14 Hektar, Unterschutzstellung 1977, landesweite Registriernummer D72
Das Schwarzbachtal ist ein Kleinod am Rande der Stadt Dippoldiswalde, in dem noch einige recht artenreiche Feuchtwiesen durch Pflegemaßnahmen erhalten werden konnten, sich aber auch naturnahe Waldbereiche entwickeln konnten.
Nutzungsgeschichte
Die spektakulären Entdeckungen bei der Sicherung der mittelalterlichen Bergwerke von Dippoldiswalde haben in den letzten Jahren zur Gewissheit werden lassen, was schon länger vermutet wurde: die Gegend am Mittellauf der Roten Weißeritz gehört zu den ältesten Siedlungskernen im Ost-Erzgebirge. Der Silberbergbau hatte hier bereits vor 1200 zu einer größeren Ansiedlung geführt. Zur Versorgung der Bergleute und sonstigen Bevölkerung wurden mehrere Vorwerke gegründet, so Wolframsdorf, zu dem das untere Schwarzbachtal gehörte. Gleichzeitig oder kurze Zeit später entstanden auch die Waldhufendörfer der Umgebung: Reichstädt, Obercarsdorf, Sadisdorf. Landwirtschaftliche Nutzung prägt somit seit mindestens 800 Jahren die Fluren, mitsamt den eingeschlossenen Talauen.
Das Schwarzbachtal wird in seinem mittleren Teil, am Westrand des NSG, von der „Alten Osterzgebirgischen Poststraße“ gequert. Dass diese einstmals stark befahren gewesen sein muss, davon zeugen mehrere parallele Hohlwege.
Dort, wo die Hänge zu steil für Ackerbau waren, blieben sie dem Wald vorbehalten. Aber auch dieser wurde intensiv genutzt. Zum einen zur Waldweide für Nutztiere: der Riedel zwischen Schwarzbach und Roter Weißeritz heißt „Ziegenrücken“. Zum anderen für die Gewinnung von Brenn- und Bauholz, später zunehmend auch zur Erzeugung von „Eichenlohe“ für die in Dippoldiswalde betriebene Lohgerberei. Faktisch handelte es sich bei diesen „Eichenschälwäldern“ um Niederwälder, in denen Eichen gefördert wurden, damit diese nach 15 bis 20 Jahren gefällt („auf Stock gesetzt“) und entrindet werden konnten. Noch heute erkennt man an den verdickten Stammfüßen so mancher mehrstämmiger Eichen, dass diese einst aus „Stockausschlag“ hervorgegangen waren. (Über die Lederherstellung informiert in eindrucksvoller Weise das Lohgerber- und Stadtmuseum.)
Die nährstoffreichen Talauen waren in der Regel zu feucht, um zuverlässig ackerbaulich genutzt werden zu können. Solche feuchten Standorte gehören zu den ältesten Grünländern des Ost-Erzgebirges. Auch im Schwarzbachtal wurde die Wiesenaue bis Mitte des 20. Jahrhunderts zwecks Heugewinnung gemäht. Obwohl kleine Gräben zur Wasserstandsregulation unterhalten wurden, ist davon auszugehen, dass der Schnitt meist erst im Sommer erfolgen konnte, wenn die Talwiesen ausreichend abgetrocknet waren. Diese Form der Bewirtschaftung ermöglichte hier – wie andernorts – einer breiten Palette von Offenland-Pflanzen das Gedeihen.
Ab Ende der 1960er Jahre sorgte die DDR-Landwirtschaft mit großem Aufwand für die „Verbesserung“ der landwirtschaftlichen Produktionsbedingungen, ganz besonders auch auf den lößlehmgeprägten Fluren rings um Dippoldiswalde. Zahlreiche Quellmulden (wie die des Schwarzbaches) und Bäche (wie das nördlich benachbarte) wurden trockengelegt bzw. begradigt. Doch im Schwarzbachtal wäre der Aufwand für die Nutzbarmachung der schmalen Auwiesen für großtechnische Landwirtschaft dann doch zu unverhältnismäßig gewesen. Und so wurde der Vorschlag, hier ein Naturschutzgebiet auszuweisen, von den politisch Verantwortlichen letztlich akzeptiert.
Aus Mangel an Nutzungsmöglichkeiten fielen in dieser Zeit jedoch die Auwiesen nahezu komplett brach. Teilweise entwickelten sich naturnahe Erlen-Bachauewälder, überwiegend Hochstaudenfluren. Erst Mitte/Ende der 1980er Jahre konnten für die wertvollsten Abschnitte Pflegemaßnahmen organisiert werden.
Dennoch wurde – und wird heute mehr denn je! – das Naturschutzgebiet von der auf den umgebenden Hochflächen betriebenen industriellen Landwirtschaft beeinflusst. Über den Schwarzbach selbst, aber auch die Hangkanten (wo teilweise bis an den Waldrand geackert wird) gelangen nach jedem Gewitterguss große Mengen an stickstoffüberfrachtetem Wasser und Schlamm ins NSG. Andererseits lohnt sich heute Landwirtschaft unter suboptimalen Bedingungen kaum noch, so dass am Ziegenrücken umfangreiche Aufforstungen erfolgten.
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts stieg der Wohnraumbedarf von Dippoldiswalde. Links des unteren Schwarzbachtales entstand die „Siedlung“ mit Einfamilienhäusern und Gärten, später kamen einige Wohnblocks an der Wolframsdorfer Straße hinzu.
Ende der 1980er Jahre begann der Bau eines „Zentrums für Landeskultur und Naturschutz Schwarzbachtal“ am Rande des NSG. Von 1997 bis 2007 hatte hier der Landschaftspflegeverband Osterzgebirge seinen Sitz und gestaltete die Außenanlagen zu einem interessanten, ansprechenden Naturerlebnisbereich. Inzwischen wurde aus dem einstigen Naturschutzzentrum eine privat betriebene Waldschule.
Naturraum
Der von Westen der Roten Weißeritz zufließende Schwarzbach hat sich sein Kerbsohlental in osterzgebirgstypischem Gneis geformt. Dabei musste er auch einige schmale Quarzporphyrriegel des „Sayda-Berggießhübler Gangschwarmes“ durchschneiden. Dieses vergleichsweise harte und verwitterungsbeständige Gestein bildet den Untergrund des Schwarzberges (438 m). Etwa einen Kilometer nördlich und westlich des NSG wird die Reichstädter Flur vom Ausläufer des langen Granitporphyrzuges durchzogen, der oberhalb von Litvínov auch den höchsten Berg des Ost-Erzgebirges, den Wieselstein/Loučná, trägt.
Überlagert werden die Hochflächen von Lößlehm. Dieser resultiert aus mineralreichem Feinmaterial, das während der Eiszeiten von Staubstürmen aus dem vegetationsfreien Gletscher-Vorfeld ausgeblasen und dann am Fuße des Erzgebirges abgelagert wurde. Der Lößlehm verbessert die Nährstoffgehalte der (ohnehin recht guten) Gneisböden, führt aber auch zu Verdichtungs- und Staunässeproblemen. Infolge jahrhundertelanger ackerbaulicher Nutzung wurden große Mengen dieses Feinmaterials auch in der Schwarzbachaue abgelagert – meist in Form von Schlamm nach Starkniederschlägen.
Der Schwarzbach entspringt in ca. 520 m Höhenlage in einer meliorierten Quellmulde bei Obercarsdorf. Nach 5 km mündet er in die Rote Weißeritz (davon 1,4 km im NSG). Das kleine Einzugsgebiet und die entwaldeten Ackerflächen bedingen stark schwankende Wasserführung – von Schlamm-Sturzbächen bis zu fast vollständigem Trockenfallen. Diese Verhältnisse erweisen sich für die meisten gewässerbewohnenden Arten als sehr problematisch.
Die waldbedeckten Hänge am unteren Schwarzbach, im Naturschutzgebiet, sind teilweise relativ steil, vor allem am Ziegenrücken. Hier nähern sich Schwarzbach und Rote Weißeritz bereits auf 200 Meter Luftlinie an. Das dadurch bedingte, sehr bewegte Landschaftsrelief unterscheidet sich sehr von den gleichförmigen Hochflächen auf der gegenüberliegenden Seite und weiter talaufwärts.
Vegetation
Zum Naturschutzgebiet gehören einige der teilweise sehr struktur- und baumartenreichen Hang-Mischwälder. Neben Buchen, Hainbuchen (die hier ihre Höhengrenze als Waldbäume erreichen), Spitz- und Bergahorn, Esche und Vogel-Kirsche tragen einige 150jährige Alt-Eichen zur Vielfalt bei. Die Bestände lassen sich allerdings, ihrer Nutzungsgeschichte entsprechend und aufgrund der erheblichen Einflüsse von den angrenzenden Ackerflächen, keiner bestimmten Waldgesellschaft zuordnen. In der Bodenvegetation legen Maiglöckchen, Schattenblümchen, Wald-Sauerklee und Purpur-Hasenlattich nahe, dass es sich von Natur aus um bodensaure (Traubeneichen-)Buchenwälder handeln würde. Allerdings zeigen Goldnessel, Vielblütige Weißwurz und Wald-Flattergras auch an, dass die Nährstoffversorgung der Böden darüber hinausgeht. Extrem überversorgt mit Stickstoff sind die waldrandnahen Bereiche auf der Westseite, wo Brennnesseln und Brombeeren in großer Üppigkeit wuchern. Sehr artenarm zeigen sich die Fichtenbestände.
Eine Galerie von Schwarz-Erlen begleitet den Schwarzbach, darunter etliche sehr mächtige, vermutlich schon alte Exemplare. Als ab den 1960er Jahren die Talwiesen nach und nach brachfielen, konnte sich, ausgehend von diesen Altbäumen, auf den umliegenden Flächen Erlen-Naturverjüngung etablieren. Diese ist inzwischen zu zwar noch jungen, aber dennoch recht naturnahen Erlen-Bachauewäldchen herangewachsen. Im Frühling fallen entlang der bachnahen Waldränder die leuchtend weißen Blüten von Traubenkirschen auf. Die – zum Schutz der wertvollen Grünlandpflanzen wichtige – Auflichtung der Gehölzsäume führt jedoch gerade bei den Traubenkirschen zur Dezimierung, da diese als lichtbedürftige Art ihre Äste besonders weit über den Wiesen ausbreiten und diese damit beschatten.
Wo die Auenbereiche noch bzw. wieder gemäht werden und die Beschattung nicht zu groß ist, gedeihen artenreiche Feuchtwiesen, mit Wiesenknöterich, Großem Wiesenknopf, Kuckucks-Lichtnelke, Sumpf-Schafgarbe und Kohl-Kratzdistel. Permanent hoher Wasserstand lässt u.a. Sumpf-Dotterblume, Bach-Nelkenwurz und Schmalblättriges Wollgras hinzukommen.
Wo Feuchtwiesen nicht mehr gemäht werden, setzen sich rasch konkurrenzstarke Hochstauden durch, vor allem Mädesüß, bei bachnahen Uferstaudenfluren auch Rauhaariger Kälberkropf.
Weniger nasse Bereiche gehen in „normale“ Frischwiesen über, mit Margerite, Körnchen-Steinbrech, Wiesen- und Rundblättriger Glockenblume und etlichen weiteren Arten. Wo diese brachfallen, erobert sich Schlehengebüsch den Lebensraum. Im oberen Teil des NSG zeigen typische Bergwiesenarten – Bärwurz, Alantdistel, Kanten-Hartheu, Perücken-Flockenblume – den Übergangscharakter des Gebiets zwischen Hügel- und Bergland.
Vom einstigen Orchideenreichtum des Schwarzbachtales, zu dem auch Stattliches Knabenkraut und Grüne Hohlzunge gehörten, ist noch die Breitblättrige Kuckucksblume verblieben. auch andere, einstmals häufige Arten, die heute als stark gefährdet oder vom Aussterben bedroht gelten, sind verschwunden, so Arnika, Fieberklee und Breitblättriges Wollgras.
Tierwelt
Trotz der recht häufigen Frequentierung als Naherholungsgebiet stellt das NSG einen von vielen Rehen und Wildschweinen genutzten Rückzugsraum/Tageseinstand dar. Wenn auf den angrenzenden Äckern der Mais abgeerntet ist, versammeln sich die Schwarzkittel hier zum Eichelnfressen. Recht häufig lassen sich hier auch noch Feldhasen und Rotfüchse beobachten. Am westlichen Waldrand existiert seit vielen Jahren ein großer Dachsbau.
Im NSG sind ca. 50 Arten Brutvögel, 25 Tagfalter (u.a. Schwalbenschwanz, Kleiner Schillerfalter, Dukatenfalter) und 670 Käfer (u.a. Kragenbock) nachgewiesen.
Naturerlebnismöglichkeiten:
Als der Landschaftspflegeverband Osterzgebirge im „Zentrum für Landeskultur und Naturschutz“ seinen Sitz hatte, ließ der Verein mithilfe von ABM-Kräften im Schwarzbachtal einen interessanten Naturlehrpfad anlegen und beschildern. Leider befinden sich inzwischen etliche der Wegstrecken und die meisten Informationstafeln im Verfallsstadium.
Ungeachtet dessen werden der Talweg und die umgebenden Pfade (Ziegenrücken, Froschleite) von der Dippoldiswalder Bevölkerung gern genutzt. Die darüberhinausgehende Bekanntheit des NSG und dessen Bedeutung für Umweltbildung hält sich, trotz der heute im ehemaligen Naturschutzzentrum betriebenen Waldschule, in Grenzen.
weitere naturkundlich interessante Ziele in der Umgebung:
- Dippoldiswalde (Stadt- und Lohgerbermuseum, historischer Stadtkern, Osterzgebirgsgalerie, ND Körnereiche)
- Eichleite an der Roten Weißeritz (naturnaher Waldhang)
- FND Elend (artenreiche Feuchtwiese)
- Schäferei und Spinnstube Drutschmann in Reichstädt
Naturkundliche und historische Wanderführungen in der Umgebung von Reichstädt bietet Anja Graul an (www.elbtal-literatouren.de).
Adressen:
Landratsamt Sächsische Schweiz – Osterzgebirge, Referat Naturschutz (Untere Naturschutzbehörde) Weißeritzstraße 7, 01744 Dippoldiswalde; Tel. 03501 515-3430; bernard.hachmoeller@landratsamt-pirna.de
Waldschule am Schwarzbachtal: Siedlung 57/2, 01744 Dippoldiswalde; 03504-6098685; mail@waldschule-am-schwarzbachtal.de
Landschaftspflegeverband Sächsische Schweiz – Osterzgebirge: Alte Straße 13, 01744 Dippoldiswalde; 03504-629660; info@lpv-osterzgebirge.de
Schutzgebietsverordnung:
Beschluss des Bezirkstages Dresden 30-4/77 vom 23.06.1977
Literatur:
Weber, Jens; Schmidt-Hammel, Torsten (2007): Rote Weißeritz zwischen Dippoldiswalde und Freital; in: Naturführer Ost-Erzgebirge, Band 3: Naturkundliche Wanderziele, Hrsg: Grüne Liga Osterzgebirge
SMUL (2009): Naturschutzgebiete in Sachsen, S. 582