Natur im Osterzgebirge

Nasswiese Oberfrauendorf

Dank einiger Trinkwasserbrunnen blieben am Lockwitzbach in Oberfrauendorf einige recht artenreiche Wiesen vor den Auswüchsen der DDR-Landwirtschaft verschont. Während diese artenreichen Feuchtbiotope im Oberdorf in den letzten Jahren infolge tiefer Grabenanlagen sowie „Hochwasserschadensbeseitigungsmaßnahmen“ den größten Teil ihres Artenreichtums eingebüßt haben, setzt sich die Grüne Liga Osterzgebirge seit Mitte der 1990er Jahre vor allem für die orchideenreiche Nasswiese am ehemaligen Gemeindeamt, etwa in Ortsmitte gelegen, ein. Auch hier galt es in der jüngeren Vergangenheit immer wieder, Vorstöße zur Trockenlegung sowie Beeinträchtigungen durch Wasserbaumaßnahmen abzuwenden.

Durch jährliche Mahd konnte die Fläche in einem guten Zustand erhalten, die Zahl der Breitblättrigen Kuckucksblumen auf mehrere hundert Exemplare erhöht werden. Die Pflege ist meist sehr aufwendig.  Je nach Nässegrad kommen Einachsmäher und/oder (Motor-)Sense zum Einsatz. Zunehmende Sommertrockenheit erleichtert in dieser Hinsicht die Mahd – einerseits. Andererseits wächst immer mehr Grünmasse hoch. In nassen Jahren begrenzt hoch anstehendes Bodenwasser die Konkurrenzkraft dominanter Arten wie Spitzblütige Binse oder Mädesüß, zum Vorteil von nässetoleranten Kleinseggen, Wollgras u.a.. In trockenen Jahren wie 2018 und 2019 hingegen zeigt sich der hohe Stickstoffreichtum der Lockwitzaue in Form von vermehrtem Grünmasseaufwuchses. Vermutlich werden über den Bach zu viele unzureichend geklärte Abwässer aus dem Siedlungsbereich eingetragen und führen zu Eutrophierung. 2019 jedenfalls reichte der bereitgestellte Container nicht aus, um all die Grünmasse zu fassen.

Rund zwanzig Heulagerhelfer waren Mitte Juli an einem Vormittag vom Bärensteiner Bielatal hierhergekommen, um die einige Tage zuvor gemähte Gemeindeamtswiese zu beräumen. Dies erfolgte, wie immer, mit Rechen, Gabeln, Plastikplanen – sowie reichlich Muskelkraft, um Planen, schwer beladen mit Nasswiesengras, an den oberhalb angrenzenden Weg zu ziehen. Von hier wurde das Mähgut in einen Container gegabelt. Mehrere junge Leute mussten oben auf der Ladung herumspringen, um sie soweit wie möglich zu verdichten – um so viel wie möglich im Container unterzubringen. Dieser wurde noch am selben Tag von einer Entsorgungsfirma abgeholt und zu einem Kompostierwerk gebracht. Diese Form der Grünmassebewältigung frisst in der Regel die vom Freistaat (nach immer wieder mühsamen Bürokratiekrämpfen) gewährten Biotoppflegefördermittel größtenteils auf. Aber auf einer Nasswiese wie der in Oberfrauendorf wäre Heugewinnung sehr schwierig und das erzeugte Binsenheu kaum absetzbar.

Was 2019 auch auf der Gemeindeamtswiese Oberfrauendorf auffiel: kein Wollgras. Es liegt nahe, die Art als Opfer der extremen Trockensommer zu bezeichnen.

Früher grenzte im Nordwesten übrigens noch eine artenreiche, buntblühende Glatthaferwiese an, die in den 1990er Jahren ebenfalls von der Grünen Liga mitgemäht wurde. Heute ist die Fläche mit einem Eigenheim bebaut bzw. in Ziergarten umgewandelt. Dies spiegelt eine grundlegende Tendenz in den meisten Dörfern des Ost-Erzgebirges wider: den dramatischen Schwund blütenreicher Wiesen in den Ortslagen.