Natur im Osterzgebirge

Gefahr für gentechnikfreie Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion

Der Vorschlag der EU-Kommission zur Deregulierung der Neuen Gentechnik fordert die Menschen vom Aktionsbündnis und Förderverein für gentechnikfreie Landwirtschaft in Sachsen auf, wieder aktiv zu werden. Es gab seit dem Verbot den Gen-Mais MON 810 von 2009 viele Jahre ohne nennenswerte Tätigkeit zu dem Thema, so dass es Stimmen gab, wir sollten den Verein auflösen. Wir wollten das nicht, weil wir vermuteten, dass diese Thematik früher oder später wieder aktuell sein würde.

Leider hatten wir Recht. Es ist soweit, nach zwanzig Jahren erfolgreicher Gentechnikregulierung in Europa haben die Gentechnikentwickler und -unterstützer die EU-Kommission soweit bearbeitet, dass es mittlerweile einen Vorschlag zum konkreten Umgang mit der Neuen Gentechnik gibt. Dieser wurde im Juli 2023 veröffentlicht.

Laut diesem Gesetzesvorschlag werden der Großteil der Pflanzen (nach Schätzungen ca. 90 %) mit neuartigen gentechnischen Veränderungen zukünftig lediglich angemeldet. Regulierungen, die ein Nebeneinander von Landwirtschaft mit NGT und gentechnikfreie Landwirtschaft ermöglichen, sowie die Zulassung von gv-Pflanzen nur mit Einreichung von Nachweismethoden und einer Risikobewertung durch EU-Behörden wird es dann nicht geben. Ein Standortregister und die Kennzeichnung von Lebensmitteln als GVO, welche Transparenz und Wahlfreiheit ermöglichen, die gesamtschuldnerische Haftung und ein Monitoring von freigesetzten Pflanzen sollen nicht mehr zur Anwendung kommen. Stattdessen sollen GVO (NGT) ungeprüft und unbeobachtet in im Freiland angebaut und kultiviert werden können.

EU-Parlamentarier sind gefragt

Dieser Umstand war der Grund, uns an Dr. Peter Jahr – Europaabgeordneter der sächsischen CDU zu wenden, der in Burgstädt bei Chemnitz sein Bürgerbüro hat. Als EU-Abgeordneter wird er in den kommenden Monaten über diesen Entwurf der EU-Kommission im Europäischen Parlament abstimmen. Dr. Peter Jahr ist Agrarpolitiker im EU-Parlament.

Warum soll es überhaupt eine Neuregelung der Gentechnik geben?

Peter Jahr bemerkte selbst zu Beginn unseres Gesprächs, dass der EuGH 2021 festgestellt hat, dass die aktuellen gesetzlichen Regelungen auch auf die NGT anwendbar sind.

Die Neuregulierung wurde von Dr. Peter Jahr mit den globalen Agrartrends begründet. So will/muss/möchte die EU ihre Standards an die Nichtstandards der globalen Agrarplayer wie Nord- und Südamerika und China anpassen.

Es wurde außerdem deutlich, dass die Befürworter der neuen Gentechnik, diese nicht als Gentechnik einstufen wollen, sondern explizit als vergleichbar mit herkömmlicher Züchtungsarbeit. Dies ist eine der zentralen Fragestellungen, an der sich die weitere Entwicklung entscheiden wird.

Erfahren haben wir von ihm auch: Mit den vorgeschlagenen gesetzlichen Regelungen kann eine gentechnikfreie Landwirtschaft von der EU aus nicht mehr sichergestellt werden. Dafür gibt es in diesem Fall keine Konzepte. Kopfschmerzen bereitet Dr. Peter Jahr vor allem die Patentierung der NGT-Pflanzen. Das Züchterprivileg – eine Regelung aus dem Saatgutgesetz – gibt es im Patentrecht nicht.

Es ist noch nicht zu spät!

Am Schluss fasste Peter Jahr zusammen: Sollten die bestehenden Rechtsgrundlagen zur Regulierung der Gentechnik auch für die NGT Bestand haben, dann würden in Europa langfristig keine gv-Pflanzen angebaut. Warum? 80 % der Verbraucher lehnen Gentechnik in Lebensmitteln weiterhin ab.

Wenn der Entwurf aber so oder ähnlich durchgeht, wie er jetzt ist, dann haben Bauern und Landwirtinnen der gentechnikfreien Landwirtschaft das Nachsehen. Ihnen werden die Probleme des Nachweises und der Rückverfolgbarkeit etc. übergeholfen. Nach dem Motto „Kümmert euch doch!“.

Weitergedacht heißt das: gentechnikfreie Lebensmittel werden sowohl für konventionelle als auch ökologische Anbauer mittelfristig nicht mehr produzierbar sein.

Auch wenn unser Besuch bei Dr. Peter Jahr nicht zu einem Konsens geführt hat (was vorher klar war), meinen wir, dass wir ihn nachdenklich gestimmt haben.

Jetzt aktiv werden – wir sind viele!

– bis Januar ist noch Zeit 😉

Es lohnt sich, den EU-Abgeordneten noch vor der Abstimmung zu schreiben und ihnen unsere Bedenken und Forderungen deutlich zu machen. Auch anrufen ist hilfreich.

Hier findet ihr eine Vorlage dafür:
https://www.abl-ev.de/initiativen/eilaktion-gentechnikfreie-mail-an-die-eu
Die Kontaktdaten der Abgeordneten aller demokratischen Parteien findet ihr in dieser Tabelle.

In den kommenden Tagen wird außerdem eine Petition bei „we act“ veröffentlicht.

Für Hofläden und andere Verteilermöglichkeiten gibt es eine Postkarte an Cem Özdemir:
https://www.abl-ev.de/initiativen/postkarte-fuer-gentechnikfreiheit

Für das Aktionsbündnis und als AbL-Mitglieder:

Milana Müller – Landwirtschaftsbetrieb und Umweltbildungshaus Johannishöhe

Gefahr für gentechnikfreie Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion

(Abkürzungen: AbL – Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft e.V., NGT – Neue Gentechnik, EuGH – Europäischer Gerichtshof, gv- gentechnisch verändert)

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