Natur im Osterzgebirge

NSG Bärenbach

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(67 Hektar, seit 1961)

Kartenausschnitt (Quelle: www.umwelt.sachsen.de)

Das Naturschutzgebiet „Bärenbach“ bei Olbernhau gehört zu den naturnahen Buchenwaldresten, die in den 1960er Jahren unter Schutz gestellt wurden. Dabei zeigt der Bestand einige standörtlich-vegetationskundliche Besonderheiten und beherbergt mit Grünlicher Waldhyazinthe, Seidelbast und Keulen-Bärlapp einige botanische Kostbarkeiten. Für die Tierwelt sehr wertvoll sind vor allem die Altbestände mit über 180jährigen Fichten, 160jährigen Buchen (Einzelexemplare noch deutlich älter) und 140jährigen Eichen. Das NSG gehört zum NATURA-2000-Gebiet „Buchenwälder und Moorwald bei Neuhausen und Olbernhau“.

Nutzungsgeschichte

Fast 600 Jahre befand sich das Gebiet im Besitz der Grundherrschaft von Schönberg, bevor es 1945 der Bodenreform unterworfen wurde. Wie andernorts im Erzgebirge ist auch hier davon auszugehen, dass der Bergbau – zwei Kilometer südlich befand sich die Saigerhütte Grünthal – zum Raubbau in den Wäldern führte, wobei dieser in den alten Adelsbesitzungen in vielen Fällen nicht ganz so radikal betrieben wurde. Neben Fichten und Tannen als Bauholz war vor allem Buchenholz als Brennmaterial, insbesondere für die Köhlerei, gefragt. Edellaubbäume, v.a. Ulmen, wurden seit dem 18. Jahrhundert zunehmend durch die holzverarbeitenden Gewerke genutzt. Um 1800 war das Olbernhauer Revier zu 29 % mit Buchen bestockt (und galt damit als eines der buchenreichen Reviere des Erzgebirges). Eine zielgerichtete Aufforstung mit Fichten erfolgte im 19. Jahrhundert lediglich in Bachnähe. Die letzten Weiß-Tannen gingen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts verloren.

Heute gibt es mehrere Waldeigentümer und -bewirtschafter in dem relativ kleinen Naturschutzgebiet: Die Waldgemeinschaft Pfaffroda, der v.Schönberg’sche Privatforstbetrieb sowie der Staatsbetrieb Sachsenforst. Die Waldgemeinschaft Pfaffroda war Anfang der 1950er Jahre als Zusammenschluss der Besitzer der Bodenreform-Waldparzellen entstanden und konnte bis 1976 ihre weitgehende Eigenständigkeit bewahren. 1992 wurde diese Forstbetriebsgemeinschaft neu Bildergebnis für Waldgemeinschaft Pfaffrodagegründet.

Naturraum

Das NSG „Bärenbach“ erstreckt sich über eine Höhenlage von 510 bis 650 m üNN. Am Rande der Olbernhauer Talwanne ist das Klima vergleichsweise mild, jedoch feucht (ca. 900 mm Niederschlag) – oft verbunden mit dem Risiko von Nassschnee-Schäden.

Den geologischen Untergrund bildet roter Muskovitgneis. Im Vergleich zu den Graugneisen, die ansonsten im Ost-Erzgebirge vorherrschen, verfügen die Rotgneise über geringere Kalzium- und Magnesiumgehalte, bringen daher in der Regel auch „saure“ Böden hervor. Dennoch herrschen im NSG Braunerden vor, die offenbar auch für anspruchsvollere Pflanzen ausreichend Nährstoffe bereithalten. Es ist anzunehmen, dass die über lange Zeiträume kontinuierliche Laubwaldbestockung einen intakten Nährstoffkreislauf in Gang gehalten – der Wald mithin selbst günstige Standortsbedingungen erhalten hat. Günstig wirken sich dabei sicher auch die im 19. Jahrhundert erfolgten, kleinflächigen Pflanzungen von Eschen aus, die die Böden intensiv durchwurzeln und leicht zersetzliche Laubstreu liefern.

Die artenreichsten Waldbilder finden sich indes in den Quellmulden im Ostteil, wo sich auf tiefgründigen, nahezu ganzjährig sickernassen Standorten Pseudogley-Braunerden und Quellengleye ausgebildet haben. Die schmale Bachaue hingegen wird von Sedimentschichten gebildet, die durch Hochwässer aus dem entwaldeten Höhenrücken bei Heidersdorf eingespült werden. Hier entwickeln sich Gleyböden.

Vegetation

Rund ein Fünftel des Naturschutzgebiets wird von nicht standortsgerechten Fichtenforsten eingenommen, die entsprechend eines Pflege- und Entwicklungsplans zu naturnäheren Beständen umgewandelt werden sollen. Der überwiegende Teil des NSG-Waldes hingegen kann als naturnah eingeschätzt werden. Hier dominiert die Rotbuche, aufgrund des heutigen Fehlens der Weiß-Tanne meist in Reinbeständen.

Die Pflanzenwelt lässt sich vegetationskundlich den bodensauren Hainsimsen-(Fichten-Tannen-)Buchenwäldern zuordnen, aufgrund des Auftretens der kennzeichnenden Arten Draht-Schmiele, Pillen-Segge, Schattenblümchen und Dornfarn. Wie auch in einigen anderen osterzgebirgischen Buchenwäldern tritt die namensgebende Schmalblättrige Hainsimse kaum in Erscheinung. Purpur-Hasenlattich, Quirl-Weißwurz, Fuchs-Kreuzkraut und Wolliges Reitgras zeigen an, dass es sich hier bereits um die montane Form der Hainsimsen-Buchenwälder handelt.

Goldnessel

Allerdings fällt vor allem im Frühjahrsaspekt ein hoher Kräuterreichtum auf, der Übergänge zu den mesophilen Waldmeister-Buchenwäldern anzeigt. Diese „Flattergras-Untergesellschaft“ genannte Ausbildungsform der Hainsimsen-Buchenwälder nimmt rund die Hälfte der NSG-Fläche ein. Typische Arten sind: Wald-Flattergras, Goldnessel, Gewöhnlicher Wurmfarn und Eichenfarn. In besonders artenreichen Abschnitten gedeihen auch Einbeere, Ausdauerndes Bingelkraut, Mittleres Hexenkraut und Wald-Segge, sowie die Raritäten Grüne Waldhyazinthe und Seidelbast. Typischerweise mischen sich hier auch einzelne Berg-Ahorne, Eschen und sehr wenige Exemplare Berg-Ulme in die Baumschicht.

Echtes Springkraut

Rund um die Sickerquellen am mittleren und oberen Nordhang kommen Eschen und Ahorne kleinflächig zur Vorherrschaft. Darunter wachsen Großes Springkraut, Giersch, Wald-Gerste, Waldmeister und Zwiebel-Zahnwurz. Diese „Springkraut-Variante“ wiederum leitet über zu den – sehr kleinräumigen – Waldbereichen, die als Winkelseggen- Eschen-Quellwald angesehen werden können. Hier ist es der Buche zu nass, wenngleich aufgrund der Kleinflächigkeit großkronige Buchen vom Rand her die Quellmulden überschatten. Auffällig ist Im Frühjahr das Gegenblättrige Milzkraut, da mindesten ein Viertel der Flächen bedeckt. Hinzu kommt eine breite Palette weiterer, feuchtigkeitsliebender Pflanzen: Bitteres Schaumkraut, Winkel-Segge, Berg-Ehrenpreis, Hain-Gilbweiderich, Mittleres Hexenkraut, Sumpf-Pippau, Sumpf-Vergissmeinnicht, Großes Springkraut, Riesen-Schwingel, Lungenkraut, Wald-Goldstern, Moschuskraut.

Kohldistel mit Admiral

Die in Bachnähe stockenden Fichtenforsten sind verzahnt mit Hainmieren-Erlen-Bachwald. Im Gegensatz zu den Buchenwäldern findet hier auch eine artenreiche Strauchflora Platz, mit Hasel, Gewöhnlichem Schneeball, Schwarzem Holunder, Gewöhnlicher Traubenkirsche und, vereinzelt, Schwarzer Heckenkirsche. In der Bodenvegetation findet sich, neben der namengebenden Hain-Sternmiere, eine breite Palette charakteristischer Arten der Bachauenwälder: Rauer Kälberkropf, Gewöhnlicher Gilbweiderich, Wechselblättriges Milzkraut, Wald-Engelwurz, Echter Baldrian, Waldsimse, Mädesüß, Kohldistel, Sumpf-Labkraut, Sumpf-Veilchen, Bach-Ehrenpreis, Hohe Schlüsselblume, Sumpf-Dotterblume. Sporadische Hochwasserereignisse sorgen für biotoptypische Dynamik.

Tierwelt

Große mausohr (Foto: Jan Gläßer)

Mit seinem hohen Altbaum-Anteil bietet das Bärenbachtal Lebensraum für mehrere Fledermausarten: Nordfledermaus, Rauhautfledermaus, Große und Kleine Bartfledermaus. Innerhalb des NATURA-2000-Gebiets ist das NSG auch dem Großen Mausohr gewidmet – der größten heimischen Fledermausart, die gemäß der europäischen Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie besonderen Schutzes bedarf.

Unter den ca. 40 nachgewiesenen Brutvogelarten des Gebiets sind Sperlingskauz, Schwarzspecht, Grauspecht und Wasseramsel hervorzuheben.

Im NSG lebt die Kreuzotter, während der einstige Bestand an Feuersalamandern wahrscheinlich erloschen ist (so wie in vielen anderen Gegenden des Erzgebirges auch).

Naturerlebnismöglichkeiten:

Das NSG wird von mehreren Waldwegen durchzogen, die dem naturinteressierten Besucher das Erlebnis aller wichtigen Lebensraumbereiche ermöglichen. Im Talgrund verläuft ein überregionaler, markierter Wanderweg (Olbernhau – Clemensstein – Pfaffroda bzw. – Heidersdorf). Hier befinden sich auch Schutzhütten sowie Lehrtafeln. Ebenfalls markierte Wanderwege sind die den Westrand tangierende „Alte Poststraße“ sowie der Saydaer Weg im Südosten.

Aufgrund seiner Nähe zur Stadt Olbernhau wird das Bärenbachtal vor allem an Wochenenden von Spaziergängern und Wanderern besucht. Die Entfernung des Naturschutzgebiets zum Bahnhof Olbernhau beträgt ca. 1,5 km. Die Bahnverbindung von und nach Chemnitz (Anschluss in Flöha nach Freiberg und Dresden) wird sonnabends/sonntags aller zwei Stunden befahren.

weitere naturkundlich interessante Ziele in der Umgebung:

– FND Bärenbachwiese (sehr artenreiche Bergwiese mit Quellsümpfen, „Schriftwiese“)

Museum Olbernhau (am Markt, u.a. mit Ausstellung zur Tier- und Pflanzenwelt des Erzgebirges)

Saigerhütte Grünthal (kulturhistorisch bedeutender Gebäudekomplex der Bergbaugeschichte)

NSG Rungstock (dem NSG Bärenbachtal vergleichbarer, aber größerer Buchenwaldkomplex)

Reukersdorfer Heide (ehemaliges Talmoor in der Flöha-Aue zwischen Blumenau und Reukersdorf)

Adressen:

– Landratsamt Erzgebirgskreis, Untere Naturschutzbehörde: Pulus-Jenisius-Str. 24, 09456 Annaberg-Buchholz; Tel. 03735-6016216

– Zweckverband Naturpark „Erzgebirge/Vogtland“: Schloßplatz 8, 09487 Schlettau; 03733-622106

Naturschutzstation Pobershau: Hinterer Grund 4 a, 09496 Pobershau; 03735-6681251

– Staatsbetrieb Sachsenforst, Forstbezirk Marienberg: Markt 3, 09496 Marienberg ; 03735-66110

– Forstbetriebsgemeinschaft (FBG) Waldgemeinschaft Pfaffroda: Am Hofteich 21 a, 09526 Pfaffoda – Schönfeld; 037360-6314

– Neue v. Schönberg’sche Jagd- und Forstverwaltung Pfaffroda; www.forst-baerenbach.de

Schutzgebietsverordnung:

Anordnung des Ministeriums für Landwirtschaft, Erfassung und Forstwirtschaft der DDR vom 30.03.1961

Literatur:

Baldauf, Kurt; Wendel, Dirk (2007): Flöhatal um Olbernhau und Pockau; in: Naturführer Ost-Erzgebirge, Band 3: Naturkundliche Wanderziele, Hrsg: Grüne Liga Osterzgebirge

Landratsamt Erzgebirgskreis (o.J.): Naturschutzgebiet „Bärenbach“, Faltblatt

Museen der Stadt Olbernhau (Hrsg., 1990): Oberes Flöhatal in Geologie, Flora, Fauna und Naturschutz (Broschüre)

SMUL (2009): Naturschutzgebiete in Sachsen, S. 564f

Wilhelm, Eckehard-G.; Weiß, Thomas; Wendel, Dirk (2000): Die Wälder des Naturschutzgebietes „Bärenbach“; in: Mitteilungen des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz 3/2000

http://www.osterzgebirge.org/gebiete/1_1.html