„Wie geht‘s, alter Freund?“
Hinweise für Baumdenkmal-Paten
Alte Bäume sind in ihrem langen Leben schon mit vielen schwierigen Herausforderungen klargekommen – sonst wären sie ja jetzt nicht alt. Doch heute fallen viele von ihnen Bauvorhaben, der Verkehrssicherung oder unnatürlichen Ordnungsvorstellungen zum Opfer. Oft sind es aber auch Unachtsamkeit und Ignoranz, die ihnen schwer zu schaffen machen.
Der Umweltverein Grüne Liga Osterzgebirge und die Tharandter Professur für Naturschutz organisieren ein Monitoring-Netzwerk von Baumfreunden, die für möglichst viele alte und besonders wertvolle Gehölze des Ost-Erzgebirges auf ein günstiges (Über-)Lebensumfeld achten.
Wie soll die Zusammenarbeit mit den Baumdenkmalpaten laufen?
1. Die Baumdenkmalpaten wählen sich ein oder einige Exemplar(e) aus dem Kataster der Bäume aus, für die eine Ersterfassung durch die Grüne Liga Osterzgebirge oder den Tharandter Lehrstuhl für Naturschutz vorliegt. Alle verfügbaren Informationen zu diesen Bäumen werden ihnen zur Verfügung gestellt. Möglich ist auch, selbst Bäume vorzuschlagen, die bisher noch nicht erfasst sind.
Kartenübersicht über die Baumpatenbäume – alle roten Bäume suchen noch Paten!
2. Zweimal im Jahr – gern auch öfter – suchen die Baumdenkmalpaten „ihre“ Bäume auf und dokumentieren deren Zustand mit aussagekräftigen Fotos und einer kurzen Zustandsbeschreibung. Dabei sollten insbesondere die umseitig aufgelisteten Gefahrenpotentiale für die Baumgesundheit berücksichtigt werden.
3. Diese Dokumentation liefern die Baumdenkmalpaten an die Projektmitarbeiter, die diese in das Baumkataster einpflegen. Perspektivisch wird dann im Internet die Zustandsentwicklung der betreuten Bäume anhand von Fotos und Texten nachvollziehbar sein.
4. Im Fall von akuten Gefahren für den Baum wenden sich die Baumdenkmalpaten unverzüglich an die Projektmitarbeiter, die die Information so schnell wie möglich an die zuständigen Behörden und die Baumeigentümer (wenn bekannt) weiterleiten. Selbstverständlich können auch die Baumdenkmalpaten selbst den schnellsten Weg zu Eigentümern und Behörden suchen.
5. Die Naturdenkmalpaten werden von den Projektmitarbeitern auf dem laufen gehalten, wenn es mit Behörden und/oder Eigentümern Gespräche oder Schriftwechsel zu „ihren“ Bäumen gibt.
6. Der Lehrstuhl für Biodiversität und Naturschutz sowie die Grüne Liga Osterzgebirge stehen für fachliche Unterstützung der Baumdenkmalpaten zur Verfügung. Mindestens einmal im Jahr wird es eine gehölzkundliche Fortbildungsveranstaltung geben. Bei Bedarf wird außerdem Informationsmaterial für die Baumdenkmalpaten aufbereitet und zur Verfügung gestellt.
7. Pro Jahr soll es zwei bis drei Naturkundliche Wanderungen mit Schwerpunkt „Alte Bäume“ im Ost-Erzgebirge geben. Die Baumdenkmalpaten sind herzlich eingeladen, bei diesen Gelegenheiten „ihre“ Bäume vorzustellen. Weitergehende Öffentlichkeitsarbeit ist natürlich willkommen und wird von den Projektmitarbeitern nach Kräften unterstützt.
8.Das Baumdenkmalprojekt soll in den nächsten Jahren fortgeführt und erweitert werden. Hinweise und Mitwirkung der Baumdenkmalpaten bei der inhaltlichen Ausgestaltung von weitergehenden Projektanträgen sind sehr willkommen!
Was kann einem Baum das Leben besonders schwer machen?
Bäume sind Lebewesen, eingebettet in komplexe Ökosysteme. Damit unterliegen sie vielfältigen natürlichen Prozessen, zu denen beispielsweise auch Massenvermehrungen von „Schad“-Insekten oder der Befall durch Krankheiten gehören können. Zunehmende Klimaextreme und das Einschleppen von immer neuen Organismen aus anderen Weltgegenden erfordern immer größere Anstrengungen der Bäume, sich der Herausforderungen zu erwehren. Sie können das nur schaffen, wenn sie nicht noch zusätzlich Energie aufwenden müssen, um mit direkten, menschengemachten Belastungen zu ringen. Deshalb konzentrieren sich die Aktivitäten der Baumdenkmalpaten auf das möglichst frühzeitige Erkennen von Gefährdungsursachen.
Verletzungen und Schäden im Kronenbereich
– infolge unsachgemäßer Pflege, z.B. zu große Schnittwunden an Ästen
– durch rücksichtsloses Freischneiden des „Lichtraumprofils“ an Straßen
– oder noch rücksichtsloseres Aufasten an Feldrändern zwecks Sicherung maximaler Agrarförderung
– wegen zu wenig Platz zur Kronenentfaltung (besonders bei Lichtbaumarten)
– an Straßenbäumen bei Verkehrsunfällen
– beim Holzrücken im Wald
– durch überbreite Landwirtschaftsmaschinen
– bei rabiaten Baumaßnahmen aller Art
– Rinden-Schälschäden durch zu viele Hirsche
– Tausalze an Straßen
– Pestizide in der Landwirtschaft und Siedlungsbereich
– Autoabgase
– infolge Asphalt, Beton oder anderem wasserundurchlässigem Belag
– durch Befahren mit (schweren) Fahrzeugen
– Aufschüttungen und Ablagerungen
Wurzelverletzungen
– bei Tiefbauarbeiten, Straßen- und Wegebau
– durch Pflügen von Ackerflächen bis in den Wurzelbereich
– durch „Gewässerinstandsetzung“, v.a. nach Hochwasserereignissen
Worauf ist zu achten, wenn es dem Baum gut gehen soll?
Als Baumdenkmalpate sollte man nach Möglichkeit:
- so viele Informationen wie möglich über den Baum herausfinden, durch Gespräche mit dem Grundstückseigentümer und/oder Anwohnern;
- aufmerksam registrieren, was in der Gegend an Bau- und sonstigen Maßnahmen geplant ist, die zulasten des Baumes gehen könnten;
- Leute, die in der Nähe des Baumes arbeiten und ihn dabei beschädigen könnten, auf die Schutzbedürftigkeit hinweisen;
- für den Baum akute Gefahrensituationen unmittelbar an die Grüne Liga Osterzgebirge melden;
- mindestens zweimal pro Jahr (gern öfter) den Baum aufsuchen und Veränderungen gegenüber dem Vorjahr sowie Handlungsbedarf dokumentieren.
Dokumentationsschwerpunkte Kronenbereich:
– auffällig schüttere Belaubung
– akute Schäden durch Frost, Hagel etc.
– vorzeitiger Laubfall
– massiver Insektenfraß
– Mistelbefall
– zunehmende Kronenkonkurrenz
–größere Totastbereiche / abgestorbene Kronenteile
– erfolgte Schnittmaßnahmen (fachgerecht/nicht fachgerecht)
– sonstige Beeinträchtigungen
Dokumentationsschwerpunkte Stammbereich:
– frische Rindenverletzungen (wahrscheinliche Ursache?)
– plötzliche Sonnenexposition des Stammes nach Absterben von Nachbarbäumen
– Auftreten von (neuen) Pilzkörpern
– Fremdkörper am Stamm (z.B. Weidezaun-Isolatoren)
– Risiko des Auseinanderbrechens von Teilstämmen/Hauptästen
Dokumentationsschwerpunkte Boden/Wurzelbereich:
(umfasst den gesamten Traufbereich unter der Baumkrone)
– neue Versiegelungen (Bitumen, Beton etc.)
– erkennbare (neue) Bodenverdichtungen durch Befahrungen
– Aufschüttung von Erdaushub, Bauschutt o.ä.
– mögliche Wurzelbeschädigungen durch Tiefbauarbeiten oder Ackern unter dem Trauf
– Verletzungen im Stammfußbereich
– Belastung durch Tausalze
– im Umfeld Ausbringung von Pestiziden
– Müllablagerungen und andere Schadstoffeinträge
– Pilzfruchtkörper im Bereich des Wurzeltellers
Hier gibt’s diese Informationen auch als pdf-Faltblatt.