Natur im Osterzgebirge

FND Wiese nahe der Röthenbacher Mühle

Unterschutzstellung: Verordnung des Landratsamtes Sächsische Schweiz-Osterzgebirge zur Festsetzung von Flächennaturdenkmalen, vom 19. Februar 2013

Gemarkung: Beerwalde

Flurstück: 489/1 teilweise

Eigentümer: Freistaat Sachsen – Sachsenforst

Größe: ca. 0,5 ha

Lage: Die Wiese liegt circa 400 m nörd­lich der ehemaligen Röthenbacher Mühle am äußeren rechten Talsohlen­rand auf einer eiszeitlichen Hangter­ras­se der Wilden Weißeritz, 2 km westlich des Oberdorfes von Reichstädt. Höhenlage: 430 – 440 m üNN.

Kurzcharakteristik: Die seit fast 20 Jahren mehr oder weniger naturschutzgerecht gepflegte Wiese an der Röthenbacher Mühle ist eine der nördlichsten und am tiefsten liegenden Berg-Wiesen im Gebiet der Wilden Weißeritz. Der geologische Untergrund wird von Biotitgneis gebildet. Die Bergwiesen gedeihen auf bodenfrischen Standorten mit Braunerden und nehmen den größten Flächenanteil der Wiese ein. Kleinflächig wachsen Feuchtwiesen im angrenzen­den Bereich eines kleinen Baches, der zur Weißeritz fließt. Hier wurden die grundwasser­be­einflussten Bodenprofile als Humusgley und Braunerde-Gley angesprochen. Der kleine Bin­sen­sumpf am westlichen Rand der Wiese wird dagegen durch den Einfluss von Stauwasser geprägt. Hier findet sich ein Anmoor-Stagnogley.

Stattliches Knabenkraut auf dem FND 2009

Diese Wiese zeichnet sich durch artenreiche Bergwiesenbestände (Storchschnabel-Goldhafer­wiese, westliche Variante der typischen Subassoziation) aus. Sie bedecken fast 90 % der Gesamtfläche. Kleinflächig sind Feucht- und Nasswiesenstellen eingelagert, wobei die Berei­che in der nordwestlichen Ausbuchtung der Wiese durch ein individuenreiches Vorkommen von Breitblättrigem Knabenkraut Dactylorhiza majalis besonders erwähnenswert sind. Die Böschung zum tiefergelegenen Grünland am nördlichen Ende der Wiese ist Wuchsort des seltenen Stattlichen Knabenkrautes Orchis mascula.

Wenn auch nicht alle, so lassen sich doch immerhin die meisten der typischen Bergwiesen­arten des westlichen Ost-Erzgebirges auf der Wiese an der Röthenbacher Mühle finden: Wald-Storchschnabel Geranium sylvaticum, Bärwurz Meum athamanticum, Weicher Pippau Crepis mollis, Alantdistel Cirsium heterophyllum.

Andererseits zeigt das Vorkommen von Wiesen-Flockenblume Centaurea jacea die Lage an der Grenze zum Unteren Bergland.

In Teilen der Wiese dominieren Gräser das Bild, vor allem Rot-Schwingel Festuca rubra, Rotes Straußgras Agrostis capillaris, Ruchgras Anthoxanthum odoratum, Wolliges Honiggras Holcus lanatus, in feuchteren Bereichen auch Wiesen-Fuchsschwanz Alopecurus pratensis. Teilweise bietet sich aber auch ein recht buntes Bild, wahrscheinlich vor allem da, wo der schmarotzende Kleine Klappertopf Rhinanthus minor die Konkurrenzkraft der Gräser ein­schränkt. Zu den vielen Frischwiesenarten gehören: Rundblättrige Glockenblume Campanula rotundifolia, Rot-Klee Trifolium pratense, Margerite Leucanthemum vulgare, Gamander-Ehrenpreis Veronica chamaedrys, Spitz-Wegerich Plantago lanceolata, Scharfer und Gold­schopf-Hahnenfuß Ranunculus acris, R. auricomus, Frauenmantel Alchemilla vulgaris agg., Wiesen-Bärenklau Heracleum sphondylium, Sauerampfer Rumex acetosa, Vogel-Wicke Vicia cracca, Gewöhnliches Hornkraut Cerastium holosteoides

Im Umfeld des Baches wächst ein räumlich wie zeitlich sehr wechselhaftes Feuchtwiesen­mosaik, in dem in unterschiedlichen Mächtigkeiten folgende Arten vertreten sind: Weißes Straußgras Agrostis stolonifera, Gewöhnliches Rispengras Poa trivialis, Wald-Simse Scirpus sylvaticus, Flatter-Binse Juncus effusus (vermutlich durch Schweinesuhlen gefördert), Sumpf-Dotterblume Caltha palustris, Hohe Schlüsselblume Primula elatior,

Kohl-Kratzdistel Cirsium oleraceum, Rauhaariger Kälberkropf Chaerophyllum hirsutum, Mädesüß Filipendula ulmaria, Wald-Engelwurz Angelica sylvestris, Sumpf-Garbe Achillea ptarmica, Kuckucks-Lichtnelke Silene flos-cuculi, Kleiner Baldrian Valeriana dioica, Bren­nender Hahnenfuß Ranunculus flammula, Sumpf-Veilchen Viola palustris sowie diverse Seggen Carex panicea, C. nigra, C. demissa, C. echinata, C. pallescens und Schmalblättriges Wollgras Eriophorum angustifolium.

Südlich der kleinen „Schlucht“ beherrscht die Spitzblütige Binse Juncus acutiflorus eine weitere Nass-Stelle, komplettiert von ihren treuen Begleitern Sumpf-Pippau Crepis paludosa und Sumpf-Vergissmeinnicht Myosotis nemorosa.

Zum besonderen Wert des Biotop-Komplexes tragen die Seidelbaststräucher Daphne mezere­um am Waldrand bei.

(Pflanzenaufnahmen Ralf Schmiede 2004)

Pflege:  Anfang der 1990er Jahre nahm die Grüne Liga Osterzgebirge auf der Wiese an der Röthenbacher Mühle die Pflegemahd auf, Ende der 1990er Jahre übergab sie die Biotoppflege an einen privaten Landwirt, der sich seither dieser Aufgabe offenbar ebenfalls mit viel persön­lichem Einsatz widmet. Durch das ausgeglichene Relief kann bei der Mahd ein Traktor mit Scheibenmähwerk eingesetzt werden. Die Nasswiesenbereiche werden jedoch von Hand mit der Sense (!) gemäht. Der Standort von Orchis mascula wurde mehrere Jahre lang nach einer Auflage der Unteren Naturschutzbehörde circa einen Monat früher durch Sensenmahd ge­pflegt. Die Bewirtschaftung wird außerdem durch die Lage im tief eingeschnittenen Tal der Wilden Weißeritz erschwert, da der lange Anfahrtsweg von Reichstädt auf einigen Abschnit­ten sehr steil geneigt ist.

Das Pflegeziel besteht in der Erhaltung einer arten- und blütenreichen Bergwiese mit gün­sti­gen Habitatbedingungen für das Stattliche Knabenkraut.

Beeinträchtigungen: Entlang der gesamten Wiese verläuft ein Pfad, der offenbar zunehmend auch als Fahrweg für Arbeiten in dem dahinterliegenden Forst oder für Jagdzwecke genutzt wird. Bei feuchter Witterung führt dies zu erheblichen Bodenschäden, was nachfolgende Fahrzeuge wahrscheinlich veranlasst, über die Wiese auszuweichen. Soll die Wiese ihren Naturschutzwert behalten, müssen diese Befahrungen unterbunden oder zumindest minimiert werden.

Schutzbedürftigkeit: Der besondere Wert der Wiese besteht einerseits an ihrer guten floristi­schen Ausprägung mitsamt seltenen Arten, andererseits auch im Fehlen anderer Wiesen des Mittleren Wildweißeritzgebietes im Schutzgebietssystem. Auch wenn derzeit die Pflege sehr positiv einzuschätzen ist, besteht gerade bei isolierten Waldwiesen stets die latente Gefahr der Nutzungsaufgabe oder gar der Aufforstung. Die Unterschutzstellung soll den langfristigen Erhalt des Biotops sichern helfen.

Schutzzweck:

Erhaltung von gefährdeten Biotopen: Bergwiese (RLS: stark gefährdet), Binsensumpf (RLS: gefährdet), sonstiges artenreiches Feuchtgrünland (RLS: gefährdet)

Erhaltung gefährdeter Pflanzengesellschaften: Geranio sylvatici-Trisetetum (RLS: stark ge­fähr­det), Crepis paludosa-Juncus acutiflorus-Gesellschaft (RLS: gefährdet)

Erhaltung des FFH-Lebensraumtypsb 6520 Berg-Mähwiese angrenzend an das NATURA-2000-Gebiet 37E „Täler von Vereinigter und Wilder Weißeritz“

Erhaltung des Lebensraumes gefährdeter Pflanzenarten: Stattliches Knabenkraut Orchis mascula  (RLS: Vom Aussterben bedroht), Breitblättriges Knabenkraut Dactylorhiza majalis (RLS: stark gefährdet), Kleiner Baldrian Valeriana dioica (RLS: gefährdet), Schmalblättriges Wollgras Eriophorum angustifolium (RLS: gefährdet), Kleiner Klappertopf Rhinanthus minor (RLS: gefährdet), Seidelbast Daphne mezereum (RLS: gefährdet)

Erhaltung eines struktur- und grenzlinienreichen Gesamtlebensraumes.

aus: Schmiede, Ralf (2004): Vegetationskundliche Analyse und naturschutzfachliche Bewertung ausgewählter Grünlandbiotope im Osterzgebirge; Diplomarbeit, TU Dresden