Der gelungenen Frühjahrsexkursion nach Mähren und der Slowakei folgt nun die Herbstexkursion. Zunächst gilt es das Osterzgebirge auf sächsischer Seite zu erkunden. So fuhr ich am 10. September zur Biotoppflegebasis Bärensteiner Bielatal bei Altenberg, wo ich auf der malerischen Lichtung mein Zelt aufschlug. Der Reisebus mit unseren slowakischen und tschechischen Freunden erreichte im Nachmittag die Bergstadt Altenberg, wo Jens Weber die Teilnehmer empfängt und über die malerischen Geisingbergwiesen zur Biotoppflegebasis geleitet. Leider ist nun im Herbst nichts mehr von der Blütenpracht dieser mageren Bergwiesen über den typischen Gesteinen des Osterzgebirges, den Gneisen, Porphyren und Graniten zu sehen. Dafür prangen reichlich die leuchtend rotorangen Früchte der Vogelbeerbäume im milden Abendlicht. In der Biotoppflegebasis erwartet alle ein leckeres Abendessen begleitet von farbenprächtigen Regenbögen.
Am Sonntag (11.09.) erkunden wir die Steinrückenfluren um Bärenstein und Lauenstein. Leider zeigt sich das Wetter herbstlich durchwachsen, die Sonne verbirgt sich immer wieder hinter düsterem Gewölk, aus welchem wiederholte Schauer herniederprasseln. Dies tut aber weder den Erlebnissen noch unserer guten Stimmung Abbruch. Wir besuchen den Biohof Seifert und erwandern die Sachsenhöhe. Nach anregender Wanderung erreichen wir das Versuchsgut Börnchen. Im Museum Lauenstein gilt unser Interesse neben der wechselvollen Geschichte der alten Burg- und Schlossanlage der von der Grünen Liga Osterzgebirge gestalteten Bergwiesen – Sonderausstellung. Im Schlossgarten erwartet uns ein reichhaltiges Mittagsmahl und im Nachmittag besuchen wir die Bilderausstellung der Schülerarbeitsgemeinschaft „Madagaskar“ des Altenberger Gymnasiums in der Galerie Geißlerhaus Bärenstein. Am Abend sitzen wir am Lagerfeuer in der Biotoppflegebasis beisammen und lassen den interessanten Tag ausklingen.
Am Montag (12.09.) suchen wir zuerst dem alten Holzapfelbaum der Biotoppflegebasis auf und errichten mit den Pomologinnen Anke Proft und Simone Heinz neben dem Baum ein Informationsschild. Nun gilt unser Interesse den altehrwürdigen Rotbuchen und der Weißtanne im Weicholdswald. Unter Leitung des emeritierten Dendrologen und Naturschutzprofessors P.A. Schmidt diskutieren wir gemeinsam mit Vertretern des Sachsenforstes über Waldschäden, Borkenkäfer, Dürre, Klimaänderungen und den Folgen für die Waldbäume, waldbauliche Fachfragen, welche Baumarten wohl unsere zukünftigen Wälder bilden werden, welche Baumarten angepflanzt werden könnten, wie ein naturverträglicher Waldumbau gestaltet werden könnte. Im Nachmittag setzt sich mehr und mehr die Sonne durch. In spätsommerlicher Wärme liegt der von Fichten bestockte Hang vor uns. Ein Bereich ist eingezäunt, die Fichten aufgelichtet. Hier erfolgt ein Waldumbauprojekt der Grünen Liga Osterzgebirge. Unter dem lichten Schirm der verbliebenen Fichten wurde eine Vielzahl verschiedener Baumarten gepflanzt. Von Rotbuchen über Ahornarten, Eberesche, Hainbuche bis Weißtanne reicht das weitgefasste Artenspektrum. Damit die jungen Bäumchen gut gedeihen können bedarf es intensiver Pflege. Heckenrosen, Brom- und Himbeeren, Holunder und Brennnessel sowie Reitgras überwuchern und ersticken die jungen Pflanzen, wenn die Pflege ausbleibt. So schneiden wir die Bäumchen frei. Noch bevor die Sonne untergeht, ist das „Tagwerk“ vollbracht.
Am Dienstag (13.09.) bringt uns der Reisebus nach Zinnwald – Georgenfeld wo wir bereits von Norbert Märcz, dem Leiter des Wettervereins erwartet werden. Nach seinem interessanten Referat zu den Besonderheiten der Witterung auf dem Osterzgebirgskamm, dem Deutschen Wetterdienst und dem Jahrtausendregenereignis im August 2002 und meinem Klimareferat folgen intensive, spannende Diskussionen über Wetter und Klimaveränderungen bis ein heftiger Regenguss diese beendet. Schon erwartet uns die Hydrologin Karin Kessler am Eingang zum Georgenfelder Hochmoor. Nachdem der Regen abgezogen war, wandern wir auf dem „Holzweg“, den mit Lattenrosten ausgelegten Lehrpfad durch das Moor. Lange Zeit wurde Torf gestochen, das Moor entwässert. Jetzt werden die Gräben verschlossen, das Wasser angestaut, das Moor wieder vernässt. Seltene Pflanzen wie Moorbirken, Spirken, Rauschbeeren, Moosbeeren, Sonnentau können wir entlang des Pfades betrachten. Ein ideales Birkhuhnhabitat. Im Nachmittag folg eine von Heide Dix geführte Wanderung am Kamm des Gebirges. Weit reicht der Blick über den Egergraben zum Böhmischen Mittelgebirge während wir auf den Spuren des verlassenen Dorfes Vapenice (Kalkofen) unterwegs sind. Zum Abschluss der Wanderung erreichen wir den mystischen Bünaustollen. Das legendäre Bernsteinzimmer sei da vergraben, so geht eine Sage. Doch der Stollen ist eine wasserwirtschaftliche Anlage. Er leitet Wasser aus dem Quellgebiet der Weißeritz unter dem Gebirgskamm hindurch hinab nach Dubi bei Teplice auf die trockene Südseite des Osterzgebirgskammes. Am Abend bringt uns der Reisebus nach Zethau, wo wir in der „Grünen Schule grenzenlos“ übernachten.
Grau und nebelig dämmert der Morgen. Nach dem Frühstück führe ich unsere Gruppe durch das älteste Haus des Waldhufendorfes, das Flachsmuseum. Es gewährt Einblicke in das karge, arbeitsreiche und mühsame Leben der Gebirgler. Intensiver Nieselregen setzt ein. Der Bus bringt uns zum NSG Großhartmannsdorfer Großteich wo uns bei durchdringendem kaltem dünnem Regen Andreas Püwert vom NABU Freiberg Einblicke in Fauna und Flora gewährt. Der Teich ist wichtiger Rastplatz für eine Vielzahl an Zugvogelarten. Im Anschluss erläutert uns Staumeister Felix Zubritsky von der Revierwasserlaufanstalt im Striegelhaus, der historischen Wasserablass-Steueranlage des Großteiches das Netzwerk von Teichen und Kunstgräben. Schon seit dem 16. Jahrhundert wird über diese Gräben Wasser an die Bergwerke um Freiberg geleitet. Dort trieb dieses Wasser über Jahrhunderte Saugpumpen, mit denen das Grubenwasser aus den Bergwerken gehoben wurde. Der Freiberger Silberbergbau begründete den Reichtum der sächsischen Churfürsten. Nun sind die Teiche und Wassergräben wertvolle Biotope, Fischgewässer und Wasserspeicher. Infolge der zunehmenden Sommerdürre gewinnen sie gegenwärtig wieder an Bedeutung. Heftig prasselt der Dauerregen hernieder. Die geplante Kammwanderung fällt im wahrsten Sinne des Wortes ins Wasser. Stattdessen besuchen wir das Informationszentrum der Fláje – Talsperre und die glücklicherweise überdachte Aussichtsplattform zum nordtschechischen Braunkohlebergbau in Braňany bei Bílina mit Blick über die riesigen Braunkohletagebaue im Egergraben. Dichter Nebel verhindert jeden Blick über die Tagebaue. So bleiben aber immer noch die reich illustrierten Informationstafeln. Am Abend werden wir im Pfadfinderlager des Umweltbildungsvereins „Sever“ in Mentaurov bei Litoměřice empfangen. Im hellen, freundlich gestaltetem Haus werden wir von Jan Kotera, dem Leiter der Einrichtung und Milos Feifarek empfangen. Das Abendbrot wartet schon im Speisesaal.
Am Donnerstag und Freitag (15. und 16.09.) stehen zwei ausgedehnte Wanderungen auf dem Programm. Am Donnerstag erkunden wir die Hügel und Wiesen des České Středohoří / Böhmischen Mittelgebirges bei Litoměřice. In der Nacht war der Regen abgezogen und es hatte stark abgekühlt. Ein kalter Wind treibt nun die mächtigen Schauerwolken über das Land, hin und wieder spitzt die Sonne durch das dichte Gewölk. Aprilwetter im September. Unter der sachkundigen Leitung von Vlastimil Vlačiha, Mitarbeiter der Schutzgebietsverwaltung des Böhmischen Mittelgebirges erwanderten wir die unter besonderem Naturschutz stehenden Wiesen und Hügel Vyhlídkové místo neben der Burgruine Kamyk, und den Radobýl, einen beeindruckenden Basaltkegel. Ein stillgelegter Steinbruch bildet heute einen phantastischen geologischen Aufschluss, der Einblick in die geometrischen Erstarrungsmuster des Basaltschlotes gewährt. Auf den Skelettböden dieser Hügel gedeihen artenreiche Magerrasen pannonisch geprägter Arten wie Federgras, Goldsteppenaster, Hauhechel, Wiesenflockenblume und vielen anderen. Doch Foto Diva ist ein Pärchen Gottesanbeterinnen, die sich geduldig von allen Teilnehmern unserer Wanderung ablichten lassen. Die reizvolle, fruchtbare hügelige Landschaft ist vom Obst- und Weinbau geprägt. Kalkmergel und Basaltverwitterungsböden sowie das milde Klima ermöglichen eine reiche Vegetation. Eine Besonderheit der Region ist die Elb-Mehlbeere, eine natürliche Kreuzung aus Eberesche und Böhmischer Mehlbeere. Nach gutem Mittagessen in einer Gastwirtschaft im Zentrum von Litoměřice besuchen wir den Aussichtsturm auf dem Varhošt’ und die Hügel Holý vrch bei Hlinná. Am Abend spielt die „Alternativny folk z Českého Středohoří Šavlozubý Ponožky“ Band zum Tanze auf.
Am Freitag erklimmen wir die 836 m hohe Milešovka/Milleschauer den höchsten Berg des Böhmischen Mittelgebirges. Zu Beginn des Aufstieges statten wir der neuen Kapelle „Svateho Vaclava“ in Bílka einen Besuch ab. Während des Aufstieges geben uns Kateřina Simajchlová und Petra Michalcova, Pädagoginnen von Sever Litoměřice Einblick in ihre Arbeit. Wir sollen einfach nochmal wie die Kinder sein. Ein interessantes, umfangreiches, den Natur- und Kulturraum der Region umfassendes Bildungsangebot wird uns präsentiert. Mit spielerischen Methoden und viel, viel zum Anfassen und Ausprobieren wird Wissen über Geologie, Fauna und Flora, Wetterkunde, Heimatkunde und Regionalgeschichte vermittelt. Auf dem Gipfel steht die im Jahre 1905 gegründete und noch heute arbeitende Meteorologische Station wo uns in der Bibliothek des Hauses in einem reich illustrierten Vortrag die Geschichte der Station sowie viele historische und moderne meteorologische Messgeräte im Bild vorgestellt und erläutert werden. Draußen bläst uns der kalte Wind des realen Wetters die Schauer um die Ohren. Im Nachmittag besuchen wir das Weingut „Žernosecké vinařství“ zu einer Weinverkostung. Im späteren Nachmittag beruhigt sich das Wetter und eine Abendwanderung führt uns zum Kalvarienberg, dem Lebensraum von Smaragdeidechsen und Projektgebiet von LIFE České středohoří. Da sich die lebenden Exemplare der Smaragdeidechsen vornehm zurückhalten, müssen wir leider mit der auf der Informationstafel abgebildeten Smaragdeidechse vorliebnehmen.
Der Sonnabend (17.09.) ist leider schon der letzte Exkursionstag. Wir verabschieden uns von den Mitarbeitern von „Sever“ und der Bus bringt uns zu den Wiesen am Lipská hora wo uns Jana Vitnerová von der tschechischen Umweltorganisation Arnika, die seit 2009 gemeinsam mit der Grünen Liga Osterzgebirge den alljährlichen Lipská-hora-Einsatz organisiert, begrüßt. Zunächst wird das bereits geschnittene Gras zusammengerecht. Das Wetter verschlechtert sich rasant und heftige Regenschauer prasseln hernieder. Wir flüchten unter die Zeltplane des „Küchenzeltes“. Der Aufstieg zum Lipská hora Gipfel, einem Phonolithkegel fällt dem Regenwetter zum Opfer. Doch gegen Mittag reißt für kurze Zeit das Wetter auf, die Sonne strahlt vom tintenblauen Himmel. Abschluss Gruppenfotos und Mittagessen auf der Wiese. Abschied nehmen, ein Riesendank allen Organisatoren, Mitwirkenden und Teilnehmern. Aus einer Slowakisch – tschechisch – sächsischen Busreisegruppe ist ein Freundeskreis entstanden. Bleibt zu hoffen und zu wünschen, dass es auch zukünftig weitere gemeinsame Aktivitäten geben wird, die freundschaftlichen Bande sich verstärken und die Staatsgrenzen zu „Grenzenlos Wanderwegen“ der Begegnung werden.