Natur im Osterzgebirge

FND Schwarzwasserwiese bei Altenberg

Unterschutzstellung: Verordnung des Landratsamtes Sächsische Schweiz-Osterzgebirge zur Festsetzung von Flächennaturdenkmalen, vom 19. Februar 2013

Gemarkung: Altenberg

Flurstücke: 905/3 (tw.), 906/3 (tw.), 907/3, 908/3 (tw.), 090/3 (tw.)

Größe: ca. 2,1 ha

Lage: zwischen Altenberg und Zinnwald-Georgenfeld, links des Schwarzwasserbaches, östlich an die Bundesstraße B170 angrenzend, 300 m südlich des früheren Sanatoriums „Raupennest“ (bisherige Bezeichnung des seit langem angeregten FND-Vorschlags: „Wiese am Sanatorium Altenberg“); Flächenbegrenzung im Westen/Nordwesten durch die Straße, im Nordosten durch eine Steinrücke (dahinter Grünland), im Südosten durch den Bach samt bachbegleitender Gehölze (dahinter Fichtenforst), im Südern durch einen wirtschaftsweg samt anschließendem Fichtenforst; Höhenlage: 775 – 795 m üNN

Kurzcharakteristik: Am Ortsausgang von Altenberg, direkt im Bereich der Schwarzwasserwiese, grenzt der extrem basenarme Teplitzer Quarzporphyr (Rhyolith) an den nicht ganz so sauren Granitporphyr (porphyrischer Mikrogranit). Wie so oft an solchen Kontaktstellen tritt hier breitflächig Kluftwasser aus, in diesem Fall sehr nährstoffarm. Die Böden der Bergwiesen- und Borstgrasrasenbereiche sind entsprechend als Braunerde-Podsole bzw. arme Braunerde-Pseudogleye ausgebildet. Der mittlere Abschnitt wird von einem wasserführenden Graben durchzogen. Dessen unmittelbare Umgebung ist von Feucht- und Nasswiesen geprägt (ca. 10 % der Gesamtfläche). Hier finden sich auf den stark vernässten Standorten Anmoorgleye, die am Rand von Anmoorpseudogleyen begleitet werden.

Der mittlere Teil der Wiese zeichnet sich durch einen großflächigen und teilweise bodenfeuchten Borstgrasrasen aus (ca. 20 % der Gesamtfläche), der auch viele besonderen Arten dieses Vegetationstyps enthält, wie Arnika Arnica montana, Wald-Läusekraut Pedicularis sylvatica und Dactylorhiza maculata. Der südlich angrenzende Bereich (40 %) wird von einer artenreichen, mageren Bergwiese eingenommen. Die Bergwiese im nördlichen Teil (ca. 30 %) ist demgegenüber deutlich artenärmer, was sicherlich auf die langjährige Brache dieses Bereichs, bis etwa 2006,  zurückzuführen ist. Kleinseggenrasen sind nur kleinflächig am östlichen Rand der Wiese vertreten.

Auf der Fläche im Südteil sind nahezu alle regionaltypischen Bergwiesenarten vertreten, u.a.: Bärwurz Meum athamanticum, Weicher Pippau Crepis mollis, Rundblättrige Glockenblume Campanula rotundifolia, Kanten-Hartheu Hypericum perforatum und Perücken-Flockenblume Centaurea pseudophrygia, außerdem zahlreiche weiter verbreitete Wiesenpflanzen: Wiesen-Margerite Leucanthemum vulgare, Rot-Schwingel Festuca rubra, Rotes Straußgras Agrostis capillaris, Wiesen-Sauerampfer Rumex acetosa, Spitz-Wegeerich Plantago lanceolata, Gamander-Ehrenpreis Veronica chamaedrys, Rot-Klee Trifolium pratense, Wiesen-Labkraut Galium album, Goldhafer Trisetum flavescens, Wiesen-Platterbse Lathyrus pratensis, Weide-Kammgras Cynosurus cristatus. Das gehäufte Auftreten von Weichem Honiggras Holcus mollis, Gewöhnlicher Schafgarbe Achillea millefolium und anderen Brachezeigern im nördlichen Teil resultiert noch von der bis vor wenigen Jahren dort mangelhaften Pflege.

Breitblättrige Kuckucksblume (Foto: Jitka Pollakis)

Auffällig blütenreich sind die Übergänge zu den Feuchtwiesen mit Breitblättrigem Knabenkraut Dactylorhiza majalis, Alantdistel Cirsium heterophyllum, Scharfem Hahnenfuß Ranunculus acris und Wiesen-Knöterich Polygonum bistorta. Seit mehreren Jahren verschollen zu sein scheint hingegen die Trollblume Trollius europaeus.

In den Feuchtwiesen dominiert, wie allzuoft in nur sporadisch gepflegten Beständen, die Spitzblütige Binse Juncus acutiflorus. Desweiteren wachsen hier Flatter-Binse Juncus effusus, Sumpf-Pippau Crepis paludosa, Sumpf-Vergissmeinnicht Myosotis nemorosa, Sumpf-Hornklee Lotus uliginosus, Sumpf-Schafgarbe Achillea ptarmica. Einige Quadratmeter im Nordosten sind als Fadenbinsensumpf ausgebildet mit Faden-Binse Juncus filiformis und Glieder-Binse Juncus articulatus. Die Kleinseggenbereiche fallen im Mai/Juni durch das Schmalblättrige Wollgras Eriophorum angustifolium auf, hier außerdem u.a. Sumpf-Veilchen Viola palustris, Hirse-Segge Carex demissa, Wiesen-Segge Carex nigra, Carex echinata, Hasenpfoten-Segge Carex leporina, Hunds-Straußgras Agrostis canina, Wald-Schachtelhalm Equisetum sylvaticum.

Von besonderer Bedeutung ist indes der ca. einen halben Hektar große Borstgrasrasen. Hier finden sich unter anderem: Arnika Arnica montana, Borstgras Nardus stricta, Gewöhnliches Kreuzblümchen Polygala vulgaris, Blutwurz-Fingerkraut Potentilla erecta, Zittergras Briza media, Vielblütige Hainsimse Luzula multiflora, Berg-Platterbse Lathyrus linifolius, Kleiner Klappertopf Rhinanthus minor, Sparrige Binse Juncus squarrosus, Kleines Habichtskraut Hieracium pilosella, Ruchgras Anthoxanthum odoratum, Rauer Löwenzahn Leontodon hispidus, Glattes Habichtskraut Hieracium laevigatum,  Bleiche Segge Carex pallescens, Pillen-Segge Carex pilulifera, Preiselbeere Vaccinium vitis-idaea und Heidelbeere Vaccinium myrtillus. 

Pflege: Während der südliche Teil der Fläche auch in der Vergangenheit zumindest gelegentlich gemäht wurde, lag der Nordteil lange brach. Seit einigen Jahren hat ein Altenberger Landwirt die Pflege/Nutzung übernommen.

Beeinträchtigungen: Neben dem Risiko erneuten Brachfallens oder nicht sachgerechter Pflege der Feuchtbereiche gehen die größten Gefahren für die Wiese von der angrenzenden B170 aus. Mitte der 1990er Jahre konnte hier nur mit großer Mühe der Bau einer Tankstelle verhindert werden. Der Ausbau der B170 im Zuge der Errichtung der neuen Grenzzollanlage (nun naturzerstörende Investitionsruine) ging zu Lasten des wertvollen Wiesenbiotops. Zunächst waren hier auch die beiden großen Regenrückhaltebecken geplant, die dann jedoch weiter in Richtung Altenberg auf die angrenzende Wiese gebaut wurden. Auch wenn mittlerweile keine Unmengen Transit-Lkw mit ihren Abgasen für ein Übermaß giftiger, eutrophierender Schadstoffe sorgen, ist eine künftig wieder verstärkte Belastung nicht auszuschließen. Von der Straße landen immer wieder auch Abfälle unterschiedlicher Art auf der Wiese.

Schutzbedürftigkeit: Der Status eines Flächennaturdenkmals soll einerseits helfen, die naturschutzgerechte Pflege der Schwarzwasserwiese zu sichern, andererseits aber auch erneuten Flächenbegehrlichkeiten für Baumaßnahmen jeglicher Art zuvorkommen.

Schutzzweck:

Erhaltung von gefährdeten Biotopen: Borstgrasrasen (RLS: vom Aussterben bedroht), Bergwiese (RLS: stark gefährdet), Kleinseggenried basenarmer Standorte (Rote Liste Sachsen:gefährdet), Binsensumpf (RLS: gefährdet), sonstiges artenreiches Feuchtgrünland (RLS: gefährdet)

Erhaltung gefährdeter Pflanzengesellschaften: Polygalo-Nardetum (RLS: vom Verschwinden bedroht), Juncetum squarrosi (RLS: stark gefährdet), Festuca rubra-Meum athamanticum-Gesellschaft (RLS: stark gefährdet), Carici canescentis-Agrostietum caninae (RLS: stark gefährdet), Crepis paludosa-Juncus acutiflorus-Gesellschaft (RLS: gefährdet), Juncus filiformis-Calthion-Gesellschaft (RLS: gefährdet)

Erhaltung von FFH-Lebensraumtypen: 6230* Artenreiche Borstgrasrasen und 6520 Berg-Mähwiesen (im Managementplan gesamte Fläche allerdings nur als 6520 eingestuft) im NATURA-2000-Gebiet 176 „Bergwiesen um Schellerhau und Altenberg“

Erhaltung des Lebensraumes gefährdeter Pflanzenarten: Arnika Arnica montana (RLS: stark gefährdet), Geflecktes Knabenkraut Dactylorhiza maculata (RLS: stark gefährdet), Breitblättriges Knabenkraut Dactylorhiza majalis (RLS: stark gefährdet), Wald-Läusekraut Pedicularis sylvatica (RLS: stark gefährdet), Gewöhnliches Kreuzblümchen Polygala vulgaris  (RLS: gefährdet),  Zittergras Briza media (RLS: gefährdet), Berg-Platterbse Lathyrus linifolius (RLS: gefährdet), Kleiner Baldrian Valeriana dioica (RLS: gefährdet), Perücken-Flockenblume Centaurea pseudophrygia (RLS: gefährdet), Schmalblättriges Wollgras Eriophorum angustifolium (RLS: gefährdet), Kleiner Klappertopf Rhinanthus minor (RLS: gefährdet)

Erhaltung eines Ausschnittes der historischen Kulturlandschaft, in der artenreiche Borstgrasrasen einstmals große Flächen einnahmen

Erhaltung einer landschaftsprägenden blütenbunten Bergwiese im Siedlungsrandbereich aus ästhetischen Gründen.

aus: Schmiede, Ralf (2004): Vegetationskundliche Analyse und naturschutzfachliche Bewertung ausgewählter Grünlandbiotope im Osterzgebirge; Diplomarbeit, TU Dresden