Natur im Osterzgebirge

Biotope, FFH-Lebensräume

Biotopkartierung

Als fachliche Grundlage für die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) sowie den Landschaftspflegerischen Begleitplan (LBP) wurde Ende August (!) 2007 eine flächendeckende Biotoptypenkartierung durchgeführt, wobei auch die Erfassung der im Gebiet vorkommenden seltenen, gefährdeten und besonders geschützten Pflanzenarten erfolgte. Der Zeitpunkt für diese Aufnahmen war selbstverständlich völlig falsch gewählt. Ende August haben natürlich die meisten Frühjahrblüher längst ihre Vegetationsperiode abgeschlossen, und auch alle wertvollen Wiesenbestände waren zu diesem Zeitpunkt bereits gemäht und/oder beweidet. Obgleich offenbar Kartierer mit profunden biologischen Kenntnissen (aber komplett fehlenden Ortskenntnissen) eingesetzt wurden, sind die dabei entstandene Biotoptypenkarte (Unterlage B-7.1-1.2) sowie die zugehörige Biotoptypenbeschreibung (A-7.1-1.1) sehr mangelhaft. Mehrere besonders geschützte Pflanzenarten nach Bundesartenschutzverordnung sowie zahlreiche Rote-Liste-Arten wurden nicht berücksichtigt. Wenn den Kartierern überall so viele botanische Raritäten durch die Lappen gegangen sind wie auf den von der Grünen Liga Osterzgebirge betreuten Flächen, dann ist die Planungsgrundlage hinfällig. Die Biotopkartierung muß unbedingt durch eine gründliche Frühlingskartierung ergänzt und korrigiert werden!!!

Eine detaillierte Fehlerauflistung der Biotopkartierung findet sich in der Tabelle “Fehlerliste Biotopkartierung“ download als pdf

  • Die geplanten Staurechen an der Großen und der Kleinen Biela werden hier zu größeren Überflutungen führen. Betroffen davon sind unter anderem das Flächennaturdenkmal „Orchideenwiese am Ferienlager Bielatal“ sowie die Naßwiesen an der Kleinen Biela (evtl. auch das Anwesen Bielatalstraße 25)

FFH-Verträglichkeitsuntersuchung

Zur Erläuterung: Das Bielatal gehört zum FFH-Gebiet „Müglitztal“ (geschützt nach der sogenannten Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie der EU von 1992). Gleichzeitig reicht das SPAGebiet „Weicholdswald“ (SPA = Special Protected Area = besonders geschütztes Gebiet nach der Vogelschutz-Richtlinie der EU von 1979) bis zum Zusammenfluß der beiden Bielas. FFH-Gebiete und SPA-Gebiete bilden beide gemeinsam das europaweite Schutzgebietssystem NATURA 2000. Gedacht war dieses NATURA-2000-System als ziemlich strenge Schutzkategorie. Doch in Sachsen wurde das eigentlich scharfe Schwert besonders abgestumpft. So muß nun zwar eine FFH- bzw. Vogelschutz-Verträglichkeitsprüfung vorgenommen werden, wenn ein Eingriff erfolgen soll, bei der nachgewiesen werden muß, daß der Eingriff keine „erheblichen“ Auswirkungen hat. Noch mehr als bei der eigentlichen Umweltverträglichkeitsprüfung (die bei allen Vorhaben, also auch außerhalb der FFH-Gebiete Pflicht ist) machen nun die Planer die unmöglichsten Verrenkungen, um auch die schlimmsten Lebensraumzerstörungen für „nicht erheblich“ zu erklären. Wenn dies ganz und  gar nicht gelingen will, dann bleibt immer noch die Möglichkeit, eine Sondergenehmigung zubeantragen, wenn „zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses“ vorliegen. Also zum Beispiel Hochwasserschutz.

  • (S. 11 FFH) Erhaltungsziele des FFH-Gebietes Müglitztal: „Bewahrung … eines günstigen Erhaltungszustandes aller im Gebiet vorkommenden natürlichen Lebensräume, insbesondere- ….

– Fließgewässer und Unterwasservegetation

– Berg-Mähwiesen

– feuchte Hochstaudenfluren

– Hainsimsen-Buchenwälder

– Erlen-Eschen- und Weichlaubholzauenwälder (prioritär)

– ….“

besondere Bedeutung: Erhaltung bzw. Förderung der Unzerschnittenheit!

  • (S. 22 – 24 FFH) Die Liste der Beeinträchtigungen des NATURA-2000-Gebietes ist sehr unvollständig, weil auch nur ein Teil der betroffenen FFH- und Vogelschutz-RL-Arten erfaßt wurde. Demzufolge können die dort aufgeführten „Maßnahmen zur Schadensbegrenzung“ (V.1 – V.12) nur einen kleinen Teil der zu erwartenden Schäden an den Lebensräumen der FFH- und Vogelschutz-Arten mindern!

==> Die gesamte FFH-Verträglichkeitsstudie muß unter Hinzuziehung von Artexperten aus der Region noch einmal vollständig überarbeitet werden!

  • (S. 25/26 FFH) Dem Erlen-Galerie-Wald im geplanten Dammgebiet bietet sich gutes Entwicklungspotential im angrenzenden Fichten-Forst (auch hier bereits zahlreiche Erlen vorhanden, durch forstlichen Eingriff wurden die Fichten bereits deutlich reduziert). Der Verlust des Erlen-Bachauewaldes wäre durchaus „erheblich“! (im Sinne der FFH-RL)
  • (S. 26 FFH) Bei 10 Tagen Überstauung ist mit ziemlicher Sicherheit von „erheblichen“ negativen Auswirkungen auszugehen – Sauerstoffmangel in der Vegetation, Schadstoffbelastung der Böden ausgehend von der Kleinen Biela, Entwicklungsimpuls für Neophyten, insbesondere Drüsiges Springkraut und Staudenknöteriche (letztere nicht einfach durch frühe Mahd in den Griff zu bekommen, wie die Planer an anderer Stelle suggerieren!)
  • Die Planer müssen schon den Nachweis führen, daß die Auswirkungen der Probestaus nicht erheblich sein werden – und dies nicht einfach nur immer postulieren! Die vorliegende Werk im Ordner 8 hat in diesem Sinne mit einer dem Konfliktpotential angepaßten FFH-Verträglichkeitsuntersuchung nichts zu tun.
  • (S. 31 FFH) Summationswirkungen mit anderen Planungen: Das Hochwasserrückhaltebecken Lauenstein ist zwar aus dem FFH-Gebiet Müglitztal ausgenommen, das Müglitztal-Ökosystem wird trotzdem zerschnitten – das FFH-Gebiet setzt sich ja oberhalb fort. (weil der Freistaat Sachsen die Meldung seiner FFH-Gebiete so lange herausgezögert hatte, bis die EU mit schmerzhaften Sanktionen drohte. In der Zwischenzeit konnten die Hochwassertechnokraten noch in aller Ruhe das Müglitztal oberhalb Lauenstein zur Minna machen).
  • Mehrere weitere Hochwasserdämme sind im Müglitztalgebiet geplant (Prießnitztal, Trebnitzgrund, Schlottwitzbachtal). In ihrer Summe werden diese nahezu alle Seitentäler als Refugialgewässer von gefährdeten (FFH-)Arten von der Müglitz abschneiden. In einem Havariefall oder einer anderen unvorhergesehenen Störung des Hauptgewässers können insbesondere die Fische nicht mehr in die Seitengewässer ausweichen.
  • (S. 33 FFH) Für die natürliche Bachauendynamik wichtige „Ausuferungen“ werden bei Hochwasserereignissen sehr wohl verhindert (ist ja auch das erklärte Ziel eines Hochwasserdammes), wie zur Schneeschmelze 2006 unterhalb von Lauenstein zu beobachten war. Selbst der Zufluß vom Roten Wasser reichte hier nicht für eine Überschwemmung der Bachauewälder bei Bärenstein aus! Die infolge der Hochwasserschadensbeseitigungskatastrophe ab 2002 begonnenen Florenveränderungen setzen sich fort.
  • (S. 34 FFH) Kohärenzsicherung heißt, den funktionalen Zusammenhang des bestehenden Erlen-Bachauewaldes zu wahren – und nicht, irgendwo neue Erlen zu pflanzen! ein weiteres eklatantes Beispiel, wie versucht wird, die Vorschriften der FFHRichtlinie irgendwie für die beabsichtigte Naturzerstörungsmaßnahme zurechtzubiegen.
  • (S. 43/44 FFH) Die angeblich „zwingenden Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses“ beziehen sich allein auf das dubiose Hochwasserschutzkonzept der Landestalsperrenverwaltung. In diesem werden jedoch landschaftsangepaßte Alternativen zu den Hochwasserdämmen gar nicht ernsthaft in Erwägung gezogen. Das HWSK steht außerdem auf ziemlich tönernen Füßen, weil für die aus der Hochwasseranalyse 2002 resultierenden Computermodelle kaum zuverlässige Daten zur Verfügung standen (unter anderem waren fast alle Pegel ausgefallen!)

==> Vor einer Ausnahmegenehmigung nach FFH-Recht muß das Hochwasserschutzkonzept gründlich auf den Prüfstand!

  • (S. 48 FFH) Straßenneubau: „Nullvariante“ wurde vom Landratsamt abgelehnt – das dürfte wohl kaum eine der FFH-Richtlinie genügende Begründung sein (sind die der liebe Gott oder eine andere über EU-Recht stehende Institution?)

Landschaftspflegerischer Begleitplan (LBP)

  • (S. 8 LBP) Liste der Geschützten Biotope sehr unvollständig und nicht korrekt, richtig wäre:

– Seggen- und binsenreiche Naßwiesen

– Sumpf- und Auwälder

– natürliche oder naturnahe Bereiche fließender und stehender Binnengewässer

einschließlich ihrer Ufer und der dazugehörigen uferbegleitenden natürlichen oder

naturnahen Vegetation

– magere Frisch- und Bergwiesen

– höhlenreiche Altholzinseln (randlich vom Dammbau betroffen)

– offene Felsbildungen (randlich vom Dammbau betroffen)

– Steinrücken (unterer Teil von Biotopnr. 165 im Einstaubereich)

==> Aufgrund der planerischen Ignoranz gegenüber den tatsächlich betroffenen Arten und Biotopen ist die Kalkulationsgrundlage für die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen unzureichend ==> wesentlich größerer Umfang erforderlich!!!