Natur im Osterzgebirge

Lithium-Bergbau

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Nach zehn Jahren Vorbereitung veröffentlichte das damalige Unternehmen Deutsche Lithium GmbH 2019 einen „Fakultativen Rahmenbetriebsplan“, zu dem auch die Grüne Liga Osterzgebirge Stellung nahm. Es ging damals um eine geplante Fördermenge von ca. 500.000 t Erz pro Jahr, die im Europark Altenberg ans Tageslicht gebracht werden sollte. Der größte Teil der Aufbereitung war außerhalb des unmittelbaren Bergbaugebiets geplant: in einem Gewerbegebiet bei Freiberg sowie in einer bereits bestehenden, noch weiter entfernten Chemiefabrik.

Abgesehen von Probebohrungen im Raum Zinnwald schien das Thema danach für einige Jahre weitgehend zu ruhen, zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung. Doch hinter den Kulissen gab es ganz wesentliche Veränderungen: das Unternehmen wechselte nicht nur seinen Namen zu Zinnwald Lithium GmbH (100 % Tochter der in London gelisteten „Zinnwald Lithium Plc.“ mit verschiedenen Investoren, u.a. chinesischen), sondern auch das maßgebliche Personal im Management. Regionaler Sachverstand schien dabei weitgehend verlorengegangen zu sein. Anders sind die Pläne, die im Juli 2023 bekannt wurden, kaum zu erklären.

Als ersten Schritt hin zu einem Umweltverträglichkeitsverfahren lud die Zinnwald Lithium die sogenannten „Träger öffentlicher Belange“ zu einem „Scoping-Termin“ ein. (Beim „Scoping“ wird der Umfang der für die Umweltverträglichkeitsprüfung zu erbringenden Untersuchungen und Dokumente ausgehandelt). Bestandteil der Einladung war eine „Tischvorlage“, aus der hervorging, dass jetzt die Abraumhalden sowie eine 12-Hektar-Chemiefabrik auf den Fluren von Bärenstein geplant sind – nach der „Tischvorlage“ auch direkt hinter den Häusern der Bärensteiner, auf überwiegend ökologisch bewirtschafteten und aus Naturschutzgründen sehr wertvollen Grünlandflächen. Es entstand die Bürgerinitiative Bärenstein und begann, gegen diese Pläne mobil zu machen.

Auf die Forderung der Landesdirektion Sachsen, zumindest eine weitere Alternativ-Variante zu untersuchen, trat die Zinnwald Lithium im März 2024 mit Plänen auf der Flur Liebenau an die Öffentlichkeit. Worauf auch hier seither eine Bürgerinitiative Liebenau aktiv ist.

Unabhängig davon, welche Gemeinde und welche Naturschutzgebiete am Ende von den über hundert Hektar geplanten Aufbereitungs- und Haldenflächen belastet würden – in jedem Fall betroffen wäre Zinnwald, das direkt oberhalb der Lagerstätte liegt. Die geplanten „Großkammersprengungen“ lassen für den Ort, dessen Bewohner und die damit eng verzahnte Natur (Hochmoore, Nass- und Bergwiesen, Birkhuhnhabitate) irreparable Schäden befürchten. Auch hier kämpft eine Bürgerinitiative, die Interessengemeinschaft Zinnwald.  

Noch wesentlich länger reicht der Widerstand auf der anderen Seite der Grenze zurück. 2017 gründete sich hier die Cinvald zs., um die Kräfte gegen zwei Bergbauplanungen zu bündeln: die (oberirdische) Aufarbeitung einer alten Zinnerzhalde direkt am Ortsrand durch das Unternehmen Cínovecká Deponie as. sowie ein sehr großes Untertagebergwerk von Geomet s.r.o. (Zusammenfassende Informationen zu den Planungen auf der tschechischen Seite gibt es hier)

Seit einem ersten Treffen im August 2024 arbeiten die vier Bürgerinitiativen eng zusammen. Ausdruck fand dies insbesondere in einem gemeinsamen Schreiben an die EU-Kommission, mit dem die Anerkennung der deutschen und tschechischen Bergbauvorhaben als „strategische Projekte“ gemäß Critical Raw Materials Act (CRMA) verhindert werden soll.

Die Einstufung als „Strategische Projekte“ hätten stark beschleunigte Genehmigungsverfahren durch die zuständigen Behörden (in Sachsen: Oberbergamt Freiberg) sowie ein „überragendes öffentliches Interesse“ zur Folge. Die Bürgerinitiativen sowie Umweltverbände wie der Naturschutzbund, Landesverband Sachsen e.V., und die Grüne Liga e.V. befürchten, dass dabei keine problem-adäquate Prüfung von Umwelt- und Naturschutzkriterien und den Auswirkungen auf Menschen, Siedlungen, Kulturgüter erfolgen kann.

Gegenüber den ursprünglichen Planungen von 2019 haben sich die Abbaupläne der Zinnwald Lithium inzwischen verdreifacht (auf 1,5 Millionen Tonnen Erz pro Jahr) – und eine zusätzliche Ausweitung wird nicht ausgeschlossen. Am gleichen Erzkörper, unmittelbar jenseits der Staatsgrenze, plant Geomet s.r.o. darüberhinaus offenbar mit 1,7 – 2,3 Millionen Tonnen Ausbringung pro Jahr. Diese Massen übersteigen alles, was in der langen Bergbaugeschichte des Ost-Erzgebirges passierte, um ein Vielfaches: Der VEB Zinnerz Altenberg förderte in seinen Hochzeiten (80er Jahre) maximal eine Million Tonnen – mit schwersten Folgen für die Region.

Obwohl sich sowohl Zinnwald Lithium Plc. als auch Geomet s.r.o. um die Anerkennung als „strategische Projekte“ gemäß CRMA beworben haben, liegen der Öffentlichkeit bislang (Herbst 2024) fast keine Informationen und Daten in schriftlicher Form vor. Vieles scheint zumindest bei der Zinnwald Lithium tatsächlich noch völlig ungeklärt zu sein, vom Wasser-, Energie- und Platzbedarf über Verkehrskonzepte zur Bewältigung der Transportströme bis hin zum Verfahren selbst, mit dem der Rohstoff Lithiumhydroxid in einer großen, neuen Chemiefabrik hier gewonnen werden soll. Nur soviel kann sicher sein: die Auswirkungen auf Flora und Fauna, auf die einzigartige Landschaft des Ost-Erzgebiges würden sehr schwerwiegend sein – wenn die Pläne jemals Realität werden sollten.

Hier geht es zum Versuch einer

Lithium-Chronik Ost-Erzgebirge

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Am 21. November 2024 fand im Rahmen der Sächsischen Entwicklungspolitischen Bildungstage (SEBIT) online eine

statt, bei der die Bergbaupläne im Uyuni-Gebiet (Bolivien) sowie im Ost-Erzgebirge – Cínovec/Zinnwald – im Zentrum standen. Lukas Häuser stellte in seinem Vortrag (auf Englisch) zur Debatte, was bisher über die Pläne im deutschen Teil des Ost-Erzgebirges bekannt wurde:

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23. Oktober 2024: Bürgerinitiativen und Umweltverbände wenden sich mit einem gemeinsamen Brief an die EU-Kommission gegen die Einstufung der Lithium-Bergbauvorhaben als „strategische Projekte“ gemäß Critical Raw Materials Act

 

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Zinnwald Lithium GmbH plant Schwerindustrie in Bärenstein


Aktuelles zum Thema findet ihr
auf der Infoseite der Bürgerinitiative Bärenstein https://baerenstein.org
(Kontakt: bi@baerenstein.org).  

Im Juli 2023 veröffentlichte die Zinnwald Lithium GmbH (ehemals Deutsche Lithium GmbH) ihre Pläne zur Ausgestaltung des Bergbau-Vorhabens in der Gemeinde Altenberg. Neben den untertägigen Abbautätigkeiten soll nun die unmittelbare Umgebung von Bärenstein als Standort für die Aufbereitungsanlage und die Trockenhalde gewählt werden. In den Plänen ist von zwei Varianten die Rede:

Die beiden von der Zinnwald Lithium GmbH vorgelegten Planungsvarianten zwischen Bärenstein und Bielatal (Karte: Zinnwald Lithium GmbH)

Variante 1 Diese Variante sieht für die Lagerung des Bergematerials die Reaktivierung der Spülhalde im Tal der Kleinen Biela vor, welche mittlerweile durch natürliche Sukzession renaturiert ist und ein wichtiges, besonders artenreiches Biotop darstellt. Schon die Dimensionen der bestehenden Halde und Begleitumstände des Haldenbetriebes bis in die 90er Jahre waren verheerend. Denn damals wurde das beschauliche Gebirgstal mit gesundheitsschädlichem Material bis fast an die Geländekante auf einer Höhendifferenz von 80 m verfüllt. Nun soll die Halde noch gigantischere Ausmaße bekommen. Dazu gehört eine Industrieanlage zur Aufbereitung mit rechteckiger Grundfläche auf der Bärensteiner Höhe, erschlossen durch eine beinahe schnurgerade Zufahrtsstraße ausgehend vom Müglitztal. Der Standort und die Gestalt wirken willkürlich ohne Beachtung von Topografie und Grundbedingungen gewählt. Selbst ein Laie ohne Gebietskenntnis erkennt, dass eine Straße bei derartiger Drängung von Höhenlinien aus dem Müglitztal heraus so nie geplant geschweige denn gebaut werden kann.

Variante 1: Deponie auf der Spülkippe Bielatal und …

… Aufbereitungsanlage an der Bärensteiner Höhe (Fotos: BI Bärenstein).

Variante 2 Die Alternativ-Variante sieht eine Verlagerung der Trockenhalde mit nun elliptischer Grundfläche, auf die Bärensteiner Höhe zwischen Kesselhöhe und Lerchenhübel bis unmittelbar an die Ortslage vom Bärensteiner Oberdorf heran, vor. Darunter würden Mischwälder, artenreiche, geschützte Bergwiesen, Steinrücken und Gehölzreihen unwiederbringlich verschwinden. Auch die dazugehörige industrielle Aufbereitungsanlage wird nach Norden in die unmittelbare Nähe zur Stadt Bärenstein versetzt. Der Verlauf der Zufahrtsstraßen bliebe ähnlich wie in Variante 1. Bei beiden Varianten sind weiterhin Versorgungsleitungen verschiedener Art vorgesehen, wobei offen ist, ob diese ober- oder unterirdisch verlaufen sollen. Diese stellen einen weiteren Eingriff dar.

Variante 2: Deponie bei der Kesselhöhe und …

… Aufbereitungsanlage an der Bärensteiner Höhe (Fotos: BI Bärenstein).

Aufgrund der durch offensichtliche Planungsfehler in dieser Form nicht gegebenen Realisierbarkeit des Vorhabens, wäre bei einer seriösen Umplanung ein flächenmäßig noch größerer Eingriff zu befürchten. Spekulativ bleibt, ob diese Planungsfehler bewusst oder unbewusst eingebaut wurden. Ersteres wäre extrem dreist, zweiteres äußerst dilettantisch, wenn nicht gar peinlich. Egal wie, für die Betroffenen erscheint es wie blanker Hohn in einer für sie schwierigen und belastenden Zeit. Besonders bitter ist auch, dass in der naturnahen Bielatalaue Anlagen geplant sind, wo sich heute selten gewordene Bach-Auenwälder und historische Extensiv-Wiesen befinden. Diese werden seit Jahren dank aufopferungsvoller Hingabe der Grünen Liga Osterzgebirge und unzähligen Ehrenamtlern gepflegt und erhalten. Über die Jahre konnten dort in vielen Aktionen zahlreiche Leute für den Naturschutz begeistert und große naturschutzfachliche Fortschritte erzielt werden. Die jahrelange Arbeit zahlte sich aus, sodass die betroffenen Wiesen rund um die Biotoppflegebasis Bielatal mittlerweile zu den artenreichsten der Region zählen. Diese Arbeit würde auf einem Schlag zunichtegemacht. Die Biotoppflegebasis als besonders wertvolle Anlaufstation für die Umweltbildung im Osterzgebirge würde ihren Nutzen verlieren. Damit ist gleichzeitig die Naturschutzarbeit, über das Vorhabengebiet hinaus, im gesamten Landkreis gefährdet. Neben den dann überbauten Wiesen würde zuerst Baulärm, später Industrielärm die wenige Meter entfernte Biotoppflegebasis erschüttern. Dort wo heute Wochenende für Wochenende Familien mit Kindern durch Spiel und Spaß einen Zugang zur heimischen Natur finden, sollen dann rund um die Uhr aller zweieinhalb Minuten Vierzigtonner durch das Bielatal donnern.

Für den An- und Abtransport des Materials sollen die schweren Lkw die schmale Bielatalstraße nutzen und an der Biotoppflegebasis vorbeikommen (Foto: BI Bärenstein).

 

Schwerindustriekomplex und Deponie auf Bärensteiner Bergwiesen 2023

Der Wirbel um die Wiederbelebung des im Osterzgebirge so traditionsreichen Bergbaus spielt schon seit Jahren eine Rolle. Lithium ist ein wichtiger Rohstoff, um die Energiewende voranzutreiben. Wenn auch mehr Verzicht der erfolgreichere Weg wäre. Allemal ist es besser für unsere Produkte heimische Rohstoffe zu nutzen, als in fernen, armen Ländern unter widrigsten Bedingungen Raubbau betreiben zu lassen –auf Kosten der Natur und der Unabhängigkeit von Diktaturen. Von daher ist der hiesige Bergbau ein notwendiges zu akzeptierendes Übel. Wie dies allerdings von Seiten der Deutschen Lithium GmbH, einer Tochter der Zinnwald Lithium PLC mit Sitz in London, geplant ist, hat wenig mit einem Vorhaben im Sinne einer nachhaltigen Energiewende zu tun. Beinahe zufällig erfuhren die Naturschutzakteure im Osterzgebirge neulich von den Plänen auf der Bärensteiner Höhe eine oberirdische 60 ha umfassende Trockenhalde und eine 12,6 ha große Aufbereitungsanlage errichten zu wollen. Insgesamt soll also ein Industrieareal des Ausmaßes von über 100 Fußballfeldern mitten im hochsensiblen Naturraum entstehen. Bei Betrachtung der teils schleierhaften Unterlagen wird deutlich, dass tatsächlich noch ein weit größeres Gebiet massiv beeinträchtigt wäre. EU-rechtlich geschützte Natura 2000-Lebensräume, wie Berg-Mähwiesen sollen ebenso zerstört werden, wie die stark gefährdeten und gesetzlich geschützten Steinrücken. Beides wichtige, regional prägende Elemente in einer kleinräumigen, weitestgehend intakten, kleinstrukturierten Landschaft von mindestens nationaler Bedeutung. Nicht zuletzt durch die Ausweisung als Naturschutzgroßprojekt-Gebiet honoriert. Unserer Naturschatz Osterzgebirge ist in ernstzunehmender Gefahr. Nicht nur die Einwohner Bärensteins wären erheblich vom Vorhaben betroffen. Wie wenig lebenswert es in Bärenstein dann noch bleibt, mag man sich kaum ausmalen. Die hiesigen Bio-Landwirte wären zur Aufgabe gezwungen. Die Natur des Osterzgebirges ist unsere Lebensversicherung. Auch für den Tourismus, für welchen sich offizielle Stellen vor Ort stets stark machen. Wer will denn in einer Region Urlaub machen, geschweige denn Ruhe finden, in der Schwerindustrie das alltägliche Leben beeinflusst? Das touristische und ökologische Aushängeschild -der Geisingberg- ist keine 2 km von der geplanten Anlage entfernt. Der Bergbau in Zinnwald ist wohl notwendig, aber für die Aufbereitung in Bärenstein muss eine andere Lösung gefunden werden. Wie wäre es, wenn beispielsweise der ursprüngliche Plan mit Abtransport des Bergematerials nach Schwarzheide zur dortigen Aufbereitung und Zwischenlagerung in Freiberg wieder in Betracht ziehen? Die Deutsche Lithium GmbH scheint sich nicht in die Karten schauen zu lassen. Transparenz geht anders. Es bleibt abzuwarten, ob sich die finanziellen Interessen eines Rohstoffkonzerns durchsetzen oder tatsächlich offen und ehrlich der bestmögliche Weg für eine nachhaltige Energiewende gesucht wird. Doch nur Abwarten und Nichtstun müssen wir zum Glück nicht. Einwände und Bedenken können bis zum 22.08. unter https://buergerbeteiligung.sachsen.de/portal/oba/beteiligung/themen/1035976?zugangscode=Xt1fCrw1 eingereicht werden. Wir sollten diese Möglichkeit unbedingt wahrnehmen. Unter dem Link können auch die Planungsunterlagen eingesehen werden. Außerdem freut sich die Bürgerinitiative Bärenstein (bi@baerenstein.org)  über jede Unterstützung. Informationen dazu gibt’s  auf https://baerenstein.org.  

 

erste Planungen zum Lithium-Bergbau in Zinnwald 2019

Bereits 2019 gab es in Altenberg eine öffentliche Auslegung eines Rahmenbetriebsplans. Dieser ging noch davon aus, dass die erste Verarbeitungsstufe des Erzes im Europark Altenberg stattfinden sollte, alles Weitere dann außerhalb der Region. Die Grüne Liga Osterzgebirge äußerte sich mit einer Stellungnahme zu den Umweltauswirkungen. Eine Antwort gab es daraufhin nicht. Für das aktuelle Vorhaben scheinen die damaligen Planungen der Deutschen Lithium GmbH kaum noch eine Rolle zu spielen.

erste Planungen zum Lithium-Bergbau in Zinnwald 2019

siehe https://osterzgebirge.org/de/natur-schuetzen/gefahren/lithium-bergbau-zinnwald/

Beitrag zum Ausliegen der Planunterlagen von 2019

Lithium-Berggeschrey Zinnwald – Planunterlagen liegen bis 10. Oktober in Altenberg aus

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