten. Die bunten Geisingbergwiesen waren ein wichtiger Grund für die Sommerfrischler, hierher zu kommen. Kinder verkauften ihnen an den Bahnhöfen große Sträuße mit Trollblumen und Knabenkräutern.
Somit lenkte der erwachende Naturschutz sein Augenmerk frühzeitig auf den Geisingberg und dessen Umgebung. Der 1908 gegründete Landesverein Sächsischer Heimatschutz pachtete bereits 1912 einige Wiesenflächen, 1925 wurden die ersten zehn Hektar gekauft. In der damals noch nicht selbstverständlichen Erkenntnis, dass Wiesenpflanzen (Heu-)Mahd benötigen, ließ der Landesverein seine Eigentumsflächen mit entsprechenden Naturschutzauflagen von ortsansässigen Landwirten mähen.
Zur selben Zeit wuchs der an der Ostflanke seit langem betriebene Steinbruchbetrieb zu einer ernsthaften Bedrohung der Basaltkuppe. Mit medienwirksamen Initiativen gelang es dem Landesverein, den Steinbruch 1930 stillzulegen. Dessen tiefe Sohle füllte sich danach mit Wasser zu einem sehr klaren „Bergsee“. Leider wurde das zu- und abflusslose Gewässer seit den 1990er Jahren durch (illegalen) Badebetrieb sowie – noch schlimmer – durch das Einsetzen und Füttern von Fischen so stark verschmutzt, dass die einstmals hier vorkommenden, seltenen Wasserinsekten verschwunden sind.
Trotz Enteignung und Zwangsauflösung des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz konnte wenigstens ein kleiner Teil der berühmten Geisingbergwiesen vor der andernorts ohne Rücksicht auf Naturschutzbelange durchgeführten „Intensivierung“ der DDR-Landwirtschaft bewahrt werden. 1961 wurde der Geisingberg selbst zum Naturschutzgebiet erklärt (25 ha), 1967 folgten drei Wiesenkomplexe im Norden als separates NSG Geisingwiesen (22 ha). Dass letzteres nicht nur auf dem Papier stand, sondern tatsächlich auch – im Rahmen der Möglichkeiten – als solches behandelt wurde, ist in erster Linie einem LPG-Vorsitzenden zu verdanken, dem Artenvielfalt mindestens so wichtig war wie landwirtschaftliche Planerfüllung. In den 1980er Jahren unterstützten junge Leute von der damaligen Pädagogischen Hochschule Dresden im Rahmen des „Studentensommers“ die schonende Wiesenmahd.
Viele andere Flächen indes, die einstmals ebenso artenreich waren wie die des Naturschutzgebiets Geisingwiesen, verloren ihre Blütenpracht infolge zu starker Rinderbeweidung. Oder aber ihre Nutzung lohnte sich für „moderne“ Landwirtschaft gar nicht mehr. Die überwiegend kleinen Parzellen am steilen Geisingberg-Osthang fielen brach und begannen zu verbuschen.
Seit seiner Gründung 1994 engagiert sich in besonderem Maße der Förderverein für die Natur des Osterzgebirges/Naturbewahrung Osterzgebirge gGmbH mit einem Biotoppflegetrupp auf den Geisingbergwiesen.
1999 begann das 50. bundesdeutschen Naturschutzgroßprojekt unter der Bezeichnung „Bergwiesen im Osterzgebirge“, und damit eine Epoche neuer Naturschutzqualität am Geisingberg. Auf der Grundlage eines detaillierten Pflege- und Entwicklungsplans konnten die meisten brachgefallenen Flächen wieder entbuscht und naturschutzgerechter Pflege zugeführt, außerdem ehemals artenarmes „Intensiv-Grünland“ wieder in Richtung Bergwiesen entwickelt und zahlreiche weitere Maßnahmen umgesetzt werden. Beispielgebend und Grundlage für den Projekterfolg ist die Kooperation zwischen Landwirten, Biotoppflegeunternehmen, Naturschutzvereinen und -behörden.
Im Jahr 2000 wurde eine neue Schutzgebietsverordnung erlassen, die die beiden bis dahin selbständigen Naturschutzgebiete vereinigte – und die Gesamtfläche von 47 auf 314 Hektar erweiterte. Die alten Bezeichnungen sind noch im Namen des FFH-Gebiets „Geisingberg und Geisingbergwiesen“ (FFH: Schutzgebiet entsprechend der sogenannten Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der Europäischen Union) sowie des gleichnamigen EU-Vogelschutzgebiets enthalten. Mit beiden Schutzgebietskategorien gehört der Geisingberg zu den wichtigen Knotenpunkten des europäischen Netzes „Natura 2000“.
Naturraum
Wenngleich mit 824 Metern viel niedriger als der Erzgebirgskamm (höchste Erhebung im Ost-Erzgebirge: Wieselstein/Loučná, 956 m), so stellt der Geisinggipfel doch eine weithin sichtbare Landmarke dar. Der harte Basalt bot den Kräften der Gebirgsabtragung wesentlich mehr Widerstand als das meiste andere Gestein, weshalb fließendes Wasser nach der Anhebung und Schrägstellung der Erzgebirgsscholle (vor ca. 25 Millionen Jahren) den Berg freistellte. Nach anfänglich flächiger Erosion der Landoberfläche begannen sich dann die Fließgewässer immer tiefer in die Hochfläche einzugraben und die osterzgebirgstypischen Kerbsohlentäler zu formen. Eines davon, der Geisinggrund, gehört dem linken Zufluss der Müglitz, der den Namen Rotes Wasser trägt (wegen der rotgefärbten aufbereitungsschlämme des Zinnbergbaus, die jahrhundertelang über den Bach entsorgt wurden). Beeindruckend ist der Blick von den östlichen Hängen des Geisinggrundes auf den Geisingberg. Mit knapp 300 Metern Höhenunterschied auf 1200 Metern Distanz hat man eine der höchsten Bergflanken der Region vor sich – vom Steilabbruch der Erzgebirgsscholle ins Nordböhmische Becken natürlich abgesehen.
Im Tertiär, als der bis dahin eingeebnete Rest des alten Variszischen Gebirges unter Druck geriet, angehoben wurde und schließlich auseinanderbrach, führten die tektonischen Bewegungen der Erdkruste zeitweilig auch zu heftigem Vulkanismus. Daraus resultiert vor allem das Böhmische Mittelgebirge, doch hatte dieser Vulkanismus auch Ausläufer im heutigen Ost-Erzgebirge. Wahrscheinlich aus schmalen Spalten schoss sehr heiße, dünnflüssige Lava empor, floss entlang der flachen Talmulden der damaligen Landoberfläche und erstarrte schließlich zu „Pfropfen“ innerhalb dieser Täler. In den nachfolgenden Jahrmillionen wurde die Landoberfläche abgetragen, aus dem „Pfropfen“ wurde ein Berg.
Das Basaltvorkommen – geologisch exakter: Olivin-Augit-Nephelinit – hat einen Durchmesser von lediglich rund 500 Metern. Die Hänge des Geisingberges, besonders auf der Westseite, sind übersät mit Basaltblöcken, die während der Eiszeiten durch in den Gesteinsklüften gefrierendes Wasser entstanden (Eis dehnt sich bei weiterer Abkühlung aus und kann dabei Felsen „sprengen“). Eine üppige Flora zeugt vom basischen Charakter des Basalts.
Ganz anders der Granitporphyr, der östlich des Berges den Untergrund bildet, sowie, mehr noch, der Quarzporphyr des bewaldeten Höhenrückens südlich, westlich und nordwestlich von Altenberg: diese Gesteine sind sauer und arm an pflanzennotwendigen Nährstoffen. Der karge Quarzporphyr, heute als Rhyolith bezeichnet, reicht auch fast bis an die Westseite des Geisingberges und bildet hier unter anderem den Heidehübel (773 m). Zwischen beiden Porphyren und der Basaltkuppe erstreckt sich auch noch ein kleines Gneis“fenster“. Dieses im übrigen Ost-Erzgebirge vorherrschende Gestein verwittert zu Böden mit mittlerer Nährstoffkraft.
Das engräumige Aufeinandertreffen sehr unterschiedlicher Gesteine bedingt eine breite Palette von ökologischen Bedingungen. Dabei wirkt der Basalt beträchtlich über sein eigentliches Vorkommen hinaus: Das offenbar über viele Monate in seinen Klüften gespeicherte Niederschlagswasser reichert sich dort mit pflanzennotwendigen Mineralstoffen an (v.a. Kalzium-, Magnesium- und Phosphorverbindungen). Schließlich tritt es am Fuße des Berges wieder aus und beeinflusst damit auch größere Bereiche der Geisingbergwiesen. Diese basischen Sickerwässer sind verantwortlich dafür, dass sich anspruchsvollere Pflanzenarten wie Trollblumen, Stattliches Knabenkraut und Große Sterndolde hier in beachtlichen Populationsgrößen erhalten konnten, während sie andernorts durch die „Sauren Niederschläge“ ihre Existenzgrundlage verlieren.
Nicht nur die geologischen Bedingungen sind am Geisingberg heterogen, sondern auch die klimatischen Verhältnisse. Bei Westwinden liegt das Gebiet im Regenschatten des Höhenrückens Pramenáč/Bornhau – Kahleberg -Tellkoppe – Kohlberg. Das daraus resultierende subkontinentale Regionalklima (unter 900 mm Niederschlag, relativ hohe Sommertemperaturen) ist besonders am Osthang des Geisingbergs zu spüren. Hier steigen wärmeliebende, sonst im Hügel- und unteren Bergland verbreitete Pflanzen bis auf fast 700 m.
Vegetation
Mit rund 350 Gefäßpflanzenarten gedeiht im Naturschutzgebiet Geisingberg mehr als ein Drittel der osterzgebirgischen Flora. 45 Arten davon gelten nach der Roten Liste Sachsens als gefährdet. 74 verschiedene Moose und 48 Flechten tragen darüberhinaus zur botanischen Vielfalt des Gebiets bei.
Im Fokus des Naturschutzes stehen dabei seit langem die Wiesen zu Füßen des Basaltberges. Im Mai/Juni erfreuen sich viele Tausende Besucher an der Blütenpracht des größten sächsischen Trollblumenvorkommens. Genauso berühmt ist der Orchideenreichtum mit Breitblättriger Kuckucksblume, Stattlichem Knabenkraut, vereinzelt Großer Händelwurz und Großem Zweiblatt. Früher gab es noch weitere Arten (v.a. Kugelorchis, Holunder-Kuckucksblume, Grüne Hohlzunge), für verschiedene Orchideen laufen derzeit Wiederansiedlungsprojekte. Große Anstrengungen werden ebenfalls für die Erhaltung des deutschlandweit letzten Vorkommens des Karpaten-Enzians unternommen.
Das Spektrum der Wiesen reicht von den mageren, sauren Bärwurz-Rotschwingel-Bergwiesen (mit Übergängen zu Borstgrasrasen) bis hin zu den von basischen Sickerwässern beeinflussten Trollblumen-Wiesenknöterich-Wiesen.
Erstere waren eigentlich im Ost-Erzgebirge weit verbreitet, gelten heute aber durch Stickstoffeinträge (Eutrophierung) und Wegfall der Heunutzung als gefährdet. Naturschutzgerechte Pflege und die teilweise extrem mageren Quarzporphyrböden westlich des Geisingberges lassen die lichtbedürftigen „Hungerkünstler“ unter den Bergwiesenarten hier noch gedeihen: Arnika, Niedrige Schwarzwurzel, Gewöhnliches Kreuzblümchen. Weitere typische Pflanzen der Bärwurz-Rotschwingel-Bergwiesen und Borstgrasrasen sind, neben den namengebenden Arten: Berg-Platterbse, Blutwurz-Fingerkraut, Perücken-Flockenblume, Kanten-Hartheu, Gewöhnlicher Hornklee, Rauer Löwenzahn, Rundblättrige Glockenblume und Flaumhafer. Der an Gräserwurzeln schmarotzende Klappertopf hilft zusätzlich dabei, dass potentiell hochwüchsige Gräser nicht die Blütenstände der kleinen, konkurrenzschwachen Arten überwachsen.
Wer sich auf dem Klengelsteig dem Geisingberg nähert, dem fällt auf, wie sich die Wiesenvegetation ändert, je höher man steigt. Die Wiesen werden feuchter, von ausgedehnten Sickerquellen gespeist. Hier blühen sie, die hunderten Trollblumen und, in noch größerer Zahl, die Orchideen. Dabei handelt es sich überwiegend um die Breitblättrige Kuckucksblume. Dazwischen wachsen u.a. Alantdistel, Weicher Pippau und Ährige Teufelskralle. Fließend sind die Übergänge zu den „echten“ Feuchtwiesen mit Sumpf-Dotterblume, Goldschopf-Hahnenfuß, Kuckucks-Lichtnelke, Mädesüß, Sumpf-Pippau und Sumpf-Schafgarbe. Schmalblättriges Wollgras markiert die eingelagerten, niedermoorartigen Kleinseggenrasen. Weitere Arten der nassen Wiesen am Geisingberg sind u.a. Bach-Nelkenwurz, Kleiner Baldrian, Sumpf-Veilchen und Moor-Klee.
Auf Grünland, das zu DDR-Zeiten als Rinderweide genutzt wurde, verliert nach über zwei Jahrzehnten Mahd der Wiesen-Fuchsschwanz allmählich seine Dominanzstellung. Auf damals kaum genutzten Flächen indes haben sich Ohr- und Grauweidengebüsche angesiedelt, besonders im Gebiet des einstigen „Jacobstollns“.
Bemerkenswert sind die kontinental geprägten, trockeneren Osthangwiesen mit Aufrechter Trespe, Kriechender Hauhechel, Thymian, Pechnelke, Skabiosen-Flockenblume, Heide-Nelke und Hunds-Veilchen.
Nicht minder vielfältig wie die Wiesen präsentieren sich die Steinrücken in der Geisingbergumgebung. Magere Kuppen wie der Heidehübel, wo vor allem Quarzporphyr-Lesesteine aufgeschichtet sind, werden von Ebereschen geprägt. Wunderschön sind die Fotomotive im Herbst, wenn der „Vuuchelbeerbaam“ Früchte trägt.
Jedoch fällt auch hier an den Ebereschen auf: statt bunter Herbstfärbung im Oktober verlieren die Bäume oft schon im August ihr Laub. Nach einigen Tagen intensiver Sommersonne werden die Blätter schwarz, rollen sich zusammen, vertrocknen. Sehr wahrscheinlich handelt es sich um eine Auswirkung der problematischen Stickoxidbelastungen (v.a. aus Autoabgasen). Bei hoher UV-Strahlung bilden diese Stickoxide mit dem Luftsauerstoff Ozon – ein aggressives Zellgift, auf das Ebereschen offenbar sehr empfindlich reagieren.
In den feuchteren, nährstoffreicheren Senken ist der Gehölzbestand wesentlich üppiger als auf den exponierten Ebereschen-Steinrücken. Berg-Ahorn, Esche, Vogel-Kirsche, Hasel, Weißdorne, Schwarze Heckenkirsche, Schneeball sowie die gefährdeten Arten Wild-Apfel, Seidelbast und Alpen-Johannisbeere wachsen auf diesen „Edellaubholz-Steinrücken“. Infolge der jahrzehntelang ausgebliebenen Nutzung der Gehölze sind viele Ahorne und Eschen zu richtig großen Bäumen herangewachsen, unter denen waldartige Vegetationsverhältnisse herrschen. Auch nachdem nun ein Teil der Gehölze wieder „auf-Stock-gesetzt“ wurde, behaupten sich Staudenfluren mit Quirlblättriger Weißwurz, Purpur-Hasenlattich, Großer Sterndolde, Akeleiblättriger Wiesenraute, Wurm- und Frauenfarn. Eine ähnliche Waldstaudenflur findet man auf der Sachsenabfahrt, hier auch mit Wolligem Hahnenfuß und Breitblättriger Glockenblume.
Typische Arten der lichtoffenen Steinrücken sind hingegen Heidelbeere, Purpur-Fetthenne und der auffällige Hain-Wachtelweizen mit seinen gelben Blüten und blauvioletten Hochblättern.
Ab Ende Juni fallen dem Wanderer dann die großblütigen Feuer-Lilien auf. Zu Zeiten, als die Felder im Erzgebirge noch mehrjährigen Brachezeiten unterlagen, war das eine Art der Äcker. Seither ist sie aus den meisten Gebieten verschwunden. Zuflucht gefunden hat die Feuer-Lilie auf den Steinrücken zwischen Altenberg und Oelsen, mit den weitaus meisten Exemplaren am Geisingberg.
Der große Blockhang auf der Westseite der Geisingbergkuppe wird von einem lockeren Bestand aus Berg-Ahorn, Eschen, einzelnen Winter-Linden und angepflanzten Zirbel-Kiefern überschirmt. Die Basaltblöcke sind mit teilweise seltenen Moosen überzogen, dazwischen wachsen verschiedene Farne sowie Bingelkraut, Lungenkraut, Süße Wolfsmilch, und weitere anspruchsvollere Laubwaldpflanzen.
Sehr wertvoll ist der höhlenreiche Buchenaltbestand im Südosten. Waldmeister, Wald-Flattergras, Goldnessel und andere Arten zeigen die Zugehörigkeit zur Gesellschaft des Waldmeister-Buchenwalds. Hier gedeiht das gefährdete Christophskraut; auffällig sind die großen Bestände der Weißen Pestwurz. Der Buchenbestand am Hohen Busch hingegen, auf Granitporphyr-Boden, ist artenärmer und gehört zu den ansonsten verbreiteten bodensauren Hainsimsen-Buchenwäldern.
Tierwelt
Ähnlich artenreich wie die Pflanzen- ist die Tierwelt am Geisingberg. Unter den Insekten konnten bisher 11 Heuschrecken-, 69 Zikaden- sowie 42 Tagfalterarten nachgewiesen werden. Auf den spät gemähten Wiesen kann man beispielsweise Schwalbenschwanz, Distelfalter, Admiral und verschiedene Perlmutterfalter beobachten. Auch etliche Bläulings- und Feuerfalterarten sind unter den Schmetterlingen, bemerkenswert vor allem Lilagoldfalter, Violetter Waldbläuling und Violetter Feuerfalter. An Heuschrecken sollen Warzenbeißer (die größte heimische Art), Plumpschrecke, Heidegrashüpfer und Kurzflügelige Beißschrecke erwähnt werden.
In den struktur-, altbaum- und totholzreichen Waldbeständen sowie an den Blockhängen leben zahlreiche, zum Teil seltene Laufkäfer, Holzkäfer, Spinnen- und Schneckenarten.
Schwarzspechte haben in den Altbuchen am Südwesthang und am Hohen Busch reichlich Bruthöhlen geschaffen, die u.a. auch von Hohltauben genutzt werden. In einem abgelegenen Gehölz brütet der Schwarzstorch, mitunter bei der Nahrungssuche auch in den Feuchtwiesen zu beobachten.
Große Bedeutung hat die Gegend für die Wiesenbrüter, die großen Sorgenkinder der Ornithologen heutiger Zeit. Neben Braunkehlchen, Bekassine und Wiesenpieper betrifft dies den Wachtelkönig. Von den schätzungsweise noch 100 bis 200 Brutpaaren dieser seltenen Wiesenralle in Sachsen hatten sich in den vergangenen Jahren bis zu 40 das Ost-Erzgebirge ausgesucht, wobei ihnen die Geisingbergwiesen besonders zuzusagen scheinen. An manchem Juniabend – meist erst sehr spät – kann man bei einem Rundgang um den Geisingberg bis zu einem halben Dutzend Wachtelkönighähne rufen hören. Zu Gesicht bekommt man die hervorragend getarnten Tiere fast nie, aber der Ruf ist unverkennbar: eine schier endlose Wiederholung des lateinischen Namens Crex crex (…crex-crex…crex-crex…).
In den Gebüschgruppen der Steinrücken sind Dorngrasmücke, Neuntöter und Goldammer zu Hause. Auf den Lesesteinen kann man am Morgen noch recht oft Kreuzottern entdecken, die hier Sonnenenergie tanken. Darunter gibt es gar nicht so selten auch ganz schwarze Exemplare, von den Einheimischen „Höllenottern“ genannt. Die Gefahr der Kreuzottern für Menschen wird meist stark übertrieben. Vielmehr hat umgekehrt der Mensch den Bestand der Kreuzottern vielerorts drastisch reduziert. Viele Exemplare werden auf Straßen überfahren oder landen in den Mähwerken moderner Landwirtschaftsmaschinen. In großen Teilen Sachsens ist die Kreuzotter in den letzten Jahren offenbar verschwunden.
Naturerlebnismöglichkeiten
Der Geisingberg ist zweifellos eines der lohnendsten Ausflugsziele im Ost-Erzgebirge, gut zu erreichen mit der Müglitztalbahn und der Buslinie Dresden – Altenberg (- Teplice). Vom 18 m hohen Aussichtsturm hat man einen eindrucksvollen Rundblick, besonders in Richtung Osten und Norden, weit über das Elbtal hinaus. Eintrittskarten sowie viele interessante Informationen bekommt man in der Geisingbergbaude.
Hier kreuzen sich auch mehrere markierte Wanderwege, lokale (Altenberg – Bärenstein) ebenso wie überregionale (Eisenach – Budapest). Zu letzterer Kategorie gehört auch der vor einigen Jahren neu eingerichtete und beworbene „Kammweg“ (der allerdings ganz und gar nicht auf dem Kamm des Gebirges verläuft). Wer die Wiesenpracht erleben will, sollte zwischen Ende Mai und Mitte Juni auf dem Klengelsteig zum Geisingberg wandern.
Immer am Pfingstmontag betreut die Grüne Liga Osterzgebirge auf dem Geisinggipfel einen Informationsstand und bietet von hier aus vier jeweils anderthalbstündige Führungen um den Berg an („Pfingst-Naturerlebnis Geisingberg“).
Der Geisingberg gehört zu den Zielen der regelmäßig vom Hotel Lugsteinhof angebotenen „Drei-Berge-Wanderung“ (neben Kahleberg und Kohlhaukuppe). Spezielle Führungen veranstaltet mitunter der Leiter des Naturschutz-Großprojekts, Holger Menzer. In der Geschäftsstelle des Großprojekts im Altenberger Bahnhof kann man sich zum Thema Naturschutz in der Region erkundigen oder auch besondere eigene Beobachtungen mitteilen. Naturkundliche Führungen buchen kann man darüberhinaus bei Jens Weber (jens@osterzgebirge.org).
Wer eigene praktische Naturschutzerfahrungen sammeln und dabei gemeinsam mit interessanten Leuten Spaß haben will, der ist beim Heulager der Grünen Liga Osterzgebirge willkommen. Dieser zweieinhalbwöchige Naturschutzeinsatz findet immer im Juli im Bärensteiner Bielatal statt, vier Kilometer nördlich des Geisingbergs.
weitere naturkundlich interessante Ziele in der Umgebung:
- Bergbaumuseum Altenberg, Bergbau-Lehrpfad, Aussichtspunkt an der Altenberger Pinge (nur mit Führung des Bergbaumuseums zugänglich),
- ehemalige Zinnerz-Spülkippe im Bielatal (Betreten verboten)
- NSG Weicholdswald (naturnaher Buchenwaldkomplex)
- NSG Am Galgenteich („Sachsens größter Orchideenbestand“) + weitere Bergwiesen um Altenberg
- Kahleberg (Aussichtspunkt + Flächennaturdenkmal Blockhalde)
- Steinrückenlandschaften um Bärenstein, Geising, Lauenstein
- Wildpark Hartmannmühle
- Osterzgebirgsmuseum Schloss Lauenstein
Adressen:
Naturschutz-Großprojekt „Bergwiesen im Osterzgebirge“: Am Bahnhof 1, 01773 Altenberg; 035056-22925, 22928; info@bergwiesen-osterzgebirge.de
Landratsamt Sächsische Schweiz – Osterzgebirge, Referat Naturschutz (Untere Naturschutzbehörde): Weißeritzstraße 7, 01744 Dippoldiswalde; Tel. 03501 515-3430; bernard.hachmoeller@landratsamt-pirna.de
Naturbewahrung Osterzgebirge gGmbH: Bielatalstraße 28, 01773 Altenberg; 035054-29140; fv.osterzgebirge@t-online.de
Schutzgebietsverordnung:
Verordnung des Regierungspräsidiums Dresden zur Festsetzung des Naturschutzgebietes „Geisingberg“ vom 27. November 2000; geändert am 13.04.2007 |
Literatur:
Hachmöller, Bernard (2000): Vegetation, Schutz und Regeneration von Bergwiesen im Osterzgebirge; Dissertationes Botanicae 338
Hempel, Werner; Schiemenz, Hans (1986): Die Naturschutzgebiete der Bezirke Leipzig, Karl-Marx-Stadt und Dresden
Müller, Frank (1998): Struktur und Dynamik von Flora und Vegetation auf Lesesteinwällen im Erzgebirge; Dissertationes Botanicae 295
Naumann, Arno (1923): Das untere Bergland; in: Wanderbuch für das Östliche Erzgebirge, hrsg. Paul Wagner
Rölke, Peter (Hrsg., 2007): Wander- und Naturführer Osterzgebirge
SMUL (2009): Naturschutzgebiete in Sachsen, S. 598ff
Weber, Jens (2007): Naturschutzgebiet Geisingberg; in: Naturführer Ost-Erzgebirge, Band 3: Naturkundliche Wanderziele, Hrsg: Grüne Liga Osterzgebirge
Downloads