Natur im Osterzgebirge

Schellerhauer Naturschutzpraktikum 2022

Biotoppflegearbeit und Biotoppflegefragen im NSG Schellerhauer Weißeritzwiesen

Seit 1996 lädt die Grüne Liga Osterzgebirge alljährlich im August interessierte Studentinnen und Studenten „grüner“ Fachrichtungen nach Schellerhau ein, um hier eine Woche lang Hörsaal-Theorie mit Naturschutzpraxis zu verknüpfen. Inzwischen ist daraus eine sehr internationale Angelegenheit geworden. Beim 27. Schellerhauer Naturschutzpraktikum („Schellerhau Nature Conservation Training“) nahmen wieder 17 Studentinnen und Studenten von neun verschiedenen Hochschulen teil, die u.a. „Biologie“, „Naturschutz“, „Tropische Forstwirtschaft“, „Umweltwissenschaften“ oder „Raumentwicklung und Ressourcenmanagement“ studieren. Die Teilnehmer kamen aus verschiedenen Regionen Deutschlands, aber auch aus europäischen (Slowakei, Tschechien, Großbritannien, Schweiz)  und außereuropäischen Ländern (Ecuador, Mexico, Nicaragua, Bangladesh, Nigeria).

Diese sehr unterschiedlichen Erfahrungshintergründe einerseits und der unvorbelastete jugendliche Blick „von außen“ führen immer wieder zu interessanten Diskussionen mit den altgedienten Naturschützern der Grünen Liga Osterzgebirge. Ob der vordergründig auf den Erhalt von Einzelarten-Vorkommen fokussierte Naturschutzansatz unter den sich rasch verändernden ökologischen Rahmenbedingungen des 21. Jahrhunderts tatsächlich noch die erfolgversprechendste Strategie ist, kann durchaus und mit gutem Recht hinterfragt werden.

Dennoch widmen sich die jungen Leute mit hohem Engagement widmeten den praktischen Biotoppflegemaßnahmen, die zum Programm des Naturschutzpraktikums gehören – und mit recht erheblichen physischen Anstrengungen verbunden sind. Neben der Beräumung von Krüppelkiefergestrüpp zwecks Birkhuhn-Habitatgestaltung am Kahleberg, Steinrückenpflege und Komposthaufenumsetzen im Botanischen Garten Schellerhau und Unterstützung des Fördervereins für die Natur des Osterzgebirges bei der Grünmasseberäumung des FNDs „Himmelsleiter“ bei Bärenfels zählt  zu den größten Herausforderungen immer die Arbeit auf dem Nasswiesenbereich oberhalb des Gründelsteigs im NSG Weißeritzwiesen.

Mahd und Beräumung Nassbereich NSG Weißeritzwiesen 1-8-22

Nasswiese oberhalb des Gründelwegs Ende der 1990er Jahre – heute wuchern hier Rohrkolben und hochwüchsige Gräser

Was einstmals ein sehr artenreicher Komplex von kurzrasigen Borstgrasbiotopen und Kleinseggenriedern war, hat sich – trotz der alljährlichen aufopferungsvollen Studentenarbeit – inzwischen zu einem hochwüchsigen, dichtfilzigen, stickstoffüberfrachteten Gras- und Rohrkolbendschungel entwickelt. Der wertvolle Lebensraum von Sonnentau und Fettkraut ist auf zwei immer kleiner werdende Inselchen zusammengeschrumpft. Ursache für diese eutrophierungsbedingte Biotopentwertung sind ganz offenbar von oberhalb gelegenen Grundstücken eindringende Nährstoffe. Man braucht kein allzufeines Gespür, um auf ungeklärte Abwässer zu tippen: sobald man mit dem Stiefel am oberen Nasswiesenrand im Morast versinkt, steigen kaum erträgliche Jauchedüfte aus dem Schlamm auf! Sehr verdächtig auch, dass diese Fläche hier als nahezu einziges Nasswiesenbiotop weit und breit in diesem extrem trockenen Sommer so nass und schlammig wie nur selten zuvor war.  Seit 2004 weist die Grüne Liga Osterzgebirge die zuständigen Behörden immer wieder auf die Eutrophierung hin, doch trotz unzähliger Beratungen und Vor-Ort-Termine hat es bisher offensichtlich noch keine Lösung gegeben, die diese Nährstoffeinträge unterbinden kann. Auch der im vergangenen Jahr angelegte Graben am Südrand hat leider nicht zum erhofften Ziel geführt. Inzwischen ist der Zustand der Fläche jedoch so schlecht, dass ein weiteres Verschleißen von studentischen Biotoppflege-Enthusiasmus‘ kaum noch gerechtfertigt werden kann.

Erfrischend unbefangen hinterfragen die jungen Menschen jedes Jahr die von uns praktizierten Naturschutzmaßnahmen und die zugrundeliegenden Strategien für den Erhalt der Biologischen Vielfalt. Speziell am Beispiel NSG Schellerhauer Weißeritzwiesen/Nasswiese oberhalb Gründelweg sollte man die Bedenken vielleicht tatsächlich ernst nehmen und die begrenzten Kräfte sinnvoller einsetzen.

Einen ausführlicheren Rückblick auf das 27. Schellerhauer Naturschutzpraktikum gibt es hier:

osterzgebirge.org/schellerhau-praktikum-2022

Informationen zu wertvollen Gehölzen und deren Bewohnern im Botanischen Garten Schellerhau 3-8-22

 

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