Natur im Osterzgebirge

ND Feld-Ulme Oberkipsdorf

Zustand 2024: Dieses Jahr zeigt der Naturdenkmalbaum eine auffallend schüttere Krone, offenbar infolge von Spätfrostschäden im Mai (durch Grundstücksbesitzer bestätigt). Die Blätter sind feldulmentypisch klein (wie immer), doch oberseits bergulmenartig rau (anders als in den Vorjahren). Es müsste geprüft werden, ob es sich nicht doch um die Kreuzung  Ulmus x hollandica anstatt einer „echten“ Feld-Ulme handelt. Die Ortsansässigen bezeichnen den Baum übrigens als „Bergulme“.

Nach wie vor werden zwei natürliche Nachkommen in unmittelbarer Nähe des Altbaumes von den Grundstücksbesitzern mit Drahtkörben geschützt.

im Juni ND-Schild aufgestellt (schon weniger als elf Jahre nach der offiziellen Unterschutzstellung)

Hinweis sowohl vom Baumbesitzer als auch von einem zufällig vorbeifahrenden Mitarbeiter des Bauhofes: „Lichtraumprofilschnitt“ für die angrenzende Straße wäre erforderlich => besser vorsichtigen und fachgerechten Rückschnitt durch einen ausgebildeten Baumpfleger als durch den Bauhof!

 

Zustand 2021: vital und ohne erkennbare Schäden, in der Nähe zwei kleine Exemplare Naturverjügung (durch den Besitzer Verbisschutz angebracht)

Höhe: 15 m (wie 2010) / Umfang: 2,80 m (2010: 2,40 m)

 

Beschreibung bei baumdenkmale.org (2023):

Die Feld-Ulme gilt eigentlich als Art der Hartholz-Auenwälder im Tiefland [1], im Bergland ist sie eigentlich nicht zuhause. Vermutlich handelt es sich bei dem Exemplar, das auf ca. 620 m üNN oberhalb von Kipsdorf wächst, um das höchstgelegene seiner Art im Erzgebirge.

Bereits Mitte der 1990er Jahre beantragte die Grüne Liga Osterzgebirge die Unterschutzstellung als Naturdenkmal. Dies wurde von der Landkreisbehörde damals nicht zur Bearbeitung angenommen, offensichtlich um den zeitgleich geplanten (und erfolgten) Ausbau samt Asphaltierung des daran vorbeiführenden Feldwegs zwischen Oberkipsdorf und Wegkreuzung Alte Böhmische Straße nicht zu behindern. Diese Wegkreuzung samt Rastplatz, knapp 50 m westlich des Baumes, wird historisch als „Heinrichsruhe“ bezeichnet[2].

Die Beeinträchtigung des Wurzelbereichs durch den Straßenbau hat die Feld-Ulme Oberkipsdorf dann doch erfreulich gut verkraftet und präsentiert sich nach wie vor als prächtiger, dichtkroniger Solitärbaum. 2014 erfolgte dann doch noch die Ausweisung als offizielles Naturdenkmal [3], auch wenn noch immer keine Beschilderung darauf hinweist.

Feld-Ulmen sind die am heftigsten vom „Ulmensterben“ – einer eingeschleppten Pilzkrankheit – heimische Ulmenart.[1] Glücklicherweise wurde das Naturdenkmal noch nicht befallen (während die mächtigen Berg-Ulmen am Forstamt Bärenfels, nur etwas mehr als einen Kilometer Luftlinie entfernt, seit ca. 2010 komplett ausgefallen sind).

Bei den „Rekordbäumen“ der Deutschen Dendrologischen Gesellschaft wird die Feld-Ulme Kipsdorf aktuell als drittstärkste Vertreterin ihrer Art in Sachsen gelistet [4]. Der dafür 2015 gemessene Brusthöhen-Umfang lag bei 2,45 m (etwas mehr als bei der Aufnahme für die ND-Ausweisung wenige Jahre zuvor). 2021 wurde der Umfang mit 2,80 m ermittelt. Wegen der vielen knolligen, krebsartigen Stammausformungen sind derartige Messungen an dem Baum mit erheblichen Unsicherheiten verbunden. Aber auch der Vergleich von Fotos legt fortgesetztes Dickenwachstum nahe. In der Höhe scheint mit 15 m das Maximum erreicht zu sein – mehr Energieaufwand muss der Baum hier nicht treiben. Zumal in der exponierten Lage immer wieder Rauheislasten zu kleineren und auch größeren Astabbrüchen führen.

Bei der Rekordbaum-Eintragung wird eine Entstehung dieser Ulme um 1910 postuliert. Dies erscheint einerseits plausibel. Beim Messtischblatt von 1881 sind noch keine Bäume am Weg verzeichnet. Auf den nachfolgenden Auflagen von 1912 und 1942 sollen einzelne wegbegleitende Punkte vermutlich Alleebepflanzung symbolisieren. Andererseits zeigen historische Fotos bereits größere Bäume an dem Weg, so 1913 ein Einzelbaum möglicherweise an gleicher Stelle wie die heutige Feld-Ulme [5], 1925 im Fernblick eine lückige Baumreihe [6]. Genaueres konnte zur Historie dieses sehr interessanten und ungewöhnlichen Baumes bislang leider nicht in Erfahrung gebracht werden.

Dafür wird aber durch den Besitzer des Grundstücks in vorbildlicher Weise für die Zukunft der Feld-Ulme hier gesorgt: der Baum hat einzelne Naturverjüngung hervorgebracht, die nun durch Einzelbaumschutz vor Wildverbiss geschützt wird.

Mindestens ebenso wichtig indes ist der behutsame Umgang mit dem Naturdenkmal selbst. Jegliche weitere Ausbaumaßnahmen der Straße sind zu unterlassen. Auch sollte über geeignete Maßnahmen nachgedacht werden, den Stamm vor unbedachten Beschädigungen zu schützen.

Damit die Feld-Ulme Oberkipsdorf noch lange Naturfreunde [7]  und Künstler [8] erfreuen kann.

(Immerhin gelten hier die Vorzüge des Höhenluftkurorts Kipsdorf: „Nervöse finden insbesondere wohltuende Ruhe, da rauschende Vergnügungen und zweifelhafte musikalische Genüsse mit großer Peinlichkeit ferngehalten werden.“ [9])

Quellen:

[1] Schmidt, Peter.A. & Hecker, Ulrich (2020): Die wildwachsenden und kultivierten Laub- und Nadelgehölze Mitteleuropas. Quelle&Meyer Wiebelsheim, S.590

[2] Wanderkarte Umgebung Altenberg 1911. www.deutschefotothek.de/documents/obj/90054797

[3] Kurzwürdigung unter osterzgebirge.org/nd-feld-ulme-oberkipsdorf

[4] https://ddg-web.de/rekordbaeume.html (13.3.23)

[5] Brück und Sohn: Bärenfels. Schwesternheim „Waldesruh“, Oberkipsdorf, 1913, www.deutschefotothek.de/documents/obj/71837965

[6] Brück und Sohn: Kipsdorf. Oberkipsdorf, 1925, www.deutschefotothek.de/documents/obj/71844981

[7] Grüne Liga Osterzgebirge (Hrsg), 2007. Naturkundliche Wanderziele im Ost-Erzgebirge. Band 3 Naturführer Ost-Erzgebirge. Sandstein Verlag Dresden, S. 386

[8] Papsch, Dietrich (2011): Mein Freund, der Baum. Gesichter und Geschichten. blaetterhaus-Verlag Tharandt, S.92ff

[9] Porzig, Richard (1907): Illustrierter Führer der Höhenluft-Kurorte Kipsdorf, Bärenfels und Bärenburg. Verlag Max Holfert, Kipsdorf, S.29

 

2011 (Zeichnung: Dietrich Papsch)

„Die Feld-Ulme von Oberkipsdorf“,

von Dietrich Papsch in seinem Buch „Mein Freund, der Baum. Gesichter und Geschichten“ (2011)

„Aufmerksam wurde ich auf den Baum durch den Kunstwissenschaftler und Maler Dr. Reimar Börnicke aus Oberkipsdorf, bei dem ich seit 2004 in seinem Kipsdorfer Kunstkurs „KUKUK“ Mal- und Zeichenunterricht nehme. Immer wieder porträtiert er die Ulme zu allen Jahreszeiten, schickt sie als Radierung zu Neujahr seinen Freunden und dokumentiert damit seine enge Verbundenheit mit dem Baum. Von ihm erfahre ich auch, dass das bemerkenswerte Exemplar am alten, leider seit einigen Jahren asphaltierten Weg zwischen Oberkipsdorf und Alter Böhmischer Straße steht.

Seitdem zieht es auch mich immer wieder hin zu dem markanten, gedrungenen Solitär mit vielen Stamm- und Wurzelaustrieben, der dennoch sehr vital aussieht. Auch die vielen Narben am Stamm und den unteren Ästen und das knorrige Aussehen des Baumes scheinen seine Vitalität nicht einzuschränken. Es ist einfach ein wunderbares Exemplar von einem Baum.

Wie ich im Naturführer Band 3 der Grünen Liga Osterzgebirge e.V. lese, ist sein Naturschutzwert außerordentlich hoch. Ein Wunder sei es, dass der Baum bisher vom Ophiostoma-Pilz („Ulmensterben“) verschont blieb. Weiter erfahre ich darin, dass die Feld-Ulme ein wärmeliebender Baum ist und der Standort mit 620 m üNN ungewöhnlich hoch ist.

Ein Grund mehr, das Exemplar immer wieder zu bewundern. Der Stammumfang liegt bei etwa 2,50 Meter. Das alter kann man mit etwa 120 Jahren nur schätzen.

Das elastische und zähe Holz der Ulme zeigt eine schöne Maserung. Es ist unter der Bezeichnung „Rüster“ im Handel und liefert vor allem Furnier für Möbel und den Innenausbau. Auch zum Drechseln wird es gerne verwendet. Da der Baum besonders im Winter seine bizarre Schönheit entfaltet, fertige ich im kalten Februar 2011 rasch ein paar Skizzen von verschiedenen Seiten an und danach die abgebildete Zeichnung.“

 

Kurzwürdigung zur Beantragung als Naturdenkmal (2010):

Ein bereits seit fast zwei Jahrzehnten immer wieder vorgebrachter Naturdenkmal-Vorschlag betrifft die Feld-Ulme Ulmus minor am Fahrweg zwischen Oberkipsdorf und Alter Böhmischen Straße. Zunächst stand dem offenbar der damals beabsichtigte Ausbau des angrenzenden Feldweges zur Asphalt-Fahrbahn im Wege. Doch diesen Eingriff hat der Baum überstanden. Nun kam der erneute Naturdenkmal-Vorschlag unter anderem auch von der Stadt Altenberg.

Es handelt sich um einen markanten, gedrungenen Solitärbaum mit dichtem Kronendach sowie viele Stammaustrieben (wie für die Art typisch). Feld-Ulmen sind in Sachsen generell recht selten und kommen normalerweise nicht in dieser Höhenlage vor (620 m üNN – wahrscheinlich das höchstgelegene Exemplar seiner Art im Erzgebirge).

Die Ulme ist sehr vital, bisher ist kein Befall durch Ophiostoma-Pilze („Ulmensterben“) erkennbar. Aufgrund des abgelegenen Wuchsortes steht zu hoffen, dass dies so bleibt. Mit dem Staatsbetrieb Sachsenforst sollte geklärt werden, inwiefern das neuartige Verfahren des „Impfens“ von Fungiziden als Vorbeugung gegen das Ulmensterben sinnvoll ist.

In der (etwas länger zurückliegenden) Vergangenheit wurden offenbar mehrere Äste eingekürzt oder abgesägt, um den Straßenraum freizustellen. Diese Vorschädigungen sind weitgehend verheilt, der Baum kann als standfest eingeschätzt werden. Allerdings ist es ratsam, den einen über die Straße ragenden Ast im äußeren Verzweigungsbereich etwas zu entlasten, um ein Abbrechen, etwa unter Schneelast, zu vermeiden. Der Eingriff sollte vorsichtig erfolgen und mit wenig Aufwand verbunden sein.

ND-Nr.: wrk139

Gemarkung: Kipsdorf

Flurstück: 58/44, 59

Koordinaten:  5406352 / 5631343

Umfang:  2,40 m

Höhe:  ca. 15 m

Erlebniswert: auffälliger Baum, häufig genutzte Wanderwege

Naturschutzwert:  seltene Art (Rote Liste Sachsen: gefährdet)

Gesundheitszustand: vital

Pflegebedarf: einen Ast über der Straße entlasten (Rückschnitt im äußeren Bereich); evtl. Stammaustriebe zurückschneiden

wichtig:  Wurzelbereich schützen!