Natur im Osterzgebirge

Wendet sich das Blatt bei Zinnwald Lithium? – Neue Variante bei Liebenau

Seit nunmehr einem dreiviertel Jahr setzen sich verschiedene Akteure aus dem Naturschutz und die Bevölkerung vor Ort für ein Überdenken der Pläne der Zinnwald Lithium GmbH ein, im hochsensiblen Bereich zwischen Bärenstein und Bielatal eine chemische Aufbereitungsanlage und eine Trockendeponie errichten zu wollen.

Mitte März kam, wie für dieses Unternehmen typisch, aus dem Nichts ein neuer Plan auf den Tisch. Dieses Mal wurden die Liebenauer vor neue Tatsachen gestellt. Der Plan sieht vor, zwischen dem Ort Liebenau und der Autobahn A17 eine Fläche von 165 Hektar für Deponie- und Aufbereitungsanlagen zu nutzen (Abbildung 1). Damit hat sich die Anlagendimension im Vergleich zu den bisher stets von der Zinnwald Lithium GmbH als alternativlos bezeichneten Bärensteiner „Varianten“ mehr als verdoppelt. Erstmals überhaupt wurde mit der Veröffentlichung dieses neuen Planes auch der Flächenbedarf für Kompensationsflächen betrachtet, sodass der gesamte Flächenbedarf nunmehr 400 Hektar übersteigt. Die neue Größenordnung steht sicherlich auch mit der neulich angekündigten Vervielfachung des Abbauvolumens von 125.000 t auf 430.000 t Lithium in Verbindung. Bei solchen Zahlen ist der Standort Bärenstein nun noch unrealistischer geworden. Der Platz reicht schlicht nicht aus und das Relief gibt eine solche Planung nicht her.

Mitte März 2024 wurde mit der Vorlage eines neuen Plans ein neuer Standort für den Schwerindustriekomplex der Zinnwald Lithium GmbH bei Liebenau ins Spiel gebracht. (Quelle: Zinnwald Lithium GmbH)“

Bedeutung der Variante für die Region

Aus neutraler Perspektive erscheint der Standort Liebenau im Vergleich zu Bärenstein deutlich verträglicher. Der Großteil der beplanten Fläche wird zurzeit durch intensive Landwirtschaft genutzt und weist einen recht geringen ökologischen Wert auf. Weiterhin wären die Transportwege durch die Nähe zur Autobahn gering. Somit wären deutlich weniger Anwohner vom intensiven Durchgangsverkehr betroffen. Auch wenn die Variante immer noch nicht unbedenklich ist, wären die gesellschaftlichen und ökologischen Auswirkungen deutlich weniger katastrophal als in Bärenstein. Das Problem, dass bei der Liebenauer Variante die Quellgebiete der naturnahen Täler von Trebnitz und Seidewitz überplant wurden, könnte durch eine Verschiebung der Aufbereitungs- und Deponieanlagen innerhalb des Plangebiets recht einfach aufgelöst werden. Somit wäre auch die erhebliche Gefahr der Kontamination der für die Trinkwasserbildung wichtigen, sensiblen Fluss-, Auen- und Feuchtwiesen-Lebensräume deutlich minimiert.

Doch die Liebenauer waren erwartungsgemäß nicht begeistert von diesem Vorhaben. Auf jener Fläche geplante Windkraftanlagen waren schon seit einigen Jahren ein fortwährendes, emotionales Streitthema. Der Altenberger Bürgermeister Markus Wiesenberg stellte sich dazu öffentlich auf die Seite der Liebenauer und sprach sich gegen die Windkraft-Pläne aus. Umso überraschender, dass dieser die gut 300 Liebenauer Bürger vor ein Ultimatum stellen wollte. Die Entscheidung, ob an jener Stelle Windkraftanlagen oder Bergbau-Anlagen entstehen, sollten die Bürger in einer Abstimmung selbst treffen. Daraufhin wurden Stimmen laut, die zurecht die Verbindlichkeit einer solchen Abstimmung anzweifelten und die anmahnten, dass es sich um eine Entscheidung mit weitreichenden Konsequenzen für die gesamte Gemeinde handelt. Wenn überhaupt, sollten doch bitte alle Bürger der gesamten Gemeinde über das Schicksal der Region abstimmen dürfen und nicht nur die 323 Liebenauer Wahlberechtigten. Am Ende wurde die Abstimmung angepasst. Die Liebenauer standen nun vor der Wahl, ob sie der Aufstellung eines Bebauungsplanes für diese Fläche zustimmen oder nicht. Wenig überraschend stimmte schließlich am 7. April eine deutliche Mehrheit gegen den Bebauungsplan.

Wie geht es nun weiter?

Es besteht die Gefahr, dass sich die Zinnwald Lithium GmbH mit den Liebenauer Plänen nur zum Schein für Alternativen offen zeigen wollte. Dem Osterzgebirge droht der ökologische Super-GAU. Nachdem man den Alternativstandort unter Legitimierung durch die Bürger alibimäßig abgewickelt hat, kann man sich nun voll und ganz auf die Bärensteiner Varianten konzentrieren. Aufgrund des vergrößerten Abbauvolumens, werden vermutlich sogar beide Bärensteiner „Varianten“ gleichzeitig in Betracht gezogen. Die Kompensationsflächen müssen aufgrund des fehlenden Platzes ganz woanders umgesetzt werden. Vielleicht sogar in Liebenau… Auf Nachfrage an die Zinnwald Lithium GmbH, wann mit einer Überarbeitung der Pläne für Bärenstein in vergleichbaren Umfang wie für Liebenau zu rechnen ist, bzw. ob überhaupt, gab es keine zielführende Beantwortung. Ebenso wenig auf die Frage, ob man mit dem ausführenden Bergbaukonzern in Tschechien GEOMET s.r.o. weiterhin in Kontakt steht. Man kocht weiterhin intransparent sein eigenes Süppchen…

Weiterhin ist fraglich, was diese Alibi-Bürgerbeteiligung bezwecken sollte. Sowohl Lithium-Bergbau als auch die Errichtung von Windkraftanlagen sind, auf Grund deren Bedeutung zur Transformation des Energiesektors, prioritäre Vorhaben und unterliegen einem vereinfachten Genehmigungsverfahren. Die Abstimmung der Liebenauer dürfte also nichts an der Ausführbarkeit der Vorhaben an jenem Standort geändert haben. Stattdessen wurde den Anwohnern vorgegaukelt, das Zünglein an der Waage zu sein. Es darf vermutet werden, dass die Enttäuschung am Ende bei allen Beteiligten groß ist.

Leider hat die Abstimmung auch bewirkt, dass im Vorfeld die Stimmung hochgekocht ist und dass der Zusammenhalt innerhalb der Gemeinde Risse bekommen hat. Das kann niemand wollen. Im Kampf um eine allgemein verträgliche Lösung muss die gesamte Gemeinde zukünftig umso mehr an einem Strang ziehen und ortschaftsübergreifende Rivalitäten ablegen. Wir müssen gemeinschaftlich Forderungen an die Zinnwald Lithium stellen, raumschonendere Planungen vorzulegen, das Beplanen von sensiblen Bereichen in unserer wertvollen Natur zu unterlassen und über die Grenze hinweg mit tschechischen Akteuren in Kontakt zu treten. An einem einzigen Lithium-Erzkörper braucht es keine 2 Aufbereitungsanlagen und Haldenstandorte!

Bitte folge und unterstütze uns: