Seit 9. Juli ist es nun amtlich, die Montanregion Erzgebirge/Krušnohoří hat den Welterbetitel erhalten. Allerorten herrschte großes Jubel(Berg)geschrei, und auch ich freue mich, habe ich
mich doch die letzten Jahre intensiv mit der Thematik befasst.
Selbst aus Dresden war Geschrei zu vernehmen, obwohl man dort in der Bewerbungsphase nicht zu den lautstärksten Unterstützern gehörte. Und auch aus Altenberg drang Jubelgeschrei bis hinunter ins Bielatal, wie man es sonst nur von Sport-Events kennt.
In meine Freude mischten sich jedoch auch gleich Bedenken.
Grob kann man sagen, dass von der Beantragung des Titels bis zu dessen Erteilung 15 Jahre vergangen sind. Das ist soweit noch ganz normal. Nicht normal ist jedoch das regelrechte Verschlafen der letzten 5 Jahre. Was habe ich mir den Mund fusselig geredet –
aber wer hört schon auf jemanden ohne Posten und Titel.
Und, um im Bergmännischen zu bleiben, so sieht dann auch die Ausbeute an unseren drei Welterbestätten (Dippoldiswalde, Altenberg – Zinnwald, Lauenstein) aus: alle leiden unter
finanzieller, personeller und zum Teil auch ideeller Not. Einzig Lauenstein ist pünktlich mit zwei völlig neuen Ausstellungen ins Welterbe gestartet. In Dippoldiswalde hingegen verfällt gerade
das Portal des Hauses des Erfinders vom Nasspochwerk, die Renovierung des Museums erfolgt ohne den Bau des vorgesehenen Bergbauzentrums und die virtuelle untertägige Befahrung kam auch erst dank Petr Mikšiček ins Laufen.
Der geneigte Leser wird sich langsam wundern, was dieser Artikel im Grünen Blätt´l verloren hat – am Beispiel Altenberg wird es deutlich werden. Altenberg ist mit zwei Standorten am Welterbestart: dem Bergbaumuseum Altenberg und dem Besucherbergwerk Zinnwald.
Wobei wir bei den Welterbedefiziten wären. Der öffentliche Nahverkehr ist teils miserabel, Ansagen auf Tschechisch oder Englisch fehlen, genauso wie Fortbildungen für touristisch Beschäftigte in jenen Sprachen versäumt wurden.
Aber es geht noch schlimmer: Einen Monat nach Titelerteilung wurde das Besucherbergwerk
Zinnwald geschlossen – kein Personal – hört, hört! – auf meine Mitarbeit konnte vor drei Monaten
ja verzichtet werden. Just zu dieser Zeit erscheint aber auch unser Landesvater in Zinnwald und
überreicht 640 000 Euro. Aber leider den Falschen – nämlich der Biathlon Arena. Selbst Sachsenforst und so einige sportbegeisterte Zinnwalder haben mittlerweile die Nase voll von diesem hirnlosen Tun im Hoffmannsloch und die Birkhühner sowieso.
Und in Altenberg? Da schafft man es gerade, für die Randsportart Bob in drei Jahren so viel Geld zu verbraten, wie das gesamte Bergwiesen-Großprojekt in fast zwei Jahrzehnten gebraucht hat.
Und von Letzterem haben wir alle etwas – auch Touristen und Welterbestätten. Der Titel wurde nämlich explizit auch auf die, größtenteils durch den Bergbau geschaffene, Kulturlandschaft mit
Halden, Gräben und Pingen sowie den landschaftsverbindenden Steinrückenlandschaften beiderseits der Grenzen verliehen.
Nun bleibt mir nur noch das Hoffen auf eine neue vernunftbegabtere Regierung. Und für Altenberg bleibt nur zu hoffen, dass es endlich die längst überfälligen Entscheidungen
trifft. Weiterhin kurzfristige, klientel-bezogene, millionenteure aber wenige Weltmeistertitel oder endlich einen klimafreundlichen der Allgemeinheit dienenden Welterbetourismus? Die Zeit drängt, denn letzterer Titel ist auch schnell wieder aberkannt – siehe Dresden.
Glück auf!
Borges Neubauer