Natur im Osterzgebirge

ND Berg-Ulme am Gießhübel Rehefeld

Zustand 2024: Baum selbst mehr oder weniger unverändert, aber durch Holzeinschlag im umgebenden Fichtenbestand jetzt relativ freigestellt; Naturdenkmal jetzt mit ND-Schild

Zustand 2021:  relativ vital; mehrere Astabbrüche im Kronenbereich (vermutlich Nass-Schnee)

Höhe: 25 m / Umfang: 2,70 m

Beschreibung bei baumdenkmale.org (2023):

Neben einer wassergefüllten kleinen Pinge im Tal des Kleinen Warmbaches, ca. 400 m vor dessen Mündung in die Wilde Weißeritz, wächst inmitten eines Fichtenaltholzes eine Ulme – wahrscheinlich die einzige in kilometerweitem Umkreis. Sicher hat sie dieser isolierten Lage zu verdanken, dass ihr das Schicksal des Ulmensterbens erspart geblieben ist, das die meisten ihrer Art in den letzten Jahrzehnten hinweggerafft hat.

Die Pinge umfasst etwa 500 m2, wovon etwa etwa die Hälfte von einem recht klaren Standgewässer eingenommen wird. Es handelt sich um eine Hinterlassenschaft des Kalkbergbaus von Rehefeld-Zaunhaus, der wahrscheinlich im 17. Jahrhundert begann und bis etwa 1900 fortgeführt wurde[1]. Wobei sich die – in späterer Zeit überwiegend unterirdische betriebene – Ausbeutung der Kalkschichten im Phyllitgestein vor allem auf einen Bereich am Kleinen Warmbach konzentrierte. Zu dem Abbau auf der gegenüberliegenden Seite des Gießhübels hier lassen sich hingegen kaum Überlieferungen finden. In den meisten historischen Karten von vor 1900 ist an dieser Stelle kein Bergbau verzeichnet. Wohl aber ist auf einer Kartenzeichnung von ca. 1800 ein „Königl. Kalkofen“ eingetragen und sogar in roter Farbe hervorgehoben.[2] Auf dem Meilenblatt von 1876 findet sich an dieser Stelle noch ein „Kalkofen“.[3] Das Messtischblatt von 1910 zeigt bereits eine wassergefüllte Senke – inmitten von Nadelwald.[4] Es ist also davon auszugehen, dass spätestens mit dem Ende des Kalkofens gegen Ende des 19. Jahrhunderts die Gegend mit Fichten aufgeforstet wurde. Im schwierigen Terrain und begünstigt durch das vom Pingengewässer unterbrochene Kronendach konnte sich wahrscheinlich auch die Berg-Ulme ansiedeln.

Auf Hinweis eines Forstbezirksmitarbeiters wurde der Baum 2010 zur Unterschutzstellung als Naturdenkmal ausgewählt. [5]  Diese erfolgte vier Jahre später – worauf aber bis heute keine entsprechende Beschilderung hinweist. Bemerkenswert sind an dieser Stelle auch die Dimensionen der umgebenden Fichten, obwohl die Rehefelder Weißeritzweitung bis Ende der 1990er Jahre oft besonders stark von Schwefeldioxidbelastungen betroffen war, die die Fichtenbestände der Gegend großflächig absterben ließen. Möglicherweise konnte der kalkhaltige Boden hier dem „sauren Regen“ eine gewisse Pufferwirkung entgegensetzen. Die vergangenen Trockenjahre hingegen haben auch hier dafür gesorgt, dass der Fichtenbestand Lücken bekommen hat. Dies wiederum setzte die schmale, vorher recht eingeklemmte Krone der Berg-Ulme den Raueisanhängen („Anraum“) und Nassschneeauflagen aus, die ebenfalls in den letzten Jahren besonders heftig ausfielen. Mehrere größere Astabbrüche mitsamt der daraus resultierenden Wunden waren die Folge.

Im Stammfußbereich weist der Baum eine größere Höhlung auf, die keine „offene Wunde“ darstellt, aber möglicherweise von Tieren als Unterschlupf genutzt wird. Gegenüber der ersten Erfassung 2010 hat die Stammbedeckung durch epiphytische Moose noch einmal deutlich zugenommen, was auf verbesserte Luftqualität hinweist.

Mit 25 m Höhe und aktuell 2,70 m Umfang (2010: 2,50 m) ist das Exemplar noch weit von den Dimensionen entfernt, die bei dieser Baumart als möglich gelten[6], aber ihre isolierte Lage, die Wasserverfügbarkeit und die vom Kalkphyllit begünstigte Nährelementversorgung lassen die Hoffnung zu, dass das Naturdenkmal „Berg-Ulme am Gießhübel“ gute Zukunftsperspektiven hat.

Quellen:

[1] Hoth, Klaus; Krutský, Norbert; Schilka, Wolfgang; Schellenberg, Frank (2010): Marmore im Erzgebirge. Bergbau in Sachsen Band 16. landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie Freiberg; S. 203f

[2] Karte der Wilden Weißeritz bei Rehfeld-Zaunhaus, 1:5 000, kolorierte Handzeichnung, um 1800. www.deutschefotothek.de/documents/obj/90009455

[3] Meilenblatt 1876 Rehefeld. www.deutschefotothek.de/documents/obj/90011757

[4] Messtischblatt Altenberg 1910. www.deutschefotothek.de/documents/obj/71056158

[5] Kurzwürdigung unter osterzgebirge.org/nd-berg-ulme-am-giesshuebel-rehefeld

[6] Schmidt, Peter.A. & Hecker, Ulrich (2020): Die wildwachsenden und kultivierten Laub- und Nadelgehölze Mitteleuropas. Quelle&Meyer Wiebelsheim, S.588

 

Kurzwürdigung zur Beantragung als Naturdenkmal (2010):

Berg-Ulmen Ulmus glabra gehörten noch vor weni­gen Jahrzehnten zu den weit verbreiteten Neben­baum­arten der Bergmischwälder im Ost-Erzgebirge, auch gern in siedlungen und an Alleen gepflanzt. Da Bäume dieser Art durchaus recht stattliche Dimen­sio­nen erreichen können, erstaunt es ein wenig, dass im Naturraum Ost-Erzgebirge bislang gerademal zwei Ulmen zum Naturdenkmal erklärt worden sind (Ullersdorf bei Sayda, Krásný Les/Schönwald in Tschechien). Mittlerweile allerdings hat das soge­nann­te „Ulmensterben“ – eine sich rasch ausbreitende Pilzkrankheit – die allermeisten Bergulmenbestände vernichtet.

Eine Berg-Ulme, die auch langfristig gute Überle­bens­chancen haben dürfte, wächst an dem kleinen Waldtümpel am Südhang des Gießhübels bei Rehe­feld-Zaunhaus. Die nächsten Ulmenvorkommen liegen weit entfernt (mehr als ein Kilometer im NSG Hemmschuh), so dass die Ulmensplintkäfer – die Überträger des krankheitsauslösenden Pilzes Ophiostoma novo-ulmi – vermutlich nicht auf das in dichtem Wald verborgene Einzelexemplar aufmerksam werden sollten.

Der Baum ist auch für Naturfreunde nicht einfach zu finden, obwohl er kaum 50 m von einem häufig begangenen Wanderweg (Kreuzweg am Großen Warmbach) steht. Das sehr hügelige Gelände ist Teil der durch ehemaligen Kalkabbau entstandenen Rehefelder Bergbau-Land­schaft. Nach Ende des Kalkbergbaus (um 1900) hat sich einer der Einsturztrichter mit Wasser gefüllt, ringsum wurden Fichten aufgeforstet. Einige der Fichten weisen heute erstaunliche Dimensionen auf, obwohl die Rehefelder Weißeritzsenke bis Ende der 1990er Jahre sehr oft mit besonders hohen Schwefeldioxidkonzentrationen belastet war.

Die Berg-Ulme ist mitten im Waldbestand zu 25 Metern Höhe emporgewachsen. Dennoch fällt zuerst der außerordentlich knorrige untere Stammbereich auf.

ND-Nr.: wrk140

Gemarkung: Rehefeld-Zaunhaus

Flurstück: 289

Eigentümer: Freistaat Sachsen – Sachsenforst

Koordinaten: 50.7269198 / 13.7136279 (Gauss-Krüger: 5409309 / 5622047)

Umfang:  2,50 m

Höhe:  25 m

Erlebniswert: im Wald versteckt an kleinem Tümpel, zwar in unmittelbarer Nähe eines viel genutzten Wanderweges (Loipe im Winter), aber schwierig zu erreichen (zusätzlich Waldschneise 30 m oberhalb des Baumes)

Naturschutzwert:  seltene Art

Gesundheitszustand: vital

Pflegebedarf:  in Zukunft wahrscheinlich benachbarte Fichten vorsichtig reduzieren