Natur im Osterzgebirge

Katastrophenzeit

Es sind schwere Zeiten für die Welt und ihre Bewohner:

  • Die Erde wird immer weiter aufgeheizt, 2019 war das zweitwärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen (weltweit nach 2016, in Europa nach 2018). Der letzte Winter: nicht nur im
    Erzgebirge ein Totalausfall. Ökosysteme geraten aus den Fugen.
  • Wahrscheinlich rund eine halbe Million Quadratkilometer Wald gingen weltweit im letzten Jahr in Flammen auf: davon mehr als 100.000 km2 in Australien, fast ebensoviel (aber weniger im Fokus der Öffentlichkeit) in Sibirien, außerdem 120.000 km2 Tropenwälder. Allein in Australien wird die Zahl der verbrannten Wirbeltiere auf mindestens eine Milliarde geschätzt. In den abgefackelten Amazonaswäldern dürften zahlreiche Tier- und Pflanzenarten komplett in Flammen aufgegangen sein, ohne dass die Wissenschaft sie vorher überhaupt kennenlernen durfte.
  • Die Ozeane waren 2019 so warm wie noch nie, Tendenz stark steigend. 30 – 50 % aller Korallenriffe der Welt sind in den letzten Jahrzehnten bereits verloren gegangen, womöglich 75 % der verbleibenden „Regenwälder der Meere“ werden die nächsten zwei
    Jahrzehnte nicht überleben, wenn sich nichts drastisch ändert. Mit unabsehbaren Folgen für Fische und Fischer und alle Menschen, die sich bislang von Gewässergetier ernähren.
  • Unter den 2019 für „ausgestorben“ erklärten Tierarten sind mehrere Vogelarten, Frösche, eine Hai-Art, mit dem Schwert-Stör einer der größten bekannten Süßwasserfische und die Jangtse-Riesenschildkröte. Laut Living Planet Index bevölkern heute nur noch halb so viele Wildtiere die Erde wie in den 1970ern. (Interessant auch: es gibt zehnmal so viel Biomasse „Mensch“ auf der Erdoberfläche wie Biomasse wildlebender Wirbeltiere – und noch zweieinhalb mal so viel Nutztier-Biomasse als Menschen)
  • Dafür können einige wenige Arten die veränderten Bedingungen für mächtige Massenvermehrungen nutzen. Milliarden Borkenkäfer sind nicht nur im Ost-Erzgebirge dabei, Fichtenforsten zu beseitigen. Noch viel schlimmer die Heuschreckenkatastrophe, die sich derzeit in Ostafrika und Südasien abspielt. Allein im vergangenen Februar
    wurde die Grundnahrung für über 100 Millionen Menschen vernichtet – und das ist wahrscheinlich erst der Anfang.
  • Generell nimmt das Leiden ferner Artgenossen in unseren Medien nur noch wenig Raum ein. 200 Millionen Kinder unter 5 Jahren sind mangelernährt (UNICEF 2019), über 800 Millionen Menschen hungern weltweit (FAO 2019), 2,2 Milliarden Menschen haben
    keinen Zugang zu sicherem Trinkwasser, 4,2 Milliarden (55 % der Menschheit) keine adäquaten Sanitäranlagen (UNESCO 2020). Cholera ist nach wie vor einer der großen Killer der Zeit (besonders, aber nicht nur in „vergessenen“ Kriegen wie Jemen).
  • Zu den tödlichsten Krankheiten gehört nach wie vor Malaria, mit ca. 500.000 Toten pro Jahr (davon über 90 % in Afrika).

Ja klar, und dann läuft da gegenwärtig nochwas ab, was sicherlich nicht zu bagatellisieren ist.
Dennoch klappt einem beim Nachrichtenhören jeden Morgen aufs Neue der Unterkiefer runter vor Staunen, wie die Radikalerlasse des Vortages nochmal radikalisiert wurden. Wer hätte noch vor zwei Wochen geahnt, wie die Wirtschaft dieses Systems mit quietschenden Bremsen zum Fast-Stillstand abgebremst wird?!? Sehr, sehr spannend, was da grad abläuft! Angesichts der Handlungsunfähigkeit bei den viel, viel, viel größeren Bedrohungen (Klimawandel, Vernichtung der Biologischen Vielfalt und alle daraus folgenden Verzweiflungen) glaubt man kaum, was ein an sich vergleichsweise noch relativ harmloser Virus für eine Panik verursachen kann.
Etwas mehr gesunder Menschenverstand und gegenseitiges Verantwortungsbewusstsein wäre vielleicht hilfreich.

Nun ja, die zumindest kurzfristigen ökologischen Nebeneffekte können durchaus positiv sein, dafür kann man auch mal paar Wochen (Monate? Jahre?) Asozialisierung in Kauf nehmen, oder?
Egal, wie man zur aktuellen Panikdemie steht, gänzlich den staatlichen Anordnungen kann sich ein Umweltverein wie die Grüne Liga Osterzgebirge nicht entziehen. Und zum „gesunden Menschenverstand“ gehört natürlich auch, bis auf weiteres auf Veranstaltungen mit vielen Leuten in geschlossenen Räumen zu verzichten. Gegen Veranstaltungen an der frischen Luft (mit
entsprechenden „Sicherheitsabständen“, versteht sich) sprechen hingegen keine sachlichen Gründe. Insofern versuchen wir, wenigstens ein Rumpfprogramm an Naturkundlichen Wanderungen und Naturschutzeinsätzen aufrecht zu halten – so lange dies nicht behördlicherseits ausdrücklich untersagt wird …

… und während ich dies schreibe, hat die Sächsische Staatsregierung eine allgemeine Fast-Ausgangssperre verhängt.
Damit ist das Weitere hinfällig. Ich wollte gerade begründen, dass das Bäumchenpflanz-Wochenende zwar ausfallen muss (weil wir uns nicht in der Biotoppflegebasis kuscheln sollten), aber wenigstens der Pflanzeinsatz am 4. April (draußen an der frischen Luft, mit zwei
Metern Pflanzreihenabstand) stattfinden sollte. Aber auch die Grüne Liga Osterzgebirge kommt letztlich nicht drumherum: staatliche Anordnungen stehen über gesundem Menschenverstand.
Sehr schade.
Nutzen wir wenigstens die freie Zeit, um über die wirklich großen Probleme dieser Welt nachzudenken!

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