Natur im Osterzgebirge

Wetterrückblick Juni 2024

von Dr. Volker Beer, Sayda:

Nachdem der Mai mit wechselhaftem Schauerwetter zu Ende ging, startete der Juni und damit der meteorologische Sommer im Süden Bayerns, Baden Württembergs und Tirol mit strömenden, gewittrigen Dauerregen, ja es brach die Sintflut herein. Der „Übertäter“ war ein Tiefdruckgebiet, welches nicht die für unsere Breiten typische West – Ost – Zugbahn einnahm. Ausgangspunkt waren zwei nahezu stationäre, blockierende Hochdruckgebiete. Eines lag über Nordwestrussland. Das andere Hoch erstreckte sich über den Ostatlantik bis nach Nordspanien. Darin eingekeilt bildete sich eine von Norditalien bis zur Ostsee reichende Tiefdruckrinne (Siehe auch: V. Beer: Blockierende Wetterlagen (Rossbywellen), veränderte Strömungsverhältnisse in der Atmosphäre und den Weltmeeren und daraus resultierenden Extremwetterzunahmen als Folge des Klimawandels). Durch das Aufgleiten und die damit einhergehenden Hebungsprozesse von warmen und sehr feuchten Luftmassen aus dem Mittelmeerraum über ebenfalls feuchte aber kühle Nordatlantikluft entstanden kräftige und langanhaltende, mitunter gewittrig verstärkte Niederschläge. Tiefdruckgebiete, die im Mittelmeerraum entstehen und anschließend über dem (östlichen) Mitteleuropa nach Norden dümpeln, lösen häufig langanhaltende, kräftige Niederschläge aus. Die Jahrhundertflut in Ostsachsen im Jahr 2002 ist beredetes Beispiel derartiger Vb – Wetterlagen. Damals fielen im Stau des Osterzgebirges extrem hohe Niederschlagsmengen. Bisher hält die Station Zinnwald – Georgenfeld den Tagesrekord der höchsten Niederschlagssumme Deutschlands. Ebenda fielen damals innerhalb von nur 24 Stunden 312 l/m² Niederschlag. Innerhalb von drei Tagen (11. – 13. August 2002) fielen in Altenberg 420 l/m² und in Zinnwald – Georgenfeld 406 l/m² Regen.

Vom 30. Mai 0:00 Uhr bis zum 02. Juni 17:00 Uhr prasselten flächendeckend zwischen Ulm, Augsburg, Kempten und Bodensee bis zu 300 l/m² Regen hernieder. Im nördlichen Alpenraum fielen flächendeckend über 100 l/m². Dämme brachen, Straßen und Bahnlinien wurden weggespült, ganze Ortschaften ertranken in den Fluten, kolluviale Umlagerungen ungeahnten Ausmaßes waren die Folge. Im Erzgebirge, Thüringer Wald und Harz ging es glimpflich aus. Das Regengebiet streifte nur unsere Region und so fielen in den Mittelgebirgen, abgesehen von lokalen Gewittern nur moderate Regenmengen zwischen 10 l/m² und 30 l/m², in den Regenschattengebieten fielen nur bis 10 l/m². Die eingefahrene Wetterlage setzte sich unvermindert fort. Im Einflussbereich des Troges, auf der Vorderseite des Atlantikhochs floss kühle subpolare Meeresluft über die Nordsee ein. Auf der Rückseite des russischen Hochs strömte extrem heiße Luft über Griechenland, Balkan und Ukraine in Richtung Lappland. Im Trog wurden durch die dort wabernden, umeinander kreiselnden, zerfallenden und sich immer wieder regenerierenden Tiefdruckgebiete diese gegensätzlichen Luftmassen verquirlt. An der Vorderseite des Troges überwogen die schwül heißen Luftmassen mit der Folge, dass sich bei Italien, im Adriaraum und im Alpenraum immer wieder unwetterartige Gewitter bildeten. Auf der Rückseite des Troges, in deren Einflusssphäre auch Sachsen lag, dominierte ein kühler Wolken-Sonne-Mix mit meist flauen Schauern. Ein „schaumgebremster“ nordischer Sommer, wie er in Schottlands Bergen typisch ist, stellte sich damit in unseren Regionen ein. Gegen Ende der zweiten Dekade verlagerte sich der atlantische Hochdruckkomplex weiter auf den offenen Ozean und „unser“ Trog schwabbelte westwärts hinterdrein. Damit kamen auch wir in den Genuss der schwül-heißen Mittelmeerluft und es krachte gehörig. So bildeten sich am 18. Juni Superzellen über Mitteldeutschland. Im Raum Halle und in Teilen Thüringens sowie zwischen Leipzig, Grimma und Torgau tobten schwere Unwetter. Am 21. Juni krachte es nochmals kräftig in schwül-heißer Luft.
Vom 18. bis 29. Juni fand der Hochsommer 2024 statt. Tagestemperaturen über 30 °C, wobei sich vorübergehend ein Hochdruckgebiet über Fennoskandien etablierte. Tintenblauer Himmel, Sonne satt und hochsommerliche Temperaturen brachten uns ein Gefühl von Badeurlaub. Doch pünktlich zum Siebenschläfer stellte sich die altbekannte Trogwetterlage ein. An der Vorderseite des Tiefdruckgewusels gelangte tropisch, feucht-heiße Mittelmeerluft zu uns und bescherte uns ein schwül-heißes Intermezzo. Am 30. Juni wurde die Heißluft abgedrängt und Mitteleuropa von kühler, wolkenreicher Nordmeerluft geflutet.
Der Wetterfilmclip (Link: https://youtu.be/MuW7eA-T7rs ) zeigt markante Wettererscheinungen, zu deren Filmaufnahme ich nicht die Mühen scheute, die Gewitterzelle per Rad zu verfolgen. Als ich diese endlich gestellt hatte, die Aufnahmen im Kasten waren, löste sich das Gewitter einfach auf.
Der Herbst klopft an! Die Siebenschläfer Regel lässt sich nicht an dem einen Tag, dem 27. Juni, festmachen. Schon allein durch die gregorianische Kalenderreform wäre der Lostag der 7. Juli. So wie sich die Großwetterlage bis etwa Ende der ersten Julidekade einstellt, verharrt diese gern für mehrere Wochen. Bleibt also noch abzuwarten, ob Tiefdrucktrog oder Omegahoch den Sommer dominieren werden. Im Moment scheinen die Würfel in Richtung Trog zu fallen ….
Allen Lesern einen schönen und sonnigen Urlaubssommer wünscht
Volker
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