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Kulturlandschaft braucht pflegliche Nutzung
Das Ost-Erzgebirge beherbergt mannigfaltige Kulturlandschaften – abwechslungsreiche Naturerlebnisse für Bewohner und Besucher, spannende Geschichte und Geschichten, vor allem aber: vielgestaltige Lebensräume für tausende Pflanzen- und Tierarten.
Wie es hier vor tausend oder zweitausend Jahren ausgesehen haben mag, bleibt weitgehend Spekulation. Vielleicht bedeckte tatsächlich undurchdringlicher „Dunkelwald“ – der sagenumwobene Miriquidi – die Region zwischen Elbe, Mulde und Nordböhmischem Becken. Vielleicht sorgten aber auch Wisente und Auerochsen für natürliche Halboffenlandschaften. So manchen ursprünglichen „Wildnisbiotope“ jedenfalls dürften heute unwiederbringlich verloren sein, etwa die offenen Schotterauen der Wildbäche, die heute von teils meterdicken Auelehmen (Erosionsmaterial der oberhalb liegenden Ackerflächen) überdeckt sind.
Seit Beginn der zielgerichteten Kolonisierung der Region im 12./13. Jahrhundert sowie einer zweiten Besiedlungswelle im Zuge des „Berggeschreys“ hat der Mensch die Landschaft gründlich umgekrempelt. Mit Äxten und Pflügen, vermutlich auch reichlich Feuer, mit Rindern, Schafen und Ziegen wurde aus Wäldern Offenland. Allerdings vielerorts sehr strukturreiches Offenland, „dank“ der vielen Steine, die beim Wenden der Scholle an die Oberfläche kamen und als Steinrücken aufgeschichtet werden mussten. Der Bergbau hinterließ Halden und Pingen, Stolln und Schächte, Teiche und Kunstgräben. Ab dem 19. Jahrhundert begannen Fichtenforsten und Bergwiesen weite Teile des Ost-Erzgebirges zu prägen.
So manche Tier- und Pflanzenart der Ur-Wildnis blieb bei dieser Kulturlandschaftsentwicklung sicher auf der Strecke. Anderen hingegen kamen die vielen menschengemachten Habitate sehr zupasse. Das Höchstmaß an Biodiversität wurde vermutlich Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts erreicht. Seither geht es bergab.
Rapide bergab. Schadstoffe in Gewässern, Böden und Atmosphäre haben die Existenzbedingungen vieler Arten arg begrenzt. Straßen, Städte, Gewerbegebiete begraben wertvolle Biotope. Vor allem aber hat sich die „Landkultur“ in eine Richtung entwickelt, die mit der traditionellen „Kulturlandschaft“ nicht mehr viel zu tun hat. Artenvielfaltfördernde Landwirtschaft auf kleinen Flächen, womöglich mit Sense, Kartoffelhacke und zwei oder drei Erzgebirgsziegen (die Rasse gilt seit etwa 20 Jahren als ausgestorben!), lohnt sich rein wirtschaftlich überhaupt nicht mehr. Geld können Landwirte heute mit Mais- und Rapsäckern verdienen, möglichst groß, möglichst maschinentauglich.
Biotoppflege heute
Und dennoch gibt es auch heute viele Möglichkeiten, Natur pfleglich zu nutzen oder, wo Nutzung wirtschaftlich wirklich nicht mehr möglich ist, die Zentren der Biologischen Vielfalt zu pflegen.
Man kann als Besitzer/Nutzer von Wiesen, Weiden oder Waldflächen über entsprechende Fördergelder (deren Beantragung heute leider alles andere als einfach ist!) einen wichtigen Beitrag für die Erhaltung der Artenvielfalt leisten. Nicht wenige Unternehmer erkennen inzwischen auch die Potentiale des Grünlandes und der Steinrücken in den Schutzgebieten des Ost-Erzgebirges.
Aber auch kleine Maßnahmen im Garten oder rund ums Haus bringen in der Summe sehr viel für heimische Pflanzen und Tiere. Mit der Broschürenreihe „Biotope richtig pflegen“ versucht die Grüne Liga Osterzgebirge, ganz praktische Tipps zu vermitteln.
Oder aber man bringt sich ein bei den praktischen Naturschutzeinsätzen der Umweltvereine. Die Grüne Liga Osterzgebirge lädt alljährlich zum Heulager ein, zum Schellerhauer Naturschutzpraktikum, zum Bäumchenpflanz– und zum Apfel-Wochenende, sowie zu etlichen weiteren Mitmach-Naturschutzeinsätzen.
Ohne praktische Biotoppflege wäre das Ost-Erzgebirge erheblich ärmer – ärmer an Pflanzen- und Tierarten, aber auch ärmer an erfüllenden gemeinsamen Naturerlebnissen.
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