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Es ist alles geregelt in Deutschland … sollte man meinen angesichts der Unzahl an Gesetzen, Verordnungen, Planungen … für Normalbürger kaum zu überschauen. Dies betrifft auch die rechtlichen und regionalplanerischen Rahmenbedingungen des Naturschutzes.
Um die Biologische Vielfalt auf EU-Gebiet zu erhalten, haben sich die Mitgliedsstaaten 1979 zunächst auf die „Richtlinie über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten“ (RL 79/409/EWG, kurz: Vogelschutz-Richtlinie), 1992 dann auf die umfassendere „Fauna-Flora-Habitatrichtlinie“ (FFH-Richtlinie, 92/43/EWG) geeinigt. Diese enthalten ziemlich konkrete Vorschriften zum Schutz bestimmter Arten und Lebensräume „von gemeinschaftlichem Interesse“. Kern ist die Schaffung eines „kohärenten“ (im Sinne von: Biotopverbund) europäischen Schutzgebietsnetzes namens NATURA 2000.
Ebenfalls von Naturschutz-Relevanz ist darüberhinaus die im Jahr 2000 in Kraft getretene Wasserrahmenrichtlinie der EU.
Diese europäischen Vorschriften gelten jedoch nicht unmittelbar, sondern mussten/müssen durch die jeweiligen Mitgliedsstaaten in nationales Recht umgesetzt werden.
Deutschland ist ein föderaler Staat. Insofern steht dem Bundestag auch in vielen Umweltbelangen lediglich eine gesetzgeberische Rahmenkompetenz zu, die den einzelnen Bundesländern mehr oder weniger große Gestaltungsmöglichkeiten für eigene Landesgesetze gibt. Im Sinne „konkurrierender Gesetzgebung“ können die Länder in vielen Fällen auch von den Vorgaben des Bundes abweichen (wovon Sachsen im Naturschutzbereich durchaus Gebrauch macht).
1976 trat das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) in Kraft. Nach der Wende ersetzte das BNatSchG das DDR-Landeskulturgesetz, wobei einzelne Ost-Regelungen gemäß des Einigungsvertrags übernommen wurden (z.B. Flächennaturdenkmale, „Naturschutz-Eule“). Seither wurde das Bundesnaturschutzgesetz immer wieder überarbeitet. Die aktuelle Fassung stammt aus dem Jahr 2009.
Für den Schutz von Gewässern und Grundwasser setzt das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) den bundesrechtlichen Rahmen;
für Wälder und Forsten das Bundeswaldgesetz (BWaldG).
Bezeichnenderweise existiert für landwirtschaftlich genutzte Flächen kein entsprechender Rechtsrahmen in Form eines „Bundesagrargesetzes“ (das nur wenige Paragrafen umfassende „Bundeslandwirtschaftsgesetz“ aus dem Jahr 1955 hat nur noch zeitgeschichtliche Bedeutung). Stattdessen versucht der Staat, den Landwirtschaftsbereich durch eine Vielzahl unterschiedlicher Gesetze zu regulieren. Dazu zählen unter anderem das Bundesbodenschutzgesetz (BBodSchG); das Düngegesetz, das Flurbereinigungsgesetz (FlurbG), das Pflanzenschutzgesetz (PflSchG), das Tierschutzgesetz (TierSchG), das Ökolandbaugesetz (ÖLG) – um nur einige naturschutzrelevante Paragrafenwerke der Bundesrepublik zu erwähnen.
Neben den Gesetzen, die in vielen Dingen – wie erwähnt – nur einen Rahmen für die Gesetzgeber der einzelnen Bundesländer bilden, gibt es auch deutschlandweit geltende Verordnungen, die auf den Bundesgesetzen basieren. Wichtig ist in diesem Zusammenhang insbesondere die Bundesartenschutzverordnung (BArtSchV).
Sozusagen „eingeklinkt“ in das Bundesnaturschutzgesetz ist das Sächsische Naturschutzgesetz (SächsNatSchG, „Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege im Freistaat Sachsen) – mit zum Teil weitergehenden, aber auch allzuvielen „aufweichenden“ Regelungen. Eine sehr gute Zusammenstellung von Bundes- und Sächsischem Naturschutzgesetz bietet die Broschüre „Naturschutzrecht in Sachsen 2017“ des SMUL: https://publikationen.sachsen.de/bdb/artikel/10792.
Analog zum Naturschutzgesetz gibt es auch das Sächsische Wassergesetz (SächsWG);
das Sächsische Waldgesetz (SächsWaldG);
das Sächsische Kreislaufwirtschafts- und Bodenschutzgesetz (SächsKrWBodSchG – bitte Aussprache üben!).
Auch hier gilt wiederum: es existiert kein „Sächsisches Agrargesetz“, das – vergleichbar zum Forst- oder Gewässerbereich – den umweltgerechten Umgang mit den Naturressourcen der Agrarlandschaften umfassend regeln würde. Stattdessen ein Geflecht von direkt wirkenden Bundesgesetzen und -verordnungen einerseits sowie sächsischen Verordnungen andererseits. Zu letzteren zählen beispielsweise die Sächsische Pflanzenschutzverordnung und die Sächsische Düngerechtsverordnung (SächsDüReVO)
Mit der „Verwaltungs- und Funktionalreform“ 2008 zwangsvereinigte die sächsische Regierung nicht nur die Landkreise, sondern verlagerte auch die Verantwortung für viele Staatsaufgaben auf die unteren Ebenen der Verwaltung. Im Bereich Naturschutz betrifft dies vor allem die Zuständigkeit des Landratsamtes für die Schutzgebiete. Die Untere Naturschutzbehörde erarbeitet (und der Kreistag beschließt) unter anderem die Verordnungen für neue Naturschutzgebiete und Naturdenkmale. Für alte, noch aus DDR-Zeiten stammende Schutzgebiete werden nach und nach die größtenteils nicht mehr zeitgemäßen Unterschutzstellungsakten überarbeitet und „rechtssicher“ gemacht.
Ähnlich wie Naturschutzgebiete durch die Untere Naturschutzbehörde, so obliegen auch die Rechtsverordnungen für (Trink-)Wasserschutzgebiete der Unteren Wasserbehörde des Landratsamtes.
Neben Gesetzen und Verordnungen legt auch die
Landes- und Regionalplanung
Rahmenbedingungen für Umwelt- und Naturschutzbelange fest. Grundlage dafür ist das Gesetz zur Raumordnung und Landesplanung (Landesplanungsgesetz – SächsLPlG).
2013 wurde der aktuelle Landesentwicklungsplan (LEP 2013) in Kraft gesetzt. Wenngleich sehr stark von wirtschaftlichen Interessen geleitet, postuliert der LEP unter anderem „Vorrang- und Vorbehaltsgebiete Natur und Landschaft“, „Unzerschnittene verkehrsarme Räume“ und „Landesweiten Biotopverbund“ – wobei diese Kategorien hinreichend unverbindlich bleiben, im Gegensatz etwa zu den Straßenbauvorhaben.
Detaillierter als im LEP sollen die Regionalpläne sein, die Regionalen Planungsverbände (als Zusammenschlüsse von Kreisen und Städten) aufstellen. Das Ost-Erzgebirge (bzw. dessen deutscher Teil) ist dabei wieder gespalten zwischen dem Regionalen Planungsverband Oberes Elbtal/Osterzgebirge (Landkreise SSO und Meißen plus Stadt Dresden) und dem Planungsverband Region Chemnitz (Mittelsachsen, Erzgebirgs- und Vogtlandkreis, Chemnitz, Zwickau).