Vor wenigen Jahren konnte man noch kaum davon träumen, nun isses passiert: die Grünen haben die Festung SMUL, seit den 90ern eine Bastion der CDU-Agrarier, erobert! Und jetzt?
Ein Blick in den Koalitionsvertrag zeigt: so viel Naturschutz stand noch nie auf der Agenda. Grund zur Euphorie allerdings ist dies noch lange nicht – gemessen am tatsächlich Notwendigen, um der Arten- und Lebensraumvielfalt in Sachsen eine Chance zu geben, erscheint das Ergebnis der harten Verhandlungen dann doch eher wie: Minimalkompromiss.
Auf der Positivseite stehen unter anderem:
– endlich Streichung der aus FDP-Zeiten stammenden Amputation von Baumschutzsatzungen;
– 10 % Staatswald für Wildnisentwicklung;
– Deichrückverlegungen und Fließgewässerrenaturierungen;
– FSC-Standard für Sachsenforst;
– Sicherung der Finanzen für Naturschutzstationen (in welcher Höhe?);
– Landesförderprogramm Naturschutz.
Bei vielen anderen Bereichen enthält der Koalitionsvertrag nur vage Absichtsbekundungen („Wir wollen den Nähr- und Schadstoffeintrag wirksam senken …“) oder lässt diese gänzlich unbeachtet (NATURA 2000; Naturschutz-Großprojekte, Vollzugsdefizite gesetzlicher Vorgaben).
Ich hab mal einen Vergleich versucht zwischen Koalitionsvertrag und den Kernforderungen, die sächsische Naturschutzpraktiker vor 5 Jahren in einer kleinen Broschüre („Sachsens Natur erhalten!“) aufgestellt hatten. Zu finden ist das hier.
Was tatsächlich in welchem Maße umgesetzt wird, hängt natürlich auch von der Wirksamkeit des SMUL ab. Und dort – um es vorsichtig auszudrücken – scheint in den vergangenen Jahren nicht immer „optimaler Naturschutz“ auf der Agenda so mancher Mitarbeiter gestanden zu haben. Anknüpfend an die Initiative von vor fünf Jahren ist es deshalb jetzt dringender denn je geboten, Prioritäten aus der Naturschutzpraxis einzufordern.
Vermutlich könnte der neue Umweltminister Wolfram Günther jetzt ganz viele neue Freunde aus allen Lobbybereichen haben. Wir sollten versuchen, ein substanzielles, über pure Verbandsinteressen hinausgehendes Gegengewicht zu schaffen, wie auch immer. Wer hätte Ideen und Kapazitäten dafür?
Solch ein politisches Zeitfenster bietet sich wahrscheinlich nicht oft für die Mitgestaltung positiverer Naturschutz-Rahmenbedingungen!
Jens Weber (jens/ät/osterzgebirge.org)
https://osterzgebirge.org/de/natur-schuetzen/naturschutzpolitik