Natur im Osterzgebirge

Waldumbau-Projekt auf der Bärensteiner Sachsenhöhe

Zu ihrem zehnjährigen Bestehen hatte sich die Grünen Liga Osterzgebirge keinen Blumenstrauß gewünscht – sondern Baumspenden. Das Jahr endete mit einem damals phänomenalen Spendenrekord von 23.000 DM. Wie viel davon auf das Konto der Baumbettelkampagne ging, lässt sich nicht mehr so einfach rekonstruieren. Immerhin konnte die Grüne Liga Osterzgebirge das Waldumbauprojekt im Bärensteiner Stadtwald auf der Sachsenhöhe starten. Und zwar mit einem gemeinsamen Bäumchenpflanz-Wochenende, vom 27. bis 29. April 2001.

Bäumchenpflanzaktion 2001 – Mittagsrast

Inzwischen gehört das Bäumchenpflanz-Wochenende zum festen Bestandteil der alljährlichen Mitmach-Naturschutzaktionen der Grünen Liga Osterzgebirge. Zwischen zehn und dreißig freiwillige Helfer unterstützen jedes Jahr im April die praktischen Waldmaßnahmen des Umweltvereins.

Karte der Bärensteiner Flur (mit Sachsenhöhe) 1684 (Quelle: Museum Schloss Lauenstein)

 

Die Sachsenhöhe zwischen Bärenstein und Lauenstein war mehrere Jahrhunderte lang intensiv durchwühltes Bergbaurevier („Oberschaarer Gebirge“). Noch heute künden zahlreiche kleine Pingen und ziemlich große Schotterhalden davon. Nicht gerade einfaches Gelände für ein Waldumbauprojekt mit Freiwilligen! Wahrscheinlich Ende des 19. Jahrhunderts, nach Aufgabe des Bergbaus, wurde die Sachsenhöhe mit Fichten aufgeforstet. Sicher kein einfaches Unterfangen, im sterilen Schotter der Halden die

Naturdenkmal Weiß-Tanne auf der Sachsenhöhe (Foto: Gerold Pöhler)

Bäumchen zu verankern. Außer den Fichten konnten aber auch einige Weiß-Tannen Fuß fassen, von denen es ein halbes Dutzend  Exemplare bis ins 21. Jahrhundert geschafft haben. Die größte davon ist heute als Naturdenkmal „Weiß-Tanne auf der Sachsenhöhe Bärenstein“ unter Schutz gestellt.

Anfang der 1980er Jahre begannen die Randbereiche dieses großen Fichtenforstkomplexes, den vor allem von Süden heranwehenden Schwefeldioxid-Belastungen zum Opfer zu fallen. Ohne den tiefbeasteten Trauf waren die gleichaltrigen Fichten (und Tannen) dann auch allen Stürmen schutzlos ausgesetzt, und schließlich konnten sich auch Borkenkäfer über die Bäume hermachen. Die Waldkante verschob sich immer weiter nordostwärts. Die Kahlflächen wurden mit Blaufichten aufgeforstet – eine zwar vergleichsweise schwefeldioxidtolerante, aber ansonsten hier kaum geeignete Baumart des amerikanischen Westens.

 

2001 beschloss die Grüne Liga Osterzgebirge, einen Teil des Sachsenhöhenforstes (damals: Bärensteiner Stadtwald) zu pachten. Zunächst mit den erwähnten Baumspenden zum zehnjährigen Vereinsjubiläum, in den nachfolgenden Jahren auch über staatliche Forstförderung, immer aber mit komplett unentgeltlicher Freiwilligenarbeit wurden auf drei Teilflächen (etwa 4 Hektar) insgesamt rund zehntausend Bäumchen gepflanzt.  2009 konnte auch ein 2.000-Preis der Deutschen Bundesstiftung Umwelt für das Waldprojekt verwendet werden. (Einen kurzen Projektbericht von 2009 gibt es hier.)

eigene Anzucht von Weiß-Tannen lokaler Herkunft (2009)

Dabei setzte der Umweltverein von Anfang an auf standörtlich maximal mögliche Vielfalt heimischer Baumarten. So manche Entscheidung rief da bei einigen Förstern Unverständnis hervor angesichts des als „Z3“ (ziemlich arm und trocken) kartierten Standorts. Doch beispielsweise die 2002 hier gepflanzten Berg-Ulmen haben sich seither so prächtig entwickelt wie keine andere Art. Hoffen wir, dass der Ulmensplintkäfer hier nicht so schnell herfindet und kein Ophiostoma überträgt, den Erregerpilz des Ulmensterbens! Eine andere Art indes, auf die anfangs große Hoffnung gesetzt wurde, war die Esche mit ihrer sehr weiten Standortstoleranz. Doch 2010 erreichte das Eschentriebsterben – eine neue Pilzkrankheit – auch die Sachsenhöhe. Viel ist von den vielen hier gepflanzten Eschen nicht übrig geblieben.

Die Pflanzungen brachten in dem Bergbauschottergebiet erhebliche Herausforderungen mit sich – für die Pflanzer ebenso wie für die Pflanzen. Um deren Anwuchschancen zu verbessern, bekamen alle Pflanzlöcher auch noch eine kleine Startdüngung aus Kompost (gewonnen aus dem Nasswiesengras, das bei der Biotoppflege der Grünen Liga Osterzgebirge anfällt) und teilweise Kalk (geklaut von Haufen, die bei der Waldkalkung der sächsischen Forsten übriggeblieben waren). Wenn der Pflanzmonat April schon sehr trocken war (was immer öfter vorkommt), wurden die Bäumchen auch noch angegossen.

So manches Bäumchenleben fand auch auf der Sachsenhöhe ein jähes Ende im „Äser“ der sich hier zahlreich tummelnden Rehe. Die anfänglichen Versuche, dem Wildverbiss durch jährlich zweimaliges Anbringen von Schafwolle an den Terminalknospen brachte einen hohen personellen Aufwand für die freiwilligen Helfer mit sich, aber leider nur sehr

Zaunbau Herbst 2001

begrenzten Erfolg. So blieb auch in dem extrem Zaunspfahl-feindlichen Bergbauschotter nichts anderes übrig, als aufwendige Wildschutzzäune zu bauen. Selbige ließen sich aber allzuoft nicht dicht genug halten, um das Eindringen von Rehen zu verhindern. Vor allem auf Fläche B ein großes Problem: in dem unübersichtlichen Gelände waren die Tiere dann mitunter wochenlang eingesperrt und verursachten große Verbissschäden.

 

Sturmwürfe und der „Zahn der Zeit“ haben die Zäune inzwischen irreparabel gemacht. Da nach der Eingemeindung Bärensteins nach Altenberg und der Übernahme der forstlichen Entscheidungen durch Sachsenforst der ursprüngliche Pachtvertrag ohnehin hinfällig geworden war, erklärte die Grüne Liga Osterzgebirge 2019 ihr Waldumbauprojekt Sachsenhöhe für abgeschlossen.

Heute wächst auf der Sachsenhöhe eine neue Baumgeneration heran, die aus fast 20 Arten besteht. Selbst wenn Klimawandel und neuartige Pflanzenkrankheiten hier auch weiterhin zu Ausfällen führen werden: die Hoffnung auf einen auch künftig ästhetisch schönen,  lebensraumreichen und resilienten Wald ist hier größer als in Monokulturen.

Ein erster Überblick über das Waldumbauprojekt auf der Sachsenhöhe stand im April 2004 im Grünen Blätt’l.

 

Teilfläche A:

Das Waldumbauprojekt begann auf dem südlichen Plateaubereich der Sachsenhöhe, wo mehrere Einsturztrichter und reichlich Haldenmaterial vom historischen Altbergbau künden. Insbesondere hier sorgte der alte Bergbauschotter für sehr schwierige Pflanzbedingungen. Ein lockerer Schirm von abgängigen (jetzt größtenteils nicht mehr vorhandenen) Fichten sowie Kiefern und, randlich, Lärchen sorgte und sorgt für einen gwissen Verdunstungsschutz.

Unter dem lockeren Oberstand wurden Anfang der 2000er Jahre gepflanzt:

Abies alba Weiß-Tanne

Acer platanoides Spitz-Ahorn (wenig)

Acer pseudoplatanus Berg-Ahorn

Cerasus avium Vogel-Kirsche (wenig)

Fagus sylvatica Rot-Buche

Fraxinus excelsior Gewöhnliche Esche

Malus sylvestris Wild-Apfel (wenig, am Wegrand)

Populus tremula Zitterpappel (wenig)

Quercus robur Trauben-Eiche

Sorbus aucuparia Eberesche

Tilia cordata Winter-Linde

Ulmus glabra Berg-Ulme

(Rosa spec. Heckenrosen, am Wegrand)

Hinzu kommt noch etwas Naturverjüngung von Fichte, Lärche, Kiefer und Birke.

Die Bäume auf Teilfläche A waren bei der ersten Pflanzung 2001 spendenfinanziert bzw. regional aus Wildlingen gewonnen (Straßenbankett am Naturschutzgebiet Weicholdswald). 2002 kam dann noch eine fördermittelfinanzierte Erweiterung hinzu, davon entsprechend der Förstervorgaben 50 % Rot-Buchen. Plus ein solider Wildschutzzaun, damit nicht alles gleich wieder weggefressen wird. Dieser Zaun um die Fläche A konnte auch bis 2021 weitgehend dicht gehalten werden – allerdings mit zunehmenden jährlichen Reparaturaufwendungen.

Hauptsächliches Pflegeproblem waren hier seit etwa 2007/08 die kräftig wuchernden Brombeeren. Die Einstufung als „ziemlich arm“ in der Standortskartierung erscheint zunehmend fraglich, so wohl, wie sich auch andere Stickstoffzeiger hier fühlen!

 

Teilfläche B:

Bei Teilfläche B handelt es sich um einen Streifen am steilen Nordabhang der Sachsenhöhe (in Richtung Grünwald-Stolln). Anfang der 2000er bildete hier ein Schirm von Fichten sowie 6 Weiß-Tannen die Schlagkante des von (Süd)Westen vorrückenden Bestandesrands. Darunter wurden zwischen 2003 und 2005 folgende Baumarten gepflanzt:

Abies alba Weiß-Tanne

Acer pseudoplatanus Berg-Ahorn

Fagus sylvatica Rot-Buche

Populus tremula Zitterpappel

Quercus robur Trauben-Eiche

Sorbus aucuparia Eberesche

Hinzu kommt hier reichlich Naturverjüngung von Birke und Fichte, etwas Sal-Weide sowie wenig Kiefer.

Die gegenüber der Teilfläche A arg eingeschränkte Pflanzpalette ist in den begrenzten Möglichkeiten der Forstförderung in den 2000er Jahren begründet. Später verzichtete die Grüne Liga auf diese Fördergelder. Ersatzpflanzungen nach Wildverbiss erfolgten mit selbst geworbenen Wildlingen (v.a. Esche, Linde) und selbst angezogenen Weiß-Tannen (aus regionalem Saatgut).

In den ersten Jahren wurde der Versuch unternommen, die jungen Bäumchen auch ohne Wildschutzzaun groß zu bekommen. Dazu erfolgte zweimal jährlich ein manueller Verbissschutz mit Schafwolle. Doch das Ergebnis stand in keinem befriedigenden Verhältnis zum Aufwand für die freiwilligen Helfer. Vor allem bei den Laubbäumen rutschte die Schafwolle mit dem ersten Winterschnee meist ab.

Deshalb dann 2004 auch hier ein – sehr, sehr aufwendiger – Zaunbau. Aufgrund der Geländestruktur einerseits und immer wieder Zaunschäden durch Bruchholz andererseits gelang es wiederholt Rehen, in die Pflanzfläche einzudringen und für umfangreiche Verbissschäden zu sorgen.

Größere Ausfälle an den Eichen verursachten auch immer wieder Mäuseschäden.

Mit der Pflanzung verband die Grüne Liga Osterzgebirge die Hoffnung, hier möglichst schnell eine neue Baumgeneration heranzuziehen, die den weiteren Schadfortschritt an der Waldkante aufhalten und letztlich auch die hier noch vorkommenden Weiß-Tannen vor Sturmwürfen sichern sollte. Dieses Ziel würde leider nur zu einem ganz kleinen Teil erreicht – die Hälfte der  Tannen (bzw. nur ein sehr kleiner Teil des noch Anfang der 1990er Jahre hier wachsenden Bestandes) konnte erhalten werden. Ursache war einerseits die heftigen Stürme Kyrill 2007, Herwart 2017 und Friederike 2018, aber auch försterliche Entscheidungen, die die Auswirkungen dieser Stürme verstärkt hatten (Entfernung des vorgelagerten Birken-Jungbestands, der mit bis zu 8 Metern Höhe bereits einen nicht unerheblichen Windschutz für die Waldkante bewirkte; starke Auflichtung des – ohnehin instabilen – Fichten-Oberstands).

Bereits ab etwa 2010 verlagerten sich die Aktivitäten der Grünen Liga Osterzgebirge beim Bäumchenpflanz-Wochenende hier immer mehr zu Zaunflicken, Bruchholzberäumen und Birkenjungwuchs-Auflichten. Als nach einem erneuten (nicht mit der Grünen Liga abgestimmten) Harvester-Großeinsatz der Zaun an mehreren Stellen irreparabel zerstört worden war, erklärte der Umweltverein hier sein Wirken für beendet.

 

Teilfläche C:

Diese befindet sich am Nordabhang der Sachsenhöhe, der Fläche B vorgelagert und schließt sich an eine größere Pinge an. Der einstige Fichtenbestand ist hier bereits vor Jahrzehnten den von Süden anströmenden Luftschadstoffen zum Opfer gefallen. An dessen Stelle hatte sich ein Birken-Pionierwald entwickelt, anstelle einer früheren, nur wenig erfolgreichen Lärchenaufforstung. auf ausdrückliche Wunsch des zuständigen Betreuungswaldförsters des damaligen Bärensteiner Stadtwaldes setzte die Grüne Liga Osterzgebirge hier mit dem Bäumchenpflanz-Wochenendes 2004 ihr Waldumbauprogramm fort:

Abies alba Weiß-Tanne

Acer platanoides Berg-Ahorn

Fagus sylvatica Rot-Buche

Fraxinus excelsior Gewöhnliche Esche

Tilia cordata Winter-Linde

Es wurde auch hier – mit großem Aufwand – ein Wildschutzzaun gebaut, der seither mehrfach repariert werden musste. Ansonsten stand die Teilfläche C weniger im Fokus der alljährlichen  Grüne-Liga-Aktivitäten.