von Dr. Volker Beer, Sayda
„April, April, der weiß nicht was er will. Ein bisschen zu kalt, durchwachsen, eben ein April, wie er im Buche steht. Dass zum Monatsende die Laubentfaltung in den Tieflagen erst beginnt und im Erzgebirge die Bäume noch kahl in den Himmel ragen: auch ganz normal. Ein bekanntes Volkslied enthält ja auch die Textzeile „Komm lieber Mai und mache die Bäume wieder grün ….“ und nicht „… lieber April und mache
die Bäume wieder grün…“ Offenbar sind wir durch den Klimawandel derart verwöhnt und setzen voraus, dass im April die Freilandbadesaison beginnt und ein jeder vorsorglich schon mal sein Badetuch unter schattenspendenden Kastanien auf der Liegewiese platziert. Schauen wir eben mal gut 200 Jahre zurück, wie war da das Aprilwetter? Datenreihen dürfen wir nicht erwarten, aber es gibt in den Werken deutscher Dichter eine vorzügliche Beschreibung der Witterung
im April, die gar vortrefflich den eben zu Ende gegangenen April 2022 beschreibt:
Aus: Faust – Der Tragödie erster Teil
Osterspaziergang, 1808, Johann Wolfgang von Goethe
Vom Eise befreit sind Strom und Bäche
Durch des Frühlings holden, belebenden Blick,
Im Tale grünet Hoffnungsglück;
Der alte Winter, in seiner Schwäche,
Zog sich in rauhe Berge zurück.
Von dort her sendet er, fliehend, nur
Ohnmächtige Schauer körnigen Eises
In Streifen über die grünende Flur.
Aber die Sonne duldet kein Weißes,
Überall regt sich Bildung und Streben,
Alles will sie mit Farben beleben;
Doch an Blumen fehlts im Revier,
Sie nimmt geputzte Menschen dafür.
Kehre dich um, von diesen Höhen
Nach der Stadt zurück zu sehen!
Aus dem hohlen finstern Tor
Dringt ein buntes Gewimmel hervor.
Jeder sonnt sich heute so gern.
Sie feiern die Auferstehung des Herrn,
Denn sie sind selber auferstanden:
Aus niedriger Häuser dumpfen Gemächern,
Aus Handwerks- und Gewerbesbanden,
Aus dem Druck von Giebeln und Dächern,
Aus der Straßen quetschender Enge,
Aus der Kirchen ehrwürdiger Nacht
Sind sie alle ans Licht gebracht.
Sieh nur, sieh! wie behend sich die Menge
Durch die Gärten und Felder zerschlägt,
Wie der Fluss in Breit und Länge
So manchen lustigen Nachen bewegt,
Und, bis zum Sinken überladen,
Entfernt sich dieser letzte Kahn.
Selbst von des Berges fernen Pfaden
Blinken uns farbige Kleider an.
Ich höre schon des Dorfs Getümmel,
Hier ist des Volkes wahrer Himmel,
Zufrieden jauchzet groß und klein:
Hier bin ich Mensch, hier darf ichs sein!
Volker Beers ausführliche Darstellung des Wetterverlaufs gibt es hier.
osterzgebirge.org/de/natur-erkunden/wetter-und-klima
sehr eindrucksvoller Zeitrafferfilm bei