Natur im Osterzgebirge

Jahreswetterrückblick 2023

Januar

was war das für ein Start ins 2023! Eine Silvesternacht mit zweistelligen positiven Temperaturen selbst auf unsrer Berge höchsten Gipfel. Der Neujahrestag zeigte sich mit 13 bis 18 °C rekordverdächtig.  Ein Tief jagte nach dem Anderen von der Biskaya heran, lud Unmengen an Regen ab. Solche Temperaturen sind im April typisch. Da ist es nicht verwunderlich, das selbst bis in die oberen Berglagen Hasel und Erle zu blühen begannen und an manch geschütztem Platze die ersten Schneeglöckchen, Märzveilchen, ja sogar ein paar verwirrte Himmelschlüssel vorwitzig das Frühjahr einläuteten. Selbst auf dem Fichtelberg schmolz der teure, mit großem energetischem Aufwand erzeugte Kunstschnee einfach so dahin.

Zu Beginn der dritten Dekade brachte ein von Polen aufziehendes Schneetief den Winter ins Erzgebirge. Teilweise fielen über 20 cm Neuschnee in einer Nacht. Hochnebel, aufliegende Wolken und Inversionswetterlage verwandelten bei leichtem Dauerfrost in den oberen Berglagen die Bäume in weiße Wintergestalten. Im Flachland taute bei grauem, trüben „Spätherbstwetter“ der nasse Schnee bald ab.

29. Januar 23: Sayda

Februar

Mit dem Februar endete nun auch der meteorologische Winter 2022/23. Wie auch der Februar war der Winter deutlich zu mild. Der Februar startete mit Sturm, Schnee und Regen, ja auch mit Wintergewitter. Nach diesem stürmischen Auftakt konnte sich für einige Tage polare Festlandskaltluft durchsetzen und brachte die dritte hochwinterliche Episode mit Sonnenschein und klirrender Kälte. Dann setzte sich wieder mildere Luft durch. Bis zum 24. Februar war der Schnee bis auf 20 cm am Fichtelberg und ein paar kümmerliche Reste und in den höchsten Kammlagen abgeschmolzen.

Der Winter 2022/23 war im Tiefland und den unteren Berglagen ein Totalausfall. In den höheren Berglagen bis zum Fichtelberg ließen sich drei jeweils etwa eine Woche andauernde Hochwinterepisoden verzeichnen.

März

Statt Frühling mit Sonne satt brachte der März Wetterwechsel, die jedem April zur Ehre gereichen. Stürme, Starkregen, Wintergewitter und Schneestürme jagten über das Land. Ein häufiger, abrupter Wechsel zwischen leichten mehrtägigen Frostepisoden und frühlinghaften Temperaturen um die 20 °C in den wärmegetönten Tieflandsregionen und Metropolen sowie Temperaturen um die 15 °C bis in die höchsten Gipfellagen kennzeichneten die Witterung im März. Neben Hasel- und Erle entfalteten weitere Frühjahrsblüher wie Märzenbecher, Krokus, Lungenkraut, Narzissen, Scharbockskraut ihre Blüten. Im Tiefland begannen Schlehe, Narzissen sowie Forsythie zu blühen und läuteten den phänologischen Erstfrühling ein. Die Laubentfaltung von Waldrebe, Heckenkirschen und Wildbeerensträuchern setzte ebenfalls im Tiefland ein. Dieser Wettercharakter ist die klassische Westwetterlage, kennzeichnend für unsere Region. Unüblich waren die zurückliegenden sonnigen, sehr milden und trockenen Frühjahre. Dieser März entspricht unserem Klima und so gestaltete sich die Witterung im März auch in vorindustrieller Zeit. Laubaustrieb bis in die mittleren Berglagen so um Mitte Mai, in den Kamm- und Gipfellagen zum Monatswechsel auf Juni waren normal.

22. April 2023: Kirschblüte Labyrinth bei Leupoldishain

April

im April setzte sich das tendenziell zu kalte und niederschlagsreiche Wetter unvermindert fort. In der ersten Dekade bestimmte ein Hoch über Fennoskandien unsere Witterung. Jedoch statt ungetrübten Sonnenscheines bei kühlen Temperaturen schwabbelten mitunter mehrere Kaltlufttropfen am Rande besagten Hochs über unseren Köpfen. Sie labilisierten die umgebende Atmosphäre und es quollen mächtige Wolken, aus denen immer wieder Regen, Schneeregen aber auch kurze kräftige Graupel- und Schneeschauer, ja auch Graupelgewitter herniederprasselten. Um die Monatsmitte überwogen Westwetterlagen mit Sturmböen, Regenfronten und Graupelgewittern, dann folgte eine Trogwetterlagen mit unberechenbar herumdümpelnden Kaltlufttropfen, die gepaart mit einem Tief auf der Vb – Zugbahn ergiebigen Dauerregen brachten.

Erstmals seit 15 Jahren präsentierte sich das Aprilwetter bei völlig durchschnittlichen Temperaturen ein wenig zu nass. In Sachsen und Thüringen gestaltete sich die Witterung im Bundesvergleich am kühlsten. Der Negativ-Rekord betreffs Sonnenscheins geht für den Monat April mit nur mickrigen 100 Stunden Sonnenschein an das Erzgebirge. Da verwundert es auch nicht, dass weder Schwalben noch Mauersegler bisher zurückgekehrt sind. In den letzten Jahren kamen die Schwalben in der letzten Monatsdekade des April und die Mauersegler zum Monatswechsel.

Mai:

Doch nach immer flauer werdenden Schauern zu Monatsbeginn behauptete sich mehr und mehr ein mächtiges, von England bis über das Baltikum reichendes Hoch. So strömte von Osten sehr trockene und klare Festlandsluft nach Mitteldeutschland. Kühle Nächte, in den Hochlagenmulden oftmals bei Sonnenaufgang noch Luftfröste und sonnige, warme sehr UV reiche Tage bescherte der Mai. Dank der kräftigen Sonne erwärmte sich die Luft tagsüber bis nahe 25 °C, Sommertage blieben aber die Ausnahme. Dazu wehte stets ein leichter Wind aus nördlichen bis südöstlichen Richtungen. Zum Monatsende war die Laubentfaltung auch in den Kamm- und Gipfellagen weitgehend abgeschlossen. Die Blüte der Vogelbeere und die Holunderblüte setzten gegen Monatsende bis in die höheren Berglagen ein. Die Holunderblüte signalisiert den Beginn des phänologischen Frühsommers.

Juni:

Unvermindert setzte sich das sommerliche, sehr sonnige Wetter fort. Böige Nordostwinde förderten die rasche Austrocknung. Die vorherrschende Großwetterlage war „Hoch Nordmeer“ (HN) zu „Hoch Nordmeer Fennoskandien“ (HNF). Eingelagerte Kaltlufttropfen labilisierten die Luft und so fielen entlang der Mittelgebirgsrücken vom Krkonoše bis zum Harz immer wieder Schauer und Gewitter. Kurz und gut, die Mittelgebirge, ein gesegneter, also beregneter Landstrich währenddessen Brandenburg, Meck-Pomm sowie weite Teile Westdeutschlands ausdörrten. So prasselten von den Abendstunden des 5. Juni bis einschließlich 8. Juni in Carlsfeld/Erzgebirge 117 l/m² Gewitterregen und Hagel hernieder. Entlang der Mittelgebirgskämme fielen im gleichen Zeitraum um die 30 l/m² Gewitterregen. Die mitteldeutschen Trockengebiete und Brandenburg (Preußen) gingen bis dahin leer aus. Um die Sommersonnenwende zog sich der Hochdruckkomplex vorübergehend nach Norden zurück, so dass wir in den Genuss schwülheißer, feuchter Luft an der Vorderseite eines Atlantiktiefs kamen, in der sich ein kleines Unwettertief entwickelte. Schwerpunkt der unwetterartigen Gewitter war die nördliche Mitte der Republik von NRW über das südliche Niedersachsen, das nördliche Sachsen – Anhalt und Brandenburg. Zum Monatsende stellte sich wieder, jedoch in abgeschwächter Form, unsere altbekannte Hochdruckwetterlage ein. Insgesamt fielen, bezogen auf Ostdeutschland, in Sachsen, und da bevorzugt entlang des Erzgebirgskammes und im nördlichen Sachsen – Anhalt kräftige Niederschläge. Nahezu leer gingen die Regenschattengebiete des Thüringer Waldes und Teile Meck – Pomms aus.

Juli

Im Juli verstärkte sich der Einfluss atlantischer Tiefdruckgebiete. An deren Vorderseite behauptete sich zeitweise ein Hoch, bzw., Hochdruckkeil über Mitteleuropa. Somit konnte wiederholt heiße und trockene Luft vom Mittelmeerraum nach Mitteldeutschland vorstoßen und bescherte uns zwei hochsommerlich heiße, sehr sonnige Wetterepisoden, welche die Temperaturen über 35 °C schnellen ließen. Am 15. Juli wurden die höchsten Temperaturen des laufenden Sommers gemessen, jedoch keine neuen Rekorde aufgestellt. Aber die Tiefdruckgebiete brachten sich immer wieder in Stellung und schickten mit ihren Kaltfronten heftige Unwetter. Diese tobten sich im Süden und im Westen der Republik aus. In Sachsen kamen nur noch ein paar schlappe Windböen, flaue Schauer und kurze Sommergewitter ohne Unwetterpotential an. Die rückseitig einfließende kalte Meeresluft brachte mäßig warmes Sommerwetter mit einem Sonne Wolken Mix und kurzen Schauern bei 23 °C bis 28 °C. In der letzten Dekade setzte sich kühleres, sehr wechselhaftes, wolkenreiches Wetter mit häufigen Regenfällen und Temperaturen die nunmehr eher selten über 25 °C, in den oberen Berglagen meist unter 20 °C lagen, durch.

August

Der August startete unterkühlt mit Regen, aufliegenden Wolken und Temperaturen, die teilweise unter den zwischen Weihnachten und Hohneujahr gemessen Werten lagen. Doch schon bald lief auch im August der Sommer zu Hochtouren auf und die Temperaturen erreichten tagelang Werte bei oder über 30 °C. Dabei wechselten Episoden trockener Hitze mit ungetrübtem Sonnenschein von deren Aufgang bis zum Untergang mit Witterungsabschnitten die von feuchter Tropenhitze mit den dazugehörigen heftigen Gewittern gekennzeichnet waren. Unseren Mittelgebirgen brachte gegen Monatsende ein Tief auf Vb Zugbahn weitern Regen.

Mit dem August endet nun auch der meteorologische Sommer. Es war der 27. zu warme Sommer in Folge. Dieser startete im Juni furios mit Hochdruckeinfluss und Sonne satt. Alles deutete auf einen heißen, sonnigen Wüstensommer. Doch mit dem Siebenschläfer kamen die Tiefdruckgebiete ins Spiel und so wurde der Sommer ein hochsommerlich warmer April. Sonne und Gewitter wechselten. Rund ums Mittelmeer dominierten den ganzen Sommer Gluthitze, Dürre, und Waldbrände. Schwere Unwetter tobten vom Alpenraum bis zum Balkan sowie über West- und auch Nordeuropa. Unsere Region blieb von extremen Unwettern und extremer Dürre verschont.

September:

Nachdem am ersten September der letzte Regen der Vb – Wetterlage gefallen war, übernahm ein Omega-Hoch die Regie und brachte uns bis einschließlich 12. September den Hochsommer mit nahezu wolkenlosem Himmel und der astronomisch maximal möglichen täglichen Sonnenscheindauer. Dann schwächelte das Hoch, so dass sich alle zwei bis vier Tage vom Westen her auflösende Kaltfronten mit Wolken, Regen und Wind einschlichen, aber das Hoch hielt dagegen und an dessen Westseite setzte sich stets wieder für ein paar Tage das sonnige, sehr warme Sommerwetter durch. Es war der mit Abstand wärmste, der zweitsonnigste und ein deutlich zu trockener September. Der Sommer ging in die Verlängerung!

 

Oktober:

Dieser begann auch sehr sonnig und spätsommerlich warm. Doch gegen Ende der ersten Dekade zogen mehr und mehr Wolken auf, es fiel wiederholt Regen, doch es blieb ungewöhnlich mild. Die Schwalben hatten sich schon im September gen Süden in den Urlaub verabschiedet. Die Stare weilten noch in großen Schwärmen in unseren Gefilden und fielen heftig debattierend in die Kronen der Bäume ein. Ja, debattierten die Stare vielleicht darüber, angesichts Klimawandel und ungewöhnlich hoher Temperaturen auf ihre klimaschädliche Fernflugreise gänzlich zu verzichten? Ein Schwall kälterer Luft geriet zur Monatsmitte unter Zwischenhochdruckeinfluß und so traten in den klaren Nächten die ersten Nachtfröste auf. Sonnige Tage brachten nun den typischen goldenen Oktober. Doch schon bald übernahmen wieder Tiefdruckgebiete die Regie. An deren Vorderseite lag Sachsen im föhnigen Bereich und die Temperaturen stiegen wieder an. Wiederholt fiel kräftiger Regen. Damit erlebten wir in Sachsen den fünftwärmsten Oktober seit Messbeginn im Jahre 1881 und den nassesten Oktober seit 1981.

November:

Bis in die Dritte Novemberdekade setzt sich die straffe Westwetterlage unvermindert fort. Am Rande eines mächtigen tiefdruckkomplexes jagen im Strahlstrom ungebremst in rascher Folge Randtiefs, Wellenstörungen Kalt- und Warmfronten, Sturmfelder über uns hinweg. Regen fällt reichlich, dazwischen kurze föhnige Auflockerungen bei milden zweistelligen Temperaturen im raschen Wechsel mit Schneegestöber oberhalb 800 m bei Temperaturen um null Grad Celsius und erneut kräftigen Warmluftvorstößen, geprägt von kräftigem Regen und Sturm. Die zu milde Witterung überwog dabei deutlich. Eben klassische Westwetterlage, wie sie bereits von Goethe vortrefflich beschrieben wurde:

„Und Stürme brausen um die Wette
Vom Meer aufs Land, vom Land aufs Meer,
und bilden wütend eine Kette
Der tiefsten Wirkung rings umher.
Da flammt ein blitzendes Verheeren
Dem Pfade vor des Donnerschlags.
Doch deine Boten, Herr, verehren
Das sanfte Wandeln deines Tags.“

Johann Wolfgang von Goethe, 1808 Faust – Prolog Im Himmel (Kapitel 3)

In den ersten beiden Dekaden im November verlief die Witterung zu mild und deutlich zu nass. Ab Mitte der dritten Dekade winterte das Erzgebirge ein. Der Herbst war deutlich zu warm. Mit dem 1. Dezember begann der meteorologische Winter.

Mitte der dritten Dekade befördert der Winter mit einer zyklonalen Nordlage seine Polarluft samt Schneegestöber auf direktem Weg zu uns ins Erzgebirge.

Dezember

Winterlich, mit einer bis ins Tiefland geschlossenen Schneedecke und Dauerfrost in ganz Mitteldeutschland startete der Dezember. Hochwinterlich bei etwa 60 cm bestem Pulverschnee, Sonne, Wolken und Nebel mit Reifablagerungen, so startete der Monat in den Kamm- und Gipfellagen des Osterzgebirges mit einem Traumwinter. Skiloipen, Skipisten und Lifte gingen in Betrieb und schon bald war der ganze Kamm von Skihasen übervölkert 😊. Lange währte dieses aber nicht. Die Wetterlage drehte mehr und mehr auf West, mildere Luft sickerte ein und Sprühregen gefror zur harten Eiskruste und trübte die Wintersportfreuden. Dazu legte sich der böhmische Wind ordentlich ins Zeug und fauchte mit voller Sturmesstärke über den Osterzgebirgskamm. In der zweiten Monatsdekade schlug das Weihnachtstauwetter mit voller Wucht zu. Sturm, kräftiger Regen und Temperaturen über 10 °C in den Großstädten der Niederungen und bis 5 °C auf dem Fichtelberg lassen den Schnee dahinschmelzen. Doch besteht Hoffnung, dass sich um Weihnachten der Hochdruckeinfluss verstärkt, sich das Wetter beruhigt und kältere Luft einsickert, so dass es zumindest ab der mittleren Berglagen für ein weiß überkrümeltes Weihnachten (mit ein paar knochenharten Altschneeresten) ausreichen könnte und so zum versöhnlichen Jahresausklang gereicht.

Erstellt am 10. Dezember 2023

 

Allen Lesern ein besinnliches, friedliches, einigermaßen winterliches Weihnachtsfest und einen guten Start ins 2024 wünscht Volker

 

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