Natur im Osterzgebirge

NSG Hirschberg-Seiffener Grund

zurück zur Übersicht

(173 Hektar, seit 1961)

Kartenausschnitt (Quelle: www.umwelt.sachsen.de)

Nutzungsgeschichte

Die Besiedlung des Gebietes beiderseits der „Alten Salzstraße“ ging von Böhmen, von der Südseite des Erzgebirges, aus. Erst 1459, mit dem Vertrag zu Eger, wurde die heute noch existierende Staatsgrenze entlang der Schweinitz festgelegt. Beim Blick auf die Landkarte fällt deren scharfer Knick bei Deutschneudorf auf: die Einfassung des „Seiffener Spielzeugwinkels“. Bekannt – und vor allem in der Adventszeit viel besucht – ist die Region wegen der erzgebirgischen Holzhandwerkskunst. Doch Seiffen hat vor allem auch eine Bergbauvergangenheit.

Im 14./15. Jahrhundert war der Seiffener Grund einer der Orte des Erzgebirges, wo aus den Bachkiesen Zinnbestandteile herausgewaschen („geseift“) wurden. 1480 entdeckte man dann das primäre, erzreiche Gestein – dort, wo sich heute die Pingen im Ort Seiffen befinden. Bis 1855 wurde dort ein zeitweise wohl recht ergiebiger, zum Schluss aber kaum noch lohnenswerter Bergbau betrieben. Weitere Erzgewinnung gab es im Schweinitztal bei Katharinaberg (auf beiden Seiten der Grenze).

Damit verbunden war hoher Holzbedarf, der mit der Inbetriebnahme der Saigerhütte Grünthal bei Olbernhau auch die Wälder an der Schweinitz und ihren Nebentälern rasch überforderte.

Als im 18./19. Jahrhundert der Holzmangel landesweit zu großen wirtschaftlichen Problemen führte, begann in den kurfürstlichen Wäldern des Erzgebirges die Zeit der „geregelten Forstwirtschaft“ – großflächig und gründlich mit Fichten in Reih und Glied. In den Waldbesitzungen der Adelsfamlie von Schönberg (auf Purschenstein und auf Pfaffroda) erfolgten die Nadelholzaufforstungen weniger umfassend. Damit blieben in der Gegend noch einige größere Bereiche mit naturnaher, buchendominierter Bestockung erhalten. Dazu gehört auch das NSG Hirschberg-Seiffener Grund. Im 20. Jahrhundert wurden dessen Bestände teilweise im Großschirmschlag genutzt. Damit verloren sie ihren Strukturreichtum, vor allem die wertvollen Altbäume.

Waldschäden um 1990 (Foto: Thilo Schindler)

Der Seiffener Winkel war zwischen den 1960er und 90er Jahren besonders stark von Schwefeldioxid- und anderen Schadstoffimmissionen aus der tschechischen Braunkohleverstromung betroffen. Auch im etwas abseits gelegenen Seiffener Grund zeigten die Fichten deutliche Schadsymptome; die anfangs hier noch vorkommenden Weiß-Tannen starben fast komplett ab.

Im Tal verläuft die relativ vielbefahrene Staatsstraße Seiffen – Olbernhau.

Seit 1961 steht ein Teil der Waldhänge beiderseits des Seiffener Grundes sowie der jeweils anschließenden Kuppen als NSG unter Naturschutz. Das Gebiet gehört zum Naturpark Erzgebirge/Vogtland und ist Bestandteil des Fauna-Flora-Habitat-Gebiets „Buchenwälder und Moorwald bei Neuhausen und Olbernhau“ sowie des EU-Vogelschutzgebiets „Wälder bei Olbernhau“.

Blick vom Ahornberg über Oberseiffenbach zum sich hellgrün abhebenden Buchenbestand des NSG

Naturraum

Der Naturraum Ost-Erzgebirge wird – gegen das Mittlere Erzgebirge – vom „Flöha-Graben“ begrenzt – einer wahrscheinlich geologisch schon sehr alten Störungszone, die sich im Süden bis über den Pass von Gebirgsneudorf/Nová Ves v Horách (der tiefsten Einsattelung des gesamten Erzgebirgskammes) fortsetzt. Bei Deutschneudorf schwenkt der Grenzbach Schweinitz mit scharfem Knick in diese Störungszone ein und mündet bei Oberneuschönberg in die, hier ebenfalls abrupt in die Störungszone abwinkelnde Flöha. Mit relativ steilem Gefälle fließen der Schweinitz auf diesem Talstück mehrere Seitenbäche zu und gliedern die rechte Hangflanke auf. Der längste Zufluss ist der Seiffener Bach. Dieser entspringt nordöstlich des Ahornbergs in 760 m Höhenlage, fließt durch den Ort Seiffen und bildet unterhalb den Seiffener  Grund mit bis zu 100 m hohen Talflanken.

Eingeschnitten hat sich der Bach vor allem in Rotgneis – Gestein, das entstanden ist aus ursprünglich magmatischem Ausgangsmaterial durch Metamorphose (Umwandlung infolge hohen Drucks und hoher Temperaturen, weit unterhalb der Erdoberfläche). Von den sonst im Ost-Erzgebirge vorherrschenden Graugneisen unterscheidet sich der Rotgneis durch einen hohen Anteil von Muskovitglimmer sowie meist durch geringere Gehalte wichtiger Pflanzennährelemente.

Als Besonderheit tritt an den unteren Talhängen Serpentinit zutage. Serpentin weist eine ganz eigene chemische Zusammensetzung auf, die sich allerdings hier im Seiffener Grund  kaum in der Vegetation widerspiegelt.

Die Bachaue im Kerb(sohlen)tal des Seiffener Grundes überwiegend sehr schmal. Die Sedimente wurden durch die Zinnseifner immer wieder umgelagert. Etwa auf halber Strecke fließt von links ein kleines Bächlein zu, das zwischen Ilsenweg und Krummem Weg in mehreren Quellmulden entspringt. Der Nordwestteil des Schutzgebiets erstreckt sich am Oberhang des Schweinitztales. Insgesamt umfasst das NSG Höhendifferenzen zwischen 530 und 680 m üNN. Die Hänge weisen unterschiedliche Richtungen und Steilheiten auf.

Das Gebiet gehört zum zusammenhängenden Waldgürtel, der sich auf der rechten Seite des Schweinitz-/Flöhatales zwischen Deutschneudorf und Pfaffroda erstreckt. Im Osten schließt die Flur von Oberseiffenbach an, wo noch Bergwiesen und anderes artenreiches Grünland erhalten ist.

Am südöstlichen Waldrand befindet sich eine als Naturdenkmal geschützte Alt-Eiche.

Vegetation

Das NSG umfasst vor allem bodensaure Buchenmischwälder, bereichsweise mit (zu) hohem Fichtenanteil. Mit Waldumbau-Maßnahmen werden auch wieder kleine Weiß-Tannen eingebracht.  Der Höhenlage entsprechend, wachsen montane Arten wie Purpur-Hasenlattich, Quirl-Weißwurz und Wolliges Reitgras in der Bodenflora, außerdem Heidelbeere, Drahtschmiele und andere anspruchslose Pflanzen.

In den feuchten Quellmulden bilden, außer den Rot-Buchen, auch Berg-Ahorne, Eschen und einige (wenige verbliebene) Berg-Ulmen die Baumschicht. In diesen sickerfeuchten bis -nassen Beständen ist die Vegetation erheblich artenreicher. Hier findet man unter anderem Frauen- und Breitblättrigen Dornfarn, Echtes Springkraut, Weiße Pestwurz, Hain-Gilbweiderich, Gegenblättriges Milzkraut, Mittleres Hexenkraut, Quell-Sternmiere und Bitteres Schaumkraut. Wald-Flattergras und Bingelkraut zeigen Übergänge zu den reicheren Buchenwäldern an. Interessant ist das relativ häufige Auftreten der Wald-Hainsimse hier am Ostran

Serpentin-Streifenfarn (Foto: Baldauf)

d ihrer Verbreitung. Am blockreichen Südhang wächst auch Wald-Reitgras.

Arten- und strukturreich sind auch die Waldbestände entlang der schmalen Bachaue und der angrenzenden Unterhänge. Häufig gedeihen hier unter anderem Wald-Ziest,  Echter Baldrian, Sumpf-Pippau und Goldnessel. An einer Stelle gibt es ein relativ großes Vorkommen des Straußenfarns.

Bis auf zwei kleine Bereiche mit dem sehr seltenen Serpentin-Streifenfarn bringt der anstehende Serpentinit leider nicht solche botanischen Besonderheiten hervor wie im (ungleich größeren) Serpentingebiet von Zöblitz.

Tierwelt

Über die konkret im Naturschutzgebiet vorkommenden Tierarten gibt es kaum Untersuchungen. In den Buchenbeständen der Region ist die typische Vogelwelt dieses Biotops verbreitet. Dazu gehören u.a.

Waldlaubsänger       (Foto: Jan Gläßer)

Waldlaubsänger, Sumpfmeise, Schwarz- und Grauspecht sowie Hohltaube. Am Seiffener Bach können Wasseramsel und Gebirgsstelze beobachtet werden.

Im FFH-Gebiet „Buchenwälder … bei Olbernhau“ wurden die europaweit zu schützenden Fledermausarten Bechsteinfledermaus (ein seltener Waldbewohner) und Großes Mausohr (das diese Wälder als Jagdgebiet nutzt) nachgewiesen.

Als „arten- und individuenreich“ wird im Handbuch „Naturschutzgebiete in Sachsen“ die Schmetterlingsfauna des NSG bezeichnet, u.a. mit Schwarzeck-Zahnspinner, Kleinem Schneckenspinner und Braunauge.

Naturerlebnismöglichkeiten:

Das Naturschutzgebiet ist durch ein dichtes Waldwegenetz erschlossen. Den nördlichen Teil durchquert der Fernwanderweg Erzgebirge-Vogtland, im Süden tangiert ein weiterer markierter Wanderweg das Gebiet. Die meisten Wege sind sehr gut ausgeschildert. Dennoch ist das Naturschutzgebiet, trotz seiner Nähe zum Tourismusmagneten Seiffen, in der Öffentlichkeit weniger bekannt und eher von lokalem Interesse.

Am Südostende besteht ein „Waldfestplatz“, in der Nähe eine Motocrossanlage. Nicht unerhebliche Lärmbelastungen gehen auch von der relativ stark befahrenen Talstraße aus.

Die Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist gut. Sogar am Wochenende befahren (einige wenige) Linienbusse die Straße im Seiffener Grund sowie das Schweinitztal.

weitere naturkundlich interessante Ziele in der Umgebung:
Adressen:

Landratsamt Erzgebirgskreis, Untere Naturschutzbehörde: Pulus-Jenisius-Str. 24, 09456 Annaberg-Buchholz; Tel. 03735-6016216

Zweckverband Naturpark „Erzgebirge/Vogtland“:  Schloßplatz 8, 09487 Schlettau; 03733-622106

Naturschutzstation Pobershau: Hinterer Grund 4 a, 09496 Pobershau; 03735-6681251

Staatsbetrieb Sachsenforst, Forstbezirk Marienberg: Markt 3, 09496 Marienberg ; 03735-66110

Schutzgebietsverordnung:

Anordnung des Ministeriums für Landwirtschaft, Erfassung und Forstwirtschaft der DDR vom 30.03.1961

Literatur:

Ernst, Werner; Zänker, Christian (2007): Schwartenberggebiet; in: Naturführer Ost-Erzgebirge, Band 3: Naturkundliche Wanderziele, Hrsg: Grüne Liga Osterzgebirge

SMUL (2009): Naturschutzgebiete in Sachsen, S. 570

http://www.osterzgebirge.org/gebiete/2_13.html