Schwarz-Erle (Alnus glutinosa)
Höhe: 20 m / Umfang: 3,90 m (2021)
Zustand 2024: weitgehend unverändert;
Ende Mai endlich (> 10 Jahre nach Unterschutzstellung) mit einem ND-Schild versehen
Zustand 2021: vital und noch stabil, aber im bachseitigen Teil zunehmende Faulhöhle (potentielles Fledermausquartier)
Beschreibung bei baumdenkmale.org (2023):
Schwarz-Erlen gehören eher zu den relativ kurzlebigen Vertretern der heimischen Gehölzflora: unter geeigneten – d.h. ausreichend nassen – Standortbedingungen wachsen sie zwar schnell heran, doch schon nach wenigen Jahrzehnten kulminiert die Entwicklung, und die meisten Erlenleben enden bereits nach 80 bis 100 Jahren. [1]
Entsprechend sind auch die maximal erreichbaren Dimensionen eher bescheiden im Vergleich etwa mit Eichen oder Linden. Brusthöhendurchmesser (Stammdurchmesser ermittelt aus dem Umfang in 1,30 m Höhe) von über einem Meter sind recht selten. Der deutschlandweite Rekordhalter im Schlosspark von Branitz (bei Cottbus) kommt auf über 2 m BHD. Dagegen nimmt sich der derzeitige sächsische „Rekordbaum“ der Art Alnus glutinosa mit BHD 1,24 m vergleichsweise bescheiden aus. [2]
Die betreffende Schwarz-Erle am Liebenauer Bach war noch vor 10 Jahren der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt. 2014 erfolgte die Unterschutzstellung als Naturdenkmal durch die zuständige Naturschutzbehörde, seither aber noch keine Kenntlichmachung im Gelände mit einem ND-Schild. [3]
Dabei wäre dies nicht unwichtig. Noch auf einem Luftbild von Anfang 2002 sind am Liebenauer Bach mehrere weitere, ähnlich große Erlen zu erkennen.[4] Dann kam das große Sommerhochwasser, und danach die Kettensägen. Auch entlang der Trebnitz und ihrer Zuflusse verschwanden viele Bäume einschließlich der eigentlich für die Uferstabilisierung enorm wichtigen Erlen.
Warum auch immer, durfte diese Schwarz-Erle jedenfalls weiterwachsen, obwohl sie vermutlich schon damals „Schäden“ aufwies. Auf der bachzugewandten Seite ist offenbar schon vor längerer Zeit ein tiefer Ast oder Teilstamm herausgebrochen. Hier klafft seither eine große, weit im Stamm nach oben reichende Höhlung. Diese Habitatstruktur, die auch als Fledermaus-Sommerquartier infrage käme, führte zur Aufnahme des Baumes in die faunistischen Untersuchungen des Naturschutzinstituts Freiberg an ausgewählten Baumdenkmalen. Die Erwartung konnte zwar nicht bestätigt werden, aber immerhin nutzen Bart-, Mücken- und Zwergfledermaus sowie wahrscheinlich noch weitere Arten die Ufergehölze als Flugkorridor und Nahrungshabitate. Bedeutsam für Fledermäuse und Vögel sind außerdem einige in der Nähe vorhandenen, höhlenreichen Bruchweiden. [5]
Angrenzend an den Bach und seinen Ufergehölzsaum erstreckt sich ein Streifen Dauergrünlands, das früher gemäht, jetzt aber vermutlich als Dauerweide genutzt wird. Damit die alte, höhlenreiche und vermutlich schon deutlich über hundert Jahre alte Schwarz-Erle noch möglichst lange die Landschaft bereichern kann, ist unbedingte Schonung des Wurzelbereichs erforderlich – sowohl bei landwirtschaftlicher Nutzung als auch bei Maßnahmen der Gewässerunterhaltung.
Immerhin ist die Gefahr des Austrocknens selbst bei Dürrephasen wie 2018/19 gering. Während der benachbarte Oberlauf der Trebnitz über viele Monate komplett trockengefallen war, floss im Liebenauer Bach immer noch Wasser aus der Kläranlage des oberhalb liegenden Dorfes.
Quellen:
[1] Schmidt, Peter.A. & Hecker, Ulrich (2020): Die wildwachsenden und kultivierten Laub- und Nadelgehölze Mitteleuropas. Quelle&Meyer Wiebelsheim
[2] https://ddg-web.de/rekordbaeume.html (22.2.23)
[3] ND-Kurzwürdigung unter osterzgebirge.org/nd-schwarz-erle-am-liebenauer-bach
[4] www.geoportal.sachsen.de, Historische DOP 1995-2004 (22.02.23)
[5] Naturschutzinstitut Freiberg, 2022, Erfassungen zur Nutzung von Baumdenkmalen im Osterzgebirge durch Vögel und Fledermäuse. https://osterzgebirge.org/wp-content/uploads/2022/12/Baeume-OERZ-2022-09-29.pdf
Kurzwürdigung zur Beantragung als Naturdenkmal (2010):
Die Schwarz-Erle Alnus glutinosa ist bislang mit nicht einem einzigen Exemplar unter den Naturdenkmalen des Ost-Erzgebirges repräsentiert. Dies ist sicherlich dem Umstand geschuldet, dass Erlen selten so mächtige Dimensionen erreichen, dass sie mit den als ND bisher favorisierten Eichen und Linden mithalten konnten.
Im Gehölzsaum am Liebenauer Bach, zwischen Klärwerk Liebenau und Wald, steht ein für die Art sehr dickes (3,80 m Umfang!) Exemplar, das nunmehr unter Schutz gestellt werden soll. Auch wenn der untere Stamm bereits stark ausgehöhlt ist, erscheint der Baum dennoch recht stabil. Die Merkmale hohen Alters gehen mit einem großen Biotopwert einher. Die nach oben geschlossene Haupthöhle im unteren Stammbereich beispielsweise bietet ein perfektes potentielles Fledermausquartier.
Viele Schwarz-Erlen wurden im Ost-Erzgebirge nach dem Hochwasser 2002 beseitigt, darunter auch einige bemerkenswerte Alt-Erlen im Trebnitzgrund (FFH-Gebietes Trebnitztal 41E). Dies geschah fast immer in Unkenntnis der großen Bedeutung von Erlenwurzeln für die Stabilisierung der Uferbereiche. Daher ist es besonders wichtig, bei allen eventuellen Gewässerunterhaltungs- (oder Renaturierungs-)Maßnahmen am begradigten Liebenauer Bach, die hier wachsenden Erlen zu bewahren. Bei den meisten handelt es sich um relativ junge Bäume, zwischen denen das als ND vorgesehene Exemplar verborgen ist. Angrenzend an den Bach befindet sich artenarmes Weideland.
Die Unterschutzstellung des Baumes wurde vorgeschlagen vom Kreisnaturschutzbeauftragten Lutz Hennig.
ND-Nr.: wrk123
Gemarkung: Liebenau
Flurstück: 482/3
Koordinaten: 50.8048794N, 13.8244153E (Gauss-Krüger: 5417270 / 5630588)
Umfang: 3,80 m
Höhe: 19
Erlebniswert: unter den sonstigen Ufergehölzen relativ unauffällig; beliebter Wanderweg in ca. 100 m Entfernung
Gesundheitszustand: viel Totholz, aber trotzdem stabil
Naturschutzwert: totholz- und höhlenreich
Pflegebedarf: keine Maßnahmen, Verkehrssicherung nicht nötig, Wurzelraum sichern, insbesondere vor irgendwelchen Gewässerunterhaltungsmaßnahmen schützen! In mehrjährigem Abstand kontrollieren, ob irgendwelche Stabilisierungseingriffe nötig sind, um den alten Baum so lange wie möglich Standfestigkeit zu gewährleisten.