Natur im Osterzgebirge

FND Steinrückenwiese Sadisdorf

Unterschutzstellung: Verordnung des Landratsamtes Sächsische Schweiz-Osterzgebirge zur Festsetzung von Flächennaturdenkmalen, vom 19. Februar 2013

Gemarkung: Sadisdorf

Flurstücke: 332/1 (teilweise)

Größe: ca. 0,9  ha

Lage:. Die seit langem unter der Bezeichnung „Steinrückenwiese“ als Flächennaturdenkmal vorgesehene Fläche befindet sich südlich der Ortslage Sadisdorf, etwa 500 m Luftlinie von der Dorfstraße entfernt, inmitten von Acker und Intensivgrünland. Anders, als es der Name vermuten lässt, liegt die Wiese nicht (mehr?) an einer Steinrücke, sondern 100 bis 200 m von den jeweils rechts und links nach Süden verlaufenden, steinrückenartigen Gehölzstreifen entfernt. Obwohl die Untersuchungsfläche nur 2,5 km östlich der Wilden Weißeritz entfernt liegt, zählt sie noch zum Einzugsgebiet der Roten Weißeritz. Die Wasserscheide befindet sich circa 700 m weiter westlich. Höhenlage: 585 – 590 m üNN

Kurzcharakteristik: Die gesamte Fläche ist von Stauwasser geprägt und erhält auch seitlich zufließendes Wasser von den höhergelegenen, weiträumigen Hangbereichen. Innerhalb der Steinrückenwiese differenzieren sich die feuchten von den frischen Bereichen durch wenige Dezimeter Höhenunterschied. Die Bodenprofile aller Aufnahmeflächen wurden als Pseudogleye angesprochen, jedoch schafft das lateral reichlich zufließende Wasser eher gleyähnliche Bedingungen. Südlich von Sadisdorf stehen sowohl Muskovit wie Biotitgneise an, wobei die Grenze vermutlich in unmittelbarer Nähe der Wiese verläuft. Möglicherweise hat dieser geologische Umstand auch Folgen für die Hydrologie und damit den Vegetationscharakter der Steinrückenwiese.

Der hohe naturschutzfachliche Wert dieser Wiese wird durch den großen Flächenanteil der magerkeitsbedürftigen Borstgrasrasen bestimmt (mehr als die Hälfte). Dabei sind die sehr wertvollen Pflanzengesellschaften in größere Bestände der artenarmen Borstgras-Basalgesellschaft eingebettet. Teilweise bietet die Wiese das Erscheinungsbild einer mageren Bergwiese, jedoch sind die Bestände durch die kurzhalmige Ausprägung und dem Vorherrschen von Magerkeitszeigern eher den Borstgrasrasen zuzuordnen. Die Borstgrasrasen der Steinrückenwiese Sadisdorf sind Lebensraum magerkeitsbedürftiger und gefährdeter Pflanzenarten wie Arnika Arnica montana und Wald-Läusekraut Pedicularis sylvatica. Der Arnika-Bestand dürfte heute zu den üppigsten des Ost-Erzgbirges gehören. Ebenfalls ist das Vorkommen des Mooses Dicranum bonjeanii bedeutsam, welches in der Roten Liste Sachsens als „vom Aussterben bedroht“ geführt wird.

Weitere Arten der Borstgrasbereiche sind: Borstgras Nardus stricta, Draht-Schmiele Deschampsia flexuosa, Dreizahn Danthonia decumbens, Ruchgras Anthoxanthum odoratum, Zittergras Briza media, Vielblütige Hainsimse Luzula multiflora, Pillen-Segge Carex pilulifera, Berg-Platterbse Lathyrus linifolius, Blutwurz-Fingerkraut Potentilla erecta, Echte Goldrute solidago virgaurea, Preiselbeere Vaccinium vitis-idaea, Harz-Labkraut Galium saxatile, Gewöhnliches Habichtskraut Hieracium lachenalii, Rundblättrige Glockenblume Campanula rotundifolia, Busch-Windröschen Anemone nemorosa, Bärwurz Meum athamanticum, Kanten-Hartheu Hypericum maculatum.

Demgegenüber sind die Wiesen in einer 10 bis 30 m breiten Zone  im Übergang zum östlich angrenzenden Acker deutlich verarmt. Hier herrscht Weiches Honiggras Holcus mollis, nebst Rot-Schwingel Festuca rubra, Rotes Straußgras Agrostis capillaris, Rasen-Schmiele Deschampsia caespitosa, Wolliges Honiggras Holcus lanatus.

In stärker wassergesättigten Bereichen wachsen Feuchtwiesen mit kleinflächig eingestreuten Binsen- und Waldsimsensümpfen. Im Gegensatz zu Nasswiesen andernorts dominiert dabei nicht auf großer Fläche die Spitzblütige Binse Juncus acutiflorus, sondern meist Gewöhnlicher Gilbweiderich Lysimachia vulgaris. Kleinflächig kann sich auch die Faden-Binse Juncus filiformis durchsetzen.  Weitere typische Arten der Feuchtbereiche sind: Sumpf-Hornklee Lotus uliginosus, Sumpf-Veilchen Viola palustris, Hirse-Segge Carex panicea, Wiesen-Segge Carex nigra, Igel-Segge Carex echinata, Wald-Schachtelhalm Equisetum sylvaticum, Weißes Straußgras Agrostis stolonifera

Mehrere große Ohrweidengebüsche und weitere Gehölze sorgen für etwas Strukturreichtum der von Intensivlandwirtschaft eingekesselten Wiese.

Pflege:  Die Pflege der Wiese ist sehr aufwendig und wird im Auftrag des Landschaftspflegeverbandes Sächsische Schweiz – Osterzgebirge von der Osterzgebirgischen Landschaftspflege GmbH durchgeführt. Die vielen Unebenheiten und die teilweise vernässten Bereiche machen eine Mahd mit der Motorsense sowie das Schwaden von Hand erforderlich. Dennoch ist der Pflegezustand des inneren Wiesenbereiches als gut bis sehr gut einzuschätzen. Um die Nährstoffeinträge aus der Umgebung abzuschöpfen, würde es aber wahrscheinlich einer zweischürigen Mahd eines etwa 20 m breiten Streifens am Ostrand bedürfen (oder aber der Pflanzung einer schönen Wildhecke auf dem angrenzenden Acker). Langfristig hängt das Überleben der Steinrückenwiese Sadisdorf von der Umstellung der umliegenden Landwirtschaftsflächen auf naturschutzgerechte Grünlandnutzung ab.

Beeinträchtigungen: Nährstoffeinträge und sonstige negative Einflüsse von den umgebenden Landwirtschaftsflächen! In den vergangenen 10 Jahren wurde zumindest am Nordrand die „normale“ Grünlandnutzung (mit schwerem Gerät) immer weiter in die schützenswerten Borstgrasbiotope hinein ausgedehnt.

Auf der Wiese stehen mehrere Jagdkanzeln. Inwiefern von der Jägerei negative Auswirkungen (z.B. Wildkirrung) ausgehen, ist nicht bekannt.

Schutzbedürftigkeit: Die Ausweisung als Flächennaturdenkmal kann und soll eventuellen künftigen Begehrlichkeiten einer wieder intensiver tätigen Landwirtschaft zuvorkommen und gleichzeitig die Grundlage für eine langfristige Absicherung der Naturschutz-Pflege bilden. Die Steinrückenwiese Sadisdorf ist eine außerordentlich wertvolle Insel konkurrenzschwacher Pflanzenarten – inmitten artenarmer industrieller Landwirtschaft.

Zudem fällt bei der Analyse der bestehenden FND auf, dass Borstgrasrasen fast ausschließlich in den höheren Lagen des Osterzgebirges erfasst sind. In den westlichen tieferliegenden Bereichen des Landkreises existiert kein einziges Schutzgebiet, in dem die hochgradig gefährdeten Borstgrasrasen repräsentiert werden. Diesbezüglich wäre die Steinrückenwiese Sadisdorf eine notwendige Ergänzung der bestehenden Flächennaturdenkmale.

Schutzzweck:

  • Erhaltung von gefährdeten Biotopen: Borstgrasrasen (RLS: vom Aussterben bedroht), Kleinseggenried basenarmer Standorte (Rote Liste Sachsen: gefährdet), Binsensumpf (RLS: gefährdet), sonstiges artenreiches Feuchtgrünland (RLS: gefährdet);
  • Erhaltung gefährdeter Pflanzengesellschaften: Polygalo-Nardetum (RLS: vom Verschwinden bedroht), Juncetum squarrosi (RLS: stark gefährdet), Galium saxatile-Nardus stricta-Violion-Gesellschaft (RLS: gefährdet), Carici canescentis-Agrostietum caninae (RLS: stark gefährdet), Crepis paludosa-Juncus acutiflorus-Gesellschaft (RLS: gefährdet),  Juncus filiformis-Calthion-Gesellschaft (RLS: stark gefährdet)
  • Erhaltung des Lebensraumes gefährdeter Pflanzenarten: Arnika Arnica montana (RLS: stark gefährdet), Wald-Läusekraut Pedicularis sylvatica (RLS: stark gefährdet), Zittergras Briza media (RLS: gefährdet), Berg-Platterbse Lathyrus linifolius (RLS: gefährdet), Kleiner Baldrian Valeriana dioica (RLS: gefährdet)
  • Erhaltung einer wertvollen Biotopinsel in der Agrarlandschaft, auch als Trittstein zwischen den verbliebenen Steinrücken von Sadisdorf.

aus: Schmiede, Ralf (2004): Vegetationskundliche Analyse und naturschutzfachliche Bewertung ausgewählter Grünlandbiotope im Osterzgebirge; Diplomarbeit, TU Dresden