Vielfach unbemerkt, stand im vergangenen Monat ein neuer Flächennutzungsplan (FNP) der Stadt Dippoldiswalde (Vorentwurf i.d.F. vom 23.05.2024) im Internet zur Information zur Verfügung. Gleichzeitig war es möglich, das Dokument im Rathaus einzusehen und auch eine Stellungnahme abzugeben.
Auf knapp 100 Seiten wurde beschrieben, wie sich Dippoldiswalde in den nächsten 10 bis 15 Jahren entwickeln könnte. Dazu gab es 3 größere Planzeichnungen von Dippoldiswalde Nord, Mitte und Süd. Als Jahreszahl, die im FNP als „Planungshorizont“ benannt wurde, war das Jahr 2040 festgelegt.
Der FNP ist für die städtische Bauleitplanung wichtig, hilft u.a. bei der Erteilung einer Baugenehmigung. „In der Regel“, so stand das in den einleitenden Zeilen, hat auch ein rechtskräftiger FNP keine unmittelbare Rechtswirkung gegenüber dem Bürger. Man kann also gegen diese Planung nicht juristisch vorgehen.
Aber, die Stadt hat um Stellungnahme gebeten. Dies habe ich als guter Bürger von Dippoldiswalde gern genutzt:
- Eigentlich sollte eine Gemeinde per Gesetz 2x im Jahr über allgemein bedeutsame Gemeindeangelegenheiten mit den Einwohnern beraten. Diese Einwohnerversammlung „vergisst“ Dippoldiswalde seit Jahrzehnten.
Vielleicht wäre es diesmal angemessen gewesen, diese langjährig gültige Planung in den einzelnen Ortsteilen detailliert vorzustellen und danach noch einmal eine städtische Einwohnerversammlung durchzuführen? - Dass verschiedene Ortsteile von Dippoldiswalde den Status als „Staatlich anerkannter Erholungsort“ haben, dies im FNP jedoch keine Rolle spielte? Geschenkt. Einer engagierteren Herangehensweise wäre dieser Lapsus wohl nicht passiert.
- Wichtiger für einen neuen FNP wäre allerdings ein aktuelles Verkehrskonzept gewesen. Hier verlässt man sich auf Zahlen aus dem Jahr 2001. Verkehrsberuhigte Zonen, eine innerstädtische Radwegplanung und vieles mehr wäre für einen Flächennutzungsplan durchaus relevant gewesen, auch wenn nicht jeder straßenbegleitende Radweg zeichnerisch dargestellt werden kann.
- Große Aufmerksamkeit wird heutzutage in der Regel Streuobstwiesen zuteil. Klima, Naturbewahrung, Lebensraum für Insekten, Rückzugsmöglichkeit für Kleinsäuger … WICHTIG! Die kleine Streuobstwiese mit knapp 2.700 m², die wir (gegen Pachtzahlung) für die Stadt seit knapp 20 Jahren pflegen, fand im FNP aber keinen Platz.
- Eine alte Deponie westlich der Ortslage Elend könnte eigentlich als Fläche für eine PV-Anlage genutzt werden. Dies wird vielfach in Deutschland praktiziert, ohne dass die Sicherheit bzw. Abdeckung des Deponiekörpers beeinträchtigt wird. Der kommunale Zweckverband Abfallwirtschaft Oberes Elbtal (ZAOE) als Betreiber der Deponie möchte das aber nicht. Keine Arbeit, keine Probleme – könnte man meinen. Jedenfalls blieb eine Absage an eine Anfrage vor einigen Jahren unbegründet.
- Ein interessanter Punkt: Die Verantwortlichen im Rathaus entdecken gerade erneuerbare Energien für sich. Über das neue große Windrad in Sadisdorf wurde in den letzten Monaten allerdings durch Stadtrat und Anwohner kontrovers diskutiert. Gleiches gilt für 2 PV-Anlagen (Obercarsdorf ca. 4,4 ha und Firstenweg in Dipps ca. 30 ha).
In den aktuellen Plänen des FNP findet man bei intensiver Betrachtung auch noch eine weitere PV-Anlage in Reichstädt mit ca. 145 ha.
Zukünftig dürften auch die Windenergieanlagen, die sich auf kommunalem Gebiet bei der Ortslage Elend befinden, repowert (erneuert und bedeutend vergrößert) werden.
Leider „verkauft“ das Rathaus diese Projekte an private Investoren. Ein eigenes kommunales Engagement, z.B. ein Klimaschutzkonzept für Dippoldiswalde, eine Initiative für die Nutzung von Sonnenenergie auf kommunalen Bestandsgebäuden oder die Umstellung der Straßenbeleuchtung auf stromsparende LED-Leuchten kann man in unserer Stadt nicht erkennen.
All diese Überlegungen sollten doch vor einem neuen Flächennutzungsplan erfolgen? Dass eine erfolgreiche Energiewende ausschließlich mit der Einbindung von Bürgern funktionieren kann, dürfte mittlerweile auch jedem Kommunalpolitiker bekannt sein. - Ein für mich persönlich fragwürdiger Vorschlag: Am Stadtrand (bei der Dippser Siedlung) sollen 67 Eigenheime Platz finden. Damit begeht man die Fehler der Zersiedlung der Landschaft, die in den Altbundesgebieten in der Vergangenheit oft gemacht wurden.
Als Prognose für die Berechnungen wird ein Traum der Oberbürgermeisterin (Dipps soll wieder 15.000 Einwohner haben) zugrunde gelegt. Wissenschaftler und Demografen sagen hingegen für Dippoldiswalde 10% Bevölkerungsschwund und somit im Durchschnitt 12.500 Einwohner voraus.
Dass im „Regionalplan Oberes Elbtal/Osterzgebirge“ festgeschrieben ist, eine Zersiedelung der Landschaft zu vermeiden, wird einfach ignoriert. Für die Verfasser des FNP scheinen 67 neue Eigenheime am Ortsrand auf der grünen Wiese kein Problem zu sein.
Änderung von Klima, Hochwasserentstehung, zusätzlicher Verkehr, Abwasserproblematik – kein Gedanke daran. Was soll‘s, wenn wir die Fehler der letzten Generation jetzt auch selber machen dürfen?
Leider wird mit der Umsetzung dieser Planung auch der Platz verschwinden, wo sich die Siedler/ Anwohner seit gut 60 Jahren beim Siedlungsfest treffen.
Innerstädtischer Geschosswohnungsbau mit Anspruch und möglichst auch barrierefrei (Dipps zählt als ältere Kommune) findet nahezu nicht in den Plänen statt, obwohl es durchaus auch hier gute Alternativen gäbe. Aber dann müsste man sich ja intensiver mit seiner Stadt und mit den Bewohnern auseinander bzw. zusammen setzen.
Wer als Einwohner von Schönfeld, Dönschten oder Seifersdorf auf diese Pläne guckt, wird sicherlich andere interessante Details für sich entdecken.
Heiko Frey
Linkliste:
Ob der Entwurf des Flächennutzungsplanes mitsamt seinen 3 großen Planzeichnungen weiterhin im Internet abrufbar sein wird, ist fraglich. Daher habe ich hier auf das Setzen von Links verzichtet.